OGH 10ObS97/16m

OGH10ObS97/16m11.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Wiesinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in Perg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 1. Juni 2016, GZ 12 Rs 42/16g‑32, womit das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 10. Februar 2016, GZ 11 Cgs 119/14a‑28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00097.16M.1111.000

 

Spruch:

1. Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

2. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der am 19. 7. 1963 geborene Kläger, der keinen Beruf erlernt hat, verrichtete zunächst verschiedene Hilfsarbeitertätigkeiten, von 1989 bis August 2012 war er Hochofenarbeiter. Ab September 2012 bezog er Krankengeld und von 1. 4. 2013 bis 31. 3. 2014 eine befristete Invaliditätspension. Er kann noch leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen verrichten, wobei 50 % der Arbeiten im Sitzen ausgeführt werden müssen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen sind nach maximal einer Stunde ein Körperhaltungswechsel und eine fünfminütige Pause erforderlich. Aufgrund dieser (und weiters festgestellter) Leistungseinschränkungen kann der Kläger nicht mehr als Hochofenarbeiter tätig sein. Es sind ihm aber noch Berufstätigkeiten als Hilfskraft in der industriellen Fertigung, als Bürogehilfe, Mitarbeiter in einer Poststelle, Portier oder Garagenwart/Parkgaragenkassier möglich.

Mit Bescheid vom 27. 2. 2014 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 13. 1. 2014 auf Weitergewährung der ihm befristet von 1. 4. 2013 bis 31. 3. 2014 gewährten Invaliditätspension ab.

Dagegen richtet sich die auf Weitergewährung der Invaliditätspension ab 1. 4. 2014 gerichtete Klage.

In der (letzten) mündlichen Streitverhandlung vom 10. 2. 2016 brachte der Kläger vor, auch schon im Zeitpunkt der Antragstellung seien die Voraussetzungen des § 255 Abs 3a und 3b ASVG (der sogenannten „Härtefallregelung“) vorgelegen. Jedenfalls seien die Voraussetzung einer 12-monatigen Arbeitslosmeldung zum damaligen Zeitpunkt erfüllt, da er seit 17. 2. 2014 arbeitslos gemeldet sei.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete ein, Invalidität iSd § 255 ASVG liege nicht vor. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 255 Abs 3a und 3b ASVG seien nicht erfüllt. Stichtag sei der 1. 4. 2013; im Zeitraum unmittelbar vor diesem Stichtag sei keine Arbeitslosmeldung gegeben gewesen. Auch aus medizinischer Sicht lägen die Voraussetzungen für die „Härtefallregelung“ nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG sei nicht gegeben, weil der Kläger unter Berücksichtigung seines Leistungskalküls noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die genannten Verweisungstätigkeiten zu verrichten. Die Voraussetzungen für die „Härtefallregelung“ (§ 255 Abs 3a ASVG) seien zu verneinen, weil der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage sei, Tätigkeiten durchzuführen, die das in § 255 Abs 3b ASVG umschriebene geringste Anforderungsprofil übersteigen. Überdies verlange § 255 Abs 3 ASVG, dass der Versicherte mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Stichtag arbeitslos iSd § 12 AlVG gemeldet gewesen sei. Der Bezug von Krankengeld oder einer befristeten Invaliditätspension könne das zwingende Erfordernis einer Arbeitslosmeldung iSd § 12 AlVG nicht ersetzen.

