OGH 10Ob16/24m

OGH10Ob16/24m4.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Schober, Dr. Annerl und Dr. Vollmaier sowie die Hofrätin Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Mag. G*, vertreten durch Mag. Helwig Schuster, Rechtsanwalt in Melk, gegen die beklagten Parteien 1. J* und 2. S*, vertreten durch die Summereder Pichler Wächter Rechtsanwälte GmbH in Leonding, wegen 12.750 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2023, GZ 21 R 277/23v‑53, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 23. August 2023, GZ 9 C 430/22s‑47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00016.24M.0604.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Die Revision wird in Ansehung der Klageforderungen von 2.700 EUR sA, 4.575 EUR sA und 450 EUR sA zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung insoweit selbst zu tragen.

II. Im Übrigen – in Ansehung der Klageforderung von 5.025 EUR sA – wird der Revision Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird insoweit aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der Kläger, der für seine Pferde Liso und Salis einen neuen Reitstall suchte, entschied sich nach einer Begehung mit dem Zweitbeklagten für das Gestüt der Beklagten. Im Mai 2019 fand die Übersiedlung der Pferde statt. Zum Zeitpunkt der Einstellung war der Reitboden in der Reithalle für den Kläger offensichtlich mangelhaft; der Außenreitplatz passte auch nicht. Vereinbart war das Einstellen der Pferde, jeweils in eine – täglich auszumistende – Box, die Fütterung der Pferde dreimal am Tag (einschließlich Zusatzfutter für Liso), das Hinausführen der Pferde auf die Koppel sowie die Überlassung der Schrittmaschine, des Reitplatzes und der Reithalle zur Nutzung.

[2] Die Lebensgefährtin des Klägers stellte ihre Pferde Fio und Primi ab August 2019 bzw Juni 2020 bei den Beklagten ein. Das für die Einstellung vereinbarte Entgelt wurde stets anstands- und vorbehaltlos geleistet. Für das Pferd Liso war zunächst ein monatliches Entgelt von 360 EUR, ab Oktober 2020 ein solches von 380 EUR vereinbart. Dies schien dem Kläger im Zusammenhang damit, dass der Hallenboden ausgebessert wird und er den Außenreitplatz benutzen kann, als angemessen.

[3] Im Hallenboden befanden sich Steine und er war bei nicht ausreichender Bewässerung trocken. Im Herbst 2019 wurde der Boden der Reithalle ausgetauscht. In der Folge war die Tretschicht zu tief und stürzten Pferde. Darüber informiert, reduzierten die Beklagten den Bodenbelag etwas. Da der Kläger und andere Einsteller mit dem Zustand der Anlage weiterhin nicht zufrieden waren, suchte der Kläger am 22. 6. 2020 das Gespräch mit den Beklagten. Thematisiert wurde der Boden der Reithalle. Da dieser zu tief war, rutschte, staubte und nicht dämpfte, schien er als Reitboden ungeeignet. Vereinbart wurde die Prüfung des Bodens durch Experten. Auch der Bodenbelag des – im Sommer staubigen und für den Kläger und seine Lebensgefährtin nicht reitbaren – Außenreitplatzes wurde angesprochen und dabei festgehalten, dass sich der Platz für eine mechanische Pflege nicht eigne. Der Zweitbeklagte sagte zu, sich das anzuschauen.

[4] Nach Beiziehung eines vom Kläger organisierten Reitplatzexperten sanierten die Beklagten den Hallenboden durch Beifügung von Holzfasern. Ob die Größe der Boxen der Beklagten der 1. Tierhaltungsverordnung entsprach, steht nicht fest.

[5] Im Rahmen eines emotionalen Gesprächs im Dezember 2021 äußerte der Kläger gegenüber dem Zweitbeklagten Missstände und dieser sprach die Kündigung aus. Mit Schreiben vom 29. 12. 2021 bestätigten die Beklagten gegenüber dem Kläger und seiner Lebensgefährtin jeweils die am 21. 12. 2021 mündlich ausgesprochene Kündigung des Einstellungsvertrags unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 31 Tagen zum 21. 1. 2022.

[6] Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. 1. 2022 merkten der Kläger und seine Lebensgefährtin gegenüber den Beklagten unter Hinweis auf die branchenüblichen Usancen an, dass die Kündigung erst zum 28. 2. 2022 wirksam werden könne, stellten aber in Aussicht, die Einstellplätze für die beiden verbliebenen Pferde früher zu räumen, wenn sie vor Ende Februar neue Plätze fänden. Diesfalls werde die Abrechnung der Einstellgebühren aliquot erfolgen.

[7] Am 13. 2. 2022 endete die Einstellung von Liso und Fio, den letzten beiden im Reitstall der Beklagten verbliebenen Pferde des Klägers und seiner Lebensgefährtin.

