BVwG W131 2237371-2

BVwGW131 2237371-222.4.2021

AEUV Art267
AVG §13 Abs3
AVG §49
AVG §51
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §334 Abs3
BVergG 2018 §340
BVergG 2018 §341
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351
BVergG 2018 §353
BVergG 2018 §354
BVergG 2018 §356
B-VG Art133 Abs9
GEG §8
VfGG §87 Abs2
VwGG §25a Abs3
VwGG §63 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W131.2237371.2.00

 

Spruch:

W131 2237371-2/129Z

 

BESCHLUSS

 

 

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Vorsitzenden, durch die fachkundige Laienrichterin Dr´a Ilse POHL als Beisitzerin der Auftraggeberseite und durch den fachkundigen Laienrichter Mag Matthias WOHLGEMUTH als Beisitzer der Auftragnehmerseite betreffend das zur Verfahrenszahl W131 2237371-2 protokolierte Nachprüfungsverfahren, in dem die XXXX , vertreten durch XXXX , die Nachprüfung einer oder mehrerer Entscheidungen in einem durch sie als intransparent bewerteten Vergabegeschehen begehrt hat und dabei die Rechtsschutzbegehren einerseits gegen die Republik Österreich (Bund) und andererseits gegen die und Bundesbeschaffung GmbH, beide vertreten durch die Finanzprokuratur, gerichtet hat, beschlossen:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 

A)

1. Ist ein Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, das in Umsetzung der RL 89/665/EWG idF der RL 2014/23/EU stattfindet, eine Streitigkeit über eine Zivil- und Handelssache gemäß Art 1 Abs 1 der VERORDNUNG (EU) Nr. 1215/2012 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO)? Ist ein solches Nachprüfungsverfahren gemäß der vorstehenden Frage zumindest eine Zivilsache gemäß Art 81 Abs 1 des VERTRAGS ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION (= AEUV)?

2. Ist der Grundsatz der Äquivalenz unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass er dem einzelnen subjektive Rechte gegen den Mitgliedsstaat verleiht und der Anwendung österreichischer nationaler Vorschriften entgegensteht, nach denen das Gericht vor einer Erledigung eines Nachprüfungsantrags, der auf Nichtigerklärung jeweils einer gesondert anfechtbaren Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers gerichtet sein muss, die Vergabeverfahrensart und den (geschätzten) Auftragswert sowie die Summe der aus bestimmten Vergabeverfahren angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw allenfalls auch die Lose aus einem bestimmten Vergabeverfahren ermitteln muss, um danach allenfalls durch den vorsitzenden Richter des zuständigen Senats des Gerichts einen Verbesserungsauftrag zwecks Gebührennachforderung zu erlassen und dann im Gebührennichtzahlungsfalle vor oder spätestens gleichzeitig mit einer Zurückweisung des Nachprüfungsantrags wegen unterlassener Gebührennachzahlung die Verfahrensgebühren durch den für den Nachprüfungsantrag zuständigen gerichtlichen Senat bei sonstigem Anspruchsverlust vorzuschreiben, wenn in Zivilrechtssachen in Österreich sonst, wie zB bei Klagen auf Schadenersatz oder Unterlassung wegen Wettbewerbsverstoßes, die Gebührennichteinzahlung die Erledigung der Klage unbeschadet der Frage der in irgendeinem Ausmaß geschuldeten Rechtsschutzgebühren nicht hindert und weiters vergleichend in Österreich die Nichtbezahlung von Beschwerdegebühren bei Beschwerden gegen verwaltungsrechtliche Bescheide oder aber von Beschwerde- bzw Revisionsgebühren für Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte an den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof nicht zur Rechtsmittelzurückweisung mangels Gebührenzahlung führen.

2.1. Ist der Grundsatz der Äquivalenz unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass er der Anwendung österreichischer nationaler Vorschriften entgegensteht, nach welchen vor einer Erledigung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wie in Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU vorgesehen, durch den Senatsvorsitzenden als Einzelrichter mangels hinreichender Einzahlung von Pauschalgebühren einen Gebührenverbesserungsauftrag zu erlassen ist und dieser Einzelrichter den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Gebührenzahlung zurückweisen muss, wenn sonst bei zivilrechtlichen Klagen in Österreich für einen gemeinsam mit einer Klage eingebrachten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach dem Gerichtsgebührengesetz neben der Klage in erster Instanz grundsätzlich keine zusätzlichen gerichtlichen Pauschalgebühren zu bezahlen sind und auch für Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die gemeinsam mit einer Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht, einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden und funktional ein gleiches bzw ähnliches Rechtsschutzziel wie ein Antrag auf einstweilige Verfügung haben, keine eigenen Gebühren für diese akzessorischen Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bezahlt werden müssen?

 

3. Ist das Gebot gemäß Art 1 Abs 1 RICHTLINIE DES RATES vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (89/665/EWG ) (ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33), idF der RL 2014/23/EU ,

dass Vergabenachprüfungsverfahren vor allem möglichst rasch durchgeführt werden müssen,

unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass dieses Raschheitsgebot ein subjektives Recht auf ein rasches Nachprüfungsverfahren verleiht und es der Anwendung österreichischer nationaler Vorschriften entgegensteht, nach denen das Gericht auch bei intransparent durchgeführten Vergabeverfahren vor einer Erledigung eines Nachprüfungsantrags, der auf Nichtigerklärung jeweils einer gesondert anfechtbaren Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers gerichtet sein muss, in jedem Fall die Vergabeverfahrensart und den (geschätzten) Auftragswert sowie die Summe der aus bestimmten Vergabeverfahren angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw allenfalls auch die Lose aus einem bestimmten Vergabeverfahren ermitteln muss, um danach allenfalls durch den vorsitzenden Richter des Senats des Gerichts einen Verbesserungsauftrag zwecks Gebührennachforderung zu erlassen und im Gebührennichtzahlungsfalle vor oder spätestens gleichzeitig mit einer Zurückweisung des Nachprüfungsantrags wegen unterlassener Gebührennachzahlung die Verfahrensgebühren durch den für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständigen gerichtlichen Senat bei sonstigem Anspruchsverlust vorzuschreiben hat.

 

4. Ist das Recht auf ein faires Verfahren vor einem Gericht gemäß Art 47 GRC (= CHARTA DER GRUNDRECHTE DER EUROPÄISCHEN UNION (2012/C 326/02)DE 26.10.2012 Amtsblatt der Europäischen Union C 326/391) unter Berücksichtigung des Tranparenzgebots gemäß Art 18 Abs 1 RL 2014/24/EU und der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass es der Anwendung österreichischer nationaler Vorschriften entgegensteht, nach denen das Gericht in jedem Fall auch bei intransparent durchgeführten Vergabeverfahren vor einer Erledigung eines Nachprüfungsantrags, der auf Nichtigerklärung jeweils einer gesondert anfechtbaren Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers gerichtet sein muss, die Vergabeverfahrensart und den (geschätzten) Auftragswert sowie die Summe der aus bestimmten Vergabeverfahren angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw allenfalls auch die Lose aus einem bestimmten Vergabeverfahren ermitteln muss, um danach allenfalls durch den vorsitzenden Richter des Senats des Gerichts einen Verbesserungsauftrag zwecks Gebührennachforderung zu erlassen und im Gebührennichtzahlungsfalle vor oder spätestens gleichzeitig mit einer Zurückweisung des Nachprüfungsantrags wegen unterlassener Gebührennachzahlung die Verfahrensgebühren durch den für den Nachprüfungsantrag zuständigen gerichtlichen Senat bei sonstigem Anspruchsverlust vorzuschreiben hat.

 

5. Ist der Grundsatz der Äquivalenz unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass er dem einzelnen subjektive Rechte gegen den Mitgliedsstaat verleiht und der Anwendung österreichischer nationaler Vorschriften entgegensteht, nach denen bei Nichtentrichtung von Pauschalgebühren für die Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs zur Nachprüfung von Auftraggeberentscheidungen iSd RL 89/665/EWG idgF (bzw allenfalls auch eines gerichtlichen Rechtsbehelfs auf Rechtswidrigkeitsfeststellung iZm einer Auftragsvergabe zur Erlangung von Schadenersatz) (nurmehr) ein gerichtlicher Senat eines Verwaltungsgerichts als Rechtsprechungsorgan nicht einbezahlte, aber geschuldete Pauschalgebühren (mit daraus folgenden verkürzten Rechtsschutzmöglichkeiten für den Gebührenpflichtigen) vorschreiben muss, wenn sonst die Klags- und Rechtsmittelgebühren im zivilgerichtlichen Verfahren mangels Entrichtung durch einen verwaltungsbehördlichen Bescheid gemäß Gerichtlichem Einbringungsgesetz vorgeschrieben werden und auch Rechtsmittelgebühren im Verwaltungsrecht für Beschwerden an ein Verwaltungsgericht bzw an den Verfassungsgerichtshof bzw von Revisionsgebühren für Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof mangels Entrichtung der Gebühren im Regelfall durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde vorgeschrieben werden, gegen welchen (scil: Gebührenvorschreibungsbescheid) im Regelfall immer ein Rechtsmittel an ein Verwaltungsgericht und danach wiederum eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingelegt werden kann.

 

6. Ist Art 1 Abs 1 der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU unter Beachtung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahingehend auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art 33 Abs 3 der RL 2014/24/EU der Vertragsabschluss gemäß Art 2a Abs 2 der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU ist und ist daher die Auftraggeberentscheidung, mit welchem einzelnen Wirtschaftsteilnehmer nach Art 33 Abs 3 der RL 2014/24/EU diese Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, eine Zuschlagsentscheidung nach Art 2a Abs 1 der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU ist?

 

6.1. Ist die Wortfolge in Art 33 Abs 3 RL 2014/24/EU : "die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge" dahin auszulegen, dass ein auf der Rahmenvereinbarung beruhender Auftrag dann vorliegt, wenn der Auftraggeber einen Einzelauftrag unter ausdrücklicher Stützung auf die abgeschlossene Rahmenvereinbarung erteilt? Oder ist die zitierte Passage "die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge" dahin auszulegen, dass dann, wenn die Gesamtmenge der Rahmenvereinbarung iSd Urteils des EuGH Rs C-216/17, Rdnr 64, bereits erschöpft ist, kein Auftrag mehr vorliegt, der auf der ursprünglich abgeschlossenen Rahmenvereinbarung beruht?

 

6.2. Für den Fall der Bejahung der Frage 6.1.:

Sind der Art 4 und 5 der RL 2014/24/EU unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass der geschätzte Auftragswert eines einzelnen auf der Rahmenvereinbarung beruhenden Auftrags immer der geschätzte Auftragswert gemäß Art 5 Abs 5 der RL 2014/24/EU ist? Oder ist der geschätzte Auftragswert gemäß Art 4 dieser Richtlinie bei einem einzelnen auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Auftrag jener Auftragswert, der sich in Anwendung Art 5 dieser Richtlinie für die Bestimmung des geschätzten Auftragswerts des einzelnen auf der Rahmenvereinbarung beruhenden Lieferauftrags beruht?

 

7. Ist das Recht auf ein faires Verfahren vor einem Gericht gemäß Art 47 GRC (= CHARTA DER GRUNDRECHTE DER EUROPÄISCHEN UNION (2012/C 326/02)DE 26.10.2012 Amtsblatt der Europäischen Union C 326/391) unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass es der Anwendung einer Vorschrift entgegensteht, nach welcher der im Vergaberechtsstreit benannte Auftraggeber sämtliche erforderlichen Informationen erteilen und sämtliche erforderlichen Unterlagen vorlegen muss - dies bei jeweils sonstiger Säumnisentscheidungsmöglichkeit zu seinen Lasten - , wenn die Organwalter oder Mitarbeiter dieses Auftraggebers, die diese Informationen für den Auftraggeber erteilen müssen, dadurch mitunter dem Risiko ausgesetzt werden, sich durch die Auskunftserteilung oder Unterlagenvorlage eventuell selbst strafrechtlich belasten zu müssen?

 

8. Ist das Gebot gemäß Art 1 Abs 1 RICHTLINIE DES RATES vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (89/665/EWG ) (ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33), idF der RL 2014/24/EU ,

dass Vergabenachprüfungsverfahren vor allem wirksam durchgeführt werden müssen,

unter zusätzlicher Bedachtnahme auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art 47 GRC unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass diese Vorschriften subjektive Rechte verleihen und der Anwendung nationaler Vorschriften entgegenstehen, nach welchen es dem rechtsschutzsuchenden Nachprüfungsantragsteller obliegt, in seinem Nachprüfungsantrag das jeweils konkrete Vergabeverfahren und die konkrete gesondert anfechtbare Auftraggeberentscheidung zu benennen, auch wenn dieser Antragsteller bei einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Regelfall nicht wissen wird, ob der Auftraggeber für den Antragsteller intransparente Direktvergabeverfahren nach nationalem Recht oder für den Antragsteller intransparente Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt hat, bzw ob ein oder mehrere intransparente Vergabeverfahren mit einer oder mehreren anfechtbaren Entscheidungen durchgeführt wurden?

9. Ist das Gebot eines fairen Verfahrens vor einem Gericht nach Art 47 GRC unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass diese Vorschrift subjektive Rechte verleiht und der Anwendung nationaler Vorschriften entgegensteht, nach welchen es dem rechtsschutzsuchenden Nachprüfungsantragsteller obliegt, in seinem Nachprüfungsantrag das konkrete Vergabeverfahren und die konkrete gesondert anfechtbare Auftraggeberentscheidung zu benennen, auch wenn dieser Antragsteller bei einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Regelfall nicht wissen kann, ob der Auftraggeber für den Antragsteller intransparente Direktvergabeverfahren nach dem nationalen Recht oder für den Antragsteller intransparente Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt hat bzw ob ein oder mehrere Vergabeverfahren mit einer oder mehreren gesondert anfechtbaren Entscheidungen durchgeführt wurden?

10. Ist das Gebot eines fairen Verfahrens vor einem Gericht nach Art 47 GRC unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass diese Vorschrift subjektive Rechte verleiht und der Anwendung nationaler Vorschriften entgegensteht, nach welchen es dem rechtsschutzsuchenden Nachprüfungsantragsteller obliegt, Pauschalgebühren in für ihn im Zeitpunkt der Antragstellung nicht absehbarer Höhe zu bezahlen, weil der Antragsteller bei einem für den Antragsteller intransparenten Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Regelfall nicht wissen kann, ob der Auftraggeber Direktvergabeverfahren nach nationalem Recht oder intransparente Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt hat und wie hoch der geschätzte Auftragswert bei einem eventuell durchgeführten Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ist bzw wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen schon ergangen sind?

 

 

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 B-VG in Verbindung mit § 25a Abs 3 VwGG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

Begründung:

 

Entsprechend den Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen ABl 2016/C 439/01 bzw ABl 2019/C 380/01 wird nunmehr begründet wie folgt:

 

1. Insbesondere zum vorlegenden Gericht:

Dieses Vorabentscheidungsersuchen wird vom Bundesverwaltungsgericht (= BVwG) der Republik Österreich gestellt, welches in stRsp des EuGH ein Gericht iSd Art 267 AEUV ist, siehe zB EuGH Rs C- 396/17 oder C- 52/17.

Dass der gegenständlich bei den Vorlagefragen tätige Senat gemäß § 328 des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018) = BVergG ein Gericht iSd Art 267 AEUV ist, ist durch die Rsp des EuGH zu Rs C-454/06 klargestellt, wo der damalige Senat des Bundesvergabeamts so wie heute der Senat des BVwG mit gleichfalls zwei fachkundigen Laienrichtern jedenfalls auch als Gericht (damals nach dem 234 EGV) bewertet wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht ist in Österreich gemäß dem Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) organisiert. Der gegenständlich Entscheidung zuständige Senat war dabei gemäß § 328 BVergG unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit der fachkundigen Laienrichter am 09.12.2020 ab 14.00 Uhr für eine Erstberatung für das weitere Verfahren gemäß der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts ab 01.02.2020 zusammenzustellen.

Der Senat besteht aus einem hauptberuflichen Berufsrichter und zwei fachkundigen Laienrichtern - § 328 BVergG, wobei die fachkundigen Laienrichter gemäß § 12 Abs 8 BVwGG gleichfalls die erforderlichen richterlichen Befugnisse besitzen und unabhängig sind.

1.1. Die Entscheidungen des BVwG können danach mit Revision an den Verwaltungsgerichtshof (= VwGH) oder mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (= VfGH) unmittelbar (bzw im Falle bloß verfahrensleitender Beschlüsse zumindest verbunden) angefochten werden, womit das BVwG (abseits von Gültigkeitsfragen des Unionsrechts) ein vorlageberechtigtes Gericht in Auslegungsfragen, allerdings kein insoweit vorlagepflichtiges letztinstanzliches Gericht ist.

Durch die organisatorische Unterordnung des BVwG unter den VfGH und VwGH ergibt sich umgekehrt eine entsprechende Maßgeblichkeit der Auslegung der Rechtslage durch diese beiden innerstaatlichen Höchstgerichte für das BVwG, die (scil: Maßgeblichkeit der Auslegung) iZm aufhebenden Erkenntnissen der beiden Höchstgerichte ausdrücklich in die Verfahrensgesetze dieser beiden Höchstgerichte implementiert ist - § 63 Abs 1 Verwaltungsgerichtshofsgesetz (= VwGG) und § 87 Abs 2 Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG).

1.2. Im vorliegenden Anlasssachverhalt ist bislang unstrittig, dass das BVwG iZm dem von der Antragstellerin beim BVwG vorgetragenen Sachverhalt iZm einer oder mehrerer Antigentestbeschaffungen iZm der Covid - 19 - Pandemie durch die Republik Österreich bzw durch die Bundesbeschaffung GmbH im zweiten Halbjahr 2020 gemäß Art 14b Bundes - Verfassungsgesetz (= B-VG) zur Verfahrenserledigung zuständig ist.

Unbestritten trägt die ASt in ihrem Rechtsschutzvorbringen dabei auch einen Vergabesachverhalt vor, der dem Oberschwellenbereich des Art 4 der RL 2014/24/EU zuzuordnen ist.

 

1.3. Zu den dem EuGH vorzulegenden Verfahrensakten wird klarstellend ausgeführt, dass das BVwG gegenständlich den oder die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Verfahrenszahl W131 2237132-1 abhandelt; und den oder die gestellten Nachprüfungsanträge zur Verfahrenszahl W131 2237132-2. Insoweit wurden innerorganisatorisch sämtliche diesem Verfahrenskomplex zugehörige Verfahrensstücke mit entsprechenden Ordnungszahlen ( (OZ = Ordnungszahl) bzw OZZ (= Ordnungszahlen) ) jedenfalls einmal im Verfahrensakt W131 2237371-2 (künftig: Verfahrensakt) erfasst.

Der Akt zur Verfahrenszahl W131 2237132-3 dient dem oder den Pauschalgebührenersatzverfahren nach Erledigung der gestellten Anträge auf Nachprüfung bzw Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Die Verfahrensakten wurden dem EuGH bereits mit Abfertigungsgenehmigungsdatum des BVwG vom 08.04.2021 übermittelt.

Nachdem die Kanzlei des EuGH eine Trennung der gemäß nationalem Recht zulässig verbunden ausgefertigten Vorabentscheidungsersuchen des zuständigen Senats und des Einzelrichters wünschte, werden die nunmehr getrennten Vorabentscheidungsersuchen des Senats und des Einzelrichters mit gleicher Post übermittelt und werden die insoweit zwischenzeitig angefallenen ergänzenden Bestandteile der Verfahrensakten zusätzlich übermittelt.

Zur allfälligen Arbeitserleichterung des EuGH werden die beiden Vorabentscheidungsersuchen auch auf Datenträger abgespeichert übermittelt.

 

 

 

2. Die Parteien des Ausgangsrechtsstreits und deren Vertreter

2.1. Die beim BVwG antragstellende Partei ist die

 

XXXX

XXXX

 

Diese Antragstellerin (= ASt) wird beim BVwG

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

 

2.2. Die ASt hat folgende beiden Rechtsträger als Antragsgegnerinnen und damit als Verfahrensparteien bezeichnet:

 

1. Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Bundesministerin für

Landesverteidigung (BMLV)

2. Bundesbeschaffung GmbH (BBG)

 

Diese beiden Antragsgegnerinnen (= AG) werden beim Bundesveraltungsgericht vertreten durch:

 

Finanzprokuratur

Singerstraße 17-19, 1010 Wien

Telefon: 01 514 39 / 509 500Telefax: 01 514 39 / 5909 500E-Mail: post.fp05.fpr@bmf.gv.at

www.finanzprokuratur.at

 

2.3. Zur Frage der weiteren Verfahrensparteien wird klargestellt, dass die ASt in ihrer Eingabe vom 05.01.2021, OZ 92 des Verfahrensakts W131 2237371-2, im Folgenden: Verfahrensakt) betreffend zwei bestimmte Unternehmen, das sind teilanonymisert S*** und andererseits I***, die auch Rahmenvereinnbarungen mit den AG über die (offenbar streitgegenständlichen) Antigentests abgeschlossen haben, ausgeführt hat wie folgt:

 

... Im gegenständlichen Fall geht es ausschließlich um die Nachprüfung dieser Abrufe durch die Erstantragsgegnerin im Anfechtungszeitraum (somit ab dem 20.11.2020). ...

 

Diese beiden in der Eingabe der ASt vom 05.01.2021 namentlich spezifizierten Unternehmerinnen haben beim BVwG keine Einwendungen gemäß § 346 Abs 3 BVergG erhoben und werden daher derzeit vom BVwG nicht als Verfahrenspartei behandelt.

 

Jedoch wollten andere zwei Unternehmerinnen beim BVwG die Nebenparteistellung gemäß § 346 Abs 2 BVergG bzw die daraus erfließenden Rechte in Anspruch nehmen, wobei die ASt mit ihrer Eingabe vom 05.01.2021 eben ab dann eindeutig vorgebracht hat, nicht gegen allfällige Vergaben an diese beiden Einschreiterinnen vorgehen zu wollen.

Damit fehlt diesen beiden beim BVwG aufgetretenen Nebenparteistellungsprätendentinnen nach Auffassung des BVwG jedenfalls ab 05.01.2021 das Parteistellungsinteresse. Diese beiden Unternehmerinnen, die vom BVwG derzeit nicht als Verfahrensparteien des oder der durchzuführenden Nachprüfungsverfahren behandelt werden, sie sind aber samt deren Rechtsvertretung in den Eingaben des Verfahrensakts, OZZ 38 und 72, namentlich ersichtlich.

 

Das BVwG geht zusammenfassend aber davon aus, dass derzeit nur die Antragstellerin und die beiden Antragsgegnerinnen Verfahrensparteien in den Ausgangsverfahren vor dem BVwG sind, soweit es um die Vergabenachprüfung geht.

 

3. Der Anlasssachverhalt für das Vorabentscheidungsersuchen inklusive der einen zentralen Anlass für das Vorabentscheidungsersuchen gebende pauschalgebührenrechtlichen Randbedingungen für Rechtsschutzverfahren in Umsetzung der RL 89/665/EWG idgF vor dem BVwG, die derzeit nationale Verfahrenssituation

 

3.1. Gestellt wird das Vorabentscheidungsersuchen durch den zuständigen Senat des BVwG, nachdem über Nachprüfungs- und allenfalls auch Feststellungsanträge in Umsetzung der RL 89/665/EWG in der Republik Österreich im hier vorliegenden Bundesvollziehungsbereich des BVergG gemäß § 328 des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018) = BVergG der Senat gemäß § 328 BVergG zu entscheiden hat; und nach der innerstaatlich höchstgerichtlichen Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zu E 4474/2018 der Senat als Rechtssprechungsorgan in Anwendung des BVergG auch zuständig ist, die Pauschalgebühren für die Durchführung von Nachprüfungs-, Feststellungs- und der Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Nichtzahlungsfalle vorzuschreiben, nachdem zuvor der verfahrensleitende senatsvorsitzende Einzelrichter einen Verbesserungsauftrag erlassen hat.

Sofern die Zuständigkeit des Senats in der aktuellen Verfahrensphase des nationalen Verfahrensgeschehens nach diesem Vorabentscheidungsersuchen dennoch bestritten werden sollte, wird unter einem bereits an dieser Stelle ausgeführt, dass nach § 9 Abs 1 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (= BVwGG) verfahrensleitende Beschlüsse zwar keines Senatsbeschlusses bedürfen, jedoch das Gesetz einen Senatsbeschluss im vorliegenden Fall nach dem Wortlaut auch nicht ausschließt.

3.2. Parallel zu diesem Vorabentscheidungsersuchen des Senats wird durch den Einzelrichter und Senatsvorsitzenden ein gleichartiges Vorabentscheidungsersuchen (zum gleichen Ausgangssachverhalt und zu den im Wesentlichen gleichen Unionsrechtsfragen stellt.

Unter einem wird hier das dringende Ersuchen um Verfahrensverbindung gemäß Art 54 der Verfahrensordnung des EuGH deponiert, nachdem es in den nationalen Nachprüfungsverfahren mit Senatszuständigkeit und im nationalen Verfahren zur Erlassung einer oder mehrerer einstweiliger Verfügungen um jeweils den gleichen Ausgangssachverhalt und im Wesentlichen um die gleichen Unionsrechtsfragen geht.

3.3. Klargestellt wird idZ, dass die für einen Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag an das BVwG zu entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 340 BVergG bereits einbezahlt oder durch Senatsbeschluss vorgeschrieben sein müssen, wenn ein in Umsetzung der RL 89/665/EWG idgF zu erledigender Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag (durch stattgebende, abweisliche bzw zurückweisliche bzw einstellende Entscheidung) erledigt wird, da nach dem Verfassungsgerichtshof (= VfGH) gemäß seiner Entscheidung zu V 64/2019 eine spätere Entscheidung über die Gebührenvorschreibung nicht mehr in Betracht kommt.

Regelungen über derartige mit der Verfahrensdauer des Rechtsschutzverfahrens terminisierte Verfalls- bzw Verjährungsvorschriften für Rechtsmittelgebühren sind der österreichischen Bundesrechtsordnung sonst fremd, und gelten sonst - gemessen an den gesetzlich für Nachprüfungs- und eV - Anträge vorgesehene kurze Entscheidungsfristen von sechs Wochen für Nachprüfungsanträge bzw 10 bzw 15 Tagen für eV - Antrage - idR wesentlich längere Fristen für eine Vorschreibungsmöglichkeit von Gerichtsgebühren.

So zB für die gerichtlichen Pauschalgebühren für Klagen (sonstigen) in Zivilrechtssachen gemäß § 8 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes (= GEG) zumindest fünf Jahre oder bei Pauschalgebühren für Beschwerden an das BVwG oder den VfGH bzw Revisionen an den VwGH gemäß § 207 Abs 2 Bundesabgabenordnung (= BAO) zumindest drei Jahre (- dies ohne jeweilige Berücksichtigung von zusätzlichen Hemmungs- oder Unterbrechungssachverhalten für diese Vorschreibungsfristen).

3.4. Der VfGH hat insoweit zur Pauschalgebührenrechtslage bei den Rechtsschutzgebühren für die in der RL 89/665/EWG vorgesehenen Verfahren) in seinem Erkenntnis zu E 4474/2018 höchstgerichtlich gesetzesauslegend (zur materiell identen Rechtslage nach dem Bundesvergabegesetz 2006) ausgeführt [ ECLI:AT:VFGH:2019:E4474.2018 ]:

 

[...]

Die Antwort auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage ergibt sich aber aus der dargestellten Koppelung der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrages auf vergaberechtliche Nachprüfung (oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) mit der Entscheidung, ob der Antrag trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde, indem das Gesetz die ordnungsgemäße Vergebührung zur Voraussetzung der Zulässigkeit eines entsprechenden Antrages erklärt (siehe § 322 Abs. 2 Z 3 BVergG 2006 für den Antrag auf Nachprüfung und § 328 Abs. 7 BVergG 2006 für den Antrag auf einstweilige Verfügung). Da der Gesetzgeber die Entscheidung über die Zulässigkeit derartiger vergaberechtlicher Rechtsschutzbegehren der Rechtsprechung des Bundesver-waltungsgerichtes zuordnet (siehe § 291 und § 292 BVergG 2006) und dies aus verfassungsrechtlicher Sicht (vgl. Art. 87 iVm Art. 134 Abs. 7 B-VG) auch muss, ist davon auszugehen, dass auch all jene im Sinne von VfSlg. 19.880/2014 akzessorischen Verfahren zur Überprüfung der Pauschalgebühren, die einen zwingenden Zusammenhang zu einem Vergabekontrollverfahren aufweisen, weil die Ordnungsmäßigkeit der Vergebührung (mit- ) beurteilt wird, durch das Bundesverwaltungsgericht als Organ der Rechtsprechung zu entscheiden sind und gerade nicht eine Angelegenheit der Justizverwaltung im Sinne des § 3 BVwGG darstellen. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher im Anlassverfahren, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, als Rechtsprechungsorgan durch Senat (siehe § 292 Abs. 1 BVergG 2006) zuständig, über die Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaften auf Vorschreibung bzw. Rückführung der entrichteten Pauschalgebühr zu entscheiden.

[...]

3.5. Der VfGH hat schließlich weiters in seinem Beschluss vom 26.09.2019 zur aktuellen Rechtslage gemäß BVergG 2018 = BVergGzur GZ V 64/2019 gesetzesauslegend ausgeführt wie folgt[ ECLI:AT:VFGH:2019:V64.2019 ]:

[...]

2.1. §340 BVergG 2018 sieht für Nachprüfungsverfahren nach §342 Abs1 BVergG 2018 und einstweilige Verfügungen nach §350 Abs1 BVergG 2018 die Entrichtung einer Pauschalgebühr vor, wobei die Höhe der einzelnen Gebührensätze in der BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 der Bundesregierung festgesetzt ist. Daneben trifft § 340 BVergG 2018 selbst weitere Vorgaben zur Bemessung der Pauschalgebühr.

Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Antragstellung und die Gebühren sind bereits zu diesem Zeitpunkt an das Bundesverwaltungsgericht zu entrichten (vgl §340 Abs1 Z1 BVergG 2018). Zumindest teilweise obsiegende Antragsteller haben unter näheren Voraussetzungen Anspruch auf Ersatz ihrer gemäß §340 BVergG 2018 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber (§341 BVergG 2018).

In seiner Entscheidung vom 1. März 2019, E4474/2018, führte der Verfassungsgerichtshof zur Rechtslage nach dem BVergG 2006 Folgendes aus:

"Die dargestellte Pauschalgebührenregelung des BVergG 2006 für vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren weist schließlich eine – im Vergleich zu sonstigen Gebührenregelungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme (verwaltungs-)gerichtlichen Rechtsschutzes – wesentliche Besonderheit auf: Die ordnungsgemäße Vergebührung nach dem BVergG 2006 stellt gemäß §322 Abs2 Z3 BVergG 2006 und §328 Abs7 BVergG 2006 eine Zulässigkeitsvoraussetzung entsprechender vergabespezifischer Rechtsschutzanträge an das Bundesverwaltungsgericht dar. Kraft dieser Bestimmungen sind ein Nachprüfungsantrag oder ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die trotz Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurden, vom Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen."

2.2. Dies trifft auch auf die Rechtslage nach dem BVergG 2018 zu:

Ein Nachprüfungsantrag ist gemäß §344 Abs2 Z3 BVergG 2018 unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde. Ebenso ist ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §350 Abs7 BVergG 2018 unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde. Bei der ordnungsgemäßen Vergebührung eines Nachprüfungsantrages sowie eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach dem BVergG 2018 handelt es sich daher um eine Zulässigkeitsvoraussetzung. Die Erledigung eines Nachprüfungsantrages oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Sache steht dem Bundesverwaltungsgericht daher jedenfalls nur dann zu, wenn der entsprechende vergabespezifische Rechtsschutzantrag, allenfalls nach Verbesserung, auch ordnungsgemäß vergebührt wurde.

[...]

3.2. Das BVergG 2018 sieht auch kein (fortgesetztes oder gesondertes) Verfahren zur "Vorschreibung nicht entrichteter Pauschalgebühren" vor, wenn das Bundesverwaltungsgericht über einen Nachprüfungsantrag oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Sache entscheidet. Eine derartige Zuständigkeit lässt sich insbesondere auch nicht aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2019, E4474/2018, ableiten.

[...]

5. [...]

Nichts anderes gilt im Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bzw über den Antrag auf Nachprüfung eingestellt hat. Auch hier sind gegebenenfalls (noch) erforderliche Entscheidungen über die Höhe der zu entrichtenden Pauschalgebühr (spätestens) im Einstellungsbeschluss zu treffen.

[...]

3.5.1. Die nationale Rechtslage gemäß der Entscheidung des VfGH zu V 64/2019 iZm für vergabespezifische Rechtsschutzanträge geschuldeten Gebühren lässt sich damit dahin zusammenfassen, dass ohne bestandskräftige und endgültige Vorschreibung (und Bezahlung) der in entsprechender Höhe geschuldeten Pauschalgebühren ein vergabespezifischer Rechtsschutzantrag auf Nachprüfung, Feststellung oder Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht anders als durch Zurückweisung mangels Gebührenzahlung - nach einem entsprechenden Verbesserungsauftrag des Einzelrichters nach (vorangehend zweckmäßiger) Akkordierung des Einzelrichters mit den anderen Senatsmitgliedern über die fallspezifisch zu entrichtenden Gebühren - dies mitunter erst nach entsprechend umfangreichen Ermittlungsschritten zu den Gebührengrundlagen - erledigt werden darf, zumal ansonsten der Einzelrichter bzw die Senatsmitglieder dem Risiko ausgesetzt sind, im Regresswege wegen rechtswidrig nicht vorgeschriebener Pauschalgebühren belangt zu werden.

Wenn idZ zB bereits ohne weitere Fragen zur Gebührenhöhe klar wäre, dass die fraglichen Rechtsschutzanträge entweder berechtigt sind, oder aber evident aus bestimmten Gründen abseits der Gebührenfrage zurückzuweisen sind, ist das BVwG daher dennoch gehalten, mitunter weitwendige Ermittlungen unter Wahrung der Parteienrechte durchzuführen, um nicht den Abgabenanspruch des Staats - bei sonstiger potentieller Regresshaftung der richterlichen Organwalter - zu gefährden, bevor die Rechtsschutzanträge erledigt werden dürfen.

3.6. Der Anlasssachverhalt vor dem vorstehenden insb gebührenrechtlichen Hintergrund:

3.6.1. Die ASt verfasste eine am 01.12.2020 beim BVwG protokollierte Rechtsschutzeingabe - OZ 1 des Verfahrensakts, in welcher sie einen Sachverhalt vortrug, wonach die AG 21 Rahmenvereinnbarungen mit einem Auftragswert von je 3 Mio Euro zur Beschaffung von Covid - 19 - Antigentests intransparent abgeschlossen hätte.

Dies würde die ASt samt den iZm diesem Rahmenvereinbarungen durchgeführten Einzelabrufen vergaberechtswidrig beinträchtigen.

Nachprüfungsrechtlich stellte die ASt dabei am 01.12.2020 folgende Rechtsschutzbegehren:

das Bundesverwaltungsgericht möge

- ein Nachprüfungsverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit des ausgewählten Vergabeverfahrens bzw. der ausgewählten Vergabeverfahren, der Aufforderungen zur Angebotsabgabe im Rahmen von Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachungen sowie der weiteren geplanten Abrufe bzw. Aufrufe zum Wettbewerb aus den Rahmenvereinbarungen der BBG einleiten,

- [...],

- die Entscheidungen der Antragsgegnerinnen, die gegenständlichen Lieferaufträge im Rahmen einer Direktvergabe zu vergeben, sowie

- die Aufforderungen der Antragsgegnerinnen zur Angebotsabgabe im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung, sowie

- die erneuten Aufrufe zum Wettbewerb auf Basis der bestehenden Rahmenvereinbarungen der BBG, sowie

- die Entscheidungen der Antragsgegnerinnen die gegenständlichen Lieferaufträge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung zu vergeben, sowie

- die Entscheidungen der Antragsgegnerinnen die gegenständlichen Lieferaufträge aufgrund und eines Abrufes aus den Rahmenvereinbarungen der BBG zu vergeben,

für nichtig erklären.

 

Amt 01.12.2020 stellte die ASt zusätzlich folgende Begehren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

das Bundesverwaltungsgericht möge

- für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens den Antragsgegnerinnen die Fortführung des Vergabeverfahrens bzw. der Vergabeverfahren sowie den Abschluss von Lieferverträgen im Wege der Direktvergabe

sowie

- die Abrufe bzw. Aufrufe zum Wettbewerb aus Rahmenvereinbarungen der BBG betreffend die Lieferung von Antigentests sowie

- die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung betreffend die Lieferung von Antigentests

untersagen; ...

3.6.2. Da auf Basis dieser Rechtsschutzeingabe objektiv nicht klar war, welche konkreten gesondert anfechtbaren Entscheidungen aus welchen Vergabeverfahren die ASt nichtigerklärt, also aufgehoben iSd RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU haben wollte und hinsichtlich welcher bestimmten Vergabeverfahren die ASt eine einstweilige Verfügung mit einem bestimmten Verfügungsinhalt anstrebte, erließ das BVwG bereits am 01.12.2020 einen ersten Verbesserungsauftrag mit insb folgendem Inhalt:

[...]

2.1. Die §§ 344 Abs 1 BVergG und 350 Abs 2 BVergG lauten:

§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:

1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,

2. [...]

§ 350. (1) [...]

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

 

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

[...]

2.3. Die Antragstellerin hat mit ihrem bisherigen Prozessvortrag die Vorschriften der §§ 342 Abs 2, 344 Abs 1 Z 1 und 350 Abs 2 Z 1 BVergG

(im Punkte der konkret einem jeweiligen Vergabeverfahren zurechenbaren konkret anzufechten gewünschten Auftraggeberentscheidung aus dem Katalog des § 2 Z 15 BVergG in jeweils einer Eingabe)

nicht eingehalten.

Die Antragstellerin wird nunmehr aufgefordert, bis 07.12.2020 die beiliegende Eingabe dahingehend zu verbessern, dass danach je konkret als angefochten bezeichneter Auftraggeberentscheidung aus einem jeweils konkret bezeichneten Vergabeverfahren je eine eigene Rechtsschutzeingabe vorliegt, nachdem die Antragstellerin bislang offenbar noch keine Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidungen gemeinsam angefochten hat. Sollte diese erste abverlangte Verbesserung nicht fristgerecht erfolgen, werden die Nichtigerklärungsanträge und Sicherungsanträge der Antragstellerin zurückgewiesen werden - § 13 Abs 3 AVG.

2.4. Weitere Verbesserungsaufträge insb auch im Gebührenpunkt bleiben vorbehalten.

[...]

3.6.3. Die AG reagierten mit einer ersten Eingabe, OZ 12 des Verfahrensakts, auf die Rechtsschutzeingabe der ASt vom 01.12.2020, OZ 1 des Verfahrensakts.

Neben der Bestreitung der Berufsbefugnis der ASt und damit der Bestreitung der Antragslegitimation der ASt brachten die AG iZm der Frage des oder der Vergabeverfahren dabei insb wie folgt vor:

[...]

Nachdem die gegenständlichen Anträge jegliche Spezifizierung im Sinne einer gesetzlich angeordneten Bezugnahme auf konkrete Vergabeverfahren vermissen lassen, worauf das BVwG in seiner Aufforderung vom 01.12.2020 völlig zu Recht hingewiesen hat, wird seitens der Antragstellerin offenbar versucht, mit den ebenfalls völlig unspezifizierten Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung den Antragsgegnerinnen so generell als möglich jegliche Beschaffung von Antigen-Tests zu untersagen.

Nach der eindeutigen höchstgerichtlichen Judikatur ist jedoch die rechtliche Überprüfung des Verhaltens eines öffentlichen Auftraggebers im Allgemeinen, also ohne Bezug zu einem konkreten Vergabeverfahren, nicht möglich und unzulässig. Wenn daher die Antragstellerin vermeint, dass sie lediglich vollkommen unsubstantiierte Anträge zu stellen habe, so ist ihr bereits an dieser Stelle zu entgegnen, dass ein Nachprüfungsverfahren ausschließlich der Durchsetzung subjektiver Rechte von Bietern dient, nicht aber der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle.

