European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00108.23H.1123.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In den Strafsachen gegen * A* verletzen
A./ im Verfahren AZ 9 U 7/19z des Bezirksgerichts Thalgau
1./ der Beschluss vom 15. Jänner 2020 (ON 25) in der Unterlassung der Rechtsmittelbelehrung der Angeklagten § 86 Abs 1 StPO;
2./ die Fortsetzung des Strafverfahrens in Form der Durchführung der Hauptverhandlung und der Urteilsfällung am 20. Februar 2020 (auch) wegen der im Strafantrag vom 8. Februar 2019 inkriminierten Tat (ON 7) ohne einen darauf bezogenen rechtskräftigen Fortsetzungsbeschluss § 205 Abs 2, § 209 Abs 3 iVm § 199 StPO;
B./ im Verfahren AZ 4 U 25/23m des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee
1./ das Unterbleiben der Anführung der in § 260 Abs 1 Z 1 StPO bezeichneten Angaben im Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Mai 2023 (ON 29) § 271 Abs 1 Z 7 iVm § 458 zweiter Satz StPO;
2./ der mit Urteil vom 8. Mai 2023 (ON 31) erfolgte Zuspruch von 289,20 Euro an * T* § 369 Abs 1 StPO iVm § 67 Abs 4 Z 1 StPO;
3./ der zugleich mit dem Urteil vom 8. Mai 2023 (ON 31) ergangene Beschluss auf Erteilung einer Weisung § 51 Abs 1 StGB.
Es werden
zu A./
1./ das Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom 20. Februar 2020, GZ 9 U 7/19z‑36, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruchfaktum 1./, demzufolge auch in der zum Schuldspruch gebildetenSubsumtionseinheit, im Strafausspruch und in dem (mit dem Schuldspruchfaktum 1./ zusammenhängenden) Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der Mag. * L* sowie der gemeinsam mit dem Urteil gefasste Beschluss auf Erteilung einer Weisung aufgehoben und
a./ die Sache in diesem Umfang an das nunmehr zuständige Bezirksgericht Seekirchen am Wallersee zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Hinblick auf das verbliebene Schuldspruchfaktum 2./ verwiesen und
b./ dem Bezirksgericht Seekirchen am Wallersee aufgetragen, * A* den Beschluss vom 15. Jänner 2020, GZ 9 U 7/19z‑25, unter Anschluss einer Rechtsmittelbelehrung (neuerlich) zuzustellen;
zu B./
2./ das Urteil des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee vom 8. Mai 2023, GZ 4 U 25/23m‑31, das im Übrigen unberührt bleibt, im Zuspruch von 289,20 Euro an die Privatbeteiligte * T* ersatzlos aufgehoben;
3./ der zugleich mit dem Urteil des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee vom 8. Mai 2023, GZ 4 U 25/23m‑31, gefasste Beschluss auf Erteilung einer Weisung, die Angeklagte wolle sich während der Probezeit einer Psychotherapie unterziehen und dies dem Gericht in dreimonatigen Abständen nachweisen, aufgehoben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird verworfen.
Gründe:
[1] I./ Im Verfahren AZ 9 U 7/19z des Bezirksgerichts Thalgau legte die Staatsanwaltschaft Salzburg * A* mit Strafantrag vom 8. Februar 2019 (ON 7) ein als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB beurteiltes Verhalten zum Nachteil der Mag. * L* mit einer Schadenssumme von 801 Euro zur Last.
[2] In der hierüber durchgeführten Hauptverhandlung vom 9. Mai 2019 fasste der Bezirksrichter den (in Rechtskraft erwachsenen) Beschluss auf vorläufige Einstellung des Strafverfahrens unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren „gemäß §§ 199, 203 StPO“. Unter einem ordnete er für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe an, erteilte der Angeklagten die Weisung, sich während der Probezeit „einer psychologischen Gesprächstherapie“ zu unterziehen, weiters den aus der Tat resultierenden Schaden in Höhe von 800 Euro zu ersetzen und die Erfüllung der Weisungen dem Gericht nachzuweisen (ON 11 S 2 f).
[3] In der Folge wurde die Angeklagte förmlich ermahnt, Nachweise betreffend die Erfüllung der ihr auferlegten Verpflichtungen zu erbringen (ON 16).
[4] Im Verfahren AZ 9 U 5/20g des Bezirksgerichts Thalgau (als ON 26 einbezogen in AZ 9 U 7/19z; siehe dort ON 1 S 1e) wurde * A* mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 15. Jänner 2020 (ON 4 im einbezogenen Akt) ein weiteres, als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB beurteiltes Verhalten zur Last gelegt.
