BVwG W172 1424513-1

BVwGW172 1424513-123.3.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W172.1424513.1.00

 

Spruch:

W172 1424513-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin MORITZ als Einzelrichter über die Beschwerde vom 03.02.2012 von XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.01.2012, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2014 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F. (AsylG 2005) hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 17.06.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005. Im Rahmen seiner Erstbefragung bei der Polizeiinspektion Traiskirchen am 17.06.2011 gab er im Wesentlichen an, dass er afghanischer Staatsangehöriger schiitischen Glaubens sei und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Er stamme aus dem Dorf XXXX. Seine Muttersprache sei Dari. Er sei verheiratet. Sein Vater sei bereits verstorben. Zum Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer an, seine Mutter habe ihm das Leben schwer gemacht und es habe jeden Tag Streit gegeben. Sie habe sich immer in seine Familienangelegenheiten eingemischt und zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Frau Streitereien verursacht. Seine Mutter habe gesagt, der Beschwerdeführer solle sich von seiner Frau scheiden lassen, was er aber nicht wolle, weil sie ein gemeinsames Kind hätten. Die Onkel des Beschwerdeführers seien Talibanmitglieder, würden seine Mutter unterstützen und wollen, dass er sich scheiden lasse. Er befürchte, von den Onkeln umgebracht zu werden.

2. In der Einvernahme des Bundesasylamtes vom 14.07.2011 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, seine Mutter und seine Onkel mütterlicherseits hätten ihn immer unter Druck gesetzt, sich scheiden zu lassen. Seine Frau sei in einer sehr modernen Familie aufgewachsen und sie habe sich westlich gekleidet (offene Haare, Kurzarm-T-Shirts, weite Hosen). Das habe seine Familie nicht akzeptiert, zumal die Onkel Paschtunen seien und zu den Taliban gehören würden. Die Onkel hätten den Beschwerdeführer geschlagen, öfter persönlich bedroht und gesagt, wenn er seine Frau nicht verlasse, würden sie ihn umbringen. Auch seine Frau sei persönlich bedroht worden. Wenn die Frau des Beschwerdeführers außer Haus gegangen sei, sei er immer mit ihr mitgegangen und beim Ausgehen habe sie immer ein Kopftuch getragen, nur zu Hause habe sie kein Kopftuch getragen.

3. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.01.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.01.2013 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, die Angaben des Beschwerdeführers seien unglaubwürdig und seine Ausführungen seien zu rudimentär bzw. oberflächlich gehalten. Er habe lediglich leere Floskeln angeführt bzw. bloß eine vage Rahmengeschichte präsentiert. Nicht nachvollziehbar sei weiters, dass der Beschwerdeführer und seine Frau sich jahrelang von der Mutter und den Onkeln des Beschwerdeführers schikanieren hätten lassen, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Auch dass nach dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers seine Mutter das Sagen in der Familie hätte und diese offen gegen die Frau des Beschwerdeführers opponiert hätte, sei unter Zugrundelegung der afghanischen Traditionen absolut nicht glaubwürdig. Auch die vorgebrachte westliche Orientierung der Frau des Beschwerdeführers sei nicht glaubwürdig. Insgesamt erfülle der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen für die Gewährung des Status des Asylberechtigten. Jedoch könne aufgrund der gegenwärtigen Lage in Afghanistan nicht mit der geforderten Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt sein würde, weshalb subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei.

4. Gegen den ersten Spruchpunkt dieses Bescheides wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde mit oben im Spruch genannten Schriftsatz vom 03.02.2012 erhoben, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes der Beschwerdeführer die Voraussetzungen erfülle, um Asyl zu erhalten. Er habe seine Fluchtgründe detailliert und schlüssig dargelegt. Die belangte Behörde erachte das Vorbringen betreffend die Schikanen durch die Mutter des Beschwerdeführers als unglaubwürdig, obwohl der Beschwerdeführer ausdrücklich angeführt habe, dass seine Mutter den Rückhalt ihrer Brüder gehabt habe. Aufgrund der persönlich gegen den Beschwerdeführer gerichteten Drohungen und Tätlichkeiten sei sehr wohl von einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgungshandlung auszugehen. Es werde eine mündliche Verhandlung beantragt und weiters, den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes I. zu beheben und dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren.

5. Mit Bescheid vom 09.01.2013 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.01.2014 erteilt sowie erneut mit Bescheid vom 27.01.2014 bis zum 19.01.2016.

6.1. Am 19.12.2014 führte das Bundesverwaltungsgericht (in Folge auch BVwG) eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung.

6.2. Auszugsweise werden die für die gegenständliche Entscheidung relevanten Teile der Niederschrift wie folgt wiedergegeben (BF:

Beschwerdeführer; RI: Richter; SV: Sachverständiger; RV:

Rechtsvertreter; nicht inhaltlich sinnverändernde Rechtschreibfehler wurden korrigiert, Anm. des BVwG):

"Auf Frage des RI gibt der BF an, dass er bei seinem bisherigen Vorbringen bleibe.

Vom RI gebeten, die Fluchtgründe im Wesentlichen und zusammengefasst darzulegen gibt der BF an, dass er sich in Afghanistan bedroht gefühlt habe, weil er für Frauenrechte gekämpft habe. Man habe ihn zwingen wollen, dass er sich von seiner Gattin scheiden lassen solle. Sie habe Freiheiten haben wollen, er sei aber hinter seiner Gattin gestanden. Er habe sie verteidigt, wenn sie bedroht worden ist. Da sein Leben in Gefahr gewesen sei, sei er dann geflüchtet. Befragt, wer ihn bedroht habe, gibt der BF an, seine Mutter und seine beiden Onkel mütterlicherseits. Befragt, warum der BF für Frauenrechte sei, gibt er an, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollten, Frauen seien wichtige Mitglieder der afghanischen Gesellschaft, sie würden aber nicht von dieser geschätzt werden. Befragt, ob er eine Freundin in Österreich habe, gibt er an, dass er keine Freundin hier hätte, aber mit mehreren Frauen in Österreich befreundet wäre. Befragt, was der Grund gewesen sei, dass er für Frauenrechte einstehe, obwohl dies in Afghanistan eine Außenseitermeinung sei, gibt der BF an, dass in Afghanistan nicht viele Menschen gebe, die für Frauenrechte seien, da sie einem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt seien, sie hätten nicht den Mut, sich für Frauenrechte einzusetzen. Sein Vater habe immer schon ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Mutter gehabt und sie nicht benachteiligt, sondern respektiert. Sein Vater habe mit ihm über die Rechte der Frauen gesprochen und über ihre Position in der afghanischen Gesellschaft. Befragt nach seinem religiösen Glauben gibt der BF an, sein Vater sei Hazara und er Schiit. Befragt, was die Gattin des BF gemacht habe, dass er sie verteidigen habe müssen, gibt der BF an, dass seine Gattin zu Hause kein Kopftuch getragen habe, sondern westlich gekleidet gewesen sei. Sie habe Hosen und ein ärmelloses T-Shirt getragen. Sie habe sich geschminkt. Dies sei nicht nach Vorstellung seiner Onkel und seiner Mutter gewesen. Wenn die Gattin das Haus verlassen habe, habe sie sich an die Bekleidungsvorschriften gehalten und der BF habe sie begleitet. Bei nochmaliger Stellung der anfangs gestellten Frage des RI, von wem sich der BF konkret verfolgt gefühlt habe, gibt dieser an, von seiner Mutter und seinen beiden Onkeln mütterlicherseits. Ein Onkel habe ihm die Kalaschnikow an die Schläfe gehalten und ihm gedroht, ihn zu töten, wenn er sich nicht von seiner Gattin scheiden lasse. Befragt gibt der BF an, dass seine Gattin derzeit in XXXX lebe. Er fügt hinzu, Ende 2013 sei die Gattin nach XXXX geflohen. Nachgefragt führt der BF an, sie lebe bei ihren Eltern. Der BF fügt hinzu, er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil er Angst habe, von seinen Onkeln gefunden zu werden. Seine Onkel seien Mitglieder der Taliban.

Auf die Frage, warum er, wenn er getrennt von seiner Frau in seinen Heimatort zurückkehren und alleine dort leben würde, weiterhin Probleme mit seinen Familienangehörigen haben würde, gibt der BF an, dass seiner Familie bekannt sei, dass er nicht offiziell von seiner Frau geschieden sei. Sie würden noch momentan getrennt leben, sie sei ja seine Ehefrau. Auf die Frage hin und der Annahme, er würde nach XXXX gehen und dort bei den Eltern seiner Frau leben, wie könnten hiervon seine Onkel erfahren, gibt der BF an, dass die Taliban sehr mächtig seien und überall in Afghanistan Spione hätten, sodass sie ihn leicht finden würden. Seine Onkel hätten sogar versucht, ihn in Pakistan oder im Iran zu finden. "

In diese Verhandlung wurde ein Gutachten des in diesem Verfahren bestellten Sachverständigen vom 11.10.2014 eingeführt, in dem der Sachverständige unter ausführlicher Begründung zu dem Schluss kam, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht der afghanischen Realität entsprechen würden.

"Auf Frage des RI nach der Stellungnahme des BF zu diesem Gutachten gibt dieser an, dass seine Mutter und seine beiden Onkel mit dem Verhalten seiner Gattin nicht einverstanden gewesen seien. Sie hätten daher sie bestrafen wollen, indem er gezwungen worden sei, sich von seiner Gattin scheiden zu lassen. Eine geschiedene Frau in Afghanistan könne dort nur ein eingeschränktes Leben führen. Sie würde ihr Ansehen verlieren, ihr Leben wäre unerträglich.

Der RV gibt an, dass prinzipiell keine Einwände gegen dieses Gutachten bestehen würden. Es gehe aber in seinen Schlussfolgerungen am Punkt vorbei. Der SV führe an, dass in einer solchen Gegend, aus der der BF stamme, sich Frauen auch zu Hause bedecken, wenn männliche Verwandte anwesend seien. Gerade dies habe die Frau des BF nicht gemacht und sich deshalb unislamisch verhalten. Weiters führe der SV an, dass die Onkel des BF keine schlechte Meinung über dessen Gattin verbreiten würden, weil sie sich selbst in ihrem Ansehen beeinträchtigen würden. Gerade mit einer Scheidung könnten sie diesen Ehrverlust abwenden, weil dann diese vorlaute Gattin nicht mehr Teil dieser Familie sein würde. Auch wäre die Ermordung des BF für den Erhalt ihrer Ehre zielführend. Zusammengefasst werde vom RV nicht der Kern des Gutachtens bestritten, bestritten würden aber die Ermittlungen des SV werden, die dem Vorbringen des BF widersprechen würden."

6.3. Weiters wurden in diese Verhandlung Unterlagen und darauf aufbauende aktuelle Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan (s. weiter unter Pkt. II.1.2.) eingeführt.

