OGH 14Os75/20s

OGH14Os75/20s3.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2020 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in Gegenwart des Schriftführers Dr. Koller in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 16. Dezember 2019, GZ 11 Hv 93/19v‑71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129737

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* mehrerer Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB, in einem Fall nach § 202 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (II), jeweils mehrerer Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 idF BGBl I 2004/136 (I/1), der Geschenkannahme durch Amtsträger oder Schiedsrichter nach § 304 Abs 2 StGB idF BGBl I 2007/109 (I/2) und der Vorteilsannahme nach § 305 Abs 1 StGB (I/3) sowie eines Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er in G* und an anderen Orten

I/ dadurch, dass er für die Gewährung von Sozialleistungen in Form der Mindestsicherung oder sonstigen Zuschüssen (wie beispielsweise des Heizkostenzuschusses) wiederholt sexuelle Zuwendungen von * H* verlangte und annahm, „wobei es zur Vornahme von Zungenküssen, der Entblößung der weiblichen Brust samt Nuckeln an der Brust, dem Auflegen des Gliedes auf den Bauch des Opfers und einem Kuss auf die Schamhaare gekommen ist“,

1/ von 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 2007 als Beamter für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäfts von einem anderen für sich einen Vorteil gefordert und angenommen,

2/ von 1. Jänner 2008 bis 31. August 2009 als Amtsträger „außer dem Fall des § 1“ (gemeint § 304 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/109) „im Hinblick auf seine Amtsführung“ von einem anderen für sich einen Vorteil gefordert und angenommen,

3/ von 1. September 2009 bis 2011 als Amtsträger für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäfts für sich einen (ungebührlichen) Vorteil gefordert und angenommen;

II/ von 2012 bis 2015 E* Ha* außer den Fällen des § 201 StGB durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Vermögen vielfach (zumindest 40 mal) zur Vornahme oder Duldung geschlechtlicher Handlungen, nämlich zur Vornahme von Oralverkehr sowie zur Duldung von vaginalem Geschlechtsverkehr, dem Einführen von Fingern in die Vagina sowie intensiver Berührungen der weiblichen Brust und im Genitalbereich, genötigt, indem er wiederholt damit drohte, die Mindestsicherung andernfalls nicht weiter zu gewähren, wobei die Taten eine schwere Körperverletzung des Opfers, nämlich eine depressive Reaktionsbildung verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung, zur Folge hatten;

III/ am 18. Juni 2015 als zuständiger Referent der Bezirkshauptmannschaft * durch Ausstellung einer Niederschrift im Verfahren betreffend die Weitergewährung der Mindestsicherung an E* Ha* durch die Angabe, die Niederschrift sei nach persönlicher Vorsprache von E* Ha* in der Bezirkshauptmannschaft aufgenommen worden, obwohl sie vorbereitet in ihrer Wohnung im Rahmen eines Besuchs unterfertigt wurde, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fiel, fälschlich eine Tatsache mit dem Vorsatz beurkundet, dass diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Die inhaltlich gegen die Schuldsprüche I und II aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und b sowie 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden die Anträge auf Verlesung der gemäß § 222 Abs 3 StPO vorgelegten Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen („Psychologisches SV Gutachten“ [Blg ./3 zu ON 60]) betreffend die „Glaubwürdigkeit der Zeugin E* Ha*“ sowie die Einholung einer „aussagepsychologischen Begutachtung“ dieser Zeugin durch das Gericht (ON 68 S 35 f) zu Recht abgewiesen. Denn eine solche Stellungnahme samt Schlussfolgerungen ist kein Beweismittel und daher nicht zu verlesen (RIS‑Justiz RS0115646 [T10]; Danek/Mann, WK‑StPO § 222 Rz 5/2; Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 40). Zur – auf Rechtsprechung des EGMR gestützten – Kritik, der vom Gericht beigezogene psychiatrische Sachverständige habe sich mit dieser privat eingeholten Stellungnahme nicht auseinandergesetzt (vgl ON 68 S 13), genügt der Hinweis, dass das vom Gericht eingeholte Gutachten die „Frage der Art, der Schwere der Körperverletzung bzw. Dauer der daraus resultierenden Gesundheitsschädigung/Berufsunfähigkeit“ dieser Zeugin (vgl ON 44 S 5), also ein ganz anderes Thema als die gemäß § 222 Abs 3 StPO vorgelegte Stellungnahme, betraf.