[8] Mit Aufforderungsschreiben vom 10. 3. 2022 begehrten der Kläger und seine Lebensgefährtin wegen massiver Missstände (nicht fachgerecht erneuerter Hallenboden, keine regelmäßige Planierung und Bewässerung der Böden, im Ergebnis nicht reitbarer Bodenbelag, unzureichende[s] bis schadhafte[s] Einstreu und Futter, nicht fachgerechte Einzäunung, schadhafte Schrittmaschine, zu kleine Boxengrößen) von den Beklagten einen Minderungsbetrag von gesamt 12.750 EUR.

[9] Für Pferdeeinsteller ist es schwierig, Einstellplätze zu finden.

[10] Das Erstgericht traf noch weitere in der Berufung des Klägers jedoch bekämpfte (Negativ-)Feststellungen ua zu den vom Kläger behaupteten Mängeln bzw Missständen.

[11] Der Kläger begehrte zuletztfür alle vier Pferde (für die der Lebensgefährtin gehörigen aufgrund einer Forderungsabtretung von dieser an ihn) die Zahlung eines Minderungsbetrags von insgesamt 12.750 EUR aufgrund diverser, im Einzelnen angeführter Mängel bei der Einstellung der Pferde. Für jedes Pferd sei die monatliche Einstellgebühr um 150 EUR zu mindern. Für das Pferd Liso errechne sich somit für 33,5 Monate ein Minderungsbetrag von 5.025 EUR, für das Pferd Salis für 18 Monate ein solcher von 2.700 EUR, für das Pferd Fio für 30,5 Monate ein solcher von 4.575 EUR sowie schließlich für das Pferd Primi für drei Monate ein solcher von 450 EUR. In der Entgeltzahlung liege kein Anspruchsverzicht. Die Zahlung sei im Vertrauen darauf erfolgt, dass die erforderlichen und versprochenen Maßnahmen umgesetzt werden und die Einstellgebühren für diese Maßnahmen auch das nötige Kapital liefern.

[12] Die Beklagtenbestreiten die behaupteten Missstände und machen im Wesentlichen geltend, der Kläger und seine Lebensgefährtin hätten durch die stets vorbehaltlose Entgeltzahlung trotz umfassender Kenntnis der behaupteten Missstände konkludent auf allfällige Minderungs‑ und Schadenersatzansprüche verzichtet. Die Ansprüche seien zudem nicht nur außerhalb der Gewährleistungsfrist sondern auch der auf den vorliegenden Verwahrungsvertrag anwendbaren 30‑tägigen Ausschlussfrist des § 967 ABGB erhoben worden. Im Übrigen habe der Verwahrer nach § 964 ABGB nur für Schäden aus der Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge zu haften, die die Kläger aber gar nicht geltend gemacht hätten. Gewährleistungsregeln seien auf den rein tätigkeitsorientierten Verwahrungsvertrag nicht anwendbar.

[13] Das Erstgericht wies die Klage ab.

[14] Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Ein Pferdeeinstellungsvertrag sei als gemischter Vertrag mit bestand‑ und verwahrungsrechtlichen Elementen zu qualifizieren, sodass die bestandrechtliche Judikatur nutzbar gemacht werden könne, wonach vorbehaltlose Mietzinszahlungen in Kenntnis von Mängeln nicht selten als konkludenter Verzicht auf den Anspruch nach § 1096 ABGB gewertet werden. Dieser Fall liege auch hier vor. Weiters sei auch die ausdrückliche Bemerkung im anwaltlichen Schreiben vom 19. 1. 2022, für den Fall der Nichtausnutzung der angenommenen Kündigungsfrist bis 28. 2. 2022 werde die Abrechnung der Einstellungsgebühren aliquot erfolgen, als ein Verzicht auf eine Minderung der Einstellgebühren jedenfalls ab Dezember 2021 aufzufassen. Darin liege eine Zusage der vorbehaltlosen Leistung des Einstellungsentgelts für die restliche Vertragszeit.

[15] Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt ließ das Berufungsgericht die Mängelrüge sowie die Beweisrüge der Berufung inhaltlich unbehandelt.

[16] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zu, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob beim Pferdeeinstellungsvertrag die bestandrechtliche Judikatur zur irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld nutzbar gemacht werden könne.

[17] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[18] Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[19] Die Revision ist in Ansehung der Teilbegehren von 2.700 EUR sA, 4.575 EUR sA und 450 EUR sA absolut unzulässig. Im Übrigen ist sie zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Zu I.:

[20] Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096). Diese Regelung ist gemäß Abs 4 leg cit auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Person gegen eine einzelne Partei erhobene Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie im Sinn des § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Fehlt es an einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang, so muss als Entscheidungsgegenstand jeder dieser Ansprüche einzeln betrachtet werden (RS0042753; RS0053096).