[5] Diesen Strafantrag übermittelte die Staatsanwaltschaft dem Bezirksgericht Thalgau zum Verfahren AZ 9 U 7/19z (dort ON 24) zur allfälligen Veranlassung nach § 205 Abs 2 Z 3 StPO.
[6] Mit Beschluss vom 15. Jänner 2020, GZ 9 U 7/19z‑25, setzte das Bezirksgericht dieses Verfahren gemäß § 205 Abs 2 Z 2 und 3 StPO mit der Begründung fort, die Angeklagte habe die aufgetragene Schadensgutmachung nicht nachgewiesen. Zudem habe die Staatsanwaltschaft erneut einen Strafantrag gegen die Angeklagte eingebracht.
[7] Dieser Beschluss wurde der Angeklagten zwar zugestellt, er enthielt aber keine Rechtsmittelbelehrung.
[8] Mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Februar 2020, GZ 9 U 7/19z‑36, wurde die Angeklagte wegen beider Tatvorwürfe des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen (§ 43 Abs 1 StGB) Freiheitsstrafe verurteilt.
[9] Danach hat sie durch „Vortäuschen ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern,
1./ am 26. 02.2018 und am 27.02.2018 in S* in zwei Angriffen Waren im Gesamtwert von EUR 801 Euro beim Onlineshop der Fa. M* bestellt, wodurch die Verfügungsberechtigten der genannten Firma in ihrem Vermögen geschädigt wurden;
2./ im Zeitraum von 9.05. bis 26.07.2019 in W* * Mo* zur Übersendung div. Kosmetikartikel und eines Gesichtspflegesetgeräts im Gesamtwert von EUR 681,36, sohin zu einer Handlung verleitet, welche die Genannte in einem Betrag von EUR 724,12 (inkl. Versandkosten und Mahnspesen) an ihrem Vermögen schädigte“.
[10] Unter anderem wurde * A* in Bezug auf das Schuldspruchfaktum 1./ verpflichtet, binnen 14 Tagen an die Privatbeteiligte Mag. * L* 801 Euro zu zahlen.
[11] Mit zugleich gefassten (und ebenfalls unbekämpft gebliebenen) Beschlüssen erteilte das Bezirksgericht der Angeklagten gemäß §§ 50, 51 StGB die – ohne nähere Zielsetzung ausgesprochene – Weisung, „sich einer Psychotherapie zu unterziehen“, weiters „den Schaden nach Kräften wieder gut zu machen“ (vgl aber RIS‑Justiz RS0092363; Schroll/Oshidari in WK² StGB § 51 Rz 31, 33) und „dem Gericht monatlich über den Fortgang der Psychotherapie und der Schadensgutmachung unaufgefordert zu berichten“. Gemäß §§ 50, 52 StGB wurde für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet (ON 36 S 3).
[12] In der Folge wurde mit Beschluss vom 15. Dezember 2020 (ON 60) die Anordnung der Bewährungshilfe gemäß § 52 Abs 3 StGB und mit Beschluss vom 25. März 2021 (ON 68) die Weisung, den Schaden nach Kräften gutzumachen, gemäß § 51 Abs 4 StGB aufgrund zwischenzeitlicher vollständiger Schadensgutmachung aufgehoben.
[13] II./ Im Verfahren AZ 9 U 56/22k des Bezirksgerichts Thalgau (nunmehr AZ 4 U 25/23m des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee) legte die Staatsanwaltschaft Salzburg * A* mit Strafantrag vom 6. Dezember 2022 (ON 8) ein als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB beurteiltes Verhalten zur Last.
[14] Im Verfahren AZ 9 U 10/23x des Bezirksgerichts Thalgau (nunmehr einbezogen als ON 22 im Verfahren AZ 4 U 25/23m des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee) lastete die Staatsanwaltschaft Salzburg * A* mit (der Angeklagten zugestelltem – ON 1 S 3d) Strafantrag vom 27. Jänner 2023 (ON 5 in ON 22 in AZ 4 U 25/23m des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee) ein weiteres betrügerisches Verhalten (§ 146 StGB) an, wobei die Anklagebehörde auch das Absehen vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom 20. Februar 2020, GZ 9 U 7/19z‑36, gewährten bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO beantragte.
[15] Diesem Verfahren hatte sich * T* als Privatbeteiligte mit einer Forderung von 289,20 Euro angeschlossen (ON 29 S 2), obwohl in Ansehung dieses Anspruchs schon nach den Beilagen zu ihrer Sachverhaltsdarstellung ein rechtskräftiger Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts Thalgau vom 13. September 2022, GZ 2 C 613/22k‑2, bestand (ON 2.3 in AZ 9 U 10/23x des Bezirksgerichts Thalgau).
[16] In der Hauptverhandlung am 8. Mai 2023 wurden der Angeklagten die erwähnten Strafanträge vorgehalten (ON 29 S 2).
[17] Mit rechtskräftigem und in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil vom 8. Mai 2023, GZ 4 U 25/23m-31, wurde die Angeklagte des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer (gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem erfolgte (zu Schuldspruchfaktum 2./) ein Zuspruch an die Privatbeteiligte * T* in Höhe von 289,20 Euro.
[18] Während das (zu ON 29 erstellte) Protokoll über die Hauptverhandlung in Ansehung des Schuldspruchs lediglich die Formulierung „im Sinne beider Strafanträge ON 8 und ON 22“ enthält (ON 29 S 5), hat * A* nach der gekürzten Urteilsausfertigung (ON 31) zu „nachgenannten Zeiten an nachgenannten Orten mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich eine zahlungswillige und -fähige Kundin zu sein, nachstehende Personen zur Lieferung nachstehender Sachen verleitet, ohne in weiterer Folge die Rechnung zu begleichen, wodurch nachstehende Personen mit nachstehenden Beträgen an ihrem Vermögen geschädigt wurden, nämlich:
1./ am 14. 12. 2021 in * W* * R* als Verfügungsberechtigten der Firma S* R* G* zur Übersendung einer Skitourenausrüstung im Gesamtwert von 1.450 Euro;
2./ am 20. 5. 2022 und am 16. 8. 2022 in S* die Inhaberin der Firma W* T* zur Lieferung von Dekorationsgegenständen im Gesamtwert von 289,20 Euro“ (ON 31 S 1 f).
[19] Mit zugleich gefassten (und ebenfalls unbekämpft gebliebenen) Beschlüssen sah das Gericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom 20. Februar 2020, GZ 9 U 7/19z‑36, gewährten bedingten Strafnachsicht ab, verlängerte gemäß § 494a Abs 6 StPO die dort bestimmte Probezeit auf fünf Jahre und erteilte * A* die Weisung, „sich während der Probezeit einer Psychotherapie zu unterziehen und dies dem Gericht in 3‑monatigen Abständen nachzuweisen“ (ON 29 S 6; ON 31 S 3). Zugleich wurde „gemäß §§ 50, 51 StGB diese Weisung der Angeklagten auch für diese Probezeit erteilt“ (ON 29 S 6).
Rechtliche Beurteilung
[20] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde teilweise zu Recht aufzeigt, stehen die Vorgangsweisen des Bezirksgerichts Thalgau im Verfahren AZ 9 U 7/19z und des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee im Verfahren AZ 4 U 25/23m (vormals AZ 9 U 56/22k des Bezirksgerichts Thalgau) mit dem Gesetz in mehrfacher Hinsicht nicht im Einklang:
I./ Zum Verfahren AZ 9 U 7/19z des Bezirksgerichts Thalgau:
[21] 1./ Im Fall einer vorläufigen Verfahrenseinstellung durch das Gericht gemäß § 203 Abs 1 und Abs 3 iVm § 199 StPO ist eine Fortsetzung des Strafverfahrens nur zulässig, wenn hierüber ein Fortsetzungsbeschluss (§§ 35 Abs 2, 205 Abs 2 StPO) gefasst wird (Schroll/Kert, WK‑StPO § 205 Rz 21), der solcherart Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat (§ 86Abs 1StPO), schriftlich auszufertigen und den zur Beschwerde Berechtigten zuzustellen ist (§ 86 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0131501 [insb T1]).
[22] Der Fortsetzungsbeschluss vom 15. Jänner 2020, GZ 9 U 7/19z‑25, verletzt im Umfang der unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung § 86 Abs 1 StPO.
[23] 2./ Ein schriftlich auszufertigender Beschluss (§ 86 Abs 2 und Abs 3 erster Satz StPO) ist der Angeklagten nur dann – die Beschwerdefrist des § 88 Abs 1 zweiter Satz StPO auslösend – bekanntgemacht, wenn er ihr mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde (RIS‑Justiz RS0123942). Das Fehlen der Rechtsmittelbelehrung im Fortsetzungsbeschluss vom 15. Jänner 2020, GZ 9 U 7/19z‑25, entzieht damit der rechtlichen Annahme einer die Rechtsmittelfrist der Angeklagten auslösenden Bekanntmachung und deren Ablaufs die Grundlage.
[24] Solcherart stand der Verfahrensfortsetzung in Form der Durchführung der Hauptverhandlung und Urteilsfällung am 20. Februar 2020 wegen der von der vorläufigen Verfahrenseinstellung betroffenen Tat (Schuldspruchfaktum 1./) ein durch die vorläufige Einstellung des Verfahrens eingetretenes, für den Fall der Rechtskraft einer beschlossenen Fortsetzung auflösend bedingtes Verfolgungshindernis entgegen (RIS‑Justiz RS0128156 [T3]; Schroll/Kert, WK‑StPO § 205 Rz 21). Die dennoch erfolgte Fortsetzung des Verfahrens, die zum Schuldspruchfaktum 1./ führte, verletzt daher § 205 Abs 2, § 209 Abs 3 StPO iVm § 199 StPO (15 Os 50/18v; zuletzt 14 Os 123/21a).