Das Berufungsgericht verwarf die vom Kläger erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und gab der Berufung im Übrigen nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Kläger nicht invalid iSd § 255 Abs 3 ASVG sei. Da er am 19. 7. 2013 sein 50. Lebensjahr vollendet habe, verschiebe sich der Stichtag vom 1. 4. 2013 auf 1. 8. 2013, sodass die Voraussetzungen der „Härtefallregelung“ (§ 255 Abs 3a und 3b ASVG) zu diesem Stichtag zu prüfen seien. Während der letzten 12 Monate unmittelbar vor dem 1. 8. 2013 sei der Kläger jedoch nicht arbeitslos iSd § 12 AlVG gemeldet gewesen, vielmehr bringe er selbst vor, erst ab 17. 2. 2014 arbeitslos gemeldet gewesen zu sein. Auf eine Einschränkung des Klägers auf Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil iSd § 255 Abs 3b ASVG bzw auf die zu einer solchen Beschränkung führenden gesundheitlichen Einschränkungen (nur durchschnittlicher Zeitdruck, sitzende Arbeit in mehr als zwei Drittel der Gesamtarbeitszeit) komme es daher nicht an. Auf die Tatsachen‑ und Beweisrüge, mit der die dazu getroffenen Feststellungen bekämpft werden (nur dauernd überdurchschnittlicher Zeitdruck sei ausgeschlossen, dem Kläger seien zu mindestens 50 % Arbeiten im Sitzen möglich), sei nicht einzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da zu den Voraussetzungen einer Arbeitslosmeldung iSd § 255 Abs 3a Z 2 ASVG auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurückgegriffen werden könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das als ordentliche Revision bezeichnete Rechtsmittel des Klägers, das als außerordentliche Revision anzusehen ist (RIS‑Justiz RS0123405, RS0110049 [T8]). Beantragt wird, dem Klagebegehren vollinhaltlich stattzugeben.

Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil darin eine Rechtsfrage aufgezeigt wird, zu der bisher noch keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht. Die Revision ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, infolge seiner Arbeitslosmeldung ab 17. 2. 2014 sei zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (am 10. 2. 2016) die Voraussetzung des § 255 Abs 3a Z 2 ASVG (mindestens 12-monatige Meldung als arbeitslos iSd § 12 AlVG) erfüllt gewesen. Der infolge Erreichung des 50. Lebensjahres (am 19. 7. 2013) auf den 1. 8. 2013 verschobene Stichtag verschiebe sich daher neuerlich auf den „17. 2. 2015“ (richtig: 1. 3. 2015), weil zu diesem neuen Stichtag die Voraussetzungen für die Anwendung der „Härtefallregel“ gegeben waren. Hätte das Berufungsgericht die Rüge wegen Verfahrensmängel und die Beweisrüge erledigt und wären die in der Berufung geltend gemachten Ersatzfeststellungen zu der trotz der gesundheitlichen Einschränkungen noch möglichen Arbeitshaltung und zum Zeitdruck getroffen worden, wäre dem Klagebegehren unter Anwendung des § 255 Abs 3a und 3b ASVG vollinhaltlich stattzugeben gewesen.

Dazu ist auszuführen:

1.1 Soweit der Kläger in seiner in der Revisionsschrift enthaltenen Zulassungsbeschwerde eine Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts dahin anstrebt, dass seine (ordentliche) Revision doch zugelassen werde, ist sie verfehlt, weil in Streitigkeiten in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO idF ZVN 2002, BGBl I Nr 76/2002) gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine außerordentliche Revision erhoben werden kann, wenn das Berufungsgericht im Berufungsurteil – wie hier – nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist. Einer Abänderung des Ausspruchs für die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf es in diesem Fall nicht. Das vorliegende Rechtsmittel des Klägers war daher als außerordentliche Revision zu behandeln, deren Zulässigkeit vom Obersten Gerichtshof ausschließlich nach § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0110049 [T8]).

1.2 Die geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsurteils infolge eines Begründungsmangels iSd § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nicht vor. Eine solche wäre nur dann zu bejahen, wenn die Fassung des angefochtenen Urteils so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, das Urteil mit sich selbst in Widerspruch steht oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind. Keiner dieser genannten Tatbestände trifft auf die angefochtene Berufungsentscheidung zu. Die bereits verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht ist unanfechtbar (RIS‑Justiz RS0042981).

2.1 Nach § 255 Abs 3a ASVG idF des BudgetbegleitG 2011 gilt eine versicherte Person auch dann als invalid, wenn sie

1. das 50. Lebensjahr vollendet hat,

2. mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2) als arbeitslos iSd § 12 AlVG gemeldet war,

3. mindestens 360 Versicherungsmonate, davon mindestens 240 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, erworben hat und

4. nur mehr Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet sind, ausüben kann und zu erwarten ist, dass ein Arbeitsplatz in einer der physischen und psychischen Beeinträchtigung entsprechenden Entfernung von ihrem Wohnort innerhalb eines Jahres nicht erlangt werden kann.