7. Der Beschwerdeführer brachte folgende Bescheinigungsmittel in das Verfahren ein: Bestätigungen hinsichtlich Deutsch-Sprachkursen (ösd-A1 und A2 Grundstufe 1 bzw. 2 und ein Empfehlungsschreiben der VHS XXXX vom 18.12.2014).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Person und zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich (s. oben unter Pkt. I. wiedergegeben) wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

Das darüber hinausgehende Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen (s. dessen Wiedergabe oben unter Pkt. I.) wurde nicht in den entscheidungswesentlichen Sachverhalt aufgenommen.

1.2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation im

Herkunftsstaat des Beschwerdeführers

Das Bundesverwaltungsgericht führte folgende Beurteilung in das Verfahren ein:

Allgemeines

Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht.

(Country Report des U.S. Department of State vom 19. April 2013)

Laut afghanischer Verfassung ist es Präsident Karzai nicht erlaubt, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.

Die afghanische Nationalversammlung ("Shuraye Melli") besteht aus dem Unterhaus (Volksvertretung, "Wolesi Jirga") und dem Oberhaus (Ältestenrat/Senat, "Meshrano Jirga"), die nach dem Modell eines klassischen Zweikammersystems gleichberechtigt an der Gesetzgebung beteiligt sind. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 18. September 2010 statt. Die Auseinandersetzung um die Ergebnisse bei den Parlamentswahlen hielt Monate an.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 10. Jänner 2012, S. 7; United States, Country on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, vom 19. April 2013, S. 1, Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, vom April 2013; derstandard.at, "Afghanische Wahlkommission bestätigt Liste für Präsidentschaftswahl", vom 20. November 2013; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan vom Januar 2014, S.

4)

Beim ersten Termin der Präsidentschaftswahlen am 05.04.2014 errangen Abdullah Abdullah mit 45 Prozent sowie Ahraf Ghani mit 31,6 Prozent die meisten Stimmen. Die Stichwahl fand am 14.06.2014 statt und war von Gewalt überschattetet. Die Wahlbeteiligung betrug dennoch fast 60 Prozent. Erste Resultate werden am 02.07.2014, das Endergebnis wird am 22.07.2014 erwartet. Abdullah und Ghani erhoben bereits gegenseitige Betrugsvorwürfe.

(Der Standard, Afghanistan: 250 Tote am Wahltag vom 15. Juni 2014)

Die Stichwahl für das Präsidentenamt in Afghanistan ist von Anschlägen, Angriffen und Gefechten mit etwa 250 Toten überschattet worden. Nach Angaben von Regierung und Provinzbehörden wurden am Wahltag 176 Aufständische, 44 Zivilisten und 29 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Der Samstag war damit der blutigste Wahltag in Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001.

(Die Presse, Rund 250 Tote am Wahltag in Afghanistan vom 15. Juni 2014)

Laut Wahlkommission stimmten 56 Prozent für Ashraf Ghani, der damit den früheren Außenminister Abdullah Abdullah deutlich besiegte. Der ehemalige Finanzminister Ashraf Ghani hat vorläufigen Ergebnissen zufolge die Präsidentenwahl in Afghanistan gewonnen. Dies gab die Wahlkommission am Montag in Kabul bekannt. Für Ghani hätten 56 Prozent der Wähler gestimmt, für den früheren Außenminister Abdullah Abdullah nur 44 Prozent, der die erste Wahlrunde gewonnen hatte.

(DiePresse.com, Afghanistan: Ex-Finanzminister Ghani wird Präsident vom 7. Juli 2014)

Nach offiziellen Angaben siegte Ashraf Ghani mit 56 Prozent. Der Ex-Finanzminister ließ den Sieger des ersten Durchgangs weit hinter sich. Abdullah Abdullah hatte die Wahl indessen schon vor Wochen heftig infrage gestellt. Der frühere Außenminister, einst Gegenspieler des Noch-Präsidenten Hamid Karzai, witterte Wahlbetrug und machte die Wahlkommission und auch Karzai persönlich verantwortlich. Die Kommission überprüfte daraufhin die Stimmzettel aus 2000 Wahllokalen. Denn der ehemalige Augenarzt Abdullah - halb Paschtune, halb Tadschike - war aus der ersten Runde als Sieger hervorgegangen. Der 53-Jährige war bereits vor fünf Jahren gegen Karzai angetreten, wegen Wahlmanipulationen boykottierte er damals den zweiten Wahlgang. Ghani und Abdullah suchten vor der Bekanntgabe nach einem Kompromiss, eine Form der Machtteilung stand im Raum. In Kabul greift die Angst vor einem Bürgerkrieg, dem Zerfall des Landes und einer Wiederkehr der Taliban um sich.

(DiePresse.com, Afghanistan: Wahlsieg für Ashraf Ghani vom 08. Juli 2014)

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die schließlich im Januar 2004 ratifiziert wurde. In der afghanischen Verfassung ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verankert und das Gesetz der Sharia wird nicht in dieser erwähnt. Jedoch wird Afghanistan als islamische Republik beschrieben, in welcher der Islam eine heilige Religion ist. Demzufolge darf es kein Gesetz geben, welches mit dem Glauben und der Religionspraxis im Islam in Konflikt gerät.

(IDEA [The International Institute for Democracy and Electoral Assistance]: Afghanistan: "An Electoral Management Body Evolves"; NDI [National Democratic Institute]: "Political Parties in Afghanistan - A Review of the State of Political Parties after the 2009 and 2010 Elections", vom Juni 2011; AREU [Afghanistan Research and Evaluation Unit]: "Women's Economic Empowerment in Afghanistan 2002-2012" vom Juli 2013)

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 11 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die nationale Aussöhnung mit den Aufständischen sowie die Reintegration versöhnungswilliger Mitglieder der Insurgenz bleiben weiterhin eine Grundvoraussetzung für die Schaffung eines friedlichen und stabilen Afghanistans. Anstrengungen, die zur Sicherung der bisherigen Stabilisierungserfolge und zur Verbesserung der Zukunftsperspektiven der Bevölkerung beitragen, werden noch lange Zeit notwendig sein.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013, S. 4 und vom 31. März 2014, S.4)

Am Nato-Gipfeltreffen in Chicago im Mai 2012 wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012, S. 2)

Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 12)

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 1)

Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012)

Sicherheitslage allgemein

Die Zahl der im Afghanistan-Konflikt getöteten oder verletzten Zivilisten ist nach Angaben der Vereinten Nationen im ersten Halbjahr 2013 deutlich gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind 23 Prozent mehr Opfer gezählt worden. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang im Jahr 2012 gibt es nun eine Rückkehr zu den hohen Zahlen von getöteten und verletzten Zivilisten des Jahres 2011. Von Jänner bis Oktober 2013 wurden insgesamt 2.568 Zivilisten getötet und 4.826 Zivilisten verletzt. Das entspricht einer Erhöhung um 13 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2012.

Laut UNAMA sind 75 Prozent der Opfer durch Angriffe von Aufständischen getötet oder verletzt worden. In 10 Prozent der Fälle seien Regierungstruppen verantwortlich, weitere 13 Prozent seien bei Kämpfen zwischen beiden Seiten getötet oder verletzt worden. Die verbleibenden 4 Prozent der Fälle waren demnach keiner Konfliktpartei zuzuordnen und wurden in erster Linie durch Blindgänger verursacht.

(General Assembly/Security Council United Nations, "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" Rn. 24 vom 6. Dezember 2013; Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 15)

Die Zahlen unterstreichen die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan vor dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes. Die USA und ihre NATO-Verbündeten wollen bis zum Ende 2014 alle Kampftruppen aus dem Land abziehen. Die Internationale Sicherheits-Unterstützungstruppe (ISAF) wird wie bisher bis zum Ende der Übergangsphase (31. Dezember 2014) die Afghan National Security Forces (ANSF) ausbilden, beraten und unterstützen, jedoch wenn erforderlich auch Kampfunterstützung liefern.

Auf die Abzugspläne der deutschen Bundeswehr haben die veränderten Daten zur Sicherheitslage keine Auswirkungen. Es bleibt bislang auch bei den Absichten, von Ende 2014 an für eine Ausbildungs- und Trainingsmission der NATO zwischen 600 und 800 Bundeswehrsoldaten zur Verfügung zu stellen.

(ORF-online: "Afghanistan: 2013 bereits über 1.300 zivile Opfer" vom 31. Juli 2013; NATO "International Security Assistance Force" vom 1. August 2013; Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bundeswehr korrigiert Statistik über Sicherheit in Afghanistan" vom 31. Mai 2013)

Dieses Jahr stieg die Zahl der zivilen Toten an, laut UN wurden ungefähr 5000 Zivilisten in Afghanistan getötet. Dies bedeutet einen Anstieg um ein Viertel verglichen zur selben Periode im Vorjahr.

(BBC News, "Afghan conflict: 15 killed in Taliban attack on buses" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Karzai versucht, Afghanistan vor der Präsidentenwahl und dem Abzug der NATO-Truppen in diesem Jahr zu stabilisieren. Die ausländischen Soldaten übertragen immer mehr der Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan auf die 350.000 Mitglieder der einheimischen Sicherheitskräfte.

(APA: "Afghanisches Parlament feuert Innenminister wegen Gewaltwelle" vom 22. Juli 2013)

Im Juni 2013, eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes, haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Der Konflikt in Afghanistan beeinflusst nun auch Provinzen, die bisher als die stabilsten im Land betrachtet wurden, wie etwa die Provinz Panjshir. Die Gewalt ist nicht auf Kabul oder allgemein auf städtische Zentren beschränkt. Die Aufständischen in ländlichen Gebieten gehen oft extrem gewalttätig vor.

Die Verbreitung von lokalen Milizen und bewaffneten Gruppen - sowohl pro- und anti-Regierung - im Norden, Nordosten und in zentralen Hochland-Regionen haben eine weitere negative Auswirkung auf die Sicherheitslage für Zivilisten.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 14)

Die Opfer unter den ISAF-Angehörigen gingen insbesondere aufgrund der Verringerung der Kräfte als auch des gewandelten militärischen Auftrages in den ersten fünf Monaten des Jahres 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 121 auf 60 zurück. Infolge des nahezu abgeschlossenen Aufwuchs der ANSF, der hohen Operationslast als Folge der Übernahme der aktiven Sicherheitsverantwortung und der damit einhergehenden Zielauswahl durch die regierungsfeindlichen Kräfte stiegen die personellen Verluste der ANSF von 499 auf 1.070 in den ersten vier Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich an. Auch in Zukunft ist infolge der weiter fortschreitenden Transition mit hohen Verlustzahlen unter ANSF-Angehörigen zu rechnen. Die Hauptursachen für den Anstieg der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2013 waren die vermehrte willkürliche Verwendung von Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe an Orten, an denen sich Zivilisten aufhalten, darunter auch zivile Regierungsgebäude. Wie UNAMA weiters ausführt, hat eine sich verändernde politische und sicherheitsrelevante Dynamik in der ersten Jahreshälfte 2013 den Schutz von Zivilisten behindert und den Zugang zu Menschenrechten beschränkt. Auf die Übertragung der Sicherheitsverantwortung von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte und die Schließung von internationalen Militärbasen haben regierungsfeindliche Elemente mit zunehmenden Angriffen auf die afghanischen Sicherheitskräfte, hauptsächlich an Checkpoints, auf strategisch wichtigen Highways, in einigen Gebieten, die an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden, und in Distrikten, die an Afghanistans Nachbarländer grenzen, reagiert.