[21] Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen Anspruch ohne ergänzendes Sachvorbringen entscheiden zu können (RS0042766; RS0037648 [T4]). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt etwa dann vor, wenn die Ansprüche aus derselben Rechtsnorm oder demselben Vertrag abgeleitet werden, zB aus einem einheitlichen Liefervertrag (RS0037648). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RS0037648 [T11, T18, T20]; RS0037899).

[22] Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Ansprüche aus verschiedenen Verträgen betreffend verschiedene Rechtsgüter auch bei Gleichartigkeit nicht in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RS0037926 [T26]). Ein solcher Zusammenhang folgt nicht schon etwa aus mehreren Aufträgen über die Lieferung gleichartiger Sachen und dem Bestehen einer ständigen Geschäftsbeziehung (vgl RS0037899 [T8]; weiters RS0037926 [T11, T14, T19, T22]). Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen findet nicht statt (RS0037648 [T15]).

[23] Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759).

[24] Der Kläger leitet sein Zahlungsbegehren aus Verstößen gegen einzelne Pferdeeinstellungsverträge betreffend vier verschiedene Pferde ab. Umstände, aus denen ein Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Ansprüchen im dargestellten Sinn ableitbar wäre, wurden im Klagevortrag nicht behauptet. Es ist daher als Entscheidungsgegenstand jeder der geltend gemachten Ansprüche einzeln zu betrachten.

[25] Soweit dieser jeweils den Betrag von 5.000 EUR nicht übersteigt, ist die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Dies betrifft die Klageforderungen von 2.700 EUR (Pferd Salis), 4.575 EUR (Pferd Fio) und 450 EUR (Pferd Primi). Die Revision ist insofern als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

[26] Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben auf den maßgeblichen Rechtsmittelausschluss nicht hingewiesen und müssen deshalb die Kosten ihrer insoweit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienenden Revisionsbeantwortung selbst tragen (vgl RS0035979; 9 Ob 28/22s; 6 Ob 119/22a).

Zu II.:

[27] Der Kläger wendet sich in seinem Rechtsmittelvortrag im Kern gegen die berufungsgerichtliche Qualifikation des Pferdeeinstellungsvertrags als gemischter Vertrag mit Elementen eines Bestand‑ und Verwahrungsvertrags sowie die daraus abgeleitete Konsequenz, wonach – entsprechend der zum Mietzinsminderungsrecht des Bestandnehmers nach § 1096 ABGB entwickelten Judikatur – in der vorbehaltlosen Entgeltzahlung über den gesamten Vertragszeitraum hinweg ein konkludenter Verzicht auf Entgeltminderungsansprüche wegen Schlechtleistung liege. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei der Pferdeeinstellungsvertrag als entgeltlicher Verwahrungsvertrag zu werten, der nach seinem überwiegenden Charakter nicht als Bestandvertrag zu qualifizieren sei.

[28] Diesen Erwägungen des Klägers kommt im Ergebnis Berechtigung zu:

[29] 1. Das Berufungsgericht hat entsprechend der Rechtsprechung (vgl 7 Ob 74/03p; 9 Ob 28/22s) und Lehre (G. Neumayer, Der Pferdeeinstellvertrag und die Haftung des Stallbetreibers, Zak 2010/535, 307; Parapatits in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 957 Rz 21f, 25 sowie § 961 Rz 2 f; Karner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 960 Rz 2 je mwN) die vertragliche Übereinkunft der Streitteile zutreffend als gemischten Vertrag beurteilt, der neben verwahrungs- auch bestandvertragliche Elemente enthält. Daneben wurden in der Rechtsprechung dem Pferdeeinstellungsvertrag auch werkvertragliche Elemente zugeschrieben (8 Ob 517/94; 10 Ob 10/03y; 10 Ob 11/03w).

[30] 2. Eine nähere Befassung mit der Frage, welche Vertragstypenelemente überwiegen und hier anzuwenden sind, ist für die Beurteilung des vorliegenden Falls jedoch aus folgenden Gründen nicht entscheidend:

[31] 2.1. Sowohl der Bestandgeber als auch der Verwahrer haben bei mangelhafter Leistungserbringung für den Mangel Gewähr zu leisten bzw bei schuldhafter Schlechtleistung für den korrespondierenden Mangelschaden zu haften, sind also jeweils zum Ausgleich der (subjektiven) Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung verpflichtet, und zwar auch dann, wenn die Schlechtleistung erst während des Laufs des auf Dauer angelegten Vertragsverhältnisses eintritt (so ausdrücklich zu § 1096 ABGB RS0021326; RS0021199; zum Verwahrungsvertrag vergleiche etwa 8 Ob 517/94 [aufgrund Sorglosigkeit des Verwahrers entlaufene Katzen] und 6 Ob 7/06g [Lagervertrag]; weiters Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 923 Rz 18, 123).Ob die Minderungsansprüche des Einstellers aus der bestandrechtlichen Sonderbestimmung des § 1096 ABGB oder aus den allgemeinen Gewährleistungsregelungen der §§ 922 ff ABGB (idF vor dem BGBl I 2021/175 [GRUG]) abgeleitet werden, ist daher weder für die konkreten Anspruchsvoraussetzungen noch für den Anspruchsumfang von maßgeblicher Bedeutung.