Im Detail hierzu, wie folgt: B. Zur Unzulässigkeit der Anträge gemäß § 344 Abs 1 BVergG 2018 Zunächst folgt bereits aus § 344 Abs 1 BVergG 2018, dass der gegenständliche Antrag unzulässig ist, denn dieser nennt weder die konkret angefochtene Entscheidung, noch bezeichnet er das Vergabeverfahren, wie dies jedoch § 344 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 ausdrücklich fordert.

Auch nach der jüngsten Judikatur des VwGH müssen Rechtsschutzanträge im Vergaberecht das als rechtswidrig inkriminierte Verhalten des Auftraggebers in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht festmachen – schließlich ist einerseits das Verwaltungsgericht an diese Ausführungen gebunden, und wird andererseits auch der Umfang der Rechtskraft durch den Verfahrensgegenstand und damit auch durch den Antrag determiniert.

Nachdem im konkreten Fall sämtliche dieser Parameter im Hinblick auf die Anträge der Antragstellerin fehlen, sind diese bereits aus diesem Grund zurückzuweisen.

C. Zum Nicht-Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung

Zudem können nur gesondert anfechtbare Entscheidungen Gegenstand eines Nachprüfungsantrages sein – Anträge, die sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richten, sind unzulässig. Das Verwaltungsgericht darf nach der Rechtsprechung des VwGH ausschließlich jene Entscheidung des Auftraggebers behandeln, deren Nichtigerklärung von der Antragstellerin dezidiert begehrt wurde.

 

[...]

Im konkreten Fall haben die Antragsgegnerinnen betreffend die Beschaffung von Antigen- Tests zurzeit keine Entscheidung oder Festlegung im Sinne der hier unspezifiziert mit Punkt 6. des Nachprüfungsantrags angefochtenen Entscheidungen getroffen.

Vielmehr wurde durch die BBG bereits am 01.12.2020 die Bekanntmachung eines offenen Verfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung betreffend die Lieferung von Antigen- Tests an das Supplement zum Amtsblatt der EU übermittelt.

Im Hinblick auf die von der Antragstellerin insinuierten Vergabevorgänge liegt daher schlichtweg keine solche „nach außen“ getretene Erklärung der Antragsgegnerinnen vor, die nach ihrem objektiven Erklärungswert, und nur auf diesen kommt es an, auf die „Herbeiführung von Rechtsfolgen“ gerichtet ist.

Die Anträge der Antragstellerin gehen daher vollständig ins Leere. Die Antragstellerin begehrt vielmehr einen schlichten Erkundungsbeweis, was freilich ebenfalls unzulässig ist.

III. Urkundenvorlage

Die Finanzprokuratur weist darauf hin, dass im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens eines anderen Vergabeverfahrens bzw. einer gesondert anfechtbaren Entscheidung dem BVwG keine Unterlagen übergeben werden können.

3.6.4. In dieser OZ 12 brachte die AG zum Sicherungsbegehren insb wie folgt vor:

Aus den oben genannten Gründen verweisen die Antragsgegnerinnen zunächst auf § 5 COVID- 19 Begleitgesetz Vergabe und beantragen im Folgenden auch die Ab-, in eventu Zurückweisung der Anträge auf einstweilige Verfügung:

A. Einstweilige Verfügungen können ausschließlich im Zusammenhang mit der Anfechtung gesondert anfechtbarer Entscheidungen begehrt werden.

Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nach eindeutiger Judikatur des VwGH vom Bestehen (und von der behaupteten Rechtswidrigkeit) einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers abhängig. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann daher auch nach dem VfGH nur in Zusammenhang mit einem entsprechenden Nachprüfungsantrag gestellt werden – welcher sich wiederum ausschließlich gegen eine bereits ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung richten kann.

[...]

Zudem weisen die Antragsgegnerinnen auf § 5 des im Verfassungsrang stehenden und jedenfalls bis zum 31.12.2020 in Geltung stehenden COVID-19 Begleitgesetz Vergabe hin: Gemäß dieser Bestimmung kommt dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der Angebotsöffnung, des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung oder der Erteilung des Zuschlages keine aufschiebende Wirkung zu, wenn aufgrund der Angaben im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Rahmen von Nachprüfungsverfahren erkennbar ist oder der Auftraggeber glaubhaft einwendet, dass ein Vergabeverfahren gemäß §§ 35 Abs 1 Z 4, 36 Abs 1 Z 4, 37 Abs 1 Z 4 oder 206 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 oder gemäß § 25 Z 4 BVergGVS 2012 der dringenden Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Zusammenhang mit der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 dient. Der Auftraggeber darf diesfalls vor der Entscheidung über den Antrag den Zuschlag erteilen, die Rahmenvereinbarung abschließen bzw. die Angebote öffnen.

Nachdem im gegenständlichen Fall bereits aus den weitwändigen Ausführungen der Antragstellerin erkennbar ist, dass die Beschaffung von Antigen-Tests zur Testung der österreichischen Bevölkerung auf eine Infektion mit COVID-19 verhindert werden soll, steht fest, dass aufgrund von § 5 COVID-19 Begleitgesetz Vergabe bereits ex lege keine aufschiebende Wirkung vorliegt, sollten die Antragsgegnerinnen künftig gemäß §§ 35 Abs 1 Z 4, 36 Abs 1 Z 4, 37 Abs 1 Z 4 oder 206 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 oder gemäß § 25 Z 4 BVergGVS 2012 Antigen-Tests zu beschaffen intendieren, da diese Vergabevorgänge jedenfalls der dringenden Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 dienen.

Unabhängig von dieser im Verfassungsrang stehenden gesetzlichen Bestimmung würde aber auch eine Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerin ausfallen. Im Detail hierzu, wie folgt:

[...]

3.6.5. Am 07.12.2020 brachten die AG insb noch wie folgt vor:

 

Im Hinblick auf die Mitteilung des BVwG vom 03.12.2020 wird bekannt gegeben, dass aus Sicht der Antragsgegnerinnen das BVergGVS 2012 für allfällige Beschaffungen von Antigen-Tests nicht zur Anwendung gelangt.

Zudem weisen die Antragsgegnerinnen darauf hin, dass die von der Antragstellerin angesprochenen „Rahmenvereinbarungen mit 21 Unternehmen zur Lieferung von Antigentests“ jeweils nur mit einem Partner abgeschlossen wurden, was der Antragstellerin, die in ihrem Schriftsatz auch einen entsprechenden Link zur Website der BBG zitiert, auch ganz offenkundig erkennbar war. Nachdem diese Rahmenvereinbarungen allesamt vor Einbringung des gegenständlichen Antrags abgeschlossen wurden – auch dies war und ist der Antragstellerin bekannt – gehen die Nachprüfungsanträge allesamt ins Leere, da nach der Systematik des BVergG 2018 keine gesondert anfechtbare Entscheidung mehr existiert.

3.6.6. Die ASt verfasste zur Frage des oder der Vergabeverfahren, aus welchen sie gewisse Entscheidungen im Wege der Nachprüfung vor Zuschlagserteilung bekämpfen will, im bisherigen Verfahrensgeschehen noch weitere Prozesserklärungen.

3.6.6.1. Mit der Eingabe vom 07.12.2020, OZ 33 des Verfahrensakts, hat die ASt vorerst eine Vebesserungsnotwendigkeit ihrer Rechtsschutzeingabe verneint, jedoch im gleichen Schriftsatz unmittelbar anschließend ausgeführt wie folgt:

Mit ihrem Nachprüfungsantrag hat die Antragstellerin in der Tat aus ihrer vergaberechtlichen Sicht nur eine gesondert anfechtbare Entscheidung der Antragsgegnerinnen in Bezug auf ein Vergabeverfahren bekämpft, nämlich die Entscheidung über die Wahl des Vergabeverfahrens für die Bestellung von zusätzlichen „Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19)" für die Massentests in Österreich.

3.6.6.2. In der gleichen Eingabe OZ 33 rügt die ASt die Intransparenz des Beschaffungsgeschehens und führt fortgesetzt zB aus:

[...] Weiters ist nicht bekannt, ob die BBG für den Abschluss des betroffenen Auftrags einzelne getrennte Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit jeweils einem Unternehmen oder ein einziges Verfahren mit allen Unternehmen durchgeführt hat.

[...]

Demzufolge war/ist die Antragstellerin gezwungen, auch mögliche Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung und damit mögliche Aufrufe zum Wettbewerb aufgrund bestehender Rahmenvereinbarungen bei der Bezeichnung der Vergabeverfahren zu berücksichtigen und damit vorsichtshalber nämlich in eventu anzuführen. Wie im Nachprüfungsantrag ausführlich dargelegt, handelt es sich bei der von der Antragstellerin angefochtenen Entscheidung de facto um eine einzige konkrete Entscheidung der Antragsgegnerinnen, nämlich die Entscheidung, mehrere Millionen Stück Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) formlos (ohne jegliche vergaberechtliche Grundlage) zu beauftragen.

[...]

Doch stehen - aufgrund krasser Verletzung des vergaberechtlichen Transparenzgebotes - weder die Bekanntmachung, noch die Unterlagen des Vergabeverfahrens der Antragstellerin zur Verfügung. Es handelt sich vielmehr um eine krasse Form der Direktvergabe in mehrstelliger Millionenhöhe, die nicht unter formalen Gesichtspunkten verschleiert werden sollte bzw verschleiert werden können sollte.

[...]

Im Sinne des effektiven Rechtsschutzes muss die konkrete Bezeichnung des Vergabeverfahrens nicht bekannt sein. Bei der Beschaffung eines Gutes in zweistelliger Millionenhöhe ohne Bekanntmachung, ohne sonstige für die Antragstellerin zugängliche, gesicherte Informationen (wie zB Ausschreibungsunterlagen) und nur aufgrund des Wissensstandes basierend auf Medieninformationen, kann unmöglich die Last der konkreten Bezeichnung des Vergabeverfahrens bei der Antragstellerin liegen. Das würde im gegebenen Fall - insbesondere aufgrund der krassen Verletzung des Transparenzgebotes - einer Aushebelung des effektiven Rechtsschutzes gleichkommen.

[...]

Bezugnehmend auf das Schreiben des BVwG vom 7.12.2020 ist weiters aus unionsrechtlicher Sicht festzuhalten, dass eine Auslegung der Bestimmungen des BVergG 2018 bzw BVergGVS, nach welcher die Antragstellerin verpflichtet wäre, die genaue Anzahl und Bezeichnung des Vergabeverfahrens bzw. der Vergabeverfahren, sowie die Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidungen des AG anzugeben, ohne jegliche Möglichkeit, aufgrund der mangelnden Transparenz seitens des AG davon Kenntnis erlangt zu haben, die vom EuGH in ständiger Rsp aufgestellten Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz (vgl ua EuGH 28. 1. 2010, C-406/08, Uniplex [UK] Ltd; 23. 12. 2009,C-45/08, Kommission gegen Irland) widerspricht.

[...]

Die im Nachprüfungsantrag gestellten Anträge sind entsprechend dem bisherigen Vorbringen zu verstehen:

das Bundesverwaltungsgericht möge:

- ein Nachprüfungsverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit des ausgewählten Vergabeverfahrens betreffend die Lieferung von Antigen- Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) einleiten,

- die Entscheidungen der Antragsgegnerinnen, die gegenständlichen Lieferaufträge betreffend die Lieferung von Antigen-Testungen SARSCov-2 (Covid-19) im Rahmen einer Direktvergabe zu vergeben, für nichtig zu erklären;

- in eventu die Aufforderung zur Angebotsabgabe betreffend die gegenständliche Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung für nichtig zu erklären;

Für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens wird weiters der Antrag gestellt, den Antragsgegnerinnen den Abschluss eines Liefervertrags betreffend die Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) im Wege der Direktvergabe zu untersagen,

in eventu für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens wird weiters der Antrag gestellt, den Antragsgegnerinnen den Abschluss eines Liefervertrags betreffend die Lieferung von Antigen-Testungen SARS Cov-2 (Covid-19) im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung zu untersagen.

3.6.6.3. Nach dieser "Interpretation" der eigenen Anträge in der Nachprüfungseingabe vom 01.12.2020 durch die ASt in einer weiteren Eingabe vom 09.12.2020, OZ 31 zB ausgeführt wie folgt:

[...]

Aber auch die Ausführungen der Finanzprokuratur in Ihrer Ergänzenden Stellungnahme gehen ins Leere, da sich der gegenständliche Nachprüfungsantrag nicht gegen die von der BBG abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen richtet, sondern gegen den unzulässigen Abruf durch die Republik Österreich (Bund) vertreten durch das BMLV aus diesen Rahmenvereinbarungen, da diese von der BBG abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen mit einem Abrufvolumen von EUR 3 Mio begrenzt sind. Ein darüber hinaus gehender Abruf ist daher eine vergaberechtlich unzulässige Direktvergabe

[...]

3.6.6.4. In einer weiteren Eingabe der ASt vom 09.12.2020, OZ 34 des Verfahrensakts, führte die ASt insb wie folgt aus:

[...]

Die Antragstellerin hat bereits in ihrem Nachprüfungsantrag angegeben, dass die Abrufe aus der Rahmenvereinbarung der BBG [...] mit der Fa R*** zwischen 29.10 und 24.11 (im Ausmaß v EUR xx,8 Mio) betragen haben (Beilage ./15). Der Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der R*** wurde [...] jedoch mit einem maximalen Abrufvolumen von EUR 3 Mio bekannt gemacht (Beilage ./14). Alle darüber hinaus gehenden Abrufe sind als unzulässige Direktvergabe zu werten, weil diese das Auftragsvolumen der Rahmenvereinbarung wesentlich überschreiten. Die diesbezügliche Entscheidung der Republik Österreich (Bund) vertreten durch die Bundesministerien für Landesverteidigung (BMLV), weiteren Antigentests SARSCov-2 (Covid-19) im Wege einer unzulässigen Vergabeverfahrens (Direktvergabe) zu beschaffen, wurde angefochten. Dies gilt auch für die Abrufe aus der Rahmenvereinbarung mit der Fa. S*** sowie der Fa ***, die allesamt bereits grundsätzlich aber auch insbesondere aus

[...]

In dieser Eingabe benennt die ASt drei Unternehmen, bei denen sie die jeweilige Beschaffungsentscheidung bzw einen weiteren Abruf aus einer Rahmenvereinbarung angefochten hat.

3.6.6.5. Das BVwG hat mit der Note, OZ 39, insb gegenüber der ASt die Frage der zu entrichtenden Pauschalgebühren - vor einem formellen Gebührenverbesserungsauftrag - dem Parteiengehör unterzogen.

3.6.6.6. Die ASt reagierte formell mit der Eingabe OZ 48 des Verfahrensakts auf die gerichtliche Note OZ 39 und versuchte - soweit gerichtskundig gemäß OZ 46 des Verfahrensakts - iZm dem Pauschalgebührenthema auch informelle Schritte.

In der OZ 48 führte die ASt ua wie folgt aus:

[...]

Zusammengefasst: der Abschluss der 21 Rahmenvereinbarungen der BBG selbst wurde durch die Antragstellerin nicht angefochten; die Anfechtung der Antragstellerin richtet sich ausschließlich gegen die Direktvergabe für die Bestellung von weiteren (voraussichtlich zwei) Millionen Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) durch die Republik Österreich (Bund) vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung ab dem 20.11.2020 (alles andere wäre einer Nachprüfung nicht mehr zugänglich, weil bereits vergeben [leider]). Eine inhaltliche Feststellung seitens des BVwG, dass die Bestellungen seitens der Republik Österreich (Bund) nach dem 20.11.2020 in Form eines (unzulässigen) Abrufs aus einer Rahmenvereinbarung der BBG erfolgten, würde nichts an der rechtlichen Qualifikation des Vergabeverfahrens als Direktvergabe ändern. Völlig ausgeschlossen ist, dass die von der Antragstellerin zu entrichtende Gebühr aufgrund des gesamten Wertes der 21 Rahmenvereinbarungen der BBG zu berechnen ist. Es ist ausschließlich der Wert der erfolgten oder beabsichtigten Beauftragungen heranzuziehen.

[...]

Unter Bezugnahme auf die oben angeführten Erläuterungen ersucht die Antragstellerin das BVwG höflich, folgende Fragen zwecks Ermittlung des gebührenrelevanten Sachverhaltes zu stellen:

- Wurden seitens der Republik Österreich (Bund) vertreten durch die Ministerin für Landesverteidigung seit dem 20.11.2020 Unternehmen mit der Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) beauftragt?

- Wenn ja, wann wurden welche Unternehmen mit welchem Auftragswert beauftragt und auf welcher rechtlichen Grundlage?

- War (seit dem 20.11.2020) bzw. ist es seitens der Republik Österreich (Bund) vertreten durch die Ministerin für Landesverteidigung beabsichtigt, weitere Unternehmen vor dem Abschluss des laufenden Vergabeverfahrens (GZ der BBG: 3703.03776) mit der Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (Covid-19) zu beauftragen? Wenn ja auf welcher rechtlichen Grundlage? Wenn ja, wurden schon bestimmte Unternehmen ausgewählt? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage? Wenn ja, wer sind diese Unternehmen und wie hoch ist der vorgesehene Auftragswert?

[...]

Mit den vorstehenden Fragen der OZ 48 dokumentiert die ASt das Bestreben, irgendwelche Vergabeverfahren und anfechtbare Auftraggeberentscheidungen daraus durch das Gericht ermitteln zu lassen, obwohl die Bezeichnung des bzw der Vergabeverfahren und der jeweils angefochtenen Auftraggeberentscheidung nach dem BVergG der Behauptungslast der ASt unterliegt.

Die AG haben insoweit in ihrer Eingabe vom 17.12.2020, OZ 65 des Verfahrensakts, ua vorgebracht wie folgt:

[...]

In der Replik zur ergänzenden Stellungnahme vom 15.12.2020 erklärt die Antragstellerin unter Punkt I. Rz 6 ausdrücklich: „So ist festzuhalten (davon kann leider nicht abgesehen werden), dass rechtswidriger Weise ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung durchgeführt wurde.“.

Der anwaltlich vertretenen Antragstellerin ist nach erfolgtem Verbesserungsauftrag durch das Gericht zuzumuten, dass sie die mit Nichtigkeitsantrag angefochtene Verfahrensart bzw. Entscheidung korrekt bezeichnet. Damit ist der Antrag laut eigenen Angaben der Antragstellerin schlicht gegenstandslos.

Mit diesen sich ständig ändernden Ausführungen verstößt die Antragstellerin gegen die klaren und eindeutigen Bestimmungen des § 344 BVergG 2018, wonach ein Antrag gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 jedenfalls die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung zu enthalten hat.

Die Antragstellerin hat nunmehr sogar die Durchführung entsprechender „Ermittlungen“ durch das BVwG begehrt.

Da nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Antragstellerin selbst verpflichtet ist, die angefochtene Entscheidung bereits im Antrag genau zu bezeichnen, ist das BVwG zu derartigen Erhebungen nach der Judikatur des VwGH jedenfalls nicht angehalten, sondern sind die Anträge vielmehr zurückzuweisen.

[...]

3.6.6.7. Nach zusätzlichen hier nicht beschriebenen Parteieingaben hat die ASt widersprüchlich zu ihrer Eingabe, OZ 34, wo auch noch die Entscheidung der Republik Österreich (Bund) [...], weitere Antigentests SARS Cov-2 (Covid-19) im Wege einer unzulässigen Vergabeverfahrens (Direktvergabe) auch von der R*** zu beschaffen, als angefochten bezeichnet worden war, mit ihrer Eingabe vom 05.01.2021, OZ 88 des Verfahrensakts, ausgeführt wie folgt [Hervorhebungen durch das BVwG]:

[...]

In umseits bezeichneter Rechtssache weist die Antragstellerin darauf hin, dass die Bekanntgaben der Abschlüsse der Rahmenvereinbarungen der Erstantragsgegnerin mit der S*** (Beilage ./45) sowie der I*** (Beilage ./46) am 15.12.2020 erfolgten.

[...]

Es ist durch die diese Bekanntgaben nachweislich belegt, dass - wie von der Antragstellerin bereits vermutet - beide Rahmenvereinbarungen ein maximales Abrufvolumen von EUR 3 Millionen vorsehen. Alle Abrufe, die zwar auf Basis dieser Rahmenvereinbarungen ergehen, jedoch den Höchstwert von EUR 3 Millionen überschreiten, sind daher eindeutig als unzulässige Direktvergaben zu qualifizieren, wie von der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag ausführlich dargelegt (vgl. ua. Rz 41 und 42). Im gegenständlichen Fall geht es ausschließlich um die Nachprüfung dieser Abrufe durch die Erstantragsgegnerin im Anfechtungszeitraum (somit ab dem 20.11.2020).