(UNAMA, Mid-Year Report 2013, vom Juli 2013, S. 1f)

Die Planungen der NATO für den ISAF Folgeeinsatz Resolute Support Mission schreiten voran. Die konditionierte Zusage Deutschlands für seinen Beitrag zu Resolute Support vom 18. April 2013 bildet den Rahmen für die weiteren Planungen. Deutschland ist - vorbehaltlich der auch künftig jährlich einzuholenden Zustimmung des Deutschen Bundestages - zur Übernahme der Verantwortung als Rahmennation für den Norden von Afghanistan, Bereich Masar-e Scharif, für zunächst zwei Jahre bereit und will mit seinen multinationalen Partnern die Arbeit fortsetzen. Daneben wird ein deutscher Truppen-Beitrag im Großraum Kabul eingesetzt werden.

Aufbauend auf dem im Juni 2013 durch die NATO-Verteidigungsminister gebilligten Operationskonzept für Resolute Support wurde im Oktober mit der Verabschiedung des sog. Strategic Planning Assessment (SPA) eine weitere Weichenstellung für die Planung der ISAF-Folgemission vorgenommen. Das im November 2013 zwischen Afghanistan und den USA verhandelte, aber noch nicht unterzeichnete Bilaterale Sicherheitsabkommen dient als Grundlage für die bereits laufenden Verhandlungen zu einem umfassenden Stationierungsabkommen für die NATO und alle Partnernationen. Letzteres bildet auch eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für die neue deutsche Mission.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, S. 16 f.)

Der afghanische Innenminister Umer Daudzai hat laut einem Anfang September 2013 veröffentlichten Artikel bekannt gegeben, dass seit März 2013 insgesamt 1.792 Polizisten getötet wurden - die meisten durch am Straßenrand platzierte Bomben.

(AlertNet: "Afghan police deaths double as foreign troops withdraw" vom 2. September 2013)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 5. März 2013)

In einem Bericht vom Juni 2013 erwähnt der UNO-Generalsekretär, dass im Zeitraum vom 16. Februar bis 15. Mai 2013 insgesamt 4.267 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. 70 Prozent der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Im Osten des Landes ist es zu einem Zustrom von Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badachschan und einem 18-prozentigen Anstieg der Anzahl der Vorfälle gekommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen und Spreng- und Brandvorrichtungen machten weiterhin die Mehrzahl der Vorfälle aus.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 13. Juni 2013)

In einem im September 2013 erschienenen Bericht des UNO-Generalsekretärs wird erwähnt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die meisten Operationen durchführen und ihre Opferzahl deutlich angestiegen ist. Berichten zufolge wurden im zweiten Quartal des Jahres 2013 mehr als 3.500 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte bei Kampfhandlungen verletzt oder getötet. Am 1. Juli 2013 hat der afghanische Innenminister bekannt gegeben, dass zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2013 insgesamt 299 Polizisten getötet wurden. Dabei handelt es sich um einen 22-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Im selben Bericht wird angeführt, dass im Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2013 insgesamt 5.922 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 11-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen 21-prozentigen Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2011 dar. Laut Bericht haben die Aufständischen ihren Schwerpunkt unter anderem auf Angriffe auf Sicherheitskontrollpunkte und Stützpunkte gelegt, die von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden. Generell wirkungsvoller Widerstand durch die afghanischen Sicherheitskräfte hat sich auf den Schutz von wichtigen städtischen Zentren, Verwaltungszentren von Distrikten und strategisch wichtigen Transportrouten fokussiert. Die Mehrheit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (69 Prozent) ereignete sich weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Gemäß ANSO gelingt es den afghanischen Sicherheitskräften nicht, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergebenden Lücken zu füllen. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im gesamten Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika. In einigen Gebieten, in welchen die Übergabe in Phase drei erfolgt ist, sind zunehmende Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen zu verzeichnen, während die Aktivitäten der afghanischen Sicherheitskräfte in diesen Gebieten zeitgleich zurückgegangen sind. Mit dem voranschreitenden Abzug der internationalen Truppen haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Angriffe kontinuierlich von den internationalen Zielen weg auf afghanische Ziele fokussiert, d.h. auf die afghanischen Sicherheitskräfte sowie auf afghanische Regierungsangehörige. Dies widerspricht der erwarteten Logik, dass die sinkende internationale Präsenz zu einem Rückgang der militärischen Aktivitäten der regierungsfeindlichen Gruppierungen führen würde.

Die Führung der Taliban ist weiterhin in der Lage, die militärischen Operationen der Bewegung von Pakistan aus strategisch zu lenken sowie die notwendigen Ressourcen zur Unterstützung der operationellen Prioritäten zu beschaffen. Seit 2009 lassen sich drei Entwicklungen erkennen: Erstens wurden auf der strategischen Ebene beträchtliche Anstrengungen hin zu einer stärkeren Zentralisierung der Kommando- und Kontrollstrukturen unternommen, um einer Fragmentierung der Bewegung entgegenzuwirken. Zweitens zeichnet sich eine Militarisierung der Administration ab. Der militärische Druck seitens der ISAF zwang zahlreiche Schattengouverneure in den Untergrund oder zur Flucht nach Pakistan und führte dadurch zu einem verminderten Einfluss dieser. In der Konsequenz ist die Macht der Militärkommissionen gestiegen, die vor Ort präsent sind. Drittens lässt sich auf der taktischen Ebene eine Professionalisierung der Bewegung feststellen.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 5 f; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 12 und 17; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 11)

In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind bei einem Selbstmordanschlag acht Menschen getötet worden. Ziel des Attentäters sei ein Bus mit Militärangehörigen im stark abgesicherten Gebiet in der Nähe der Universität gewesen, teilte die Polizei heute mit. Mindestens fünf der Toten gehörten zur Luftwaffe. Bei der Explosion seien zudem 13 weitere Menschen verletzt worden. Vor zwei Wochen fand in Afghanistan eine Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Das Wahlergebnis sollte eigentlich heute bekanntgegeben werden.

(ORF-online; http://www.orf.at/#/stories/2236311/ , Acht Tote bei Selbstmordanschlag in Kabul, 02.Juli 2014)

Bei tagelangen Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben mehr als 330 Menschen getötet worden, darunter Dutzende Zivilisten. Das Innenministerium in Kabul teilte am Sonntag mit, mindestens 250 Taliban-Kämpfer seien unter den Toten der vergangenen zehn Tage. Nach Angaben der Provinzregierung kamen mindestens 32 Angehörige der Sicherheitskräfte und 50 Zivilisten ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Der Sprecher der Provinzregierung, Omar Zwak, sagte, rund 3200 Familien seien vor der Gewalt geflohen. Die Gesundheitsbehörden in Helmand meldeten mehr als 300 Verwundete.

Am vorvergangenen Freitag hatten nach Zwaks Angaben mehr als 1000 Taliban-Kämpfer in den Distrikten Nawzad, Sangin, Kajaki und Musa Qala Stellungen der Sicherheitskräfte angegriffen. Diese begannen daraufhin eine Gegenoffensive. Zwak sagte, die Aufständischen seien weitgehend zurückgeschlagen worden, Gefechte dauerten aber noch an. Die Taliban waren in den vergangenen Jahren von offenen Großangriffen auf Sicherheitskräfte abgekommen und hatten vor allem auf Anschläge mit Sprengfallen gesetzt. Ihre Offensive gegen afghanische Sicherheitskräfte im Süden könnte einen Strategiewechsel vor dem Auslaufen des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende signalisieren.

(DiePresse.com,http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/3829431/Sudafghanistan_Hunderte-Tote-nach-tagelangen-Kaempfen?from=suche.intern.portal , 29. Juni 2014)

Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind nach Polizeiangaben drei US-Soldaten getötet worden. Der an einem Motorrad befestigte Sprengsatz explodierte den Angaben zufolge gestern in der Nähe einer Patrouille der NATO-geführten Afghanistan-Truppe ISAF. Die ISAF bestätigte den Vorfall im Bezirk Nad Ali in der südafghanischen Provinz Helmand. Pentagon-Vertreter erklärten, es habe sich um US-Soldaten gehandelt. Die islamistischen Taliban bekannten sich in einer Textbotschaft zu dem Attentat.

(ORF-Online, Drei US-Soldaten bei Anschlag in Afghanistan getötet vom 21. Juni 2014)

Drei Selbstmordattentäter der Taliban haben in Afghanistan Anschläge auf Nato-Lastwagen verübt. An der Grenze zu Pakistan im Osten des Landes hätten sich Polizisten und Taliban-Kämpfer daraufhin einen Schusswechsel geliefert, meldeten afghanische Offizielle. Alle drei Angreifer seien getötet worden, hieß es aus der Provinzregierung. Einer habe sich selbst in die Luft gesprengt, die beiden anderen seien von Polizisten erschossen worden. Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen. Die Attentäter hätten die Wagen auf dem Parkplatz des Nato-Quartiers in der Provinz Nangarhar attackiert, sagte ein Sprecher der Grenzpolizei. Der Gebäudekomplex am Torkham-Checkpoint liegt an einer wichtigen Route für Lieferungen der Nato in Afghanistan - die meisten Transporte der Truppe laufen über diesen Grenzposten. Der durch die Anschläge ausgelöste Schaden ist offenbar verheerend. Der Provinzregierung zufolge wurden durch Explosionen, die bei dem Schusswechsel ausgelöst wurden, 37 Nato-Benzinlaster beschädigt oder gänzlich zerstört.

(Spiegel-Online,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-taliban-anschlag-auf-nato-lastwagen-a-976069.html , vom 19. Juni 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe vier Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In Kabul wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus zwei Armeeoffiziere getötet.

(The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from Kabul" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Sicherheitslage im Südwesten, Süden und Osten des Landes

Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Im Süden und Osten finden die meisten extralegalen Hinrichtungen statt, die überdies um 107 Prozent bzw. 114 Prozent massiv anstiegen. Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant zunahmen. Insbesondere in der Provinz Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die am meisten umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 10)

In Nangarhar stiegen die Zwischenfälle durch regierungsfeindliche Gruppierungen im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 81 Prozent an. Ebenso wie in Laghman, wo die Zahl der Zwischenfälle um 250 Prozent anstieg, wurden in Nangarhar die größten Zuwächse an Angriffen der bewaffneten Opposition verzeichnet, die auf die Infiltrationsrouten aus Pakistan und die strategisch bedeutsamen Gebiete angrenzend an Kabul-Tokham-Highway abzielen. Die Provinz Kunar war im ersten Quartal 2013 nach Helmand "Spitzenreiter", was das Ausmaß der Angriffe anbelangt. Die Zahl der Vorfälle erhöhte sich in Kunar um 21 Prozent im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch in der Provinz Ghazni geht der Trend bezüglich der Sicherheitslage in Richtung einer Verschärfung: Im ersten Quartal 2013 stieg die Zahl der Vorfälle jedoch im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 127 Prozent.

(ANSO, Quarterly Report vom April 2013)

Vorfälle, wie etwa die Entführung von 20 Zivilisten auf dem Weg in die Distrikte Jaghori und Malistan, ereignen sich am häufigsten in den Distrikten Qarabagh und Gilan, wo die Taliban über Einfluss verfügen.

(ACCORD-Anfragebeantwortung vom 14. August 2013)

Die Provinz Wardak liegt strategisch günstig beim westlichen Zugang zu Kabul und wird von regierungsfeindlichen Gruppen als Tor für Angriffe auf die Provinz Kabul genützt.

(Länderinformation der Staatendokumentation vom 28. Jänner 2014)

Im ersten Quartal haben sich die Vorfälle in Wardak um 187 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Auch in der Provinz Helmand, wo die Taliban in das soziale Gefüge eingebettet sind, und in der Provinz Kandahar, der traditionellen Hochburg der Taliban, nahm die Zahl der Vorfälle zu.

(ANSO, Quarterly Report vom April 2013)

Helmand und Kandahar sind die Provinzen, wo mit Abstand die meisten Opfer von Bombenanschlägen zu beklagen sind.

(UNAMA-Annual Report vom Februar 2014)

Sicherheitslage in Kabul

Kabul zählt zu jenen Gebieten, in denen infolge militärischer, überwiegend afghanisch geführter Operationen, starker Präsenz sowie politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen eine partielle Stabilisierung erzielt werden konnte und die Sicherheitslage überwiegend unter Kontrolle ist. Kabul bleibt unter der Führung der ANSF die sicherste Gegend Afghanistans.

(Auswärtiges Amt: Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013; Afghan Analyst Network: "After the 'operational pause': ‚How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; Department of Defense: "Report on Progress Toward Security and Stability in Afghanistan" vom Dezember 2012)

Laut internationalen NGOs ist Kabul trotz Vorfällen und Angriffen einer der wenigen Orte Afghanistans, wo die Sicherheitssituation relativ gut und stabil ist. Dem Internationalen Polizei-Koordinierungsausschuss zufolge gehören Kabul und andere große Städten in Afghanistan zu den Orten, wo die Afghanische Nationalpolizei (ANP) bei der Gewährleistung von Sicherheit gut funktioniert. Laut IOM ist Kabul trotz einiger Selbstmordanschläge, die das Leben der Bevölkerung beeinträchtigen, sicherer und stärker unter Kontrolle als andere Orte in Afghanistan. Die unabhängige Afghanistan Independent Human Rights Commission teilt diese Meinung.

(Danish Immigration Service: "Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process" vom Mai 2012)

Der Fokus des Terrors liegt nicht auf Kabul oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Die Taliban, einschließlich des Haqqani-Netzwerks, führen jedoch weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe in der afghanischen Hauptstadt durch und zeigen, dass sie überall im Land zuschlagen können und selbst den sog. "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden. Dies zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und damit möglicher "Financiers" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu schüren.

(Afghanistan Analyst Network: After the 'operational pause': "How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; ACCORD [Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation]: "Ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan:

Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul vom 10. Jänner 2013, vergleiche auch Afghan Analyst Network: After the 'operational pause': How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013)

Im April 2013 kündigten die Taliban ihre Frühlingsoffensive "Khalid ibn al-Walid" [auch "Khaled ben Walid"] an. Größere Zwischenfälle in Kabul involvierten u.a. eine Explosion nahe des Verteidigungsministeriums in Kabul im März 2013, bei dem neun Zivilisten ums Leben kamen. Ein Beispiel für erfolgreiche Vereitelung war die Entdeckung eines größeren Waffenversteckes und die Festnahme von 5 Personen am 13. März 2013.

(U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Weitere größere, sicherheitsrelevante Vorfälle in Kabul:

Im Mai 2013 bekannte sich die Hezb-e Islami Gulbuddin zu einem Attentat in Kabul, bei dem 9 Zivilisten, 2 ISAF Mitarbeiter und 4 Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens getötet wurden und im Juni tötete ein Selbstmordanschlag auf den Supreme Court mindestens 17 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Im Juni 2013 gab es einige Anschläge der Taliban in schwerbewachten Gebieten Kabuls, in denen sich viele wichtige Gebäude befinden, wie zum Beispiel die NATO-Zentrale und der Präsidentenpalast. (BBC News: "Afghan Taliban assault in Kabul secure zone" vom 25. Juni 2013)

Am 2. Juli 2013 kam es zu einem Anschlag nahe einer UN Einrichtung, bei dem 6 Personen getötet wurden. Insgesamt kam es im Berichtszeitraum zwischen 16. Mai und 15 August zu 7 Selbstmordanschlägen in Kabul. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Die Taliban attackierten mit Schüssen und einer Autobombe im Oktober 2013 einen Konvoi ausländischer Fahrzeuge in Kabul. Es war der erste größere Vorfall seit Juli. (Reuters: "Taliban attack breaks months of quiet in Kabul", vom 18. Oktober 2013). Agence France-Presse [AFP] berichtet, dass in den Monaten vor diesem Anschlag die afghanische Hauptstadt relativ friedlich gewesen ist, nachdem zuvor einige Selbstmordanschläge und bewaffnete Angriffe stattgefunden hatten. (AFP: "Suicide bomb attack in Kabul outside foreign compound", vom 18. Oktober 2013)

Am 16. November 2013 tötete ein Anschlag nahe einer Einrichtung, die für die Loya Jirga vorbereitet wurde, 8 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 6. Dezember 2013)

Am 18. Jänner 2014 starben mindestens 24 Menschen bei dem Anschlag der Taliban auf ein unter Ausländern beliebtes und stark gesichertes Restaurant in Kabul. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Entsetzen nach Taliban-Anschlag", vom 18. Jänner 2014)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 26. Jänner 2014 in Kabul vier Menschen getötet worden, am 25. Jänner 2014 wurden bei einer Explosion zwei Personen verletzt. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Selbstmordanschlag auf Regierungsbus in Afghanistan" vom 26. Jänner 2014)

In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind bei einem Selbstmordanschlag acht Menschen getötet worden. Ziel des Attentäters sei ein Bus mit Militärangehörigen im stark abgesicherten Gebiet in der Nähe der Universität gewesen, teilte die Polizei heute mit. Mindestens fünf der Toten gehörten zur Luftwaffe. Bei der Explosion seien zudem 13 weitere Menschen verletzt worden. Vor zwei Wochen fand in Afghanistan eine Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Das Wahlergebnis sollte eigentlich heute bekanntgegeben werden. (ORF-online;

http://www.orf.at/#/stories/2236311/ , "Acht Tote bei Selbstmordanschlag in Kabul" vom 02. Juli 2014)

In der Nacht zum 05.07.14 explodierten in der Nähe von Kabul nach Raketenbeschuss zahlreiche geparkte, mit Benzin gefüllte Tanklastzüge. Je nach Quelle ist von mehreren Dutzend bis 400 Fahrzeugen die Rede. Personen scheinen nicht zu Schaden gekommen zu sein. Ein Sprecher der Taliban erklärte, die Fahrzeuge der ausländischen Einsatzkräfte seien aus taktischen Gründen zerstört worden. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 7. Juli 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe vier Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In Kabul wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus zwei Armeeoffiziere getötet. (The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from Kabul" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Aufständische haben den internationalen Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul angegriffen. Wie das afghanische Innenministerium mitteilte, griffen die Kämpfer den Flughafen am frühen Morgen mit automatischen Waffen und Panzerfäusten an und eroberten ein im Bau befindliches Gebäude auf dem Gelände. Medienberichten nach feuerten sie von dort aus Raketen ab. Sicherheitskräfte haben das Gebiet nach Behördenangaben umstellt. Die afghanische Armee meldete, zwei der Angreifer seien getötet worden.

Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, waren auf dem streng gesicherten Flughafen, auf dem sich auch ein großer Nato-Stützpunkt befindet, Explosionen und Schüsse zu hören. Nach Angaben eines Behördenvertreters wurde der zivile Flugverkehr unterbrochen. Über dem Gelände kreisten Militärhubschrauber. Für den Angriff verantwortlich erklärten sich die radikalislamischen Taliban. Ihre Kämpfer hätten den Flughafen mit leichten und schweren Waffen angegriffen, teilte ein "Sprecher" mit.

(FAZ.net, "Taliban-Kämpfer greifen Flughafen von Kabul an" vom 17. Juli 2014)

Provinzen Ghazni, Helmand, Kandahar, Khost, Kunar und Nangarhar

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 10f)

Bei einem Anschlag der Taliban auf Militärfahrzeuge der Nato auf einem Parkplatz eines Stützpunktes am Torkham-Checkpoint in der Provinz Nangarhar am 19. Juli 2014 kamen bei einem Feuergefecht alle drei Angreifer ums Leben. Die Gebäude liegen an einer wichtigen Nachschubroute der NATO.

Bei einem Anschlag der Taliban wurden am 20. Juni 14 in der Provinz Helmand im Bezirk Nad Ali drei US-Soldaten getötet, als ein Sprengsatz auf einem Motorrad detonierte.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 23. Juni 2014)

Am 06. Juli 2014 wurden bei der Explosion einer Bombe auf einem Markt im Distrikt Maiwand in der Provinz Kandahar vier Zivilisten, ein Soldat und ein Polizist verwundet. Der Polizist erlag später seinen Verletzungen.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 7. Juli 2014)

Bei einem Selbstmordanschlag in Afghanistan ist heute ein Cousin des scheidenden Präsidenten Hamid Karzai getötet worden. Nach Angaben der Behörden kam der als Gast verkleidete Attentäter zum Haus von Hashmat Karzai nahe der unruhigen südlichen Stadt Kandahar, um ihn zum religiösen Fest des Fastenbrechens zu grüßen. Als die beiden einander umarmten, zündete der Mann demnach einen Sprengsatz, den er unter seinem Turban versteckt hatte. Außer Karzai wurde niemand sonst verletzt oder getötet. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Hashmat Karzai zunächst für den Bruder von Hamid Karzai, Kayum Karzai, gearbeitet. Nachdem dieser seine Kandidatur zurückgezogen hatte, unterstützte er den Wahlkampf von Aschraf Ghani, der bei der Stichwahl um das Amt Mitte Juni gegen Abdullah Abdullah angetreten war.

(ORF Online, Turbanbombe tötet Cousin von Karzai vom 29. Juli 2014, Zugriff 29. Juli 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe vier Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In Kabul wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus zwei Armeeoffiziere getötet.

(The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from Kabul" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Provinz Helmand

Bei einem Anschlag der Taliban wurden am 20.06.14 in der Provinz Helmand im Bezirk Nad Ali drei US-Soldaten getötet, als ein Sprengsatz auf einem Motorrad detonierte.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 23. Juni 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe vier Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In Kabul wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus zwei Armeeoffiziere getötet.