[32] 2.2. Es bedarf weiters keiner abschließenden Beurteilung, ob die genuin verwahrungsrechtliche Verfallsbestimmung des § 967 Satz 3 ABGB auf den vorliegenden gemischten Vertrag und die daraus abgeleiteten Ansprüche heranzuziehen ist (allgemein zu dieser Frage vgl Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 967 ABGB Rz 16 mwN). Die darin statuierte 30‑tägige Frist ab der Zurückstellung des Verwahrungsgegenstands wurde nämlich in Ansehung des im Revisionsverfahren noch maßgeblichen Pferdes Liso durch das anwaltliche Forderungsschreiben vom 10. 3. 2022 jedenfalls gewahrt. Dass dieses Schreiben den Beklagten erst außerhalb der Frist von 30 Tagen zugegangen sei, haben diese im Verfahren nicht behauptet. Außergerichtliche Geltendmachung genügt zur Fristwahrung; eine ziffernmäßige Konkretisierung der Forderung bereits in der außergerichtlichen Anzeige ist nicht erforderlich (2 Ob 165/14z).

[33] 2.3. Schließlich hängt auch die Frage, ob in der vorbehaltlosen Zahlung des vollen Entgelts ein konkludenter Verzicht auf (teilweise) Rückforderung wegen der Mängel liegt, nicht davon ab, welcher der im vorliegenden Pferdeeinstellungsvertrag kombinierten Vertragstypen überwiegt.Das Vorliegen einer (stillschweigenden) Verzichtserklärung ist nämlich für alle Vertragstypen gleich zu beurteilen. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung ein Verzicht grundsätzlich nicht zu vermuten (1 Ob 115/08f; 6 Ob 204/16t ErwGr 6.2.10. ua). Ein konkludenter Verzicht kann nur unter den strengen Voraussetzungen des § 863 ABGB und damit unter besonderer Vorsicht angenommen werden (RS0014146; RS0014420; RS0014190). Ein Verzichtswille ist nur anzunehmen, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorliegen und die festgestellten Tatsachen – unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche – keinen Zweifel daran offen lassen (RS0014217; RS0014205 [T11]; 3 Ob 197/08d). Maßgeblich ist nach allgemeinen Grundsätzen das Verständnis, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der konkludenten Willenserklärung gewinnen durfte und gewonnen hat (RS0014160 [T24]; RS0014205 [T18]). Auch der stillschweigende Verzicht muss nämlich dem anderen Teil gegenüber erklärt und von diesem angenommen werden (10 Ob 13/20i mwN). Auch für einen konkludenten Verzicht auf die Rückforderung des Bestandzinses wegen Mängeln des Bestandobjekts gilt der strenge Maßstab des § 863 ABGB (1 Ob 55/21a Rz 16; RS0021408 [T8, T9] ua).

[34] 3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ergeben sich schon allein aus den wiederholt vom Kläger gegenüber den Beklagten gerügten Mängeln vor allem vor dem Hintergrund, dass es schwierig ist, Einstellplätze zu finden, hinreichend vernünftige Gründe, am Verzichtswillen des Klägers zu zweifeln.

[35] 4. Schließlich ist auch dem anwaltlichen Schreiben vom 19. 1. 2022 nach seinem objektiven Gehalt ein zweifelsfreier Verzichtswille nicht zu entnehmen.

[36] 5. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Kläger dem Grunde nach berechtigt ist, aus Mängeln bei der Erfüllung des Pferdeeinstellungsvertrags Preisminderungsansprüche geltend zu machen.

[37] 6. Das Berufungsgericht hat – ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht – sowohl die Mängelrüge (Nichteinholung eines Gutachtens für den Bereich Pferdehaltung und Pferdesport) als auch die (auch) die Feststellungen zu den behaupteten Mängeln betreffende Beweisrüge der Berufung nicht erledigt, weshalb sein Verfahren mangelhaft geblieben ist.

[38] Die angefochtene Entscheidung ist daher in Ansehung der Klageforderung von 5.025 EUR betreffend den Einstellungsvertrag über das Pferd Liso aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[39] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte