AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W211.1416195.3.00
Spruch:
W211 1416195-3/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG
der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei, eine weibliche Staatsangehörige Somalias, stellte am 01.04.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.04.2010 gab die beschwerdeführende Partei an, aus Mogadischu zu kommen, der Volksgruppe der Ashraf anzugehören und Sunnitin zu sein. Als Fluchtgrund gab die beschwerdeführende Partei zusammengefasst an, dass ihr Bruder und ihre Eltern 2010 von Al Shabaab Milizionären erschossen worden seien. Kurz danach habe Al Shabaab auch von der beschwerdeführenden Partei verlangt, ihren fünfzehnjährigen Sohn zu übergeben.
3. Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 27.05.2010 wiederholte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen ihre in der Erstbefragung gemachten Angaben. Befragt, weshalb sie ihre Kinder in der Kriegsregion unbeaufsichtigt zurückgelassen habe, gab die beschwerdeführende Partei an, sie habe nicht gewusst, wo sich ihre Kinder aufgehalten hätten. Nachdem sie von Milizen der Al Shabaab bedroht worden sei, habe sie keine andere Wahl gehabt. Auf Vorhalt, sie habe in der Erstbefragung angegeben, sie sei weggelaufen, weil Krieg ausgebrochen sei und eine persönliche Bedrohung durch Al Shabaab nicht erwähnt, entgegnete sie, es gebe Krieg in Somalia; der Grund dafür sei Al Shabaab. Im Falle einer Rückkehr habe sie Angst von Mitgliedern von Al Shabaab getötet zu werden.
4. Mit Bescheid vom 18.10.2010, Zahl: XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab
(Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der beschwerdeführenden Partei der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II) und ihr gemäß
§ 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 18.10.2011 erteilt (Spruchpunkt III).
5. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht. Mit Erkenntnis vom 10.06.2013, ZI. A7 416.195-1/2010/7E, hob der Asylgerichtshof den bekämpften Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 18.10.2010 auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.
6. In der Einvernahme am 25.07.2013 vor dem Bundesasylamt wurde die beschwerdeführende Partei zur ihrer Einstellung zu den Al Shabaab und zu den Ashraf befragt.
7. Mit Bescheid vom 20.09.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab.
8. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht. Mit Erkenntnis vom 28.11.2013 hob der Asylgerichtshof den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.
9. Im Zuge der Einvernahme der beschwerdeführenden Partei am 07.01.2014 gab die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen zu Protokoll, dass jeder in ihrem Heimatort gewusst habe, dass sie der Al Shabaab gegenüber negativ eingestellt gewesen sei. Ihren Nachbarn sei dieser Umstand ebenfalls bekannt gewesen. Al Shabaab sei für den Tod der Kinder aus der Nachbarschaft verantwortlich gewesen. Im Falle ihrer Rückkehr würde Al Shabaab abermals Verfolgungshandlungen setzen, und sie habe Angst getötet zu werde.
10. Mit Schriftsatz vom 21.01.2014 erstattete die Rechtsberatung der beschwerdeführenden Partei eine Stellungnahme zu den in der Einvernahme vom 07.01.2014 vorgehaltenen Länderfeststellungen zur Lage in Somalia und führte hiebei im Wesentlichen aus, dass sich die Länderfeststellungen nicht mit der Situation der ethnischen Minderheit der Ashraf auseinandergesetzt hätten und überdies die Situation von alleinstehenden Frauen, welche bereits Opfer von Übergriffen durch Al Shaabab geworden seien, unbeachtet lassen würden.
11. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.
Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges und der Einvernahmen stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei aus Mogadischu stamme, Angehörige des Clans der Ashraf sei und sich zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam bekenne. Nicht festgestellt werden könne, dass sie in Somalia von Mitgliedern der Al Shabaab aufgefordert worden sei, ihnen ihren Sohn auszuliefern. Nicht festgestellt werden könne außerdem, dass Al Shabaab vorgehabt habe, sie - im Falle einer Weigerung - zu töten.
12. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht, in der zusammengefasst vorgebracht wurde, dass die belangte Behörde es erneut unterlassen habe, auf die Situation der Volksgruppe der Ashraf einzugehen. Die beschwerdeführende Partei sei aufgrund ihrer politischen und religiösen Gesinnung in Zusammenschau mit der Zugehörigkeit zu einer Minderheit sowie zur sozialen Gruppe der Frauen in Somalia asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt.
13. Mit Schreiben vom 08.02.2016 wurden die beschwerdeführende Partei, ihre Vertretung und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2016 geladen. Die belangte Behörde hatte bereits bei Beschwerdevorlage mitgeteilt, dass sie auf die Teilnahme bei einer Verhandlung verzichte.
14. Am 08.03.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei und ihrer Vertretung eine mündliche Verhandlung durch. Die beschwerdeführende Partei gab bei ihrer Einvernahme zusammengefasst an, dass ihre Kinder und ihre Adoptivkinder mittlerweile in Äthiopien leben würden. Eine Tochter lebe vermutlich in Saudi Arabien. Sie habe zwar gehört, dass ihr Mann noch in lebe; sie habe aber bereits seit 2010 keinen Kontakt mehr zu ihm. Sie habe von Bekannten, die in Norwegen leben, gehört, dass er in Somalia lebe und wieder geheiratet habe. Die beschwerdeführende Partei wurde weiter nach ihrer Clanzugehörigkeit und zu ihren Fluchtgründen im Detail befragt.
15. Aktuelle Länderberichte vom 25.04.2016 wurden der beschwerdeführenden Partei und nachrichtlich ihrer Rechtsberatung zur Stellungnahme zugeschickt. Eine solche schriftliche Stellungnahme langte am 18.05.2016 ein und führte unter anderem aus, dass Ashraf immer noch zu einer der schwächsten Gruppen in Somalia gehören würden und weibliche Minderheitenangehörige besonders vulnerabel seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:
1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist eine weibliche Staatsangehörige Somalias. Sie stellte am 01.04.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
1.1.2. Die beschwerdeführende Partei stammt aus Mogadischu, aus dem Bezirk XXXX , und gehört dem Clan der Ashraf an.
1.1.3. Zwei Kinder und zwei Adoptivkinder der beschwerdeführenden Partei leben zur Zeit in Äthiopien; eine Tochter lebt vermutlich in Saudi Arabien. Mit ihrem Ehemann hat die beschwerdeführende Partei seit 2010 keinen Kontakt mehr; sie hörte jedoch von Bekannten in Norwegen, dass dieser nach wie vor oder wieder in Somalia lebt und dort wieder verheiratet ist.
Im ehemaligen Wohnbezirk der beschwerdeführenden Partei lebten damals - vor der Ausreise der beschwerdeführenden Partei - eine weitere Ashraf Familie und eine Ashraf-Frau, die mit einem Sheikhal verheiratet gewesen ist. Die beschwerdeführende Partei hat zu sonstigen Benadiri Ashraf keinen Kontakt und weiß nicht, ob die Nachbarn, Abgal, die sie früher unterstützten, noch in XXXX leben.
1.1.4. Die beschwerdeführende Partei ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Festgestellt wird, dass der beschwerdeführenden Partei als alleinstehende Minderheitenangehörige in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an ihre Ethnie und an ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe anknüpfende aktuelle Verfolgung entsprechender Intensität droht.
2. Länderfeststellungen zur Situation in Somalia
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben.
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation, Länderinformationsblatt Somalia, 25.04.2016:
1. Frauen/Kinder
Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär. Frauen und Mädchen bleiben den besonderen Gefahren der Vergewaltigung, Verschleppung und der systematischen sexuellen Versklavung ausgesetzt. Wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe, insbesondere in den Lagern der Binnenvertriebenen, ist mangels staatlicher Autorität bisher nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).