(The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from Kabul" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Menschenrechte und Menschenrechtsorganisationen

Trotz beachtlicher Erfolge während der vergangenen elf Jahre bleibt die gesellschaftliche Verankerung der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, eine große Herausforderung in Afghanistan. Das liegt zum einen an der Schwäche der afghanischen Institutionen und mangelnder Rechtskenntnis bei Bevölkerung und Behörden, zum anderen an der mangelnden Akzeptanz von Menschen- und Frauenrechten innerhalb der Gesellschaft. Nicht zuletzt spielt die fehlende Bereitschaft von Justiz und Strafverfolgungsbehörden, geltende Gesetze zum Schutz von Menschen- und Frauenrechten umzusetzen, eine Rolle. In Umsetzung der Tokio-Verpflichtungen muss die afghanische Regierung weitere Anstrengungen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Verbesserung der Situation der Menschenrechte vorweisen. Mittlerweile haben sich die afghanische Regierung und die Staatengemeinschaft auf zwei messbare Hard Deliverables im Bereich der Menschenrechte geeinigt, anhand derer die internationale Gemeinschaft eine erste Bilanz der Reformfortschritte ziehen will:

1. Bericht aller beteiligten Regierungsinstitutionen zur landesweiten Umsetzung des Gesetzes zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen [EVAW] und 2. inklusiver Nominierungsprozess für die Kommissare der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghan Independent Human Rights Commission [AIHRC]).

Neben der afghanischen Verfassung selbst, in der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben ist, bedeutet insbesondere das per Präsidialdekret erlassene EVAW-Gesetz vom August 2009 eine signifikante Stärkung der Frauenrechte. Sowohl ein UNAMA-Bericht vom 11. November 2012 als auch die AIHRC bestätigen, dass im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Fälle von Gewalt registriert und damit öffentlich geworden sind. Damit sind die Voraussetzungen für eine Strafverfolgung der Schuldigen erheblich besser geworden. Von einer effektiven Umsetzung des Gesetzes sind die Behörden jedoch noch weit entfernt.

Dies bestätigt auch der jüngste Bericht von Human Rights Watch zur Situation weiblicher Insassen afghanischer Hafteinrichtungen, denen sogenannte "Sittenverbrechen" nach der islamischen Scharia vorgeworfen werden. Derzeit seien rund 600 Frauen - also die Hälfte aller weiblichen Insassen - wegen solcher "moralischer Vergehen" inhaftiert. Den meisten dieser Frauen werde Flucht aus dem Elternhaus oder dem Haus des Ehemannes angelastet. Dies sei auch nach afghanischem Recht keine Straftat. Vielmehr seien gerade diese Frauen oft Opfer von häuslicher Gewalt, die nach dem EVAW-Gesetz unter besonderem Schutz der Behörden stehen müssten.

Mangelnde Kenntnis und Akzeptanz des EVAW-Gesetzes führen jedoch dazu, dass viele Fälle von Gewalt gegen Frauen nach wie vor an traditionelle Streitschlichtungsgremien überwiesen werden. Zudem haben auch Menschenrechtsorganisationen festgestellt, dass es der afghanischen Polizei und Justiz weiterhin nicht selten noch an hinreichender Qualifikation fehlt, um Mindeststandards der Rechtspflege konsequent einzuhalten.

Der UNAMA-Folgebericht zu Folter in afghanischen Haftanstalten vom Januar 2013 bestätigt ebenfalls, dass Defizite bei den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden die Durchsetzung der Menschenrechte in Afghanistan erschweren. Der Bericht konzentriert sich auf Inhaftierte, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan festgenommen oder verurteilt wurden. Darin werden den Sicherheitskräften erneut Rechtsverstöße, vor allem Folter, vorgeworfen. Die Gebergemeinschaft, vor allem die EU und die UN, hat nach Veröffentlichung des UNAMA-Berichts die afghanische Regierung nachdrücklich aufgefordert, die Menschenrechte einzuhalten und die Haftbedingungen zu verbessern.

Die afghanische Regierung zog die Ergebnisse des UNAMA-Berichts zunächst in Zweifel. Präsident Karzai beauftragte noch im Januar 2013 eine afghanische Untersuchungskommission, die Vorwürfe zu prüfen. Diese bestätigte die Feststellungen des UNAMA-Berichts. Die Kommission gab elf Handlungsempfehlungen an die Regierung, darunter eine minimale Gesundheitsversorgung für Inhaftierte und Videoaufzeichnungen bei Verhören. Der Präsident ordnete am 11. Februar 2013 die Umsetzung der Empfehlungen per Dekret an. Die AIHRC ist inzwischen wieder voll besetzt.

Die Menschenrechtssituation in Afghanistan verbessert sich weiter, allerdings langsam. Die universellen Menschenrechte sind in der afghanischen Verfassung verankert, aber bei weitem noch nicht vollständig verwirklicht. Insbesondere die Situation von Frauen bleibt in der konservativ-islamischen Gesellschaft schwierig. Am 01.03.2014 wurde der Bericht zur landesweiten Umsetzung des Gesetzes zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen veröffentlicht. Der Umsetzungsbericht umfasst den Zeitraum von März 2012 bis März 2013.

Es werden 4.505 Fälle von Gewalt gegen Frauen in 32 (von 34) Provinzen dargelegt. Auch die Situation von Frauen in den Sicherheitskräften, insbesondere in der Polizei, ist von Gewalt und inadäquaten Arbeitsbedingungen geprägt. Das Ziel einer stabilen, rechtsstaatlich und demokratisch verfassten Gesellschaft, in der die Menschenrechte einschließlich der Rechte der Frauen und Kinder gewährleistet sind, ist noch nicht erreicht.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, S. 4f sowie Bericht vom 31. März 2014, S. 5; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013, S.17ff; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, S. 27ff.)

Allerdings hat die Ernennung der neuen Mitglieder der Menschenrechtskommission im Juni 2013 Unmut unter Menschenrechtsorganisationen sowohl in Afghanistan, als auch im Ausland hervorgerufen.

(RFE-Radio Free Europe: "Human Rights Appointments Draw Fire In Afghanistan", vom 3. Juli 2013)

So beförderte Staatspräsident Karzai, unter anderem, einen früheren Talibanführer zum Kommissionär der AIHRC. Es gab auch andere kontroverse KandidatInnen.

(Afghan Analyst: AIHRC Commissioners Finally Announced, vom 16. Juni 2013; vgl. Revolutionary Association of the Women of Afghanistan:

"Human Rights Commission Appointments Draw Fire In Afghanistan" vom 3. Juli 2013)

Meinungs- und Pressefreiheit

In den vergangenen Jahren galt die afghanische Medienlandschaft als Vorzeigesektor: diversifiziert, unabhängig, im Wachstum- und Professionalisierungsprozess begriffen und von einem vergleichsweise liberalen rechtlichen Rahmenwerk gestützt. Zudem garantiert die afghanische Verfassung Medienfreiheit (Art. 32). Die bevorstehenden Wahlen, eine konservative Medienpolitik und der allgemeine Islamvorbehalt schränken die Medienfreiheit jedoch deutlich ein. Immer wieder werden Journalisten zum Ziel von Morddrohungen und tätlichen Übergriffen.

Im April 2013 unterstrich das Informationsministerium (MoIC) per Direktive das Verbot von Sendungen, die islamische Werte und afghanische Kultur verletzten. Damit reagierte es auf die Forderung des Rates von Religionsgelehrten, Ulemma, "unmoralische Medieninhalte", insbesondere freizügige Fernsehsendungen (z.B. "Afghan Star"), einzuschränken. Auch über den Islamvorbehalt hinaus ist Medienfreiheit in Afghanistan noch keine Wirklichkeit. Zwar stieg Afghanistan in der Rangliste der Pressefreiheit seit 2011 um 22 Plätze auf Rang 128, doch sind Einflussnahme und Drohungen durch Parlamentarier, Mitarbeiter der Ministerien, Sicherheitsorgane und lokale Machthaber an der Tagesordnung. Reporter ohne Grenzen spricht von "government interference" und "direct attacks on journalists' independence". Besonders die Themen Landraub, Korruption und Wahlfälschung waren 2013 Anlass für Auseinandersetzungen und gewalttätige Übergriffe.

Die afghanische Medienrechtsorganisation "NAI" zählt für 2013 drei Ermordungen von Journalisten und 41 gewalttätige Übergriffe. Am 22. Januar 2014 wurde der für den afghanischen Radiosender Bost und vormals auch für die New York Times tätige afghanische Journalist Noor Ahmad Noori in Lashkar Gah in der Provinz Helmand ermordet aufgefunden. Am 11. März 2014 wurde der schwedische Journalist Nils Horner in Kabul auf offener Straße erschossen laut Angaben des internationalen "Committee to Protect Journalists" wurden seit 1992 25 Journalisten in Afghanistan getötet, davon 22 seit 2001. Die Vorfälle werden kaum staatsanwaltlich verfolgt. Gewerkschaften bieten bislang wenig Schutz, da sie entlang ethnischer und regionaler Grenzen zersplittert sind. Eine Perspektive bietet hier der kürzlich geschaffene Dachverband "Afghan Journalist Federation", unter dem neun Gewerkschaften, zahlreiche Medien und NGOs zusammenkommen.

Die geltende Mediengesetzgebung ist im Mediengesetz von 2009 festgelegt. Journalisten befinden sich seit Monaten in einer Auseinandersetzung mit der Regierung über eine mögliche Verschärfung des Gesetzes. Der Stabschef des Präsidenten, Karim Khorram, vormals selbst Minister für Information, schreibt dem aktuellen Minister Raheen einen restriktiven medienpolitischen Kurs vor. Die konservative Behörde zur Regulierung von Medien ist das "High Media Council" (HMC). Es untersteht dem MoIC und entscheidet über Programm, Budget und Leitung der staatlichen Medien, über die Vergabe von Sendelizenzen und kann Sender abmahnen, die gegen den Islamvorbehalt verstoßen oder die "Einheit des Landes" gefährden. Im HMC sitzen dreizehn Mitglieder, davon zwei gewählte Journalistenvertreter. Die übrigen Mitglieder werden vom MoIC ernannt. Journalisten, die sich einer Einflussnahme durch Aufständische oder durch die Regierung widersetzen, geraten unter Druck. Andere fliehen in die Selbstzensur. Immer wieder verlassen Journalisten das Land, weil sie ihre persönliche Sicherheit in Afghanistan nicht gewährleistet sehen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 9)

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Versammlungsfreiheit ist in Afghanistan grundsätzlich gewährleistet (siehe auch Artikel 36 der afghanischen Verfassung). Es gibt regelmäßig - genehmigte wie spontane - Demonstrationen, v.a. gegen soziale Missstände, gegen die Tötung von Zivilisten durch NATO-Truppen, gegen (geplante) Koranverbrennungen oder gegen im Ausland verbreitete Karikaturen des Propheten Mohammed. Die Kundgebungen verlaufen in den meisten Fällen friedlich, eskalieren aber teilweise oder werden von Einzelpersonen gezielt genutzt, um gewaltsame Ausschreitungen anzustacheln. Die afghanische Regierung ruft die Bevölkerung bei Demonstrationen regelmäßig auf, diese friedlich abzuhalten. Am 2. Mai 2013 kam es zu Verhaftungen (und dem Vorwurf von Misshandlungen) friedlicher Demonstranten in Kabul, welche gegen das Versagen der Regierung bei der Verfolgung der durch "Warlords" begangenen Verbrechen demonstrierten.