[25] Die aufgezeigten Gesetzesverletzungen gereichen der Verurteilten zum Nachteil. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, deren Feststellung mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
II./ Zum Verfahren AZ 4 U 25/23m des Bezirksgerichts Seekirchen am Wallersee:
[26] 1./ Wird das über die Hauptverhandlung aufzunehmende Protokoll nicht durch einen vom Vorsitzenden zu unterschreibenden Vermerk ersetzt (§ 271 Abs 1a iVm § 270 Abs 4 StPO), so hat es gemäß § 271 Abs 1 Z 7 (hier: iVm § 458 zweiter Satz) StPO auch den Spruch des Urteils mit den in § 260 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO bezeichneten Angaben zu enthalten, worunter auch der Ausspruch zu verstehen ist, welcher Tat der Angeklagte schuldig befunden worden ist (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; RIS‑Justiz RS0098552 [T2]). Der im Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Mai 2023, GZ 4 U 25/23m-29, erfolgte Verweis auf die „Strafanträge ON 8 und ON 22“ (ON 29 S 5) genügt diesen Anforderungen nicht.
[27] 2./ Verfügt das Opfer einer Straftat in Ansehung ihm aus dieser entstandener Schäden bereits über einen (rechtskräftigen zivilrechtlichen) Exekutionstitel, so kann es sich dem Strafverfahren nicht mehr als Privatbeteiligter anschließen (statt vieler RIS‑Justiz RS0096819; Spenling, WK‑StPO Vor §§ 366 bis 379 Rz 37 und 54). Die von * T* ungeachtet des Vorliegens eines rechtskräftigen Zahlungsbefehls in ihrer Sachverhaltsdarstellung abgegebene und in der Hauptverhandlung wiederholte Anschlusserklärung hätte – zumal vom Exekutionstitel nicht gedeckte Schäden aus der Straftat nicht behauptet wurden (siehe erneut RIS‑Justiz RS0096819, RS0096826) – als offensichtlich unberechtigt zurückgewiesen werden müssen (Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 67 Rz 9).
[28] Der dennoch erfolgte Zuspruch von 289,20 Euro an * T* widersprach daher § 369 Abs 1 StPO iVm § 67Abs 4Z 1 und Abs 5 StPO.
[29] 3./ Nach § 51 Abs 1 StGB kommen als Weisungen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung geeignet scheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Die Weisung muss das auferlegte Gebot oder Verbot hinreichend deutlich bezeichnen und sich direkt an den Verurteilten richten. Unbestimmte oder unklare Anordnungen, die das vom Verurteilten erwartete Verhalten nur mangelhaft konkretisieren und daher die verhaltensbestimmende Wirkung nicht entfalten können, widersprechen dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0092363 [T2, T3, T7]; Schroll/Oshidari in WK² StGB § 51 Rz 7).
[30] Vorliegend legte das Gericht zwar durch die Weisung, die Angeklagte wolle sich während der Probezeit einer Psychotherapie unterziehen und dies dem Gericht in 3‑monatigen Abständen nachweisen (ON 29 S 6; ON 31 S 3), die Art der Behandlung (Psychotherapie; vgl § 51 Abs 3 erster Satz StGB) und die Nachweismodalitäten (in 3‑monatigen Abständen), nicht aber die konkrete Zielrichtung der Behandlung (vgl 13 Os 89/11d) fest, sodass sich die Weisung als unbestimmt erweist und gegen § 51 Abs 1 StGB verstößt.
[31] Die zu 2./ und 3./ aufgezeigten Gesetzesverletzungen gereichen der Verurteilten zum Nachteil. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, auch deren Feststellung mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
[32] Hingegen vermag der Oberste Gerichtshof der Auffassung der Generalprokuratur, das Bezirksgericht hätte die in § 494a Abs 3 StPO vorgesehene Anhörung der Angeklagten vor der Entscheidung über das Absehen vom Widerruf und der Verlängerung einer Probezeit unterlassen, nicht zu folgen. Denn der Angeklagten wurde nicht nur der – ausdrücklich auch auf diese Rechtsfolge abzielende – Strafantrag (vgl dazu 11 Os 9/18k = RIS‑Justiz RS0111829 [T8]) zugestellt, sondern ihr dieser auch in der Hauptverhandlung vom Gericht ausdrücklich „vorgehalten“.
[33] Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
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