Die somalische Regierung hat mit Unterstützung der EU-Delegation für Somalia einen Aktionsplan zur Bekämpfung der sexuellen Übergriffe verabschiedet, die Implementierung geschieht jedoch sehr langsam (ÖB 10.2015).
Auch wenn Gewalt gegen Frauen in der Verfassung verboten ist (USDOS 13.4.2016), bleibt häusliche Gewalt gegen Frauen ein großes Problem (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 1.12.2015).
Gewalt gegen Frauen - insbesondere sexuelle Gewalt - ist laut Berichten der UNO und internationaler NGOs in der gesamten Region weit verbreitet (ÖB 10.2015; vgl. UNHRC 28.10.2015). Besonders betroffen sind davon IDPs in Flüchtlingslagern, insbesondere in Mogadischu (ÖB 10.2015; vgl. UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016). Auch Frauen und Mädchen von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen. Dabei gibt es aufgrund der mit einer Vergewaltigung verbundenen Stigmatisierung der Opfer eine hohe Dunkelziffer (UNHRC 28.10.2015; vgl. UKHO 3.2.2015; USDOS 13.4.2016). Die Täter sind bewaffnete Männer, darunter auch Regierungssoldaten, Milizionäre (HRW 27.1.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016), Polizisten und Mitglieder der al Shabaab (UNHRC 28.10.2015).
Es gibt Berichte, die nahelegen, dass sexualisierte Gewalt von der al Shabaab gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 1.12.2015). (Seite 63ff)
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- C - Experte C (18.6.2014): Dieser Experte arbeitet seit mehreren Jahren zu Somalia.
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015):
R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html , Zugriff 7.4.2015
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- NOAS - Norwegian (4.2014): Persecution and protection in Somalia,
A fact-finding report by NOAS,
http://www.noas.no/wp-content/uploads/2014/04/Somalia_web.pdf , Zugriff 14.4.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance
- Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html , Zugriff 14.4.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
Für alleinstehende Frauen und Alleinerzieherinnen ohne männlichen Schutz - vor allem für Minderheitenangehörige - ist eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit nicht gegeben. (Seite 75f)
Quellen:
- UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance
- Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html , Zugriff 14.4.2016
2. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
Die somalische Regierung und Somaliland arbeiten mit dem UNHCR und IOM zusammen, um IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer und Asylwerber zu unterstützen (USDOS 13.4.2016).
Mit 3.2.2016 gab es in Somalia schätzungsweise 1,1 Millionen IDPs. Davon fanden sich ca. 85.000 in Somaliland; 130.000 in Puntland (inkl. Mudug); 120.000 in Galgaduud; 103.000 in Lower Shabelle; und 369.000 in Mogadischu (UNHCR 3.2.2016; vgl. EASO 2.2016; UNSC 8.1.2016). Die AMISOM-Offensiven im Jahr 2015 und Dürre haben zur Vertreibung von weiteren 42.000 Personen geführt (USDOS 13.4.2016).
Die Aufnahmekapazität der Zufluchtsgebiete ist begrenzt (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015), und die Situation angesichts der mehr als einer Million IDPs sowie durch die Rückkehrer bzw. Flüchtlinge aus dem Jemen sehr angespannt. Brennpunkte sind dabei das Umland von Mogadischu mit Hunderttausenden Binnenvertriebenen sowie Hargeysa und die Hafenstadt Bossaso in Puntland (AA 1.12.2015). Allerdings sind z.B. in Puntland nur 5% der dort lebenden Menschen IDPs, während es in Jubaland (Middle und Lower Juba, Gedo) und in South West State (Bay, Bakool, Lower Shabelle) sowie in Hiiraan und Middle Shabelle 10% sind; in Galmudug (Mudug, Galgaduud) 15%; und in Mogadischu mehr als 20% (WB 10.2015).
Wie auch sonst überall besteht für die Flüchtlinge keine Grundversorgung, außer jener, die durch internationale Organisationen gewährleistet wird (v.a. in Puntland und Somaliland) (ÖB 10.2015). IDPs stellen 68% der von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffenen Bevölkerung, sie sind auf Unterstützung angewiesen. Die Unterernährung ist hoch, besonders betroffen sind IDPs in Bossaso, Doolow, Galkacyo und Garoowe (UNOCHA 19.2.2016).
Es mangelt den IDPs an Schutz (UNHRC 28.10.2015). Die Regierung und Regionalbehörden bieten den IDPs nur unwesentlichen Schutz und Unterstützung. Dies ist vor allem auf die beschränkten Ressourcen und Kapazitäten sowie auf eine schlechte Koordination zurückzuführen (USDOS 13.4.2016). So sehen sich IDPs der Diskriminierung sowie sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt (UNHRC 28.10.2015). In Mogadischu sind dafür Regierungs- und alliierte Kräfte sowie Zivilisten verantwortlich (HRW 27.1.2016). Viele der Opfer von Vergewaltigungen waren Frauen und Kinder in und um Mogadischu, im Afgooye-Korridor, in Bossaso, Galkacyo und Hargeysa (USDOS 13.4.2016).
IDPs - und hier v.a. Frauen und Kinder - sind extrem vulnerabel. Humanitäre Hilfsorganisationen sehen sich Sicherheitsproblemen und Restriktionen ausgesetzt (HRW 27.1.2016). Viele IDPs leben in überfüllten und unsicheren Lagern und haben dort nur eingeschränkten Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und grundlegender Hygiene (UNHRC 28.10.2015).
UNHCR unterstützt auch weiterhin IDP-Rückkehrer aus Mogadischu (USDOS 13.4.2016). UNHCR und IOM unterstützen die organisierte Rückkehr von Binnenvertriebenen in Somalia, in erster Linie in den Regionen Shabelle und Bay. Bis Mitte 2013 konnten insgesamt 3.500 Familien im Rahmen des von UNHCR-Programms wieder in ihre Dörfer zurückkehren. Die Zahl von spontanen - also nicht mithilfe von UNHCR organisierten - Rückkehrern im gleichen Zeitraum wird auf 18.000 geschätzt (ÖB 10.2015).
In Mogadischu kam es aber auch zur Vertreibung bzw. Zwangsumsiedlung von IDPs (AI 24.2.2016). Auch in Jubaland, Südwest sowie in Puntland kam es zu Zwangsräumungen von IDP-Lagern (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Insgesamt betraf dies im ersten Halbjahr 2015 fast 100.000 Personen. Laut einem Bericht von Human Rights Watch waren an den Vertreibungen staatliche Sicherheitskräfte beteiligt, die auch Gewalt angewendet hatten (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- NRC - Norwegian Refugee Council (13.7.2015): Displacement and Housing, Land and Property Disputes in Puntland, http://reliefweb.int/report/somalia/displacement-and-housing-land-and-property-disputes-puntland , Zugriff 4.4.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- RMMS - Regional Mixed Migration Secretariat (2.2016): Regional mixed migration summary for February 2016, http://www.regionalmms.org/fileadmin/content/monthly summaries/MonthlySummaryFebruary2016.pdf , Zugriff 30.3.2016
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (29.2.2016): Somalia Task Force on Yemen Situation; Weekly Inter-Agency Update #4; 16 - 29 February 2016,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1457428154_4somaliainter-agencyupdate16-29february2016.pdf , Zugriff 30.3.2016
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2.2016): Somalia; Total Internally Displaced Persons, http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1455102722_jan-2016-total-idps-by-region-v2-1.pdf , Zugriff 30.3.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.2.2016): Humanitarian Bulletin Somalia February 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1457889182_feb.pdf , Zugriff 1.4.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
- WB - World Bank (10.2015): Somalia Economic Update, http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2015/11/16/090224b0831bee3e/1_0/Rendered/PDF/Somalia0econom0tal0fiscal0relations.pdf , Zugriff 24.3.2016
2.1. Rückkehrspezifische Grundversorgung
Als allgemeine Regel gilt, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).
Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vgl. UKUT 5.11.2015) noch auf Rimessen zurückgreifen kann. Diese Person ist auf humanitären Schutz angewiesen (UKUT 5.11.2015). Auch für alleinstehende Frauen oder Alleinerzieherinnen hängt der zu erwartende Lebensunterhalt vom Status und von den Ressourcen der Familienangehörigen im Aufnahmegebiet ab (DIS 9.2015). (Seite 86)
Quellen:
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html , Zugriff 7.4.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016
3. Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie aus ihren Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der beschwerdeführenden Partei als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.
Das Datum der Antragstellung und Ausführungen zum Verfahrenslauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3.2. Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit und zur Herkunft aus Mogadischu wurden bereits von der belangten Behörde getroffen. Der erkennenden Richterin fiel im Laufe der Verhandlung auf, dass die beschwerdeführende Partei nach näherem Nachfragen auch abseits der bekannten und stereotypen Antworten detaillierte Angaben zu ihrem Clan machen konnte, die für sie wichtig erschienen und die den Eindruck hinterließen, dass eine tatsächliche emotionale Verbundenheit zu den Ashraf besteht. So ist auch plausibel, dass die beschwerdeführende Partei zwar die Existenz eines eigentlichen Schutzclans verneinte, aber sehr wohl zuerkannte, dass es eine Nachbarsfamilie von einem dominanten Clan gegeben hat, die ihrer Familie unterstützend zur Seite gestanden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher keine Zweifel daran, dass die beschwerdeführende Partei tatsächlich eine Ashraf ist.
Die Feststellungen zum Verbleib der Kinder der beschwerdeführenden Partei sind nachvollziehbar und glaubhaft. Dass sie mit ihrem Mann keinen Kontakt mehr hat, ist ebenfalls glaubhaft.
Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit fußt auf einem Auszug aus dem Strafregisterauszug vom 25.01.2016.
3.3. Eine detaillierte Feststellung und Beweiswürdigung betreffend das angeblich fluchtauslösende Vorbringen mehrerer Kontakte mit Al Shabaab Milizen im Jahr 2010 kann in der gegenständlichen Entscheidung entfallen, weil ein anderer wesentlicher Sachverhalt, nämlich die Minderheitenzugehörigkeit der beschwerdeführenden Partei gemeinsam mit dem Fehlen von Kernfamilie vor Ort, einer rechtlichen Beurteilung unterzogen wird.
Darüber hinaus muss jedoch gesagt werden, dass es einem eventuell aus ehemaligen derartigen Kontakten mit Al Shabaab konstruierten Verfolgungsrisiko nach den relevanten Länderinformationen an Wahrscheinlichkeit und Aktualität mangelt. Die einschlägigen Berichte, die in dieser Entscheidung nicht repliziert wurden, weil sie nicht entscheidungsrelevant sind, gehen jedenfalls nicht davon aus, dass die beschwerdeführende Partei auf Basis der beschriebenen Ergebnisse in eine heutige Risikogruppe für gezielte Verfolgung durch im Untergrund agierende Al Shabaab Mitglieder in Mogadischu fallen würde (siehe dazu zB die im Internet frei abrufbaren Berichte zu: United Kingdom Home Office, Country Information and Guidance; South and Central Somalia: Fear of Al-Shabaab, März 2016; EASO Country of Origin Information Report, Somalia Security Situation, Februar 2016; EASO Informationsbericht über das Herkunftsland, Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014).
3.4. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beurteilung der gegenständlichen Beschwerde auf aktuelle Länderinformationen, die sich einerseits auf seriöse Quellen berufen oder, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, solche selbst sind. Wesentlich bei der Auswahl der Berichte ist dabei die Aktualität der Information, insbesondere betreffend die Sicherheitslage in Somalia, und die Qualität der Quellen, wobei das Bundesverwaltungsgericht versucht, Berichte unterschiedlicher Auftraggeber_innen zu sichten, um sich ein möglichst ausgewogenes Bild der Situation zu den relevanten Fragestellungen machen zu können. Die wesentlichen Ausschnitte der Berichte wurden oben unter 2. wiedergegeben.
Aktuelle Länderberichte wurden der beschwerdeführenden Partei und nachrichtlich ihrer Rechtsberatung nach Erscheinen am 25.04.2016 zugeschickt. Die diesbezüglich zugesandte schriftliche Stellungnahme wird vom Bundesverwaltungsgericht in seine Überlegungen miteinbezogen.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Allgemeine Rechtsgrundlagen zu A)
Rechtsgrundlagen:
4.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einer Fremden, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
4.1.2. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation der Asylwerberin und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre der Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2003, Zl. 2001/20/0011).
Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; vom 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH vom 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0097), sondern erfordert eine Prognose.
Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob die Asylwerberin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich die Asylwerberin außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
Besteht für die Asylwerberin die Möglichkeit, in einem Gebiet ihres Heimatstaates, in dem sie keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
4.2.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.
4.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
4.2.1. Die beschwerdeführende Partei ist die Angehörige der Minderheit der Ashraf und verfügt in Mogadischu über keine Familienangehörigen mehr. Insbesondere hatte sie seit 2010 keinen Kontakt mehr zu ihrem damaligen Ehemann, der nach Angaben von Bekannten in Norwegen wieder geheiratet haben soll.
Die Länderberichte gehen nun jedoch davon aus, dass im Falle einer Rückkehr familiäre und in weiterer Folge Clanverbindungen für die Sicherheit, die soziale Akzeptanz und die Grundversorgung entscheidend sind. Als alleinstehende Frau könnte die beschwerdeführende Partei jedoch nicht auf Verbindungen der Kernfamilie in Mogadischu zurückgreifen. In weiterer Folge anzudenkende Clanunterstützung stehen ihr als Minderheitenangehörige ebenfalls nicht zur Verfügung. Es besteht daher ein ernstzunehmendes Risiko, dass sich die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in einem IDP Lager wiederfinden würde.
4.2.2. Die aktuellen und relevanten Länderinformationen gehen nun bei alleinstehenden weiblichen Minderheitenangehörigen von einer besonderen Vulnerabilität dahingehend aus, dass diese einem besonders hohen Risiko unterliegen, in einem IDP Lager Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Die klaren Aussagen der Berichte, wie sie oben unter Punkt. 2. ausgeführt sind, gehen also von einem maßgeblich hohen Risiko einer entsprechend intensiven Verfolgung weiblicher alleinstehender Minderheitenangehöriger im Falle einer Rückkehr nach Somalia aus, und erlauben gegenständlich eine entsprechend hohe und aktuelle Verfolgungsgefahr aus Gründen der Ethnie in Zusammenhang mit Gründen aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe anzunehmen.
4.2.3. Von einer Schutzfähigkeit und -willigkeit der somalischen (und ausländischen) Sicherheitsbehörden kann nach der aktuellen Berichtslage nicht ausgegangen werden (siehe oben unter 2.).
4.2.4. Bei der vorliegenden Konstellation kann auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die beschwerdeführende Partei über die Möglichkeit verfügen würde, sich in Puntland oder in Somaliland niederzulassen, da sie weder in Puntland noch in Somaliland über familiäre oder entsprechend starke Clanverbindungen verfügt. Eine abschließende Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative kann jedoch insbesondere auch vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum gewährten subsidiären Schutz stehen würde, weil § 11 AsylG 2005 die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).
4.2.5. Da sich im Verfahren auch keine Hinweise auf Ausschlussgründe des § 6 AsylG ergeben haben, ist der beschwerdeführenden Partei nach dem oben Gesagten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist diese Entscheidung mit der Aussage zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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