2.2 Unter den Tätigkeiten nach § 255 Abs 3a Z 4 ASVG sind nach der Legaldefinition des § 255 Abs 3b ASVG in der für Stichtage ab 1. 7. 2013 anzuwendenden Neufassung durch das 2. SVÄG 2013 (10 ObS 141/13b, SSV‑NF 27/74) leichte körperliche Tätigkeiten, die bei durchschnittlichem Zeitdruck und vorwiegend in sitzender Haltung ausgeübt werden, wobei Tätigkeiten auch dann als vorwiegend in sitzender Haltung ausgeübt gelten, wenn sie durch zwischenzeitliche Haltungswechsel unterbrochen werden.

2.3 Wäre der am 19. 7. 2013 50 Jahre alt gewordene Kläger bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen nur mehr in der Lage, eine der in § 255 Abs 3b ASVG (in der für Stichtage ab 1. 7. 2013 anzuwendenden Fassung des 2. SVÄG 2013) umschriebenen Tätigkeiten und keine andere Tätigkeit auszuüben, könnte sein Anspruch auf Invaliditätspension nach der neuen „Härtefallregelung“ zu bejahen sein. Hingegen wäre er bei Nichtanwendung der Härtefallregelung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch eine seinem Leistungskalkül entsprechende Verweisungstätigkeit vorhanden ist.

3.1 Die Frage, ob eine Leistung der Pensionsversicherung gebührt, ist nach den Verhältnissen zu dem durch den Antrag ausgelösten Stichtag zu prüfen. Der Stichtag ist entscheidend für die Prüfung, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; maßgeblich dafür ist die Sach‑ und Rechtslage zum Zeitpunkt des Stichtags (RIS‑Justiz RS0084524). Tritt jedoch während des gerichtlichen Verfahrens eine Änderung des Gesundheitszustands, eine Gesetzesänderung oder eine sonstige Änderung der Anspruchsvoraussetzungen (etwa auch das Erreichen eines bestimmten Lebensalters) ein, ist die sich daraus ergebende Änderung nach ständiger Rechtsprechung bei der Entscheidung zu berücksichtigen, wenn dies zur Anwendung geänderter Voraussetzungen für den Anspruch auf die begehrte Leistung führt. Durch diese Änderungen, sofern sie für den erhobenen Anspruch von Bedeutung sind, wird ein neuer Stichtag ausgelöst. Die Anspruchsvoraussetzungen sind dann zu diesem – neuen – Stichtag zu prüfen (RIS‑Justiz RS0084533 [T1]). In diesem Sinn wurde in der Entscheidung 10 ObS 319/88, SSV‑NF 3/1 ganz allgemein ausgesprochen, dass es nicht nur auf die Verhältnisse am ursprünglichen Stichtag ankommt, sondern dass dem Klagebegehren auch dann stattzugeben ist, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch erst nach dem ursprünglichen Stichtag eintreten, und dass diesbezüglich § 86 ASGG sinngemäß anzuwenden ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die Anspruchsvoraussetzungen zu einem vor Schluss der Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt sind (RIS‑Justiz RS0084533 [T5]).

3.2 Im Hinblick darauf, dass auch ein unter das Regime des SRÄG 2012 fallender Weitergewährungsantrag nach einer befristeten Invaliditätspension keinen neuen Stichtag auslöst, war im vorliegenden Fall vorerst vom (ursprünglichen) Stichtag 1. 4. 2013 auszugehen (RIS‑Justiz RS0105152; RS0085389 [T2, T4]). Ein neuer Stichtag wurde aber durch die Vollendung des 50. Lebensjahres des Klägers ausgelöst, nämlich der 1. 8. 2013 (10 ObS 146/12m, SSV‑NF 27/1). Somit ist es während des laufenden Verfahrens bereits zu einer „Stichtagsverschiebung“ gekommen.

4.1 Im Revisionsverfahren strittig ist noch die weitere Anspruchsvoraussetzung des § 255 Abs 3a Z 2 ASVG (Arbeitslosmeldung iSd § 12 AlVG mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Stichtag).

4.2 Zweck dieser Anspruchsvoraussetzung ist, die Zahl der potentiellen Leistungsbezieher zu begrenzen. Es sollen nur Personen, die arbeitslos gemeldet sind und deren Erwerbsaussichten aus Gesundheitsgründen nachweislich sehr gering sind, Härtefälle sein und Pensionsansprüche aus der Härtefallregelung erwerben können (vgl Ivansits/Weissensteiner,Die Härtefallregelung – Zugangserleichterung in die Invaliditätspension für Versicherte ab 50, DRdA 2011, 175 [178]). Faktische Arbeitslosigkeit oder der Bezug von Krankengeld können das zwingende Erfordernis einer Arbeitslosmeldung iSd § 12 AlVG ebenso wenig ersetzen (10 ObS 89/12d, SSV‑NF 26/48) wie der Bezug einer befristeten Invaliditätspension (10 ObS 147/14m, SSV‑NF 28/78).

4.3 Bezogen auf den Stichtag 1. 8. 2013 (Erreichen des 50. Lebensjahres) ist das Erfordernis der Arbeitslosmeldung iSd § 12 AlVG nicht erfüllt, weil der Kläger im Zeitraum 1. 8. 2012 bis 31. 7. 2013 nicht arbeitslos gemeldet war. Geht man vom (unbestritten gebliebenen) Vorbringen des Klägers aus, er sei ab 17. 2. 2014 arbeitslos gemeldet gewesen, wäre diesem Erfordernis – bezogen auf den Stichtag 1. 3. 2015 – Genüge getan. Ebenso wäre die weitere Voraussetzung vorgelegen, dass die Anspruchsvoraussetzung zu einem vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (am 10. 2. 2016) gelegenen Zeitpunkt eingetreten sein muss.

5.1 Somit stellt sich die Frage, ob es zu einer neuerlichen – also mehrfachen – „Verschiebung“ des Stichtags kommen kann. Dazu wurde in der bisherigen Rechtsprechung nicht ausdrücklich Stellung bezogen:

5.2 Mit den oben zu Pkt 3.1 wiedergegebenen Rechtssätzen wird nichts Gegenteiliges ausgesagt, sondern lediglich darauf abgestellt, dass während des Verfahrens eine für den Anspruch bedeutsame Änderung (des Gesundheitszustands, eine Gesetzesänderung oder sonstige Änderung der Anspruchsvoraussetzungen) eintritt und diese Änderung bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist, sofern die Anspruchsvoraussetzung zu einem vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt ist.

5.3 Dass auch eine mehrfache „Stichtagsverschiebung“ nicht ausgeschlossen ist, ergibt sich (indirekt) bereits aus der einen Antrag auf Weitergewährung einer befristeten Invaliditätspension betreffenden Entscheidung 10 ObS 146/12m, SSV‑NF 27/1, in der davon ausgegangen wurde, dass bei Eintritt mehrerer Umstände nacheinander (zunächst Inkrafttreten des § 255 Abs 3a und 3b ASVG mit 1. 1. 2011, sodann Vollendung des 50. Lebensjahres des Klägers mit 1. 11. 2011) die Anspruchsvoraussetzungen bezogen auf den (späteren) Stichtag 1. 11. 2011 zu prüfen seien.

5.4 Auch im vorliegenden Fall stehen daher die Grundsätze über die Möglichkeit der Verschiebung des Stichtags auf denjenigen Zeitpunkt, zu dem die Anspruchsvoraussetzungen für eine Versicherungsleistung gegeben sind, einer mehrfachen Verschiebung des Stichtags nicht entgegen.

6. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist neuer Stichtag aber nicht der 17. 2. 2015, sondern (erst) der 1. 3. 2015. Nach § 223 Abs 2 ASVG ist Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, bei Anträgen auf eine Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst aber der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste, das ist im vorliegenden Fall der 1. 3. 2015.

7. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, bezogen auf den Stichtag 1. 8. 2013 sei die Anspruchsvoraussetzung nach § 255 Abs 3a Z 2 ASVG nicht erfüllt, und die Ansicht vertreten, es komme nicht mehr darauf an, ob der Kläger nur mehr in der Lage sei, die in § 255 Abs 3b ASVG umschriebenen Tätigkeiten und sonst keine weiteren Verweisungstätigkeiten auszuüben. Ausgehend von dieser Rechtsansicht hat das Berufungsgericht die Tatsachen- und Beweisrüge zu der dem Kläger noch möglichen Arbeitshaltung und zu dem noch zumutbaren Zeitdruck unerledigt gelassen. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen sein.

Zu diesem Zweck erweist sich die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts als unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den § 2 ASGG, § 52 Abs 1 ZPO.

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