Die afghanische Verfassung erlaubt in Art. 35 die Gründung von Vereinen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Dem Auswärtigen Amt sind keine Fälle bekannt, in denen die afghanische Regierung auf Zusammenschlüsse wie Vereine, Gewerkschaften o.ä. Druck ausgeübt hätte. Das Gleiche gilt für die Gründung und Tätigkeit im Rahmen politischer Parteien.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014; United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert. Dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans (Artikel 2 der Verfassung). Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht.

Nach offiziellen Schätzungen sind 84 Prozent der Bevölkerung sunnitische Muslime und 15 Prozent schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus und Christen machen zusammen nicht mehr als 1 Prozent der Bevölkerung aus.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 10)

Laut UNHCR schützt die afghanische Regierung religiöse Minderheiten nicht vor Übergriffen.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender, S. 22, 44ff.; USDOS, Human Rights Practices 2012, 19. April 2013, S. 22f.)

Schiiten

Der Großteil der afghanischen Schiiten gehört der ethnischen Gruppe der Hazara an. Die Situation der afghanischen schiitisch-muslimischen Gemeinde, der größten religiösen Minderheit des Landes, hat sich seit dem Ende des Taliban Regimes wesentlich gebessert. Trotzdem war die schiitische Minderheit mit gesellschaftlichen Diskriminierungen sowie einer Verschlechterung der Beziehungen zu der sunnitischen Mehrheit konfrontiert. Die schiitischen Muslime konnten im Berichtzeitraum (31. Jänner 2012 bis 30. Jänner 2013) ihr traditionelles Ashura Fest in Kabul öffentlich ohne Zwischenfälle feiern. Nichtsdestotrotz gab es sporadische Attacken gegen die schiitischen Hazara. Der letzte große Zwischenfall, bei dem mindestens 55 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, fand 2011 während der Ashura-Feiern in Form eines Selbstmordattentats in einer heiligen Stätte in Kabul statt. Die Verfassung garantiert, dass das schiitische Gesetz in Personenstandsangelegenheiten an-gewendet wird, in denen alle Parteien Schiiten sind. Im Jahr 2009 wurde ein Gesetzestext durchgesetzt, der viele konstitutionelle Rechte der schiitischen Frauen schmälert. Erb-schafts-, Heiratsfragen und Angelegenheiten persönlicher Freiheit werden von den konservativen schiitischen Autoritäten festgesetzt. Der Gesetzestext wurde im Parlament durchgesetzt, ohne ordentlich debattiert zu werden. Zivilgesellschaftliche Gruppen und afghanischen Frauenorganisationen kritisierten, dass der Gesetzestext im Widerspruch zu Artikel 22 steht, der die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz bekräftigt.

(U.S., Commission on International Religous Freedom, Annual Report 2013, vom 30. April 2013; US Department of States, International Religous Freedom Report for 2012, vom 22. Mai 2013; BBC: "Shia mosque attacked in Kabul by men in police uniforms" vom 5. September 2013; USAID, Shiite personal status law, vom April 2009; Freedom House, Freedom in the world 2013, vom Jänner 2013; Herizons, Afghan Women Stand Strong Against Shia law, vom September 2009)

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind im Alltagsleben in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema) als auch im Hohen Friedensrat sind auch Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe. Zum Schiitischen Aschura-Fest am 06.12.2011 fand eine der schwersten Anschlagsserien der letzten Jahre statt. In Kabul, Masar-e-Scharif und Kandahar starben bei Angriffen auf schiitische religiöse Stätten etwa 60 Menschen, ca. 200 wurden verletzt. Zur Urheberschaft bekannte sich eine radikalislamische Gruppe aus Pakistan. Eine Auswirkung auf das nicht ganz spannungsfreie, aber insgesamt doch verträgliche Zusammenleben der Ethnien und Religionen konnte dennoch nicht beobachtet werden. Die politischen Kräfte des Landes zeigten sich über die Vorfälle erschüttert, verurteilten die Attentate und riefen zur Einigkeit auf.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 11)

Ethnische Minderheiten:

Der Anteil der Volksgruppen im Vielvölkerstaat wird in etwa wie folgt geschätzt: Paschtunen ca. 38 Prozent, Tadschiken ca. 25 Prozent, Hazara ca. 19 Prozent, Usbeken ca. 6 Prozent sowie zahlreiche kleinere ethnische Gruppen (Aimak, Turkmenen, Baluchi, Nuristani u.a.). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen dort ein offizieller Status eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser anderen Sprache spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri.

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder soziale Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor.

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage deutlich verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

Die ca. eine Million Nomaden (Kutschi), die mehrheitlich Paschtunen sind, leiden in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten. De facto kommt es immer wieder zu einer Diskriminierung dieser Gruppe, da ihre Mitglieder aufgrund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten und so Gefahr laufen, Opfer einer diskriminieren-den Verwaltungspraxis oder strafrechtlicher Sanktionierung zu werden. Immer wieder werden Nomaden rasch einer Straftat bezichtigt und verhaftet, wenngleich sie oft auch genauso schnell wieder auf freiem Fuß sind. Es kann auch dazu kommen, dass Angehörige dieser Nomadenstämme auf Grund der bürokratischen Hindernisse dem Risiko der (faktischen) Staatenlosigkeit ausgesetzt sind. Die Verfassung sieht allerdings vor, dass der Staat Maßnahmen für die Verbesserung der Lebensgrundlagen von Nomaden ergreift.

Zu der am stärksten marginalisierten Gruppe gehört die ethnische Minderheit der Jat, die die Gemeinschaften der Jogi, Chori Frosh und Gorbat umfasst. Es gibt Berichte, dass Jogi keine Taskeras (Ausweisdokument) erhalten und damit nur beschränkten Zugang zu staatlichen Einrichtungen haben.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 10f)

Hazara

Die Hazara unterscheiden sich von anderen Minderheiten in Afghanistan, da diese sowohl eine ethnische als auch aufgrund ihres schiitischen Glaubens eine religiöse Minderheit darstellen. Sie können aufgrund ihrer ostasiatischen Gesichtszüge leicht von anderen Minderheiten unterschieden werden. Ihr deutlich anderes Aussehen in Kombination mit dem Praktizieren des Schiitentums hat sie über viele Jahrhunderte zu Angriffszielen gemacht.

Besonders zu Zeiten der Taliban-Herrschaft wurde die Minderheit der Hazara verfolgt. Ihre Lage hat sich zwar deutlich verbessert, jedoch sind sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

Die schiitische Minderheit der Hazara verbessert sich ökonomisch und politisch durch Bildung. In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Paschtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, inklusive weiblicher Hazara, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie, Medizin oder andere Bereiche ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden.

Einer der zwei Vizepräsidenten von Präsident Hamid Karzai ist Karim Khalil. Er stammt der Minderheit der Hazara ab.

(Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesasylamtes vom September 2013)

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten (mehrheitlich schiitischen) Hazara hat sich die Lage deutlich verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

In einer besonderen Lage befinden sich die ca. eine Million Kuchi-Nomaden, die unter ungeklärten Boden- und Wasserrechten in besonderem Maße leiden. De facto kommt es immer wieder zu einer Diskriminierung dieser Gruppe, da sie aufgrund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten und so die Gefahr laufen, Opfer einer diskriminierenden Verwaltungspraxis oder strafrechtlicher Sanktionierung zu werden. Immer wieder werden Nomaden rasch einer Straftat bezichtigt und verhaftet, wenngleich sie oft auch genauso schnell wieder auf freiem Fuß sind. Es kann auch dazu kommen, dass Angehörige dieser Nomadenstämme auf Grund der bürokratischen Hindernisse dem Risiko der (faktischen) Staatenlosigkeit ausgesetzt sind. Die Verfassung sieht allerdings vor, dass der Staat Maßnahmen für die Verbesserung der Lebensgrundlagen von Nomaden ergreift.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 10)

In diesem Sinne sind Angehörige der Hazara weiterhin gesellschaftlich diskriminiert und Berichten zufolge Opfer von Schikanierung, Einschüchterung und Tötungen durch die Taliban sowie andere regierungsfeindliche Kräfte. Andererseits verbessert sich die Minderheit der Hazara ökonomisch und politisch durch Bildung: Viele Hazara schließen Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie oder Medizin ein.

(Congressional Research Service vom 22. November 2013)

Hazara werden Berichten zufolge weiterhin gesellschaftlich diskriminiert und gezielt durch illegale Besteuerung, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit und körperliche Misshandlung unter Druck gesetzt. Hazara sind Berichten zufolge außerdem weiterhin Opfer von Schikanierung, Einschüchterung und Tötungen durch die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013; US State Department, 2012 Country Reports on Human Rights Practices - Afghanistan, 19. April 2013,

http://www.refworld.org/docid/517e6e73f.html )

Justiz und (Sicherheits‑)Verwaltung

Das Justizsystem funktioniert nur sehr eingeschränkt. Eine einheitliche Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) ist nicht gegeben. Auch rechtsstaatliche (Verfahrens‑)Prinzipien werden längst noch nicht überall eingehalten. Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern durch mächtige Akteure verhindern Entscheidungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen des Justizsystems. Nachdem die Justizbehörden Afghanistans seit 2004 mit einer vorläufigen Strafprozessordnung operierten, liegt dem Parlament nun zumindest eine neue Strafprozessordnung zum Beschluss vor. Auch das Strafrecht selbst wird zurzeit überarbeitet.

(Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. März 2014, S. 5)

Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Schari'a, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet.

Die Afghanische Nationale Polizei [ANP] gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35 Prozent der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen.

Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äußerst strikt ausgelegten Interpretation der Shari'a; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hinrichtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegsverbrechen eingestuft.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 12f)

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus.

Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013)

Ein afghanischer Polizist ist am Donnerstag wegen der tödlichen Schüsse auf die deutsche Fotografin Anja Niedringhaus in erster Instanz zum Tode verurteilt worden. Das Gericht in Kabul befand den Polizisten des Mordes und des Amtsmissbrauchs für schuldig, hieß es nach offiziellen Angaben. Die 48 Jahre alte Fotografin war Anfang April durch die Schüsse des Polizeioffiziers in der Unruheprovinz Chost getötet worden. Sie war in Afghanistan unterwegs, um über die Wahlen am 5. April zu berichten. Das Urteil werde noch durch eine weitere Instanz geprüft, sagte der stellvertretende Gouverneur der Provinz Khost. Der Verurteilte habe 15 Tage Zeit, Revision einzulegen.

(FAZ.net, Gericht verurteilt Mörder der Fotografin Niedringhaus zum Tode vom 24. Juli 2014, Zugriff 24. Juli 2014)

Strafverfolgung, Strafbemessung und Strafvollstreckung

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht erkennbar. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen.