[...]

Die AG führten dazu mit ihrer Eingabe vom 05.03.2021, OZ 104 des Verfahrensakts, aus wie folgt:

[...]

Die Antragsgegnerinnen geben unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Antragstellerin vom 05.01.2021 bekannt, dass aus den von der BBG im November 2020 vergebenen Rahmenvereinbarungen über die Beschaffung von Antigen-Tests sowohl mit der S*** als auch mit der I*** seit Zustellung des gegenständlichen Nachprüfungsantrags bis dato kein Abruf erfolgt ist, da die BBG die Abrufmöglichkeit aus den genannten Rahmenvereinbarungen umgehend gestoppt hat.

[...]

3.6.7. Das BVwG ist damit im vorliegenden Anlassfall mit der Situation konfrontiert, dass die ASt insb die Anfechtungsgegenstände und auch Sicherungsbegehren variierend bezeichnet hat bzw formuliert hat, wobei jedwede Änderung des Anfechtungsgegenstands oder eines Sicherungsbegehrens bei einer beantragten einstweiligen Verfügung auch entweder eine zulässige oder aber unzulässige Antragsänderung und insb auch eine Zurückziehung eines ursprünglichen Begehrens sein kann, wobei Nachprüfungsanträge sowie eV - Anträge fristgebunden sind.

Je nach Anzahl der angefochtenen Entscheidungen aus einem bestimmten Vergabeverfahren und je zum Gegenstand eines Nachprüfungs- und eV - Antrags gemachten Vergabeverfahrens sind in Österreich nach dem Gebührensystem des BVergG die bereits dem System nach dargestellten Pauschalgebühren für den vergaberechtlichen Rechtsschutz vor dem BVwG zu bezahlen.

Der Einzelrichter bzw der zuständige Senat des BVwG darf nach der innerstaatlichen Sichtweise dieser Gebührenregelung gemäß Rsp des VfGH, wie dargestellt, vor der Bezahlung bzw beschlussmäßigen Vorschreibung der geschuldeten Pauschalgebühren weder einen Nachprüfungsantrag noch einen eV - Antrag stattgebend, zurückweisend oder abweisend erledigen bzw nach Zurückziehung des jeweiligen Rechtsschutzantrags das jeweilige Verfahren einstellen, da die jeweils zu entrichtenden Pauschalgebühren nach einer Erledigung des Rechtsschutzantrags nicht mehr vorgeschrieben werden dürfen.

Werden die geschuldeten Gebühren nicht vorgeschrieben, könnten die richterlichen Organwalter als rechtswidrig schuldhaft kausal für Vermögensschäden des Fiskus betrachtet werden.

Damit sind insb bei intransparenten Beschaffungsgeschehen wie den hier vorliegenden, vor das BVwG gebrachten, zuvor sehr umfangreiche Sachverhaltsermittlungen notwendig, die für eine Erledigung der Rechtsschutzanträge an sich mitunter gar nicht notwendig sein könnten.

Gegenständlich wird für den Fall, dass nicht die Antworten des EuGH auf die einschlägigen Vorabentscheidungsfragen anderes gebieten, zu ermitteln sein, wie viele Vergabeverfahren mit allenfalls wie vielen Losen die AG durchgeführt haben und was die ASt objektiv nach der Rsp des VwGH mit ihren Prozesserklärungen über die Zeitachse als angefochten bezeichnet hat bzw im eV - Bereich als je Vergabeverfahren als zu sichernd angestrebt hat.

Die ASt kann derenseits bei derart für sie intransparenten Beschaffungsvorgängen mitunter bei der - die Gebührenschuld auslösenden Überreichung ihrer Rechtsschutzeingabe gar nicht wissen, wie viel an gerichtlichen Pauschalgebühren sie letztlich zu entrichten hat, je nachdem wie viele Direktvergaben oder aber Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung tatsächlich stattgefunden haben und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen dabei ergangen sind.

Das BVwG muss gebührenrechtlich zudem auch ermitteln, ob die ASt allenfalls durch die einmalige oder mehrfache Änderung ihrer Rechtsschutzanträge Antragszurückziehungen vorgenommen hat, die zu einer nachträglichen Pauschalgebührenreduktion um jeweils 25% je gebührenpflichtigem Rechtsschutzantrag führen können. Bzw ist umgekehrt auch zu ermitteln und insb mit den Parteien gemäß deren Verfahrensrechten zu erörtern, ob durch die Abänderung/Umformulieung/Erklärung der Rechtsschutzbegehren allenfalls in Wahrheit neue zusätzliche Rechtsschutzbegehren vorgetragen wurden.

 

Dabei kommt es hinsichtlich der Bewertung von Rechtsschutzeingaben als in bestimmter Weise pauschalgebührenpflichtig nach der Rsp des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (= VwGH) nicht (primär) auf zB die Vergabeverfahrensbezeichnung durch die ASt an, sondern darauf,

worauf der Antrag inhaltlich gerichtet war, weil sich danach der Verfahrensaufwand und der mögliche Nutzen bestimmt. VwGH 19.06.2020, Ra 2017/04/0125 [ ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017040125.L00 ].

Insoweit kann man sich bei der Gebührenvorschreibung nicht auf den Wortlaut der Parteienerklärungen allein stützen, sondern hat zu erheben, worauf ein Rechtsschutzantrag inhaltich gerichtet war.

3.6.8. Mag derzeit auch die Anzahl der mit der Rechtsschutzeingabe, OZ 1 des Verfahrensakts, angefochtenen Entscheidungen aus den in dieser Eingabe nicht entsprechend bezeichneten und noch zu ermittelnden Vergabeverfahren iZm Antigentests iZm Covid-19 noch nicht ermittelt sein, ist auf Basis von in SIMAP abrufbaren Bekanntmachungen über vergebene Aufträge vom BVwG bislang amtswegig ermittelt worden, dass die Auftraggeberseite im Herbst 2020 (zumindest) 15 Rahmenvereinbarungen über die Lieferung von Antigentests zur Detektion von Covid - 19 jeweils in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung abgeschlossen hat. Diese Rahmenvereinbarungen wurden mit jeweils einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer abgeschlossen, wie in Art 33 Abs 3 RL 2014/24/EU ersichtlich.

- Diese 15 Rahmenvereinbarungen wurden unter Stützung auf § 36 Abs 1 Z 4 BVergG ohne vorherige Bekanntmachung abgeschlossen, wobei § 36 Abs 1 Z 4 BVergG die nationale Umsetzung des Art 32 Abs 2 lit c RL 2014/24/EU ist.

- Die ASt hat, wie bereits ausgeführt, mit ihrer Eingabe vom 05.01.2021, OZ 88 des Verfahrensakts, dargelegt, dass es ihr, ohne dass dies in der verfahrenseinleitenden Eingabe von 01.12.2020 bereits erkennbar gewesen wäre, nunmehr ausschließlich um die Abrufe aus den Rahmenvereinbarungen mit den Unternehmen S*** und I*** ab dem 20.11.2020 ginge. Die ASt geht dabei davon aus, dass das zulässige Abrufvolumen aus den Rahmenvereinbarungen mit S*** und I*** überschritten worden wäre.

- (Für den EuGH sind die zitierten 15 Rahmenvereinbarungen in der OZ 99 des Verfahrensakts ersichtlich.) Die Rahmenvereinbarung mit der Unternehmerin S*** wurde nach der Bekanntmachung am 18.11.2020 abgeschlossen, jene mit der Unternehmerin I*** am 13.11.2020. Die ASt strebt insoweit jedenfalls ab dem 05.01.2021 vergabespezifischen Rechtsschutz nurmehr gegen die Beschaffung der streitgegenständlichen Antigentests bei S*** und I*** an, wobei die ASt mehrfach vorgebracht hat, dass sie insoweit die den geschätzten Auftragswert der jeweiligen Rahmenvereinbarung übersteigenden Abrufe als "Direktvergabe" (im Sinne der Begrifflichkeiten des nationalen BVergG) anfechten möchte. Ob die ASt damit objektiv iSv VwGH Ra 2017/04/0125 [ ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017040125.L00 ] allenfalls Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung meinen könnte, wird noch Gegenstand von Ermittlungen des BVwG sein.

- Unbeschadet der Frage der Anzahl der intransparenten Vergabeverfahren und der Anzahl der anfechtbaren Vergabeentscheidungen - diese Aspekte sind insb für die gebührenrechtliche Verfahrensfortführung vor einer Erledigung der Nachprüfungs- und eV - Begehren zentral, ist im bisherigen Verfahrensgeschehen die Antragslegitimation gemäß Art 1 Abs 3 RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU bezweifelt worden, nachdem die ASt nach ihrer verfahrenseinleitenden Rechtsschutzeingabe vom 01.12.2020 erst am 10.12.2020 die eigene Berufsbefugnis zum Medizinproduktehandel erworben hat (- OZ 71 des Verfahrensakts mit der dortigen Amtshilfeantwort der erstintanzlichen Gewerbebehörde); und die Antragstellerin im Punkte des Interesses am Vertragsabschluss und idZ deren Vertriebsrecht für einen bestimmten Antigentest bislang mitunter rechtserheblich unterschiedlich bewertbare Erklärungen abgegeben und variierende Unterlagen haben könnte; was im fortgesetzten Verfahren noch zu ermitteln bzw zu erörtern sein wird.

 

3.6.9. Betreffend die Vorabentscheidungsfragen iZm dem Verbot der Selbstbezichtigung (nemo tenetur, se ipsum accusare), wie zB vom EuGH der RS C-204/00 in Rdnri 64f dargelegt, ist der Sachverhalt dahin zu konkretisieren, dass nach einem Zeitungsartikel, wie in der OZ 77 des Verfahrensakts dokumentiert, formal offenbar Mitglieder der Bundesregierung (iSd § 80 Strafprozessordnung = StPO) angezeigt wurden. Die Tatsache des Einlangens einer Strafanzeige wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft im Amtshilfeweg bestätigt, womit strafrechtliche Schritte denkmöglich künftig stattfinden könnten, aber je nach Tatsachen- und Rechtslage natürlich auch nicht müssen.

 

3.6.10. Rücksichtlich der Vorabentscheidungsfragen A) 9. und 10. ist zum hier dargestellten Verfahrenssachverhalt auszuführen, dass bei dem oder den durchgeführten für die ASt intransparenten Beschaffungsgeschehen es - unbeschadet fortgesetzter Ermittlungsnotwendigkeiten zur Gewinnung eines endgültigen Beweisergebnisses zumindest lebensnah und möglich erscheint, dass die ASt zum Zeitpunkt der Überreichung der verfahrenseinleitenden Eingabe, OZ 1 des Verfahrensakts, nicht wusste, wie viele Vergabeverfahren welcher Art (Direktvergaben, Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachungen) die AG durchführen bzw durchgeführt haben; und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen die AG in dem oder den Vergabeverfahren bereits getroffen haben.

- Evtl ohne eine vorhandene diesbezügliche Transparenz gegenüber der ASt wurde der ASt damit denkbar eine Behauptungslast betreffend bestimmt zu bezeichnende Vergabeverfahren und bestimmt zu bezeichnende gesondert anfechtbare Entscheidungen auferlegt und hat die ASt mit der OZ 1 des Verfahrensakts entsprechend unbestimmte Verfahrensbehauptungen aufgestellt.

- Andererseits muss auch jeder Kläger in einem österreichischen Zivilprozess im Rahmen seiner Behauptungslast die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen und trägt mangels anderslautender gesetzlicher Beweislastregelungen nach dem allgemeinen Grundsatz auch die objektive Feststellungslast, wenn sich der für ihn vorgetragene anspruchsbegründende Sachverhalt nicht oder nur zum Teil nachweisen lässt. Siehe dazu zB Rechberger/Klicka in Rechberger, Kommentar zur Zivilprozessordnung5 Vor § 266 Rz 11 unter Hinweis auf Rosenberg, Die Beweislast2 (1965).

- Derartige Behauptungs- und Beweislastrisken erscheinen daher der österreichischen Rechtsordnung generell immanent, dies insb im Zivilrechtsbereich. So muss auch der Schadenersatzkläger bei einem Schadenersatzanspruch aus Verschuldenshaftung den Schaden und die rechtswidrig schuldhaft schadenskausale Schädigung behaupten und fällt die beweismäßige Nichtfeststellbarkeit zB der rechtswidrig schädigenden Handlung des Beklagten gleichfalls prozessual dem Kläger zur Last, genauso wie die Nichtfeststellbarkeit des vom Kläger zu behauptenden Wettbewerbsverstoßes des Beklagten im Wettbewerbsprozess grundsätzlich prozessual zu Lasten des Klägers ausschlägt.

- Die Frage der hinreichenden Effektivität und der ausreichenden prozessualen Fairness werden bei der Darstellung der Rechtslage kurz angesprochen werden.

 

3.6.11. Am 08.04.2021 wurde für den zuständigen Senat und den Einzelrichter ein Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen einer verbundenen Beschlussausfertigung eingereicht. Nunmehr werden für den Senat und den Einzelrichter des BVwG jeweils eine eigene Vorlagebeschlussausfertigung eingereicht, nachdem dies seitens der Kanzlei des EuGH so gewünscht worden ist.

Dabei wurde das Ersuchen des Senats des BVwG vor allem um die Eventualfrage 6.2. ergänzt; und wurde das jeweilige Vorabentscheidungsersuchen insb auch um die sich aus der Einreichung in getrennten Beschlüssen indizierten Begründungsmodifikationen (im Abgleich zur Fassung vom 08.04.2021) geändert.

 

4. Die einschlägigen Rechtsvorschriften

4.1. Nationale Rechtsvorschriften inkl Rsp

Dazu wird vorab klargestellt, dass die österreichischen Gesetze und Verordnungen in diesem Vorabentscheidungsersuchen in ihrer aktuell geltenden Fassung zitiert werden, soweit nicht gegenteilig angegeben, und insoweit unter www.ris.bka.gv.at/bundesrecht/bundesrecht konsolidiert im Internet auffindbar sind.

4.1.1. Die hier interessierenden gebührenrechtlichen und sonstigen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018, BGBl I 2018/65, = BVergG lauten insoweit:

 

...

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:

...

ee) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; die Ausschreibungsunterlagen; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

...

gg) bei der Direktvergabe und bei der Durchführung von Verfahren gemäß Art. 5 Abs. 2, 3a, 4, 4a, 4b, 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und EWG Nr. 1107/70, ABl. Nr. L 315 vom 03.12.2007 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/2338 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste, ABl. Nr. L 354 vom 23.12.2016 S. 22: die Wahl des Vergabeverfahrens;

...

jj) bei der Rahmenvereinbarung: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

...

Z 50 Zuschlagserteilung (Zuschlag) ist die an den Bieter abgegebene Erklärung, sein Angebot anzunehmen.

[Anmerkung des BvwG: Die Zuschlagserteilung ist damit nach nationalem Recht als Angebotsannahme die vertratgskonstitutive Erklätung der Auftraggeberseite, siehe dazu weiters noch § 145 Abs 1 BVergG.]

 

§ 31 [...]

(6) Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden.

(7) Eine Rahmenvereinbarung ist eine Vereinbarung ohne Abnahmeverpflichtung zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmern, die zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den in Aussicht genommenen Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge. Aufgrund einer Rahmenvereinbarung wird nach Abgabe von Angeboten eine Leistung von einer Partei der Rahmenvereinbarung mit oder ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb bezogen.

[...]

(11) Bei der Direktvergabe wird eine Leistung, gegebenenfalls nach Einholung von Angeboten oder unverbindlichen Preisauskünften von einem oder mehreren Unternehmern, formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen.

(12) Bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung [...]

[...]

 

§ 46. (1) Für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber im Wege der Direktvergabe gelten ausschließlich der 1. Teil, die §§ 4 Abs. 1, 5 bis 10, 13 bis 16, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 bis 4 und 9, 30, 31 Abs. 11, 66, 100, 111, der 4. Teil, die §§ 358, 360 Abs. 1 und 5, 361, 362, 364, 366 Z 2, 369, 370, 372, 373 und der 6. Teil sowie die Vorschriften der Abs. 2 bis 4.

(2) Eine Direktvergabe ist ausschließlich zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert 50 000 Euro (Anm. 1) nicht erreicht.

...

§ 142. (1) Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

(2) Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind zu dokumentieren.

Mitteilung der Zuschlagsentscheidung

§ 143. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

(2) Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn

...

§ 144. (1) Der öffentliche Auftraggeber darf den Zuschlag bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist erteilen. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung. Sie beträgt bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg 10 Tage, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg 15 Tage.

...

§ 145. (1) Während der Zuschlagsfrist kommt das Vertragsverhältnis zu dem Zeitpunkt zustande, zu dem der Bieter die schriftliche Verständigung von der Annahme seines Angebotes erhält. Wird die Zuschlagsfrist überschritten, so entsteht das Vertragsverhältnis erst mit der schriftlichen Erklärung des Bieters, dass er den Auftrag annimmt. Zur Abgabe dieser Erklärung ist dem Bieter eine angemessene Frist zu setzen.

(2) Der Zuschlag ist durch Auftragsschreiben, Bestellschein oder Schlussbrief zu erteilen. Der öffentliche Auftraggeber kann vom Auftragnehmer eine Auftragsbestätigung (Gegenschlussbrief) verlangen.

...

§ 154. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat in der Bekanntmachung oder – sofern ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wird – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe anzugeben, ob eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen oder mit mehreren Unternehmern abgeschlossen werden soll. Soll eine Rahmenvereinbarung für mehrere öffentliche Auftraggeber abgeschlossen werden, so sind in der Bekanntmachung oder – sofern ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wird – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle abrufberechtigten öffentlichen Auftraggeber eindeutig zu identifizieren. Nach Möglichkeit sind auch kleine und mittlere Unternehmen am Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zu beteiligen.

(2) Die Unternehmer, mit denen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, werden nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens gemäß den §§ 34 bis 37 sowie 44 Abs. 1 ermittelt. Eine Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer ist mit jenem Bieter abzuschließen, der das gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewertete Angebot gelegt hat. Eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern ist mit jenen Bietern abzuschließen, die die gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebote gelegt haben. Soll eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern abgeschlossen werden, so müssen mindestens drei Unternehmer daran beteiligt sein, sofern eine ausreichend große Zahl von Unternehmern die Eignungskriterien erfüllt hat und eine ausreichend große Zahl von zulässigen Angeboten abgegeben wurde. Die maßgeblichen Gründe für die Bewertung der Angebote sind festzuhalten.

(3) Der öffentliche Auftraggeber hat den nicht berücksichtigten Bietern den Namen des Unternehmers bzw. die Namen der Unternehmer, mit dem bzw. denen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, mitzuteilen. In dieser Mitteilung sind die Gründe der Nichtberücksichtigung sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bzw. der erfolgreichen Angebote bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, besteht nicht, wenn ein Verhandlungsverfahren gemäß den §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4 oder 7 oder 37 Abs. 1 Z 4 zum Abschluss der Rahmenvereinbarung durchgeführt wurde.

(4) Der öffentliche Auftraggeber darf die Rahmenvereinbarung bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist abschließen. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Sie beträgt bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg 10 Tage, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg 15 Tage. Für eine freiwillige Bekanntmachung gelten die §§ 58 und 64 Abs. 6 sinngemäß.

(5) Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf vier Jahre nicht überschreiten. Sofern dies ausnahmsweise, insbesondere aufgrund des Gegenstandes der Rahmenvereinbarung, sachlich gerechtfertigt werden kann, darf eine längere Laufzeit vorgesehen werden. Die dafür ausschlaggebenden Gründe sind festzuhalten.

...

§ 155. (1) Bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge dürfen die Parteien keine wesentlichen Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vornehmen.

(2) Aufträge, die aufgrund einer gemäß § 154 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen, werden gemäß den in Abs. 3 bis 9 beschriebenen Verfahren vergeben. Diese Verfahren sind nur zwischen dem öffentlichen Auftraggeber bzw. den öffentlichen Auftraggebern und jenem Unternehmer bzw. jenen Unternehmern zulässig, die von Anfang an Parteien der Rahmenvereinbarung waren und die in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe gemäß § 154 Abs. 1 eindeutig identifiziert wurden.