Der Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens scheiterte schon an fehlender Darlegung, dass die Zeugin zur Exploration bereit gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0118956 [T3, T4 und T5]). In der Nichtigkeitsbeschwerde zur Antragsfundierung Nachgetragenes hat wegen des Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Der Beantwortung der Mängelrüge (Z 5) ist voranzustellen, dass sich die Tatrichter im Rahmen der Entscheidungsgründe ausführlich mit der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie den Aussagen der Tatopfer H* und E* Ha* auseinandergesetzt und auf dieser Grundlage dargelegt haben, weshalb sie Letztere im Gegensatz zu Ersterer für glaubhaft hielten (US 10 ff). Soweit der Beschwerdeführer diese Annahme unter Bezugnahme auf einzelne beweiswürdigende Erwägungen und auf der Basis eigenständiger Schlussfolgerungen aus den Verfahrensergebnissen kritisiert, argumentiert er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Dieses Vorbringen entzieht sich daher einer Erwiderung im Detail.

Ohne inhaltliche Beantwortung haben auch die Einwände zu bleiben, die sich lediglich gegen die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände, die für sich keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellen, beziehen, weil solche Begründungselemente keinen zulässigen Bezugspunkt einer Mängelrüge darstellen (RIS‑Justiz RS0116737).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde davon abgesehen Mängel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erkennbar anspricht, wird im Einzelnen erwidert:

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) macht die Kritik an der Urteilspassage, der Beschwerdeführer habe behauptet, der Zeugin K* Ha* bei der Suche nach einer Stelle als Lehrerin geholfen zu haben (US 14), nicht geltend, weil sie kein Fehlzitat der entsprechenden Depositionen des Beschwerdeführers (vgl ON 62 S 24 und 35) im Urteil aufzeigt (RIS‑Justiz RS0099431). Gleiches gilt für die Behauptung aktenwidriger Wiedergabe der Aussagen der Zeugen * F*. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Bezugnahme auf einen in der Hauptverhandlung nicht vorgekommenen Aktenvermerk verlässt den Anfechtungsrahmen der Mängelrüge.

Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Erwägungen zur Glaubwürdigkeit von Zeugen kann geltend gemacht werden, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Bezugspunkt eines derartigen Vorbringens können allerdings nur Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen sein (RIS‑Justiz RS0119422 [T4]). Solche spricht der Einwand, das Erstgericht habe sich mit dem – zudem nicht durch Fundstellenbezeichnung im umfangreichen Akt (RIS‑Justiz RS0124172) belegten – Umstand, die Zeugin H* habe „ihre telefonisch mitgeteilten Anschuldigungen bei der Polizei umgehend wieder zurückziehen wollen“, nicht an. Ebenso wenig der Hinweis darauf, dass die Zeugin E* Ha* in einem Verwaltungsverfahren „mehrfach gelogen“ habe.

Das Erstgericht setzte sich im Urteil ohnehin ausführlich mit den Angaben der Zeugin H* und darin enthaltenen Ungereimtheiten auseinander (US 19 ff). Mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) war es nicht verhalten, sämtliche Aussagedetails zu erörtern (RIS‑Justiz RS0106642).

Soweit sie unter Verweis auf die – angeblich im Widerspruch stehende – Aussage des Zeugen Dr. * Sc* Mängel des Sachverständigengutachtens moniert, erschöpft sich die Rüge ein weiteres Mal in bloßer Beweiswürdigungskritik. Ein Fehlzitat der Angaben dieses Zeugen im Urteil wird bloß nominell (Z 5 fünfter Fall) behauptet.

Die Kritik, das Erstgericht habe zu II bereits im Rahmen der Tatsachenfeststellungen eine rechtliche Aussage (zur Eignung der inkriminierten Äußerungen, begründete Besorgnis zu wecken [vgl dazu RIS‑Justiz RS0092160]) getroffen, lässt keinen Mangel im Sinn der Z 5 erkennen (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0118585 [zur Nichtbekämpfbarkeit überschießender Feststellungen]).

Gegenstand der Mängelrüge sind bloß Feststellungen von entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz RS0117499). Eine solche spricht der Einwand, das angefochtene Urteil enthalte widersprüchliche Angaben zur Anzahl der vom Schuldspruch II erfassten Taten, nicht an, werden diese doch bloß pauschal individualisiert zu einer gleichartigen Verbrechensmenge zusammengefasst (vgl RIS‑Justiz RS0116736).

Ebenso wenig bezieht sich die (nominell im Rahmen der Z 5 geäußerte) Kritik, die zu I getroffene Feststellung, der Vorsatz des Beschwerdeführers habe sich auch darauf bezogen, dass der von ihm geforderte und angenommene Vorteil ungebührlich gewesen sei (US 6), sei „denkunmöglich“, auf eine entscheidende Tatsache. Denn die Eigenschaft eines Vorteils als (nicht) ungebührlich im Sinn des § 305 Abs 1 und 4 StGB idgF ist für die hier konstatierte Begehungsweise des Forderns (US 5) ohne Einfluss auf die Strafbarkeit. Bleibt anzumerken, dass sich der solcherart festgestellte Vorsatz nicht auf die (im Tatzeitraum noch nicht existierende) Rechtsvorschrift des § 305 Abs 1 und 4 StGB, sondern auf Tatsächliches, nämlich den – dieser allenfalls subsumierbaren – Sachverhalt, bezog.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das Vorbringen der Mängelrüge verweist, vernachlässigt sie den wesensmäßigen Unterschied der gesondert auszuführenden Nichtigkeitsgründe (RIS‑Justiz RS0115902).

Einer inhaltlichen Erwiderung entzieht sich die Tatsachenrüge auch insoweit, als sie es unterlässt, erhebliche Bedenken „aus den Akten“, also unter konkreter Bezugnahme auf aktenkundige Beweismittel – bei wie hier umfangreichem Aktenmaterial durch genaue Angabe der Fundstelle – abzuleiten (RIS‑Justiz RS0117446, RS0124172).

Indem der Beschwerdeführer aus vom Erstgericht angeführten Prämissen (den Aussagen der Zeugen Dr. Sc*, * S*, H*, E* Ha* und W* sowie dem Sachverständigengutachten) günstigere Schlussfolgerungen zieht, weckt er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, sondern übt bloß ein weiteres Mal unzulässig Beweiswürdigungskritik (RIS‑Justiz RS0099674).

Mängel der Sachverhaltsermittlung können erfolgreich aus Z 5a nur mit der Behauptung gerügt werden, dass der Beschwerdeführer an einer darauf abzielenden Antragstellung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823). Dies unterlässt die Rüge, wenn sie das Unterbleiben weiterer Zeugenvernehmungen zum Thema, ob „im Bereich Soziales Hausbesuche“ (durch Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft) „unüblich gewesen“ seien, kritisiert. Die Berufung auf eine dem Beschwerdeführer „nach Schluss der Hauptverhandlung“ bekannt gewordene Dienstanweisung zu diesem Thema legt ein entsprechender Antragstellung entgegenstehendes Hindernis nicht ausreichend dar.

Der im Rahmen der Rechts‑ und der Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und Z 10) geäußerte Einwand, in Bezug auf die vom Schuldspruch I/3 erfassten Taten wäre Tatzeitrecht (§ 305 StGB idF BGBl I 2009/98) günstiger gewesen, dessen Verwirklichung jedoch mangels „Feststellungen“ zu einem Verstoß gegen ein dienst- oder organisationsrechtliches Verbot nicht geprüft werden könne, verfehlt zunächst die Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt (RIS‑Justiz RS0099810), auf dessen Basis der Günstigkeitsvergleich konkret vorzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0112939 [T4 und T10]). Nach den Feststellungen hat der Beschwerdeführer einen Vorteil für seine Amtsgeschäfte nicht nur angenommen, sondern auch gefordert (US 5). Auf dieser Basis war nach Tatzeitrecht (§ 305 Abs 2 StGB idF BGBl I 2009/98) jeder Vorteil tatbildlich, es sei denn, das Fordern eines solchen Vorteils wäre nach einer dienst- oder organisationsrechtlichen Vorschrift oder einer dienstrechtlichen Genehmigung ausdrücklich erlaubt gewesen. Das Bestehen einer solchen ausdrücklichen Erlaubnis (im Tatzeitraum), sexuelle Dienste als Gegenleistung für pflichtgemäße Amtsgeschäfte zu fordern, behauptet der Beschwerdeführer (zu Recht) nicht. Einen Feststellungsmangel zu einer dienstrechtlichen Genehmigung (als negativem Tatbestandsmerkmal) macht er nicht prozessförmig geltend (RIS‑Justiz RS0118580 [T6]).

Die zu I vorgetragene Kritik (Z 9 lit a, nominell auch Z 5), das Erstgericht habe die Feststellungen zum vom Beschwerdeführer geforderten und angenommenen Vorteil bloß substanzlos mit Hilfe der verba legalia getroffen, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Konstatierungen (RIS‑Justiz RS0099810; vgl hingegen US 5). Dass sexuelle Zuwendungen als immaterielle Vorteile von § 304 idF BGBl I 2004/136 und BGBl I 2007/109 nicht erfasst gewesen seien, wird ohne methodengerechte Ableitung aus dem (im Vorteilsbegriff unveränderten) Gesetz bloß behauptet (RIS‑Justiz RS0116565; vgl im Übrigen Nordmeyer/Stricker in WK2 StGB § 304 Rz 38).

Der weitere Einwand zu I (nominell Z 9 lit b, der Sache nach Z 9 lit a), das Erstgericht habe keine Feststellungen zu einer „Wertigkeit“ der vom Beschwerdeführer geforderten und angenommenen Vorteile getroffen, weshalb das Vorliegen des Strafausschließungsgrundes des § 304 Abs 4 StGB idF BGBl I 2004/136 und I 2007/109 nicht beurteilt werden könne, entfernt sich ein weiteres Mal vom Urteilssachverhalt (RIS‑Justiz RS0099810). Hier festgestelltes Fordern eines Vorteils war nämlich – unabhängig von der Beschaffenheit des Vorteils – von dieser Ausnahmeregelung nicht erfasst (vgl im Übrigen zu § 306 Abs 3 idgF Nordmeyer/Stricker in WK2 StGB § 306 Rz 16/3 [zur Sozialadäquanz als Beurteilungsmaßstab der Geringfügigkeit eines immateriellen Vorteils]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Bleibt anzumerken, dass das Urteil zu I/2 einen den Angeklagten begünstigenden (daher nicht von Amts wegen aufzugreifenden) Subsumtionsfehler (Z 10) aufweist:

Nach den (für den Günstigkeitsvergleich maßgeblichen) Feststellungen forderte und akzeptierte der Beschwerdeführer immaterielle Vorteile (in Form von sexuellen Zuwendungen) als Gegenleistung für konkrete (von ihm vorgenommene) Amtsgeschäfte, nämlich die (bescheidmäßige) Gewährung von Sozialleistungen (US 5). Nach Tatzeitrecht wäre dieses Verhalten § 304 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/109 zu subsumieren gewesen (der nicht zwischen pflichtwidrigem und pflichtgemäßen Verhalten des Amtsträgers unterschied). Der vom Erstgericht herangezogene Abs 2 dieser Bestimmung (mit einer Strafdrohung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe) pönalisierte eine Verknüpfung von Vorteil und Amtsgeschäft im Hinblick auf die Amtsführung „außer dem Fall des Abs 1“, war also subsidiär anwendbar auf jene Sachverhalte, bei denen kein Zusammenhang zwischen Vorteil und bestimmten Handlungen (oder Unterlassungen) bestand (Bertel in WK2 StGB [2008] § 304 Rz 9 und 16; vgl zum [insoweit vergleichbaren] geltenden Recht Nordmeyer/Stricker in WK2 StGB § 306 Rz 21). Demgemäß war das in concreto in den Günstigkeitsvergleich einzubeziehende Tatzeitrecht (§ 304 Abs 1 idF BGBl I 2007/109 mit einer Strafdrohung bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe) ungünstiger als das Urteilszeitrecht § 305 Abs 1 StGB (mit einer Strafdrohung bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe), weshalb die vom Schuldspruch I/2 erfassten Taten diesem Tatbestand zu subsumieren gewesen wären (vgl 14 Os 29/16w, 42/16g [zum Günstigkeitsvergleich bei nach Tatzeiträumen pauschal zusammengefassten gleichartigen Verbrechensmengen]).

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