Präsident Karzai verkündet in regelmäßigen Abständen zu besonderen Anlässen Amnestien, die insbesondere Frauen, Kinder und ältere Gefängnisinsassen betreffen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 12)

Haftbedingungen

Gefängnisse, Jugendrehabilitationszentren und andere Haftanstalten werden von unterschiedlichen Organisationen verwaltet: Das "General Directorate of Prisons and Detention Centers" (GDPDC), ein Teil des Innenministeriums (MOI), ist verantwortlich für alle zivil geführten Gefängnisse sowohl für weibliche als auch männliche Häftlinge. Das MOI und das "Juvenile Rehabilitation Directorate" (JRD) sind verantwortlich für alle Jugendrehabilitationszentren und Zivilhaftanstalten. Die ANP (Afghan National Police) unter dem Innenministerium und dem NDS (National Directorate of Security) ist verantwortlich für Kurzhaftanstalten auf Provinz- und Bezirksebene. Das Verteidigungsministerium betreibt die nationalen Haftanstalten Afghanistans in Parwan und Pul-e-Charki.

(United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Folter und Misshandlungen werden nach wie vor in den Gefängnissen in Afghanistan praktiziert und stellen ein ernstzunehmendes und weitverbreitetes Problem in den Haftanstalten Afghanistans dar.

(United Nations Assistance Mission in Afghanistan "Treatment of Conflict-Related Detainees in Afghan Custody" vom Jänner 2013; Afghanistan Independent Human Rights Commission "Torture, Transfers, and Denial of Due Process" vom 17. März 2012; TAZ: "Kabul räumt erstmals Folter ein" vom 11. Februar 2013)

AIHRC und andere Beobachter berichteten, dass es in den Gefängnissen kein adäquates Essen oder Wasser gebe. Außerdem seien die Sanitäranlagen schlecht und es seien nicht genügend Decken vorhanden. Infektiöse Krankheiten seien verbreitet.

(United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards. Sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel und Trinkwasser sowie Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet. Die begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten führen dazu, dass Gefangene in Untersuchungshaft und bereits verurteilte Gefangene nicht getrennt festgehalten werden. Im März 2012 führten etwa 100 Gefangene im Pul-e-Charkhi-Gefängnis wegen Misshandlungen einen Hungerstreik durch. Für Kinder verurteilter Mütter wurden spezielle Unterstützungszentren geschaffen.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 12f; USDOS, Human Rights Practices 2012, 19. April 2013, S. 3f.)

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte (Mord, Entführung und gewisse Straftaten gegen die nationale Sicherheit) vorgesehen. Unter dem Einfluss der Scharia wird die Todesstrafe aber auch bei anderen Delikten verhängt (z.B. Blasphemie, Apostasie). Die Entscheidung über die Todesstrafe wird vom Obersten Gericht getroffen und kann nur mit Einwilligung des Präsidenten vollstreckt werden. Allgemein sind keine Bestrebungen seitens der Regierung zu erkennen, ein Moratorium zu erlassen oder die Todesstrafe gar abzuschaffen. Zuletzt wurde die Todesstrafe im November 2012 vollstreckt, als 14 wegen Vergewaltigung und Mordes Verurteilte exekutiert wurden. Landesweit sind momentan über 100 Personen zu Tode verurteilt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 18; vgl.: Amnesty International, Amnesty Report 2013, vom 21. Mai 2013)

Gemäß Amnesty International wurden in Afghanistan am 20. und 21. November 2012 14 Gefangene hingerichtet. Der Oberste Gerichtshof soll zudem 30 Todesurteile bestätigt haben. Zehn Todesurteile wurden in Haftstrafen umgewandelt. Ende November 2012 befanden sich mehr als 250 Personen in Todeszellen.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 12f; Amnesty International, Report 2013, vom 23. Mai 2013. USDOS, Human Right Practices 2012, vom 19. April 2013, S. 3)

Versorgungslage

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" - des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben zur Folge, dass ca. 1 Mio. oder 29,5 Prozent aller Kinder als akut unterernährt gelten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 20)

Medizinische Versorgung

Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder aus älteren Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation von 2008-2011 vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen.

Grundsätzlich hat sich die medizinische Versorgung, insbesondere im Bereich der Grundversorgung, in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, fällt jedoch im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Aktuell liegt die Lebenserwartung in Afghanistan noch bei ca. 50 Jahren. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt nunmehr bei 60 Jahren, gegenüber 68 Jahren im regionalen Vergleich, was für Afghanistan einen Anstieg um 18 Jahre über das letzte Jahrzehnt bedeutet. Über den gleichen Zeitraum sind auch die Verbesserungen in den Bereichen Mutter- und Kindersterblichkeit (bis zum fünften Lebensjahr) erheblich. Diese gingen um 70%, bzw. 60% zurück, bewegen sich mit 460 Todesfällen auf 100.000 Geburten und 257 von 1000 lebend Geborenen, die nicht das fünfte Lebensjahr erreichen, jedoch weiterhin zwischen 74% und 84% über dem regionalen Durchschnitt.

Die medizinische Versorgung leidet trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärzten und Ärztinnen, sowie gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 standen 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine Person qualifizierten medizinischen Personals gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen.

Durch die gute ärztliche Versorgung im "French Medical Institute" und dem Deutschen Diagnostischen Zentrum in Kabul können Patienten einschließlich Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in Kabul behandelt werden. Afghanische Staatsangehörige mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder Botschaften können sich unter bestimmten Umständen auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen.

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet, abgesehen von einzelnen Pilotprojekten, nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt. In Kabul gibt es eine psychiatrische Einrichtung mit 60 Betten, die stets erheblich überfüllt ist. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils nur 15 Betten für psychiatrische Fälle und in Masar-e Sharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn die Person kein unterstützendes Familienumfeld hat. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden eher in spirituellen Schreinen (z.B. dem Mia Ali Baba Schrein) unter teilweise unmenschlichen Bedingungen behandelt oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben".

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 20f)

Während sich der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für die städtische Bevölkerung verbessert hat, hat sich dieser für die ländliche Bevölkerung sowie für Nomaden verschlechtert. Insbesondere für Personen, welche in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Gruppierungen leben, sind medizinische Einrichtungen schwer zu erreichen. 10 Prozent der Kinder sterben, bevor sie das 5. Lebensjahr erreichen und die Müttersterblichkeit gehört noch immer zu den weltweit höchsten.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 21)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fachpersonal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, S. 16)

Rückkehrfragen

Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapazierte. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10. Jänner 2012, S. 28)

Ob ein Schutz in Kabul für Personen aus einer Konfliktregion gegeben ist, hängt sehr von der Schwere des Konflikts ab, ob sie oder er in Kabul weiter verfolgt wird. Aufgrund der Stammesgesellschaft mit nahen Familiennetzen ist es kein Problem, jemanden zu finden, wenn man es wirklich will. Auch den nationalen Behörden ist es möglich, in Kabul Personen ausfindig zu machen. Die Problematik, die sich jedoch dabei stellt, ist, dass es in Afghanistan keine Registrierung der Adresse gibt.

(Danish Immigration Service, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Kabul, vom 29. Mai 2012)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fachpersonal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, S. 16)

Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.04.2013). Gemäß UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.09.2013).

Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 31. März 2014, S. 5)

UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen

(Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).

Die traditionelle erweiterten Familien- und Gemeinschaftsstrukturen der afghanischen Gesellschaft bilden weiterhin den vorwiegenden Schutz- und Bewältigungsmechanismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur nicht so entwickelt ist. Afghanen sind auf diese Strukturen und Verbindungen zum Zweck der Sicherheit und des wirtschaftlichen Überlebens, einschließlich des Zugangs zur Unterkunft und eines angemessenen Niveaus des Lebensunterhaltes angewiesen.

Alleinstehende Männer und Kernfamilien können unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft in städtischen oder semi-urbanen Gegenden mit entwickelter Infrastruktur und unter effektiver Kontrolle der Regierung leben.

(UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 06.08.2013).

Ausweichmöglichkeiten

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften. Für eine Unterstützung seitens der Familie kommt es auch darauf an welche politische und religiöse Überzeugung das jeweilige Heimatdorf dominiert. Für Frauen ist es kaum möglich, ohne familiäre Einbindung in andere Regionen auszuweichen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 16)

Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus.

(UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, S. 72 bis 78)

Risikogruppen

In seinen "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom August 2013" geht UNHCR (HCR/EG/AFG/13/01) von folgenden "möglicherweise gefährdeten Personenkreisen in Afghanistan" aus:

• Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen

• Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen

• Männer und Burschen im wehrfähigen Alter

• Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden

• Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben

• Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung durch die Taliban verstoßen

• Frauen

• Kinder

• Opfer von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind

• lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle Personen (LGBTI)

• Angehörige ethnischer (Minderheiten‑)Gruppen

• an Blutfehden beteiligte Personen

• Familienangehörige von Geschäftsleuten und anderen wohlhabende Personen

Die Aufzählung ist nicht notwendigerweise abschließend. Je nach den spezifischen Umständen des Falls können auch Familienangehörige oder andere Mitglieder des Haushalts von Personen mit diesen Profilen aufgrund ihrer Verbindung mit der gefährdeten Person inter-nationalen Schutzes bedürfen.

Überdies können nach den genannten UNHCR-Richtlinien "Menschenrechtsverletzungen einzeln oder zusammen eine Verfolgung darstellen, wie etwa:

• die Kontrolle über die Zivilbevölkerung durch regierungsfeindliche Kräfte einschließlich der Einführung paralleler Justizstrukturen und der Verhängung ungesetzlicher Strafen sowie der Bedrohung und Einschüchterung der Zivilbevölkerung, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Einsatz von Erpressungen und illegalen Steuern

• Zwangsrekrutierung

• die Auswirkung von Gewalt und Unsicherheit auf die humanitäre Situation in Form von Ernährungsunsicherheit, Armut und Vernichtung von Lebensgrundlagen

• steigende organisierte Kriminalität und die Möglichkeit von lokalen Machthabern ("Warlords") und korrupten Beamten, in von der Regierung kontrollierten Gebieten straflos zu agieren

• die systematische Beschränkung des Zugangs zu Bildung und zu grundlegender Gesundheitsversorgung

• die systematische Beschränkung der Teilnahme am öffentlichen Leben, insbesondere für Frauen

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Asylakt des Beschwerdeführers samt den behördlich eingeholten Auskünften amtlicher Register. Die Annahme seiner Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit beruht auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren. Ebenso verhält es sich mit der Glaubwürdigkeit seiner Angaben zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich, da keine hinreichenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens hervorkamen. Zudem weist er entsprechende Orts- und Sprachkenntnisse auf.

Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte hingegen dem darüber hinausgehenden Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht gefolgt werden. Dazu ist auf das Gutachten vom 11.10.2014 zu verweisen, das in die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeführt wurde. Darin führt der Sachverständige aus, die Angaben des Beschwerdeführers würden nicht der afghanischen Realität entsprechen, wenn er behaupte, sein Onkel habe ihn dazu aufgefordert, seine Frau zu verlassen. Dies könne nicht so gewesen sein, denn gerade Paschtunen und Taliban würden eine Frau nicht aus den Fängen ihres Ehemannes flüchten lassen. Weiters habe die Frau des Beschwerdeführers das Haus nie allein verlassen, sondern sei vom Beschwerdeführer begleitet worden und sie habe entsprechend der afghanischen Tradition das Haus mit Kopftuch verlassen. Die Frau des Beschwerdeführers habe draußen kein unislamisches oder europäisches Verhalten gezeigt, weshalb weder der Onkel, noch die Mutter des Beschwerdeführers oder andere Personen einen Grund hätten, die Frau des Beschwerdeführers als schlechte Frau zu bezeichnen oder ihr ein schlechtes Verhalten vorzuwerfen. Außerdem sei die Ehre des Beschwerdeführers auch die Ehre der Verwandten seiner Mutter, daher könne der Onkel über die Frau des Beschwerdeführers keine schlechte Meinung verbreiten und dabei sich und seine Familie in den Augen der Bevölkerung diskreditieren. Auch die Einwände des Beschwerdeführers und seines Vertreters gegen das Gutachten in der mündlichen Verhandlung vermögen dieses nicht zu erschüttern: Einerseits wurde in der Verhandlung vorgebracht, die Frau des Beschwerdeführers habe sich zu Hause in Anwesenheit von männlichen Verwandten nicht bedeckt und sich deshalb unislamisch verhalten. Aus dem Gutachten geht jedoch hervor, dass entscheidend sei, wie sich der Ehemann der Frau (in diesem Fall der Beschwerdeführer) gegenüber seiner Frau verhalte. Weiter wird im Gutachten ausgeführt, wenn der Beschwerdeführer selbst das moderne Verhalten seiner Frau zu Hause gefördert habe, dann könne die Mutter des Beschwerdeführers ihn nicht auffordern, seine Frau zu verlassen. Soweit in der mündlichen Verhandlung zum Gutachten weiter eingewendet wurde, gerade mit einer Scheidung könnte der Ehrverlust für die Familie abgewendet werden, so ist dem entgegenzuhalten, dass, wie oben bereits zitiert, dem Gutachten zufolge gerade Paschtunen und Taliban eine Frau nicht aus dem Eheverhältnis ausscheiden lassen würden.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Grund, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Die Fachkompetenz des dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen wurde bereits durch seine in einer Vielzahl von Verfahren vor dem Asylgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht - nicht nur bei dem im gegenständlichen Fall entscheidenden Richter - erstatteten nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers unter Beweis gestellt; sie wird auch durch seine berufliche Laufbahn und regelmäßigen Studienaufenthalte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers unterstrichen. Der Sachverständige ist in Afghanistan geboren und aufgewachsen, hat in Kabul das Gymnasium absolviert, in Wien Politikwissenschaft studiert und war in den 90er-Jahren an mehreren UN-Aktivitäten zur Befriedung Afghanistans beteiligt. Er verfügt nach wie vor über zahlreiche Kontakte in Afghanistan, ist mit den dortigen Gegebenheiten bestens vertraut und recherchiert selbst auch für das Bundesverwaltungsgericht immer wieder dort vor Ort. Er weist auch zur politischen Lage in Afghanistan zahlreiche Publikationen auf.

Die Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen erfolgte auch vor dem Hintergrund der Angaben der sonstigen dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen. Ihre Aussagen ergeben zusammen mit den in diesen Dokumenten angeführten und mit weiteren Nachweisen versehenen Angaben sowie auch mit den sonstigen dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen insofern ein stimmiges Gesamtbild, als die vom Sachverständigen getroffenen Differenzierungen bei der Einschätzung der Verfolgungssituation bestimmter Personengruppen auch von diesen Quellen bestätigt werden (bzw. sich zumindest innerhalb des Spektrums der zu diesem Thema geäußerten Beurteilungen befinden).

Im Ergebnis war daher dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer etwaigen ihn treffenden Gefahr im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht zu folgen, da es nicht hinreichend glaubwürdig war (vgl. allgemein zu den - hier beim Beschwerdeführer nicht vorliegenden - Grundanforderungen, dass eine Flüchtlingseigenschaft glaubwürdig bzw. auch glaubhaft ist:

Materialien zum Asylgesetz 1991, RV 270 BlgNR 18. GP , zu § 3).

2.2. Der vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt hinsichtlich der politischen und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bzw. bezüglich der Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in diesen Staat beruht im Wesentlichen auf den stellvertretend für andere Informationsunterlagen in das Beschwerdeverfahren eingeführten und erörterten laufenden Berichten von als seriös und fachlich-kompetent anerkannten Quellen (zu den in diesen Unterlagen angeführten und auch vom - nunmehr - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie vom Bundesverwaltungsgericht als speziell eingerichtete Bundesbehörden als notorisch anzusehenden und daher jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigenden Tatsachen vgl. die einschlägige Judikatur z.B. VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365, und VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; zu den laufenden Ermittlungs- bzw. Informationspflichten der Asylbehörden VwGH 06.07.1999, Zl. 98/01/0602, u.v.a.). Die den Feststellungen zugrunde liegenden Ausführungen sind mit weiteren Nachweisen substantiiert, schlüssig und nachvollziehbar. Auf eine Ausgewogenheit von sowohl amtlichen bzw. staatlichen als auch von nichtstaatlichen Quellen, die auch aus verschiedenen Staaten stammen, wurde Wert gelegt.

Die herangezogenen Bescheinigungsmittel wurden im Hinblick sowohl auf ihre Anerkennung als seriöse und zuverlässige Quellen als auch auf ihre inhaltliche Richtigkeit von den Parteien dieses Verfahrens nicht bestritten, bzw. es sind diesbezüglich keine Zweifel hervorgekommen. Weiters wurden im Verfahren von den Parteien keine Umstände vorgebracht und haben sich bisher keine Anhaltspunkte ergeben, auf Grund derer sich die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in nachvollziehbarer Weise als unrichtig erwiesen hätten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 i.d.g.F. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht [...] zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955, i.V.m. Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der [...] in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, 94/20/0858, u.a.m., s.a. VfGH 16.12.1992, B 1035/92, Slg. 13314).

3.1.2. Die o.a. Feststellungen (s. Pkt. II.1.) zugrundelegend kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (s. für viele VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273). Diese Beurteilung ergibt sich auf Grund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation des Beschwerdeführers, sondern auch die generelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit seinen vergleichbar sind (s.a. VwGH 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389 zur ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit - aktuellen - Länderberichten verlange).

Zwar darf nicht übersehen werden, dass im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers willkürliche Übergriffe von Seiten der Behörden oder von Privatpersonen bzw. -gruppierungen nicht ausgeschlossen werden können. Doch erfolgen diese nicht in einer Weise, dass durch ihre Regelmäßigkeit oder Häufigkeit die gesamte Bevölkerung des Landes mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer diesbezüglichen Verfolgungsgefahr zu rechnen hat (s. in ständiger Judikatur etwa VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, 19.10.2000, Zl. 98/20/0233, wonach eine Verfolgungsgefahr dann anzunehmen sei, wenn eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung reiche nicht aus; vgl. für viele VwGH 30.09.1997, Zl. 97/01/0755, 14.10.1998, Zl. 98/01/0260, wonach die allgemeine Gefahr der Bevölkerung, Opfer von Übergriffen zu werden, keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung indiziere; s.a. VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177 u. a., dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden könne, weshalb dem Fehlen eines solchen auch keine Asylrelevanz zukomme, sowie schließlich z.B. VwGH 13.01.1999, Zl. 98/01/0366, dass am Fehlen der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer individuell dem Beschwerdeführer drohenden Verfolgung mit asylrelevanter Intensität auch der Hinweis darauf nichts ändern könne, es geschehe allgemein immer wieder, dass es zu größeren Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Umbringen von Personen komme). Auch ist zu berücksichtigen, dass die Opfer dieser Übergriffe regelmäßig Menschen sind, bei denen in ihrer Person Umstände vorlagen, die eine konkrete, individuell gegen sie gezielte Verfolgung durch ihre Gegner, d.h. gerade gegen sie persönlich gerichtete Angriffe hervorriefen. Solche eventuell im Lichte der GFK relevanten Umstände liegen allerdings beim Beschwerdeführer nicht vor bzw. konnten von ihm, wie unter Pkt. II.2.1. dargelegt, nicht glaubhaft gemacht werden (s. die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden müssen, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar sei, z.B. VwGH 05.12.1990, Zl. 90/01/0202, 05.06.1991, Zl. 90/01/0198). Auch andere die Annahme asylrelevanter Verfolgung begründende Umstände sind nicht hervorgekommen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe; s. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0287, 12.05.1999, Zl. 98/01/0576, 16.06.1999, Zl. 99/01/0072, u. v.m., oder wegen Sippenhaft, vgl. dazu z.B. VwGH 28.03.1996, Zl. 95/20/0027).

Der Beschwerdeführer vermochte nicht, durch seine im Verfahren getätigten letztlich unglaubwürdigen Angaben zu seinen Fluchtgründen (s. oben Pkt. II.2.1.) sowie vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und menschenrechtlichen Situation in dessen Herkunftsstaat (s. oben Pkt. II.1.2.) eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan glaubhaft zu machen.

Es ergaben sich - ausgehend von dem festgestellten Sachverhalt und mit Blick auf die spezifische Situation des Beschwerdeführers - auch keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und Zugehöriger der Religionsgemeinschaft der Schiiten aktuell alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und wegen seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Eine systematische Vertreibung oder eine massiv diskriminierende Benachteiligung von Hazara (durch Taliban) mit Verfolgungscharakter lässt sich weder der zur Verfügung stehenden Länderdokumentation noch dem Vorbringen des Beschwerdeführers entnehmen. Auch aus der zunehmenden Machtausdehnung der Taliban ergibt sich weder eine systematische Vertreibung noch eine gezielte massiv diskriminierende Benachteiligung von Hazara (durch Taliban). Das Wiedererstarken der Taliban, die mangelnde Funktionsfähigkeit des Staates und die unzureichende Sicherheitslage in Afghanistan führen für sich noch nicht zur Annahme einer Verfolgung allein wegen der Volksgruppenzugehörigkeit bzw. der Religionszugehörigkeit. Dass die Sicherheits- und die Versorgungslage in ganz Afghanistan prekär ist, trifft zu, jedoch ist nicht ersichtlich und es wurde auch nicht dargelegt, dass Angehörige der Volksgruppe der Hazara und der Religionsgemeinschaft der Schiiten in diesem Punkt (gegenüber anderen ethnischen Gruppen anderer Religionszugehörigkeit) einem spezifischen Risiko ausgesetzt wären. Ausgehend von diesen Erwägungen ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aktuell alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und/oder wegen seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation könne nach ständiger Judikatur auch nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (s. dazu etwa VwGH 17.06.1993, Zl. 92/01/1081, wonach die allgemeine wirtschaftliche Lage im Heimatland eines Asylwerbers nicht als konkret gegen eine bestimmte Person gerichtete Verfolgung gewertet werden könne, oder VwGH 22.04.1998, Zl. 96/01/0502, der die Eignung wirtschaftlicher Gründe zur Begründung der Flüchtlingseigenschaft abspricht).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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