(3) Wird eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Unternehmer abgeschlossen, so kann der Zuschlag hinsichtlich der auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge

1. unmittelbar dem aufgrund der Bedingungen der Rahmenvereinbarung gelegten Angebot nach den in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen erteilt werden, oder

2. der öffentliche Auftraggeber kann den Unternehmer zuerst schriftlich auffordern, sein Angebot

a) auf der Grundlage der ursprünglichen Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge oder

b) sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, auf der Grundlage der vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge oder

c) auf der Grundlage von anderen, in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen

erforderlichenfalls zu verbessern, zu vervollständigen oder abzuändern und erst danach den Zuschlag nach den in der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen erteilen.

...

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) Der Senat besteht aus einem Mitglied als Vorsitzenden und zwei fachkundigen Laienrichtern als Beisitzern. Von den fachkundigen Laienrichtern muss jeweils einer dem Kreis der Auftraggeber und der andere dem der Auftragnehmer angehören.

...

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

...

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig

1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;

2. in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;

3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde;

4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde;

5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 4 bis 9, § 162 Abs. 1 bis 5, § 316 Abs. 1 bis 3 oder § 323 Abs. 1 bis 5 rechtswidrig war;

6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;

7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs 9.

...

§ 336. (1) Die dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Auftraggeber bzw. vergebenden Stellen haben dem Bundesverwaltungsgericht alle für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen und alle hierfür erforderlichen Unterlagen in geordneter Weise vorzulegen. Gleiches gilt für die an einem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmer.

(2) Hat ein Auftraggeber, eine vergebende Stelle oder ein Unternehmer Unterlagen nicht vorgelegt, Auskünfte nicht erteilt oder eine Auskunft zwar erteilt, die Unterlagen des Vergabeverfahrens aber nicht vorgelegt, so kann das Bundesverwaltungsgericht, wenn der Auftraggeber oder der Unternehmer auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen wurde, aufgrund der Behauptungen des nicht säumigen Beteiligten entscheiden.

...

§ 340. (1) Für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und § 353 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

1. Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw. ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.

2. Die festgesetzten Gebührensätze vermindern oder erhöhen sich jährlich in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 oder des an seine Stelle tretenden Index gegenüber der der letzten Festsetzung zugrunde gelegten Indexzahl ergibt. Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat nach Verlautbarung der für Juni des laufenden Jahres maßgeblichen Indexzahl die neu festgesetzten Gebührensätze im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Die neu festgesetzten Gebührensätze gelten ab dem der Kundmachung folgenden Monatsersten.

3. Die Pauschalgebühren sind durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über die Barzahlung und Einzahlung mit Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch das Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe der vorhandenen technisch-organisatorischen Voraussetzungen festzulegen und entsprechend bekannt zu machen.

4. Für Anträge gemäß § 350 Abs. 1 ist eine Gebühr in der Höhe von 50% der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

5. Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß § 342 Abs. 1 oder gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 342 Abs. 1 oder gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80% der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

6. Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert gemäß den §§ 12 Abs. 1 oder 185 Abs. 1 nicht erreicht, so ist lediglich die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.

7. Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75% der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 5 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

8. Die Gebührensätze bzw. Gebühren gemäß Z 1 und 2 sowie 4 bis 7 sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.

(2) Für Anträge gemäß Abs. 1 und die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fallen keine Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957, an.

Gebührenersatz

§ 341. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn

1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und

2. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.

(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) Ist die zwischen dem Zugang der Verständigung über das Ausscheiden und der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung liegende Zeitspanne kürzer als die in § 343 vorgesehene Frist, ist ein Bieter berechtigt, das Ausscheiden gemeinsam mit der Zuschlagsentscheidung oder der Widerrufsentscheidung in einem Antrag innerhalb der für die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung eingeräumten Frist anzufechten.

(3) Dem Antrag auf Nachprüfung kommt keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Vergabeverfahren zu.

(4) Wird dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung von mehreren Unternehmern angefochten, hat das Bundesverwaltungsgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Eine getrennte Verfahrensführung ist zulässig, wenn diese im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

...

§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:

1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,

2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,

4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,

5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und

7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn

1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder

2. er nicht innerhalb der in § 343 genannten Fristen gestellt wird, oder

3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

(3) Wird ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 erst nach Zuschlagserteilung oder nach dem Widerruf des Vergabeverfahrens gestellt, hat ihn das Bundesverwaltungsgericht als Antrag auf Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 zu behandeln, wenn der Antragsteller von der Zuschlagserteilung oder vom Widerruf nicht wissen konnte und der Antrag innerhalb der in § 354 Abs. 2 genannten Frist eingebracht wurde. Der Antragsteller hat auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes binnen einer von diesem angemessen gesetzten Frist näher zu bezeichnen, welche Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 er beantragt. Wird bis zum Ablauf dieser Frist keine Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 beantragt, ist der Antrag zurückzuweisen.

...

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

...

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat den Auftraggeber und gegebenenfalls die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehren, kommt ab Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle darf bis zur Entscheidung über den Antrag

1. den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw.

2. das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw.

3. die Angebote nicht öffnen.

(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber und gegebenenfalls an die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die Rechtsfolgen der Antragstellung gemäß § 351 Abs. 2 hinzuweisen.

(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

...

§ 353. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass

1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder

2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder

3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder

4. der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 5 bis 9, § 162 Abs. 1 bis 5, § 316 Abs. 1 bis 3 oder § 323 Abs. 1 bis 5 rechtswidrig war, oder

...

Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 334 Abs. 3 Z 1, 3 und 4 beantragen. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 1 und 3 bis 5 kann der Auftraggeber die Feststellung beantragen, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 2 bis 4 kann der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben.

...

§ 354. (1) Ein Antrag gemäß § 353 Abs. 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:

1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens,

2. die Bezeichnung des Auftraggebers oder der vergebenden Stelle und des Antragstellers einschließlich deren elektronischer Adresse,

3. soweit dies zumutbar ist, die genaue Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers,

4. die Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,

5. Angaben über den behaupteten drohenden oder eingetretenen Schaden für den Antragsteller,

6. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

7. ein bestimmtes Begehren und

8. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Anträge gemäß § 353 Abs. 1 sind binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können.

...

(4) Ein Antrag auf Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 ist unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können.

(5) Ein Antrag auf Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

...

§ 356. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 1 und 5 und Abs. 4 Z 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

(2) Soweit in den Abs. 4 und 5 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären. Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages gemäß dem ersten Satz oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß Abs. 4 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe des Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigerklärung oder die Aufhebung des Vertrages in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

(3) Soweit in den Abs. 4 bis 6 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Unterschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, der hierzu ergangenen Verordnungen oder des unmittelbar anwendbaren Unionsrechtes offenkundig unzulässig war.

(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht kann im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allfällige betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.

(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages gemäß Abs. 3 oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß den Abs. 4 im Unterschwellenbereich abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses das Interesse des Antragstellers an der Beendigung des Vertragsverhältnisses – auch unter der Berücksichtigung der allfällig betroffenen öffentlichen Interessen – überwiegt.

(7) Die Abs. 2 bis 6 gelten nur, wenn der Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 bis 4 binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag eingebracht wurde. Abweichend vom ersten Satz gelten die Abs. 2 bis 6 nur, wenn

1. ein Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 bis 4 – sofern es sich beim Antragsteller um einen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt – binnen 30 Tagen ab dem Tag der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung gemäß den § 144 Abs. 2 oder § 306 Abs. 2, bzw.

2. ein Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 – sofern es sich beim Antragsteller nicht um einen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt – binnen 30 Tagen ab der erstmaligen Verfügbarkeit einer Bekanntgabe

a) im Oberschwellenbereich gemäß § 61 Abs. 1 oder 2 und § 62 Abs. 1 oder 2 bzw. § 231 Abs. 1 oder 2 und § 232 Abs. 1 oder 2 bzw.

b) im Unterschwellenbereich gemäß § 66 Abs. 1 oder 2 bzw. § 237 Abs. 1 oder 2

eingebracht wurde.

...

(8) Die Abs. 2 bis 7 gelten nicht im Fall eines Antrages gemäß § 353 Abs. 1 Z 2, sofern der Auftraggeber in zulässiger Weise die entsprechend begründete Entscheidung

1. im Oberschwellenbereich gemäß § 58 und § 59 Abs. 4 bzw. § 227 und § 229 Abs. 4 bzw.

2. im Unterschwellenbereich gemäß § 64 Abs. 5 bzw. § 234 Abs. 5

bekannt gemacht hat und der Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen nach der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung erteilt worden ist.

(9) Wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages abgesehen hat, oder den Vertrag nur teilweise, mit dem Zeitpunkt seiner Entscheidung oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben hat, dann ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Dasselbe gilt für jene Fälle, in denen der Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 bis 4 nach den in Abs. 7 genannten Fristen eingebracht wurde und das Bundesverwaltungsgericht eine Rechtswidrigkeit feststellt. Hat eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchgeführt, ist die Geldbuße abweichend vom ersten Satz über die zentrale Beschaffungsstelle zu verhängen, wenn die von ihr gesetzten Handlungen für die Feststellung der Rechtsverstöße von wesentlichem Einfluss waren.

(10) Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20%, im Unterschwellenbereich 10% der Auftragssumme. Wird ein Vertrag trotz festgestellter Rechtswidrigkeit nur teilweise, mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben, ist die Höchstgrenze von jenem Teil der Auftragssumme des Vertrages zu berechnen, der dem Teil des Vertrages entspricht, der nicht aufgehoben wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes – VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005, heranzuziehen. Geldbußen fließen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (§ 2 des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes – FTFG, BGBl. Nr. 434/1982) zu.

...

§ 382. Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Rechtsakte der Union umgesetzt bzw. berücksichtigt:

...

2. Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (Rechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 395 vom 30.12.1989 S. 33, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 1.

...

16. Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG , ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 65, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2017/2365 zur Änderung der Richtlinie 2014/24/EU im Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren, ABl. Nr. L 337 vom 19.12.2017 S. 19.

...

 

4.1.1.1. Die auf § 340 BVergG gestützte nationale Verordnung gemäß BGBl II 2018/212 lautet in den hier interessierenden Teilen:

 

212. Verordnung der Bundesregierung betreffend die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 – BVwG-PauschGebV Vergabe 2018)

Auf Grund 1. des § 340 Abs. 1 Z 1 des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018), BGBl. I Nr. 65/2018,2. [...] wird verordnet:

Gebührensätze

§ 1. Für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018, für Anträge gemäß § 135 BVergGVS 2012 in Verbindung mit den §§ 342 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und für Anträge gemäß den §§ 86 Abs. 1 und 97 Abs. 1 und 2 BVergGKonz 2018 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

 

Direktvergaben 324 €

Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung – Bauaufträge 1 080 €

Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung – Liefer- und Dienstleistungsaufträge 540 €

Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß den §§ 43 Z 2 und 44 Abs. 2 Z 1 und 2 und Abs. 3 BVergG 2018 540 €

Bauaufträge gemäß § 43 Z 1 BVergG 2018 1 080 €

Sonstige Bauaufträge im Unterschwellenbereich 3 241 €

Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Unterschwellenbereich 1 080 €

Bauaufträge im Oberschwellenbereich 6 482 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Oberschwellenbereich 2 160 €

Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Unterschwellenbereich 3 241 €

Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Oberschwellenbereich 6 482 €

 

Erhöhte Gebührensätze

§ 2. (1) Die zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt das Dreifache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr, wenn1. der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 185 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt oder2. der geschätzte Wert bzw. der Wert der Konzession den in § 11 Abs. 1 BVergGKonz 2018 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt.

(2) Die zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt das Sechsfache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr, wenn1. der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 185 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt oder2. der geschätzte Wert bzw. der Wert der Konzession den in § 11 Abs. 1 BVergGKonz 2018 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt.

(3) Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 gelten für Ideenwettbewerbe mit der Maßgabe, dass an Stelle des geschätzten Auftragswertes bzw. des Auftragswertes die Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer als Grundlage für die Erhöhung der Pauschalgebühr herangezogen wird.

(4) Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, so richtet sich die Höhe der Pauschalgebühr gemäß den Abs. 1 und 2 nach dem geschätzten Wert bzw. dem Wert des Loses. Bezieht sich der Antrag auf die Vergabe mehrerer Lose, so richtet sich die Höhe der Pauschalgebühr gemäß den Abs. 1 und 2 nach dem geschätzten Gesamtwert bzw. dem Gesamtwert der angefochtenen Lose.

Reduzierte Gebührensätze

§ 3. (1) Die vom Antragsteller für Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt 25% [...]

(3) Die Gebührensätze gemäß Abs. 1 und 2 sind auf ganze Euro ab- oder aufzurunden.

Inkrafttreten

§ 4. (1) Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft; gleichzeitig tritt die BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe, BGBl. II Nr. 491/2013, außer Kraft.

(2) Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängigen Verfahren gelten die bisherigen Gebührensätze.

[...]

 

4.1.1.2. Die vorstehenden Bestimmungen des BVergG und der vorabgedruckten Pauschalgebührenverordnung lassen sich hinsichtlich der gestellten Vorabentscheidungsfragen dahingehend zusammenfassend beschreiben:

- Nachprüfungsanträge vor Zuschlagserteilung, mit welchen gesondert anfechtbare Auftraggeberentscheidungen nichtigerklärt, also iSd RL 89/665/EWG idgF aufgeboben werden können, setzen voraus, dass der Zuschlag im Vergabeverfahren noch nicht erteilt ist.

- Nachprüfungsanträge könne nur auf Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung gerichtet sein, wobei die Frage, was jeweils eine gesondert anfechtbare Entscheidung ist, je nach Vergabeverfahrensart aus dem diesbezüglichen Katalog des § 2 Z 15 lit a BVergG abzulesen ist.

- Direktvergaben, wie in § 46 BVergG vorgesehen, sind derzeit auf Basis einer betragsfestsetzenden Verordnung, BGBl II 2018/211 nur bis 100.000 Euro zulässig und wären nach dem Gesetzeswortlaut ohne diese Verordnung bis (nur) 50.000 Euro zulässig.

- Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wie in den §§ 350ff BVergG vorgesehen und unionsrechtlich in Art 2 RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU vorausgesetzt, ist gleichfalls nur zur Sicherung von Nachprüfungsanträgen, die sich gegen gesondert anfechtbare Entscheidungen aus bestimmten Vergabeverfahren richten, zulässig.

- Insoweit sehen § 344 Abs 1 und § 350 Abs 2 BVergG vor, dass ein Antragsteller das Vergabeverfahren und die daraus angefochtenen Auftraggeberentscheidungen bezeichnen muss, wobei diese Entscheidungen nach dem Katalog des § 2 Z 15 BVergG gesondert anfechtbar sein müssen.

- Wie sich aus den § 344 Abs 1 und 2 sowie 350 Abs 2 BVergG ergibt, ist ein Nachprüfungsantrag und ein diesbezüglich zur Absicherung gestellter Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung immer in Bezug auf eine einzige Auftraggeberentscheidung zu stellen, eine Ausnahme besteht gemäß § 342 Abs 2 BVergG nur für den Fall, dass eine Ausscheidensentscheidung gemeinsam mit einer Zuschlagsentscheidung oder einer Widerrufsentscheidung angefochten werden sollen. Dort erlaubt das Gesetz ausnahmsweise eine verbundene Anfechtung zweier Auftraggeberentscheidungen mit einem einzigen Nachprüfungsantrag unter einer hier nicht interessierenden zeitlichen weiteren Voraussetzung.

- Für die Nachprüfungs- und eV - Anträge, wie gerade dargestellt, sieht das Gesetz in § 340 BVergG eine Pauschalgebührenpflicht wie folgt vor:

- Für Nachprüfungsanträge betreffend Direktvergaben sind je Direktvergabeverfahren und je gesondert angefochtener Entscheidung 324 Euro Pauschalgebühren zu entrichten. Für einen diesbezüglich zusätzlich gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kommen zusätzliche 50% dieser Gebühr, sohin 486 Euro (je Direktvergabe).

- Bei einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sind im Oberschwellenbereich 2.160 Euro für den Nachprüfungsantrag zu entrichten, wiederum zuzüglich 50% bei Beantragung einer einstweiligen Verfügung.

- Wird der Grenzwert für den Oberschwellenbereich beim geschätzten Auftragswert um das Zwanzigfache überschritten, fallen zB pro Vergabeverfahren und pro angefochtener Auftraggeberentscheidung inkl eV - Beantragung Gebühren iHv 19.440 Euro an.

- Werden idZ nach der objektiven Interpretation einer Rechtsschutzeingabe jeweils eine Auftraggeberentscheidung aus 21 verschiedenen Vergabeverfahren inkl eV-Beantragung angefochten, fallen insoweit nach dem nationalen Gesetzes- und Verordnungswortlaut Pauschalgebühren iHv 19.440 Euro 21-mal an.

- Das BVwG hat insoweit mit der Note, OZ 39 des Verfahrensakts gegenüber der ASt folgendes vorgehalten:

Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen mit einem Auftragswert von drei Millionen fällt

gemäß BGBl II 2018/18 bei zentralen öffentlichen Auftraggeber wie dem BMLV oder der BBG

bei einem Auftragswert iHv (144.000 x 20 = 2.880.000 Auftragswert) bei einem

Nachprüfungsantrag je angefochtener Entscheidung zuzüglich dazugehörigem eV Antrag eine

Pauschalgebühr (iHv 2.160 x 1,5 x 6 =) 19.440 Euro an, was bei einer Rechtsschutzeingabe, die

sich auf 21 Rahmenvereinbarungen beziehen könnte, die als Lieferaufträge zu bewerten sein

könnten, zu einer Pauschalgebührenschuld von (19.440 x 21 Rechtsschutzverfahren =)

408.240 Euro führen könnte.

- Werden von einer ASt in einer Rechtsschutzeingabe je Vergabeverfahren mehrere denkbar gesondert anfechtbare Entscheidungen als angefochten bezeichnet, kommt es bei zusätzlicher Beantragung von einstweiligen Verfügungen zu weiteren um 20% reduzierten Pauschalgebührenlasten je Nachprüfungs- und eV - Antrag.

- Derart ergibt sich zB bei einem Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich mit mehr als zwanzigfachem Auftragwert bei der Oberschwellenbereichsgrenze für die erste angefochtene Auftraggeberentscheidung inkl eV wie bereits gezeigt der betrag von 19.440 Euro als Pauschalgebühr.

Ab der zweiten angefochtenen Entscheidung aus dieser Vergabe inkl eV - Beantragung zB bei zwei weiteren angefochtenen Entscheidungen inkl jeweils eV - Antrag.

19.440 mal 80% mal 2 = 15.552 Euro mal 2 = 31.104 Euro für diese Folgeanfechtungen von zwei weiteren Entscheidungen.

- Das ergäbe bei der Anfechtung iZm Lieferaufträgen zB von Antigentests bei einem geschätzten Auftragswert von drei Millionen je Rahmenvereinbarung bei drei angefochtenen Entscheidungen inkl eV - Beantragung bei zentralen öffentlichen Auftraggebern wie der Republik oder der Bundesbeschaffung GmbH und 21 behaupteten Rahmenvereinbarungssachverhalten

21 mal (19.440 + 31.104) = 21 mal 50.544 Euro = 1.061.424 Euro.

Die ASt hat bislang 486 Euro an Pauschalgebühren bezahlt.

- Bei intransparenten Vergabegeschehnissen und aus advokatorischer Vorsicht entsprechendem Prozessvortrag, von zB 21 Vergabeverfahren und drei daraus angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen, und einem Auftragswert mehr als der zwanzigfachen Oberschwellenbereichsgrenze bei Lieferaufträgen wird damit eine Partei wie die Antragstellerin eventuell erst im Wege eines Gebührenverbesserungsauftrag mit einer Pauschalgebührennachforderung im Millionenbereich konfrontiert, mit welcher sie zuvor nicht unbedingt zu rechnen hatte.

- Das BVwG hat nunmehr entsprechend der national - höchstgerichtlichen Rsp des VfGH zu V 64/2019, wie oben bereits dargestellt, zuerst mangels hinreichender Gebührenbezahlung einen Gebührenverbesserungsauftrag zu erlassen und dann mangels Entrichtung der nachverlangten Pauschalgebühren selbige zwecks Schaffung eines Exekutionstitels vorzuschreiben, bevor zB die insoweit im Beispiel geschilderten Nachprüfungs- und eV - Anträge enderledigt werden dürfen. Dazu sind die Gebührengrundlagen amtswegig (hier: umfangreich) zu ermitteln.

- Klargestellt wird dabei, dass nach dem nationalen Gesetzeswortlaut die Gebührenzahlungspflicht auch dann nicht entfällt, wenn die Nachprüfungs- und eV - Anträge mangels Gebührenzahlung zurückzuweisen sind.

- Weiters ist klarzustellen, dass pauschalgebührenrechtlich im Anlasssachverhalt mitunter im Abgleich der verfahrenseinleitenden Rechtsschutzeingabe mit der Prozesserklärung der ASt vom 05.01.2021, wonach sie nur mehr Vergaben in Bezug auf zwei Unternehmen anfechten würde, mitunter auch schlüssige Zurückziehungen zuvor umfangreicher gestellter pauschalgebührenpflichtigen Rechtsschutzanträgen zu prüfen/ermitteln sein werden, nachdem bei Antragszurückziehung vor der Verhandlung oder Entscheidung 25% der jeweiligen Antragsgebühren jeweils zurückzubezahlen sind - § 340 Abs 1 Z 7 BVergG .

4.1.2. Mit Art 38 der nationalen Gesetzeskundmachung BGBl I 2020/24 wurden in Österreich insb die - nunmehr durch BGBl I 2021/5 bis zum 30.06.2021 verlängerten - nationale Verfassungsbestimmungen erlassen:

Verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen

§ 4. In den Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen kann in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten die Entscheidung in Senaten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel oder im Wege eines Umlaufbeschlusses erfolgen. In diesen Verfahren kann die Gewährung von Akteneinsicht unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel erfolgen.

Aussetzen der Wirkung von Antragstellungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten

§ 5. Ist aufgrund der Angaben im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen gemäß dem Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, oder dem Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 – BVergGVS 2012, BGBl. I Nr. 10/2012, erkennbar oder wendet der Auftraggeber glaubhaft ein, dass ein Vergabeverfahren gemäß §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 37 Abs. 1 Z 4 oder 206 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 oder gemäß § 25 Z 4 BVergGVS 2012 der dringenden Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Zusammenhang mit der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 dient, so kommt dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der Angebotsöffnung, des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung oder der Erteilung des Zuschlages keine aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber darf diesfalls vor der Entscheidung über den Antrag den Zuschlag erteilen, die Rahmenvereinbarung abschließen bzw. die Angebote öffnen.

Die beiden Antragsgegnerinnen haben betreffend die derenseits abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen mit ihrer Eingabe, OZ 12 des Verfahrensakts, auf den vorstehenden § 5 als anwendbar in Bezug auf die Rechtsschutzeingabe der ASt hingewiesen.

 

4.1.3. Die Rechtslage zu den für Nachprüfungs- und eV- Anträge geltenden Inhaltserfordernisse und zu den entrichtenden Pauschalgebühren wurde oben bereits dargestellt.

4.1.3.1. IZm insb auch den zum unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz gestellten Vorabentscheidungsfragen ist ergänzend darzustellen wie folgt.

- In Art 1 Abs 2 EuGVVO sind Zivilrechtsbereiche aufgelistet, die vom Anwendungsbereich der EuGVVO ausgenommen sind.

- Materielles Vergaberecht als Summe von Normen, die va vorvertragliche Verhaltenspflichten für vergaberechtsgebundene Auftraggeber und leistungsinteressierte Unternehmer normieren, ist nach hier vertretener Auffassung als Vertragsabschlussrecht Sonderzivilrecht und damit im Anwendungsbereich der EuGVVO liegend.

- In der EuGVVO ist in Art 25 die Gerichtsstandvereinbarung als Möglichkeit vorgesehen, gerichtliche Zuständigkeiten zu begründen.

- Der österreichische VwGH hat im Vergaberechtsbereich in der Entscheidung zu 2013/04/0097 [ ECLI:AT:VWGH:2015:2013040097.X00 ] die Zuständigkeitsvereinbarung gemäß nationalem Verfahrensrecht - gemäß § 6 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz = AVG - ausgeschlossen, wobei dieser § 6 AVG nationalgesetzlich auch für das BVwG gilt.

- Dementsprechend könnte geschlussfolgert werden, dass das in Österreich im BVergG normierte Vergaberecht kein Zivilrecht wäre.

- Die Zivilrechtseigenschaft des materiellen Vergaberechts, wie bei der Frage 1. hinterfragt, ist Vorfrage zu den Vorabentscheidungsfragen iZm dem Äquivalenzgrundsatz.

- Jedenfalls das deutsche Bundesverwaltungsgericht geht - international vergleichend - davon aus, dass das Vergaberecht dem Privatrecht, also Zivilrecht zuzuordnen ist, BVerwG 02.05.2007, BVerwG 6 B 10.07 mit weiten nachweisen.

- Dadurch, dass im Wege der einstweiligen Verfügungen, wie in der RL 89/665/EWG idgF und auch im nationalen BVergG vorgesehen, die Vertragsabschlussmöglichkeiten zeitlich begrenzt sehr eingeschränkt werden können, wird hier die Auffassung vertreten, dass auch das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665 /EWg idF RL 2014723/EU ein Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche iSv EGMR 15.10.2009, 15BSW 17056/06 Micaleff g Malta ist.

4.1.3.2. Die nationale Rechtslage zu den Pauschalgebühren für Nachprüfungs,- Feststellungs,- und eV - Anträge gemäß BVergG in der höchstgerichtlichen Auslegung des nationalen Verfassungsgerichtshofs zu V 64/2019 wurde bereits oben dargelegt.

Als Eckpunkte sei nochmals wiederholt, dass die Bezahlung ausreichender Gebühren Sachentscheidungsvoraussetzung ist und nach der verfassungsgerichtlichen Auslegung die Erledigung eines Nachprüfungs- oder eV - Antrag vor der Vorschreibung der geschuldeten Gebühren dazu führt, dass diese Gebühren später nicht mehr vorgeschrieben werden dürfen.

Bei für eine Antragstellerin intransparent abgelaufenen Vergabegeschehnissen erfährt der Antragsteller mitunter erst nach umfangreichen Tatsachenermittlungen durch das BVwG dann bei einem Gebührenverbesserungsauftrag vor Antragszurückweisung oder aber bei der Gebührenvorschreibung durch einen Senat des BVwG als Rechtsprechungsorgan, wie hoch die bereits durch seine Antragstellung ausgelöste Pauschalgebührenpflicht ist.

 

National rechtsvergleichend stellen sich andere Gebührensysteme iZm Individualrechtsschutzverfahren in Zivilrechtsangelegenheiten oder im verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz wie nachstehend aufgezeigt wie folgt dar:

4.1.3.2.1. In Zivilrechtsstreitigkeiten, die durch eine Klage bei einem Bezirks- oder Landesgericht erstinstanzlich eingeleitet werden, werden vom Grundmodell her je nach dem Streitwert, den der dem vergaberechtlichen Antragsteller vergleichbare Kläger im Regelfall vorab weiß, gerichtliche Pauschalgebühren nach der Tarifpost 1 des Gerichtsgebührengesetzes (= GGG) geschuldet. Bzw weiß Kläger (auch sonst) im Regelfall, mit wie viel Pauschalgebühren er in erster Instanz zu rechnen hat.

- Während man nach dem BVergG für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 340 Abs 1 Z 4 Pauschalgebühren iHv 50% der für den Nachprüfungsantrag geschuldeten Gebühren zu entrichten hat, auch wenn die einstweilige Verfügung verbunden mit den oder den verfahrenseinleitenden Nachprüfungsanträgen beantragt wird, zahlt man bei den Zivilgerichten in Österreich für derart mit einer Klage verbunden beantragten einstweiligen Verfügungen bei grundsätzlich gegebener Gebührenpflicht für die Klage - abseits gewisser Gebührenbefreiungen im Einzelfall - keine gesonderte Pauschalgebühr, siehe dazu § 15 Abs 4 GGG und Anmerkung 2 zu Tarifpost 1 GGG sowie die diesbezügliche Auslegung des VwGH 29.04.2013, 2012/16/0212 [ ECLI:AT:VWGH:2013:2012160212.X01 ].

- Zentral erscheint hier aber, dass bei diesen Pauschalgebühren nach GGG für Klagen und Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung die bereits erfolgte Gebührenzahlung keine Voraussetzung ist, dass das Gericht die Klage oder den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erledigen darf, ohne dass bei einer Erledigung der Klage oder des Antrags auf Erlassung der einstweiligen Verfügung der Gebührenanspruch des Staats für diese Rechtsbehelfe dadurch verlorenginge.

- Vielmehr und zentral unterschiedlich zu den Pauschalgebühren nach dem BVergG werden gerichtliche Pauschalgebühren nach dem GGG mangels Bezahlung durch einen gemäß dem gerichtlichen Einbringungsgesetz (= GEG) ergehenden verwaltungsbehördlichen Bescheid vorgeschrieben, ohne dass dies einen sonstigen Einfluss auf die Erledigung der Klage oder des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hätte.

- Gegen den Vorschreibungsbescheid gemäß GEG besteht danach das Rechtsmittel der Beschwerde an das BVwG als Gericht mit voller Kognitionsbefugnis. Die diesbezüglichen Gebührenentscheidungen des BVwG gemäß GGG iVm GEG können danach noch mit Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof angefochten werden.

- Insoweit erscheinen die Nachprüfungs- und eV - Antragsteller beim BVwG, die unionsrechtlich vorgegebene Rechtsschutzverfahren gemäß der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU verfolgen, gegenüber rein nationalen Rechtsschutzverfahren mehrfach schlechter gestellt.

--- Für den beim BVwG im Regelfall verbunden mit dem Nachprüfungsantrag gestellten eV - Antrag müssen anders als im Zivilprozess vor dem Bezirks- oder Landesgericht jedenfalls immer zusätzliche Pauschalgebühren bezahlt werden.

--- Der Nachprüfungs- und eV - Antragsteller wird nach BVergG zurückgewiesen, falls er seine Pauschalgebühren nicht in der nach gerichtlicher Auffassung geschuldeten Höhe nach einem Gebührenverbesserungsauftrag bezahlt, er verliert seinen inhaltlichen Erledigungsanspruch seiner Rechtsschutzbegehren bereits mangels Gebührenentrichtung. Ein Nachprüfungs- oder eV - Antrag nach BVergG darf auch nicht zuvor aus anderen Gründen als der Gebührennichtzahlung vor einer Gebührenvorschreibung zurückgewiesen werden, auch wenn insoweit allenfalls bereits Spruchreife eingetreten wäre. Damit werden insb Auftraggeber, die mit eV - Anträgen oft mit gesetzlich aufschiebender Wirkung konfrontiert sind, evtl nachteilig davon betroffen, dass zuerst die Gebührenfrage - bei sonst potentieller Richterhaftung wegen nicht vorgeschriebener Pauschalgebühren - erledigt werden muss, bevor die eV - Anträge erledigt werden können.

--- Erfolgt eine Gebührenvorschreibung der Pauschalgebühren nach BVergG mit einem Senatsbeschluss des Senats des BVwG als Rechtsprechungsorgan, hat der gebührenpflichtige Antragsteller nicht so wie sonst ein Beschwerderecht an ein Verwaltungsgericht mit voller Kognitionsbefugnis, sondern verbleibt dem Antragsteller nurmehr entweder die Revision an den VwGH, wo Beweiswürdigungsfragen nur sehr eingeschränkt aufgegriffen werden können; oder nur mehr das Beschwerderecht an den VfGH, wo grundsätzlich nur wegen Anwendung rechtswidrig generell abstrakten Normen oder aber wegen national verfassungwidriger Rechtsanwendung im Einzelfall Beschwerde erhoben werden kann. (Zu diesen gerade beschriebenen nationalen höchstgerichtlichen Rechtsmittelzügen mit eingeschränkten Rechtsmittelthemen siehe zB Müller /Hrsg) Verfahrens vor dem VfGH, dem VwGH und den VwG 7 Rz 177 zum eingeschränkten Prüfungsmaßstab des VfGH oder aber des VwGH, wie zB in VwGH 13.11.2020, Ra 2020/07/0101 [ ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070101.L00 ], wo iSd stRsp ersichtlich, wo ausgeführt wurde:

...

Der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die einer Überprüfung unter den Gesichtspunkten der Vollständigkeit und Schlüssigkeit standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 26.2.2015, Ra 2015/07/0028 und vom gleichen Tag Ra 2015/07/0005, jeweils mwN).

...

4.1.3.2.2. Unbeschadet der hier vertretenen Auffassung, dass das Gebührenrechtssystem für zivilgerichtliche Klagen und damit verbundene Anträge auf einstweilige Verfügungen und das Gebührensystem für Nachprüfungs-, Feststellungs- und eV - Anträge jeweils gleich günstig iSd unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatzes gestaltet sein müssen, soll zwecks weiteren Rechtsvergleichs auch das Gebührensystem iZm Bescheidbeschwerden an Verwaltungsgerichte, bei Revisionen an den VwGH und bei Beschwerden gegen Erkenntnisse und Beschlüsse eines Verwaltungsgerichts an den VfGH dargestellt werden.

[Auf Gebührenbefreiungen und Sonderkonstellationen wird hier nicht eingegangen, es soll hier nur die Regel - Gebührensituation bei sonstigen gerichtlichen Rechtsmitteln im verwaltungsrechtlichen Bereich dargestellt werden.]

- Bescheidbeschwerden an das Bundesverwaltungsgericht unterliegen gemäß § 14 TP 6 Z 5 lit b Gebührengesetz 1957 und einer nationalen Verordnung, BGBl II 2014/387 idgF einer pauschalen Eingabengebühr von 30 Euro, die gemäß § 340 Abs 2 BVergG dann nicht zu entrichten ist, wenn die bereits weiter oben Pauschalgebühren gemäß § 340 Abs 1 BVergG zu entrichten sind.

- Für Beschwerden gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte wie dem BVwG fallen gemäß § 17a VfGG Gebühren iHv 240 Euro an, diese 240 Euro fallen gemäß § 24a VwGG gleichfalls bei Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof an.

- Werden bei Bescheidbeschwerden an das Verwaltungsgericht oder bei Beschwerden an den VfGH oder bei Revisionen an den VwGH Anträge auf Zuerkennung (bzw Aberkennung) von aufschiebender Wirkung gestellt, womit funktional mitunter das Gleiche wie bei einstweiligen Verfügungen, nämlich Suspensiveffekte von Rechtsbehelfen gesteuert werden können, hat der VwGH dazu bislang stets vertreten, dass derartige suspensivbezügliche Anträge, die gemeinsam mit der Beschwerde oder Revision gestellt werden, als akzessorische Anträge keiner zusätzlichen Eingaben - Pauschalgebühr unterliegen, siehe dazu zB VwGH 15.11.1984, 84/15/0136 [ ECLI:AT:VWGH:1984:1984150136.X00 ] bzw 20.12.02001, 2001/16/0414 [ ECLI:AT:VWGH:2001:2001160414.X00 ]. So zB nunmehr ausdrücklich auch §§ 1 und 2 Abs 1 der Verordnung BGBl II 2014/387 idgF.

- In keiner der vorstehend für den verwaltungsrechtlichen Bereich dargestellten Gebührenregelungen ist die Gebührenzahlung eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die inhaltliche Erledigung des jeweiligen Rechtsmittels.

- Werden diese drei vorstehend dargestellten Rechtsmittelgebühren nicht entrichtet, schreibt das zuständige Finanzamt diese Gebühren (inkl allfälliger Zuschläge) mit Bescheid vor. Der gebührenpflichtige hat danach das Beschwerderecht an das Bundesfinanzgericht als Gericht mit voller Kognitionsbefugnis. gegen die Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts steht dann wiederum das Recht der Revision an den VwGH oder der Beschwerde an den VfGH offen, dies wiederum mit den bereits dargestellten Kognitionsbefugnissen des VfGh und VwGH.

 

4.1.4. Mit der Frage A) 7. wird das Thema der Auskunftspflicht vor dem Hintergrund des Verbots der Selbstbezichtigung angesprochen.

Verfahrensrechtlich kommt in Österreich gemäß § 333 BVergG iZm Entschlagungsrechten das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz = AVG subsidiär großteils vor dem BVwG zur Anwendung.

§ 49 Abs 1 Z 1 AVG, regelt ein insoweit zentrales Entschlagungsrecht für den Zeugen und lautet, soweit hier interessierend:

§ 49. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden:

1. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, einem seiner Angehörigen [...] einen unmittelbaren Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung zuziehen oder zur Unehre gereichen würde;

[...]

Gemäß § 51 AVG kommt dieses Entschlagungsrecht auch für Verfahrensparteien zur Anwendung, wobei allerdings kein Entschlagungsrecht für einen vermögensnachteil besteht.

 

 

§ 51 AVG lautet insoweit:

§ 51. Die §§ 48 und 49 sind auch auf die Vernehmung von Beteiligten zum Zweck der Beweisführung anzuwenden, doch gilt der Weigerungsgrund des § 49 Abs. 1 Z 1 wegen Gefahr eines Vermögensnachteils nicht.

 

§ 336 BVergG ermöglicht für das BVwG eine Säumnisentscheidung auf Basis der Prozessbehauptungen der anderen Verfahrenspartei, falls durch eine Verfahrenspartei Auskünfte nicht erteilt oder abverlangte Unterlagen nicht vorgelegt werden, dies im Rahmen einer Ermessensentscheidung.

Bei § 336 BVergG sind allerdings keine derartigen Entschlagungsrechte bzw Informationsverweigerungsrechte wie in § 49 Abs 1 Z 1 AVG normiert.

Nach Auffassung des BVwG könnte es gegen das Verbot der Selbstbezichtigung verstoßen, wenn Organwalter bzw Mitarbeiter der Auftraggeberseite, durch die der Auftraggeber als juristische Person ja handeln muss, zur Vermeidung des Risikos einer Säumnisentscheidung zu Lasten des Auftraggebers Auskünfte und Informationen erteilen muss, auch wenn dadurch allenfalls bewirkt wird, dass durch diese gegebenen Informationen Tatsachen offen gelegt werden, die danach strafrechtlich (bzw auch schadenersatzrechtlich) gegen die Organwalter und Mitarbeiter der Auftraggeberseite verwendet werden könnten.

Bestünde andererseits keine derartige Säumnisentscheidungsmöglichkeit bei unterlassener Auskunftserteilung bzw unterlassener Unterlagenvorlage, würde dadurch die Effektivität des Vergaberechtsschutzes, wie er in Umsetzung der RL 89/665/EWG vorgesehen ist, auch insoweit verstärkt eingeschränkt.

Jedenfalls ist in § 336 BVergG kein Informationsverweigerungsrecht wie in § 49 Abs 1 Z 1 BVergG enthalten.

 

4.1.5. Zur Beschreibung der nationalen Ausgangsrechtslage ist hinsichtlich der Vorlagefragen, die die intransparenten Vergabeverfahren und diesbezüglich oft kaum erfüllbaren zwingenden Antragsinhalte bei Nachprüfungs- und eV - Anträgen ansprechen, nunmehr noch Folgendes zur nationalen Regelung des Nachprüfungs- und eV - Verfahrens darzustellen:

Aufgehoben iSd RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU und damit nichtigerklärt iSd nationalen Diktion des BVergG können nach dem österreichischen BVergG nur gesondert anfechtbare Entscheidungen aus einem bestimmten Vergabeverfahren gemäß den Vergabeverfahrenstypen des BVergG.

Gegenständlich also entweder bei einem Direktvergabeverfahren nach BVergG die Wahl der Direktvergabe oder aber bei einer in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer/Unternehmer die diesbezüglich in § 2 Z 15 lit a aufgelisteten und oben im Gesetzestext ersichtlichen Auftraggeberentscheidungen.

Dementsprechend hat die ASt in ihrem Nachprüfungsantrag und in ihrem korrespondierenden Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung das Vergabeverfahren und die gesondert anfechtbare Entscheidung zu bezeichnen. Bei mehreren "beeinspruchten" Vergabeverfahren muss klar sein, welche gesondert anfechtbare Entscheidung aus welchem Vergabeverfahren angefochten wird.

Bei einer Rahmenvereinbarung, die mit einem einzigen Unternehmer/Wirtschaftsteilnehmer in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung abgeschlossen wird, ist die letzte diesbezüglich für die Konkurrenz des ausgewählten Unternehmers anfechtbare Entscheidung die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll.

Danach verbleibt einem nach der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU Rechtsschutzsuchenden bei einer instransparenten Vergabe nurmehr der vergabespezifische Rechtsbehelf eines Feststellungsantrags, wobei nach dem nationalen Gesetzeswortlaut vorerst einmal das Feststellungsbegehren nach § 334 Abs 3 Z 3 BVergG; und rücksichtlich der in diesem Vorabentscheidungsverfahren hinterfragten allfälligen Gleichstellung zwischen Zuschlagsentscheidung einerseits und Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden, soll andererseits, nach hG Auffassung je nach Beantwortung durch den EuGH evtl zusätzlich das Feststellungsbegehren gemäß § 334 Abs 3 Z 4 BVergG.

Sollten tatsächlich je nach Beweisergebnis Direktvergaben iSd § 31 Abs 11 BVergG vorliegen, ist nur die Wahl des Direktvergabeverfahrens mit Nachprüfungsantrag bekämpfbar und kommen als Feststellungsbegehren nach Auffassung des BVwG wiederum die Feststellungsbegehren gemäß § 334 Abs 3 Z 3 und Z 4 in Betracht.

- IZm Nachprüfungsanträgen stellt sich für das BVwG gegenständlich vorerst einmal die Frage, ob ein Rechtsschutz mit derartigen Bezeichnungspflichten für das Vergabeverfahren bei Nachprüfungs- und eV - Antragen bei für die ASt intransparenten Vergabeverfahren entsprechend äquivalent, effektiv und fair ist.

Sollten diese Bezeichnungspflichten im Unionsrecht keine Deckung finden und damit unwirksam bzw verdrängt sein, wäre es national denkbar, insoweit eine amtswegige Ermittlungskompetenz und Nichtigerklärungskompetenz des BVwG für ermittelbare Auftrageberentscheidungen aus bestimmten Vergabeverfahren treten zu lassen, die (scil: Auftrageberentscheidungen) dann vor Zuschlagserteilung aufgehoben werden können. Sind die hinterfragten Bezeichnungspflichten hingegen unionsrechtskonform, hat das BVwG mangels entsprechender Bezeichnung nach einem Verbesserungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 AVG allenfalls zurückzuweisen.

- Hinsichtlich des nationalen spezifisch für den Vergaberechtsschutz geschaffenen Gerichtsgebührensystems stellt sich für das BVwG zusätzlich die Frage, ob es unionsrechtskonform, effektiv, fair, äquivalent und iSd raschen Verfahrens sein kann, wenn man überhaupt Gerichtsgebühren bezahlen muss, wenn man bei intransparenten Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Gerichtsgebührenschuld auslöst, die man der Höhe nach evtl zum Zeitpunkt der Antragstellung noch gar nicht kennen kann (, weil eben die Anzahl der Vergabeverfahren und die Anzahl der anzufechtenden Auftraggeberentscheidungen bzw der geschätzte Auftragswert noch unbekannt sprich intransparent ist).

Bzw, ob es im hinterfragten Sinn insb äquivalent, wirksam und fair bzw iSd raschen Nachprüfungs- und eV - Verfahrens ist, wenn das BVwG sogar bei potentiell gegebener Entscheidungsreife für den Nachprüfungs- und eV - Antrag auf anderer Ebene dennoch zuerst ermitteln muss, wie viele wann ergangene Auftraggeberentscheidungen aus wie vielen Vergabeverfahren die ASt zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung nach dem objektiv erklärten Parteiwillen mit Nachprüfungsantrag samt diesbezüglichem eV - Antrag angefochten wurden, und wie viele Nachprüfungsbegehren die ASt danach samt diesbezüglichem eV - Begehren, hier zB am 05.01.2021 mit der OZ 88 des Verfahrensakts, noch aufrecht erhalten hat, dies alles deshalb, weil nach einem nationalen Sondergebührensystem für Rechtsschutzverfahren nach dem BVergG in der Auslegung von VfGH V 64/2019 die Gebühren mangels erfolgter Einzahlung durch Verbesserungsauftrag nachverlangt und mangels danach erfolgender Bezahlung bei sonst potentieller Haftung der richterlichen Organwalter vorgeschrieben sein müssen, bevor ein Nachprüfungs- oder eV - Antrag stattgebend, abweislich oder zurückweislich erledigt werden darf bzw das diesbezügliche gebührenpflichtige Verfahren im Falle einer (Teil -) Zurückziehung überhaupt erst eingestellt werden darf .

 

4.2. Unionsrechtliche Vorschriften inkl Rsp

4.2.1. Zur Pauschalgebührenthematik ist auf unionsrechtlicher Ebene vorerst einmal der EuGH in der Rs C-61/14 in der Rdnr 58 zu zitieren:

...

Gerichtsgebühren für die Einlegung eines Rechtsbehelfs in verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Bereich öffentlicher Aufträge, die 2 % des Auftragswerts nicht übersteigen, können die Ausübung der von der Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte im Bereich öffentlicher Aufträge nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

...

4.2.2. Mit dem gerade zitierten Urteil ist vom EuGH bereits der unionsrechtliche Effektivitäts- oder Wirksamkeitsgrundsatz angesprochen, wonach nationale Vorschriften die Ausübung der durch das Unionsrecht eingeräumten Rechte im Bereich öffentlicher Aufträge nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf. Dieses Gebot einer wirksam möglichen Rechtsverfolgung ist auch in Art 1 RL 89/665/EWG idf RL 2014/23/EU bzw in Art 47 GRC angesprochen.

4.2.3. Der unionsrechtliche Äquivalenzgrundsatz verbietet, dass die Durchsetzung von durch das Unionsrecht eingeräumten Rechten nicht unsachlich schwieriger sein darf als die Durchsetzung von Rechten, die sich aus der nationalen Rechtsordnung ergeben.

- Derart formuliert zB der österreichische VwGH am 25.09.2019 zu Ra 2018/07/0359 ua [ ] unter Zitierung des EuGH wie folgt:

...

Insoweit ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs mangels unionsrechtlicher Vorschriften Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe zu regeln, die den Schutz der den Bürgern aus einem Unionsrechtsakt wie der Richtlinie 2008/50 erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten dürfen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die entsprechender innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2015, East Sussex County Council, C-71/14, EU:C:2015:656, Rn. 52, und vom 22. Februar 2018, INEOS Köln, C- 572/16, EU:C:2018:100, Rn. 42). In Bezug auf den letztgenannten Grundsatz ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, der den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes bekräftigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Sacko, C-348/16, EU:C:2017:591, Rn. 31, und vom 27. September 2017, Puskar, C-73/16, EU:C:2017:725, Rn. 59).

...

- Derart weiters der österreichische VwGH a, 27.09.2013 zu Zl 2010/05/0202 [ ECLI:AT:VWGH:2013:2010050202.X00 ] zB wie folgt:

Die Verfahren über Klagen, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, dürfen somit nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und [...] (vgl. für viele etwa die Urteile des EuGH vom 14. Dezember 1995, in der Rechtssache C-312/93, Peterbroek, und vom 12. Mai 2011, in der Rechtsache C- 115/09, Trianel, Rn.43).

- Das Unionsrecht verbietet demnach mit dem Äquivalenzgrundsatz eine verfahrensrechtliche Diskriminierung der Rechtsverfolgung von aus dem Unionsrecht abgeleiteten Rechten im Vergleich zu Verfahrensregeln, wenn über diese rein nationalrechtlich geschaffene Rechte verfolgt werden.

- Zum Äquivalenzgrundsatz ist hier im aufgezeigten Sinne jedenfalls noch der EuGH in der Rs C-61/14 zu zitieren, wo der EuGH in der Rdnr 67 ausgeführt hat wie folgt:

Der Grundsatz der Äquivalenz, wie er in Rn. 46 des vorliegenden Urteils beschrieben wurde, verlangt nämlich eine Gleichbehandlung von Rechtsbehelfen, mit denen ein Verstoß gegen nationales Recht gerügt wird, und ähnlichen Rechtsbehelfen, mit denen ein Verstoß gegen Unionsrecht gerügt wird, ...

 

4.2.4. Die RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU , also die Rechtsmittelrichtline in der geltenden Fassung (= idgF) soll rasche und effektive Nachprüfungsverfahren gewährleisten, die zur Aufhebung von Auftraggeberentscheidungen führen können. Mit einstweiligen Verfügungen auf Basis dieser Richtline sollen so schnell wie möglich vorläufige Maßnahmen vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können.

Nach Art 1 Abs 1 dieser Richtlinie sind dabei auch Rahmenvereinbarungen Aufträge iSd Richtlinie.

Aus den unbedingten hinreichend konkreten Bestimmungen dieser Richtlinie ergeben sich mitunter subjektive Rechte für den einzelnen, so zB EuGH Rs C-391/15.

Insoweit ist das BVwG va auch der Auffassung dass unionsrechtlich ein subjektives Recht besteht, dass Nachprüfungs- und eV - Anträge möglichst rasch und unabhängig von Fragen iZm gerichtlichen Pauschalgebühren zu erledigen sein müssen.

4.2.5. Materiell - vergaberechtlich erscheint gegenständlich die RL 2014/24/EU (über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ) einschlägig, zumal insb - entgegen teilweisen Formulierungen der ASt in ihrer verfahrenseinleitenden Eingabe vom 01.12.2020 - die RL 2009/81/EG von der ASt nicht substantiiert behauptet und von der Aufttraggeberseite durch die Verneinung der Anwendbarkeit des Bundesvergabegesetzes Veteidigung und Sicherheit 2012 = BVergGVS definitiv nicht als einschlägig bezeichnet wurde.

4.2.6. Art 47 GRC räumt unionsprimärrechtliche subjektive Rechte in Bezug auf gerichtliche Verfahren ein, und damit auch iZm den Rechtsschutzverfahren vor dem BVwG in Umsetzung der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU ; so zB Jarass, Charta der Grundrechte der EU3 Art 47 Rz 6. Insoweit exisitert insb das Recht auf ein faires und effektives Gerichtsverfahren bereits unionsprimärrechtlich.

Das Selbtbezichtigungsverbot wird unionsprimärrechtlich in Art 48 GRC angesiedelt gesehen - so zB Jarass, Charta der Grundrechte der EU3 Art 48 Rz 31 und Hinweis auf zB EuGH Rs C - 204/00.

4.2.7. Hinsichtlich der Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung bzw zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist das Urteil des EuGH in der Rs C-327/00 in den Rdnri 62 bis 64 (als Beispiel für das Gebot der unionsrechtskonformen Rechtsanwendung) wie folgt zu zitieren:

...

62. Da allein das vorlegende Gericht für die Auslegung und die Anwendung der nationalen Vorschriften zuständig ist, muss es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Vorschriften, in denen [...] festgelegt ist, möglichst so auslegen, dass die Beachtung des sich aus der Richtlinie 89/665 ergebenden Effektivitätsgebots sichergestellt ist.

63. Wie sich nämlich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt, muss das nationale Gericht das nationale Recht, das es anzuwenden hat, so weit wie möglich in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auslegen (vgl. Urteile vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-165/91, Van Munster, Slg. 1994, I-4661, Randnr. 34, und vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-262/97, Engelbrecht, Slg. 2000, I-7321, Randnr. 39).

 

64. Wenn eine solche konforme Anwendung nicht möglich ist, ist das nationale Gericht verpflichtet, das Gemeinschaftsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gemeinschaftsrechtswidrigen Ergebnis führen würde (vgl. u. a. Urteile vom 5. März 1998 in der Rechtssache C-347/96, Solred, Slg. 1998, I-937, Randnr. 30, und Engelbrecht, Randnr. 40).

...

 

Zur unmittelbaren Wirkung von rechtseinräumenden Richtlinienbestimmungen, deren Umsetzungsfrist wie die der Richtlinie 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU abgelaufen ist und die hinreichend bestimmt und inhaltlich unbedingt sind, siehe zB Hetmeier in Lenz/Borchardt, EU - Verträge6 Art 288 AEUV Rz 13.

 

5. Begründung der Vorlagefragen inkl Beantwortungsvorschlag

5.1. Generell ist vorerst auf die Punkte 12. und 13. der EMPFEHLUNGEN an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen zu verweisen, die - soweit hier interessierend - lauten:

12. Ein nationales Gericht kann ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof richten, sobald es feststellt, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Auslegung oder die Gültigkeit des Unionsrechts ankommt. In welchem Verfahrensstadium das Ersuchen zu stellen ist, kann das betreffende Gericht selbst am besten beurteilen.

13. Allerdings bildet dieses Ersuchen die Grundlage des Verfahrens vor dem Gerichtshof, der über sämtliche Informationen verfügen muss, die es ihm ermöglichen, sowohl seine Zuständigkeit für die Beantwortung der vorgelegten Fragen zu prüfen als auch, wenn diese bejaht wird, dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort auf diese Fragen zu geben. Daher ist es erforderlich, dass die Entscheidung über eine Vorlage zur Vorabentscheidung erst in einem Verfahrensstadium getroffen wird, in dem das vorlegende Gericht in der Lage ist, den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits und die rechtlichen Fragen, die dieser aufwirft, mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen. [...]

 

Aus Sicht des antragstellenden Senats des BVwG gebietet es (neben dem Raschheitsgebot der RL 89/665/EWG idgF) der Grundsatz der Verfahrensökonmie, wie gegenständlich für das BVwG über § 333 BVergG iVm § 39 AVG national positiviert, betreffend die vorgetragenen Fragen vorerst einmal Klarheit über die Unionsrechtslage und allenfalls über die Verdrängung von nationalem Recht bzw über die unmittelbare Wirksamkeit von Unionsrecht samt Unanwendbarkeit entgegen stehender nationaler Vorschriften abzuklären, bevor dann auf Basis der klargestellten letztendlich anwendbaren Rechtslage mehr oder weniger umfangreiche weitere Tatsachenermittlungen zu der dann letztgültig einschlägigen fallspezifischen Rechtslage durchzuführen sein werden.

 

5.2. Zu den einzelnen Fragen

Zur Frage A)1.

Diese Fragestellung betrifft die Zivilrechtseigenschaft des materiellen Vergaberechts und stellt eine Vorfrage zu den iZm dem Äquivalenzgrundsatz gestellten Fragen dar.

Handelt es sich beim materiellen Vergaberecht um einen bestimmten Teil des Zivilrechts, erscheint es nach dem unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz geboten, die Rechtsdurchsetzung für die ASt im Vergaberecht nicht - im Wege einer verfahrensrechtlichen Diskriminierung - ungünstiger zu regeln als bei sonstigem rein nationalen Zivilrecht.

Es wird vorgeschlagen, diese Fragen dahin zu beantworten, dass das materielle Vergaberecht als Summe von Normen, die vorvertragliche Rechte und Pflichten während der Vertragsanbahnung auferlegen, ein Zivilrechtsbereich gleich den sonstigen Vertragsabschlussnormen ist; und dass die Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU gleichfalls Verfahren über Zivilrecht, zumindest aber Verfahren iSd Art 35 EuGVVO sind.

 

 

Zur Frage A)2.

Mit dieser Frage wird hinterfragt, ob der insb unionsrechtliche Äquivalenzgrundsatz samt sonstigem Unionsrecht dazu führt, dass ein nationales Gebührensystem unanwendbar ist, wenn dieses Sonder - Gebührensystem eine unbedingte Zurückweisung des Nachprüfungsantrags mangels Gebührenzahlung bei vorangehendem Gebührenverbesserungsauftrag vorsieht und es damit verunmöglicht, Nachprüfungsanträge vor der Einforderung und evtl beschlussmäßigen Vorschreibung ohne Gebührenanspruchsverlust zu erledigen, wenn sonst in zivilrechtlichen Streitigkeiten nach dem diesbezüglichen Grundmodell die Klagsgebühren mangels Bezahlung auch nach Klagserledigung (unbeschadet der Form der Klagserledigung) vorgeschrieben werden dürfen und im verwaltungsrechtlichen Individualrechtsschutz Rechtsmittelgebühren für Rechtsmittel an Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof auch inhaltlich zu erledigen sind bzw aus anderen Gründen insb zurückweislich erledigt werden können, auch wenn die diesbezüglichen Gebühren noch nicht einbezahlt sind, sondern mangels Einzahlung eben danach vorgeschrieben werden.

Sollte der EuGH die Frage dahin beantworten, dass das Unionsrecht dazu führt, dass der Nachprüfungsantrag so wie sonstige individualschutzrechtliche Rechtsbehelfe in Österreich unbeschadet der Pauschalgebührenfrage und Pauschalgebührenzahlung erledigt werden darf, könnte das BVwG gegenständlich die für die Gebührenfestsetzung erforderlichen Ermittlungsschritte vorerst einmal subsidiär betrachten und nach dem Prinzip der Verfahrensökonomie den oder die gestellten Nachprüfungsanträge je nach Ermittlungsergebnis sehr wahrscheinlich sehr rasch erledigen, ohne vorab umfangreiche Ermittlungen zur Anzahl der Vergabeverfahren und irgendwelcher denkbarer Lose daraus, aus denen ursprünglich verschiedene Entscheidungen angefochten wurden, ermitteln zu müssen, wobei die ASt am 05.01.2021 die relevanten Vergabeverfahren unternehmensspezifisch letztgültig eingeschränkt hat.

IdZ wird unterstrichen, dass die verfahrenseinleitende Rechtsschutzeingabe am 30.11.2020 nach Amtsstundenende eingebracht und beim BVwG am 01.12.2020 protokolliert wurde, wobei die ASt mit der OZ 88 des Verfahrensakts klargestellt hat, dass sie nur "Abrufe" ab 20.11.2020 nachgeprüft haben möchte. Logisch kann aber nur das in Nachprüfung gezogen werden, was dann ab 20.11.2020 bis zum Zeitpunkt der Antragsüberreichung am 30.11.2020, 23.40. Uhr und 55 Sekunden (Einbringungszeitpunkt) bereits als gesondert anfechtbare Entscheidung existiert hat. Wozu nach den Ermittlungsergebnissen noch kommt, dass die ASt bis 10.12.2020 keine entsprechende eigene Berufsbefugnis für den Medizinproduktehandel in Österreich vorweisen kann und deren offenbar nicht in Österreich ansässiger Lieferant bis 10.12.2020 nach dem insoweit bislang nicht substantiiert bestrittenen Auftraggebervorbringen in der Eingabe, OZ 42 des Verfahrensakts, keine Dienstleistungsanzeige gemäß § 373a Abs 4 Gewerbeordnung = GewO in Österreich erstattet hatte.

 

Mit der Frage A).2.1. wird vor dem Hintergrund des Unionsrechts und insb des unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatzes hinterfragt, ob unionsrechtlich der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung einer eigenen Pauschalgebühr gemäß § 340 Abs 1 Z 4 BVergG unterworfen werden darf, wenn er verbunden mit einem Nachprüfungsantrag eingebracht wird, obwohl im sonstigen Zivilrecht die mit einer Klage verbundenen eV - Anträge keine zusätzliche Gebühr neben der Klagsgebühr auslösen und sonst im verwaltungsrechtlichen Bereich verbunden mit einer Bescheidbeschwerde an zB das BVwG, Revision an den VwGH oder Beschwerde an den VfGH verbunden gestellte Anträge betreffend aufschiebende Wirkung keine zusätzliche Gebühr auslösen.

Sollte der EuGH mit anderen Worten aussprechen, dass insoweit unionsrechtlich wegen verfahrensrechtlicher Diskriminierung der Nachprüfungsantragsteller im Vergleich zu den sonstigen Rechtsmittelwerbern in Österreich keine zusätzlichen eV - Gebühren für verbunden mit dem Nachprüfungsantrag eingebrachte eV - Anträge erhoben werden dürfen, könnte die eV - Begehren der Antragstellerin wesentlich rascher und insb ohne gebührenspezifische Ermittlungsnotwendigkeiten (bei sonst drohender Haftung der richterlichen Organwalter bei Nichtvorschreibung der Gebühren) erledigt werden; insb ohne dass der für die Gebührenvorschreibung zuständige Senat vor einer Entscheidung des Einzelrichters über die eV - Begehren allenfalls noch nicht bezahlte Gebühren vorschreiben müsste.

 

 

Zur Frage A)3.

Mit dieser Frage wird hinterfragt, ob es unionsrechtlich insb vor dem Hintergrund des Raschheitsgebots gemäß Art 1 Abs 1 der RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU unzulässig ist, die rasche Erledigung eines Nachprüfungsantrags daran knüpfen, dass die für einen derartigen Nachprüfungsantrag geschuldeten Gerichtsgebühren entweder bezahlt sind oder nach einem Gebührenverbesserungsauftrag bei sonstiger Zurückweisung mangels Gebührenzahlung auch bezahlt werden, wenn der Nachprüfungsantrag abseits der Gebührenfrage und der dafür zu erhebenden Tatsachen allenfalls auch sehr rasch erledigbar wäre. Zur eventuell raschen Erledigbarkeit abseits der Gebührenfrage siehe die vorstehende Begründung zu Frage A).2.

Vorgeschlagen wird, diese Frage maW dahin zu beantworten, dass es nach Unionsrecht und insb dem hier hinterfragten Raschheitsgebot unzulässig ist, die Erledigung von Nachprüfungsanträgen von insoweit nicht entscheidungsrelevanten Tatsachenfragen zu Gebührenthemen bei sonstiger potentieller Haftung der richterlichen Organwalter davon abhängig zu machen, dass zuvor die gebührenrelevanten Tatsachen ermittelt sind, danach allenfalls ein Gebührenverbesserungsauftrag erteilt wurde und dann mangels Gebührenzahlung spätestens mit der Zurückweisung mangels Gebührenzahlung die geschuldeten Gebühren vorgeschrieben werden.

 

Zur Frage A)4.

Mit dieser Frage werden für den Bereich des Nachprüfungsantrags die unionsrechtlichen Anforderungen an ein Gerichtsgebührensystem va unter Fairness- und Transparenzgesichtspunkten hinterfragt, da es nach hier vertretener Auffassung unfair für alle Verfahrensbeteiligten ist, wenn das Gericht wie hier bei einem intransparenten Vergabegeschehen weitwendige Schritte wie die Ermittlung der für die Gebührenbemessung relevanten Tatsachen durchführen muss, evtl einen Gebührenverbesserungsauftrag mangels hinreichend bezahlter Gerichtsgebühren erlassen muss und danach allenfalls den Nachprüfungs- und eV - Antrag mangels entsprechender Gebührenzahlung nicht anders als durch Zurückweisung mangels Gebührenzahlung erledigen kann. Sollte ein derartiges Gebührensystem unter Fairnessaspekten unionsrechtlich unzulässig und damit auch national unanwendbar sein, könnte das BVwG die vorliegenden Anträge allenfalls viel rascher als mit den gebührenrechtlichen Ermittlungsnotwendigkeiten erledigen.

 

Zur A)5.

Mit dieser Fragestellung werden für den Bereich des Nachprüfungsantrags die unionsrechtlichen Anforderungen an ein Gerichtsgebührensystem va unter dem Gesichtspunkt der gebührenrechtlichen Rechtswegegarantien und dabei unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzgrundsatzes hinterfragt, nachdem im hier hinterfragten vergabespezifischen Gerichtsgebührensystem die potentiell gebührenpflichtige ASt bei einer Gebührennachforderung mit einem Verbesserungsauftrag des verfahrensleitenden Richters die Gebühren durch einen gerichtlichen Senat vorgeschrieben erhält und danach nurmehr eine Revision an den VwGH oder eine Beschwerde an den VfGH zulässig ist und diese beiden Höchstgerichte nur eine - wie bereits aufgezeigt, jeweils eingeschränkte Kognitionsbefugnis haben. Zum Vergleich: Bei sonstigen Gerichtsgebühren für Klagen im Zivilprozess oder für Rechtsmittel im Verwaltungsrecht ergeht vorerst ein verwaltungsbehördlicher Gebührenvorschreibungsbescheid, der dann immer mit einer Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht und danach wiederum Revision an den VwGH oder Beschwerde an den VfGH bekämpft werden kann.

MaW: Im Regelfall steht gegen eine sonst gegebene verwaltungsbehördliche Gerichtsgebührenvorschreibung ein Beschwerderecht an ein Verwaltungsgericht mit voller Kognitionsbefugnis zu, während bei den vergabespezifischen Gerichtsgebühren nach BVergG für Nachprüfungs-, Feststellungs- und eV - Anträge nach einem erstinstanzlichen Gebührenbeschluss eines gerichtlichen Senats gegen die Gebührenvorschreibung nurmehr Rechtsmittel an den VfGH und VwGH zustehen und diese beiden Höchstgerichte jeweils keine umfassende Kognition durchführen. Wiederholend ist beim VwGH va die Beweiswürdigung nur eingeschränkt bekämpfbar; und prüft der VfGH im Regelfall entweder nur die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder die Rechtsverletzung wegen Anwendung einer generellen Norm hinsichtlich der allfälligen Rechtswidrigkeit dieser generellen Norm, die die angefochtene Entscheidung getragen hat.

Nach hier vertretener Auffassung ist eine derartige rechtsschutzdiskriminierende nationale Regelung betreffend Gerichtsgebühren im Vergaberechtsschutz nach dem BVergG im Rechtswegeabgleich mit den sonstigen Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vorschreibung anderer nationaler Gerichtsgebühren unionsrechtlich generell unzulässig, insb wenn man die zusätzliche Regelung der vergabespezifischen Rechtsschutzgebühren mitbedenkt, wonach diese vergabespezifischen Gerichtsgebühren anders als sonstige Gerichtsgebühren hinsichtlich Bezahlung sogar Sachentscheidungsvoraussetzung für die vergabespezifischen Rechtsbehelfe vor dem BVwG sind.

Zur Frage A)6.

Mit diesen Fragestellungen wird hinterfragt, ob insb im Lichte des Art 1 Abs 1 RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU der Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer aus Sicht eines Auftraggebers der Vertragsabschluss nach der vorzitierten Richtlinie und damit die Zuschlagserteilung nach nationalem Recht ist.

Wenn der EuGH diese hinterfragte Gleichsetzung bejaht, ist für das beim BVwG fortgesetzte Ermittlungsverfahren unionsrechtskonform klar, dass bei entsprechenden Rahmenvereinbarungsabschlüssen, was noch genauer zu ermitteln sein wird, bereits ab dann national nurmehr Feststellungsanträge gemäß § 334 BvergG zulässig gewesen sind und Nachprüfungs- und eV - Anträge allein wegen bereits erfolgter Zuschlagserteilung zurückzuweisen sind, falls nicht im Bereich des Nachprüfungsantrags das Verfahren zur Umwandlung in ein Feststellungsverfahren gemäß § 344 Abs 3 BVergG durchzuführen ist.

Vorgeschlagen wird, diese beiden Fragen dahin zu beantworten, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer der Vertragsabschluss bzw die Zuschlagserteilung ist, nachdem Art 1 der genannten Richtlinie diese Gleichsetzung bereits vorsieht. Im nationalen Gesetzeswortlaut des BVergG wird insoweit zwischen Zuschlagserteilung und Rahmenvereinbarungsabschluss streng unterschieden.

Die hinterfragte Gleichsetzung zwischen der Entscheidung, mit einem einzelnen Unternehmer eine Rahmenvereinbarung abzuschließen, mit der Zuschlagsentscheidung iSd RL 89/665/EWG idF RL 2014/23/EU , ist insoweit zusätzlich entscheidungsrelevant, weil nach nationalem Recht in § 334 Abs 3 Z 4 ein Feststellungsbegehren nur in Abhängigkeit von einer rechtswidrig unterlassenen Zuschlagsentscheidung zulässig ist und bei vom EuGH bejahter Gleichsetzung mit der Rahmenvereinbarungsabschlussentscheidung dieses Feststellungsbegehren nach der besagten Z 4 nach hier vertretener Auffassung unionsrechtskonform auch dann zulässig sein müsste, wenn eine Rahmenvereinbarung ohne vorangehende Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, bei entsprechenden Ermittlungsergebnissen abgeschlossen worden ist.

Zur Frage 6.1.

Mit dieser Frage soll abgeklärt werden, ob nach Unionsrecht Aufträge unter Stützung auf eine Rahmenvereinbarung auch dann auf dieser Rahmenvereinbarung beruhen, wenn dabei die Gesamtmenge der Rahmenvereinbarung iSv EuGH Rs C-216/17 bereits überschritten ist. Wird dies bejaht, hätte man nationalrechtlich bei entsprechenden Ermittlungsergebnissen davon auszugehen, dass auch die Aufträge über die Gesamtmenge hinaus, weil nach Rahmenvereinbarungsabschluss beauftragt, nurmehr mit den Feststellungsbegehren gemäß § 334 Abs 3 Z 3 und allenfalls [in Abhängigkeit von der Beantwortung der Frage A) 6. gemäß § 334 Abs 4 Z 4 bekämpfbar wären, ohne dass insoweit eine einstweilige Verfügung gemäß § 334 Abs 2 Z 1 BVergG zulässig wäre.

Käme der EuGH umgekehrt zum Ergebnis, dass Einzelaufträge nach Überschreitung der Gesamtmenge der ursprünglichen Rahmenvereinbarung nicht mehr auf der ursprünglichen Rahmenvereinbarung beruhen, hat man in einem solchen Fall zu prüfen, ob neue Einzelaufträge entweder Direktvergaben nach nationalem Recht gewesen sind oder als Lieferauftrag in einem intransparenten Vergabeverfahren vergeben worden sind oder aber als Einzelaufträge auf Basis einer denkmöglich neuen intransparent abgeschlossenen weiteren Rahmenvereinbarung zu beurteilen sind. Je nach einem insoweit erzielten Ermittlungsergebnis hat man danach zu beurteilen, ob gegen derartige neuen Beschaffungen Nachprüfungs,- Feststellungs- oder eV-Anträge aus dem Katalog des § 334 BVergG unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen zulässig (gewesen) sind, insb wenn man das letztgültige Vorbringen der ASt vom 05.01.2021 in der OZ 88 des Verfahrensakts - betreffend die Bekämpfung von Beschaffungen nurmehr bei zwei Unternehmen - berücksichtigt.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie und der möglichst klaren Regelung des Rechtsschutzes wird vorgeschlagen, die Frage dahin zu beantworten, dass Aufträge, die unter Stützung auf eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurden, auch dann auf der Rahmenvereinbarung beruhen, wenn bei der Rahmenvereinbarung die Gesamtmenge schon ausgeschöpft war.

Die Beantwortung dieser Fragen erscheint insb hinsichtlich des letztgültigen Prozessvortrags der ASt vom 05.01.2021 wichtig, wo die ASt in der OZ 88 des Verfahrensakts vorgebracht hat wie folgt:

... Wie ebenso bereits in der Stellungnahme vom 7.12.2020 (Rz 14) dargelegt, stellen sämtliche Abrufe für die Lieferung von Antigentests bei den zwei erwähnten Unternehmen unzulässige Direktvergaben dar, soweit diese das Abrufvolumen der beiden Rahmenvereinbarungen überschreiten. Dies ist in beiden Fällen ganz offensichtlich der Fall. Von der Fa. S*** wurden bereits - soweit bekannt - zumindest fünf Millionen Tests zu einem Stückpreis von EUR x,xx je Test bestellt. Doch auch die Bestellungen bei der Fa. I*** übersteigen - soweit bekannt - bei einem Stückpreis von EUR x,xx je Test (wie sich aus einer parlamentarischen Anfrage an den Bundesminister für Finanzen vom [...] ergibt) mit einer Million Stück bestellter Tests die Grenzen des Höchstbetrages bei weitem. ...

 

Nach der Beantwortung durch den EuGH wird das BVwG unionsrechtskonform zu ermitteln haben, was und insb welche gesondert anfechtbaren Entscheidungen die ASt mit ihrer Prozesserklärung vom 05.01.2021 ab dann objektiv - unbeschadet ihrer subjektiven Bezeichnung - anfechten wollte. Insoweit ist nochmals auf VwGH Zl Ra 2017/04/0125 zu verweisen, nachdem der VwGH dort ausgeführt hat:

... nicht allein darauf abgestellt werden, welche Verfahrensart der Antragsteller in seinem Antrag angeführt hat, sondern es ist vielmehr maßgeblich, worauf der Antrag inhaltlich gerichtet war, weil sich danach der Verfahrensaufwand und der mögliche Nutzen bestimmt. ...

 

 

 

Zur Eventualfrage 6.2.

Mit dieser für den Fall der Bejahung der Frage 6.1. gestellten Eventualfrage möchte das BVwG wissen, nach welchen Regeln der geschätzte Auftragswert eines Einzelauftrags berechnet wird, der auf einer Rahmenvereinbarung iSd Art 33 Abs 3 RL 2014/24/EU beruht. Berechnet man den Auftragswert des Einzelauftrags ident wie den der Rahmenvereinbarung, wird man bei einer im Oberschwellenbereich abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen, wovon derzeit hier auszugehen ist, unionsrechtskonform immer diejenigen Rechtsschutzmöglichkeiten gemäß § 334 BVergG haben, die in Österreich für den Oberschwellenbereich vorgesehen sind. Hat man unionsrechtlich den Auftragswert des Einzelauftrags nach den Regelungen für Lieferaufträge zu berechnen, könnten in Österreich nach dem BVergG für den Fall der erfolgten Zuschlagserteilung und einer Antragsumwandlung gemäß § 344 Abs 3 BVergG (nur) evtl die Rechtsschutzregelungen insb für Feststellungsanträge im Unterschwellenbereich zur Anwendung kommen und könnte es zudem auch sein, dass jeweilige Einzelaufträge, die jeweils unterhalb der nationalen Direktvergabegrenze von 100.000 Euro zu bewerten sind, gänzlich als erlaubt anzusehen sein könnten; dies dann, wenn man bei auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträgen nicht ohnehin generell die Berechnungsvorschriften des Art 5 Abs 9 oder 11 RL 2014/24/EU zur Anwendung kommen.

 

Zur Frage A)7.

Diese Vorabentscheidungsfrage berührt das Verbot der Selbstbezichtigung und dessen Verhältnis zum nationalen § 336 BVergG. Je nach Beantwortung der Frage für das Nachprüfungs- und das eV - Verfahren, wobei § 336 BVergG auch im Feststellungsverfahren anwendbar ist, ist unionsrechtlich klar, inwieweit das nationale Gesetz unionsrechtskonform eine Säumnisentscheidung zu Lasten einer Partei im Rahmen einer Ermessensentscheidung indiziert oder nicht indiziert, auch wenn bei § 336 BVergG keine Entschlagungsrechte wie in § 49 Abs 1 Z 1 AVG vorgesehen sind.

Die allfällig künftige Relevanz der Beantwortung dieser Frage wird gegenständlich bei künftigen Ermittlungen durch die medial transportierte Strafanzeige gegen gewisse Organwalter iZm den gegenständlichen Antigentestbeschaffungen dokumentiert; OZ 77 des Verfahrensakts.

Aus grundrechtlichen Aspekten wird vorgeschlagen, diese Fragen dahin zu beantworten, dass Informations- und Unterlagenvorlagepflichten nicht dem fairen Verfahren entsprechen, wenn dadurch eine Pflicht für natürliche für den Auftraggeber handelnde Personen entstünde, sich dadurch selbst zu belasten. nemo tenetur, se ipsum accusare.

 

Zu den Fragen A)8. undA)9.

Mit diesen Fragen wird die hinreichende Effektivität und Fairness der nationalen Regelungen des BVergG bei einem Nachprüfungs- und eV - Antrag in Relation zu einem für den Antragsteller intransparenten Vergabeverfahrensgeschehen hinterfragt, dies zumal als Rechtsgrundsatz zu gelten haben wird: impossibilium nulla obligatio est. Bzw: Ultra posse nemo tenetur.

Wenn im BVergG für einen zulässigen Nachprüfungs- und eV - Antrag jeweils die Bezeichnung der konkret angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung aus einem bestimmten Vergabeverfahrens verlangt wird, dies bei sonstiger Zurückweisung nach einem Verbesserungsauftrag, wird es für einen Rechtsschutzsuchenden mitunter sehr schwer bis unmöglich, insb fristgerecht vor Zuschlagserteilung iSd § 334 BVergG hinreichend abgesichert wissen zu können, wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen in wie vielen Vergabeverfahren bereits ergangen sind, die danach im jeweiligen Nachprüfungs- und eV - Antrag antragsfristgebunden zu bezeichnen sind.

Betrachtet man dieses Transparenzmanko des Rechtsschutzsuchenden allerdings im Abgleich mit anderen Rechtsschutzsystemen und insb den Klagen vor den österreichischen Zivilgerichten, so ist es vergleichend auch dort so, dass den rechtsschutzsuchenden Kläger vom Grundmodell her vorerst die Behauptungslast und danach die objektive Feststellungslast, also das Risiko der Nichtbeweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen, trifft.

Vor diesem verfahrensrechtsvergleichendem Befund wird daher vorgeschlagen, die Fragen dahin zu beantworten, dass derartige Bezeichnungspflichten für das Vergabeverfahren und für die daraus angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung das Rechtsschutzsystem des BVergG an sich weder ineffektiv noch unfair iSd Unionsrechts erscheinen lassen.

 

Zur Frage A)10.

Mit dieser Frage wird hinterfragt, ob das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nach Art 47 GRC bei für den Rechtsschutzsuchenden intransparenten Vergabeverfahrensgeschehen dazu führt, dass es bei für den Rechtsschutzsuchenden intransparenten Vergabegeschehen unionsrechtlich unzulässig ist, dennoch ein Gerichtsgebührensystem zur Anwendung zu bringen, wenn die Höhe der letztlich zu bezahlenden Gerichtsgebühren von der Höhe des geschätzten Auftragswerts, von der Anzahl der mit einem bestimmten Auftragswert durchgeführten Vergabeverfahren und von der Anzahl der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen abhängt.

Es wird dazu nochmals auf die insoweit gebotene objektive Sichtweise iSv VwGH Zl Ra 2017/04/0125 bei der Beurteilung der Rechtsschutzanträge hingewiesen.

Sind die Rechtsschutzanträge nach der vorzitierten VwGH - Entscheidung nach dem (angestrebten) Rechtsschutznutzen auszulegen, so führt nach hier vertretener Auffassung die Intransparenz für die ASt im gegenständlichen Fall dazu, dass es unfair erscheint, Pauschalgebühren für Nachprüfungsanträge und eV - Anträge je gesondert anfechtbarer Entscheidung aus je einem bestimmten Vergabeverfahren zu verlangen, sobald vom Gericht gehörig ermittelt wurde, wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen die ASt aus wie vielen Vergabeverfahren mit welchem geschätzten Auftragswert die ASt bekämpfen wollte. Unfair deshalb, weil vergleichend im GGG dem beim Zivilgericht Rechtsschutzsuchenden im Regelfall bereits bei Klagseinbringung inkl verbundener eV - Beantragung klar ist, wie viel an Gerichtsgebühren gemäß GGG der Rechtsschutzsuchende als Kläger zu entrichten hat. Im Gerichtsgebührensystem gemäß § 340 BVergG zeigen hingegen die Rechenbeispiele, wie zB in Punkt 4.1.1.2. dieses Vorabentscheidungsersuchens ersichtlich, mit welchen denkmöglichen "Gebührenüberraschungen" Rechtsschutzsuchende zu rechnen haben könnten.

Würde man die Fragen A)8. und A)9. dahin beantworten, dass unionsrechtlich geboten die Bezeichnungspflichten für die angefochtene Entscheidung und das betroffene Vergabeverfahren bereits bei Antragstellung bei bekämpften intransparenten Vergaben unangewendet zu bleiben haben, und würde man dann aber dennoch die zu bezahlende Gebührenhöhe gemäß § 340 BVergG und der Verordnung BGBl II 2018/212 erst im Laufe des Nachprüfungs- und eV - Verfahrens an Hand der dann feststellbaren Vergabeverfahren mit einem bestimmten geschätzten Auftragswert und an Hand der Zahl der aufzuhebenden Entscheidungen zu ermitteln haben, würde die fehlende Absehbarkeit der zu entrichtenden Gerichtsgebühren nochmals verstärkt ersichtlich.

Es wird daher vorgeschlagen, die Frage dahin zu beantworten, dass es unionsrechtlich unfair ist und es daher nationalen Gebührenvorschriften entgegensteht und diese daher unionsrechtskonform unangewendet zu bleiben haben, wenn durch die Gebührenvorschriften der Antragsteller Gebühren bezahlen müsste, die er zum Zeitpunkt der gebührenschuldauslösenden Antragstellung wegen Intransparenz des Vergabegeschehens noch nicht vorhersehen konnte.

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