BVwG L511 2135422-1

BVwGL511 2135422-17.6.2017

B-VG Art.133 Abs4
FSVG §2
FSVG §5
B-VG Art.133 Abs4
FSVG §2
FSVG §5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L511.2135422.1.00

 

Spruch:

L511 2135422-1/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von von XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. STEINBÜCHLER / Mag. MÜHLLEITNER / Mag. WAGENEDER MA, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 20.06.2016, Zahl: XXXX , zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 2 und § 5 Sozialversicherungsgesetz der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen (FSVG) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 20.06.2016 wie folgt zu lauten hat:

 

"Sie unterliegen aufgrund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch im Zeitraum vom 01.01.2015 bis zumindest zum 20.06.2016 (anstelle von: "vom 01.01.1984 bis laufend") der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem FSVG."

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt:

 

1. Verfahren vor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich [SVA]

 

1.1. Mit Kontoauszug vom 23.01.2016 schrieb die SVA dem Beschwerdeführer für das erste Quartal 2016 Unfall- und Pensionsversicherung in Höhe von EUR 3.429,33 vor (Aktenzahl des übermittelten Verwaltungsaktes [AZ] 149-150, 220-224).

 

1.2. Am 23.02.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass er ab 01.01.2015 nicht der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung unterliege, da die Verpflichtung, trotz Bezuges einer Alterspension weiterhin Pensionsbeiträge leisten zu müssen, verfassungswidrig sei und insbesondere gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße (AZ 154–156).

 

1.3. Die SVA übermittelte dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme (AZ 158-160), wozu dieser inhaltlich wie im Antrag Stellung nahm und im Übrigen darauf verwies, dass er den im Betrag enthaltenen Unfallversicherungsbeitrag für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.03.2016 in Höhe von EUR 27,33 bereits überwiesen habe (AZ 166-170).

 

1.4. Mit verfahrensgegenständlichem [Versicherungspflicht]Bescheid vom XXXX , Zahl: XXXX , zugestellt am 23.06.2016 (AZ 217) stellte die SVA fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Zeitraum vom 01.01.1984 bis laufend der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem FSVG unterlegen sei (AZ 200-214).

 

Begründend führt die SVA aus, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach dem FSVG vorlägen. Der Beschwerdeführer sei Mitglied der österreichischen Ärztekammer, unterliege seit 01.01.1984 der Pflichtversicherung nach dem FSVG, beziehe seit 01.11.2014 eine SVA-Alterspension und es liege keine weitere Pflichtversicherung nach dem ASVG oder aufgrund einer Erwerbstätigkeit vor, weshalb die Beiträge gemäß § 25 GSVG vorläufig festzustellen seien. Darüber hinaus verwies die SVA auf die Unbedenklichkeit der Doppel- und Mehrfachversicherung sowie auf das Solidaritätsprinzip der Sozialversicherung.

 

1.5. Mit [Beitragspflicht]Bescheid vom 21.06.2016 Zahl: XXXX , zugestellt am 23.06.2016 (AZ 198) stellte die SVA in Spruchpunkt 1 fest, dass die monatliche Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers in der Pensionsversicherung nach dem FSVG im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.03.2016 vorläufig EUR 5.670,00 betrage und verpflichtete den Beschwerdeführer in Spruchpunkt 2 für die Dauer der Pflichtversicherung einen monatlichen Beitrag zur Pensionsversicherung in Höhe von vorläufig EUR 1.134,00 zu leisten (AZ 184-196).

 

1.6. Mit Schriftsätzen vom 21.07.2016, eingelangt bei der SVA am 25.07.2016, wurden gegen den Beitragspflichtbescheid und den verfahrensgegenständlichen Versicherungs-pflichtbescheid der SVA vom 20.06.2016 fristgerecht Beschwerden erhoben (AZ 234-246).

 

In der gegenständlichen Beschwerde führt der Beschwerdeführer nach Darlegung des Sachverhalts im Wesentlichen aus, der verfahrensgegenständliche Bescheid sei infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig, da nicht nur über die Pflichtversicherung ab 01.01.2015 abgesprochen worden sei. Inhaltlich führt der Beschwerdeführer aus, die Verpflichtung, trotz Bezuges einer Alterspension weiterhin Pensionsbeiträge leisten zu müssen, sei verfassungswidrig und widerspreche insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz, dem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit sowie dem Verbot der Altersdiskriminierung. Zugleich regte der Beschwerdeführer an, das Bundesverwaltungsgericht möge hinsichtlich der Ausnahmebestimmung des § 5 Z 2 FSVG einen Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof einbringen.

 

1.7. Die SVA legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] mit 23.09.2016 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer Form vor (Ordnungszahl des hg. Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [=AZ 1-264]).

 

1.8. Mit Schriftsatz vom 22.03.2017 stellte der Beschwerdeführer gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG einen Fristsetzungsantrag.

 

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

 

1.1. Der Beschwerdeführer ist 1949 geboren und seit 01.01.1984 Mitglied der österreichischen Ärztekammer (AZ 2, 128, 166-170, 144). Er führte ab dem 01.01.1984 bis zum 28.02.2010 eine Kassenordination als Facharzt für Orthopädie (OZ 166-170), welche er ab 01.03.2010 als Wahlarztordination weiterführte (AZ 128, 228-232, 234-246).

 

1.2. Seit 01.11.2014 bezieht der Beschwerdeführer eine Alterspension von der SVA und ist weiterhin als medizinischer Sachverständiger für Orthopädie tätig (AZ 154-156, 158-160, 166-170, 192, 202-214, 228, 234-246).

 

2. Beweiswürdigung

 

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsverfahrensakt, aus dem sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ1 [=AZ 1-264].

 

Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:

 

* Kontoauszug vom 23.01.2016 (AZ 149-150, 220-224)

 

* Auszüge aus der zentralen Versicherungsdatenspeicherung (AZ 228-230)

 

* Feststellungsantrag, Stellungnahme und Beschwerde (AZ 154-156, 166-170, 234-246)

 

* Parteiengehör und Bescheid (AZ 158-160, 200-214)

 

* Eintragung in die Ärzteliste (AZ 2, 128, 144)

 

* Versicherungserklärung zur Pflichtmitgliedschaft in der Sozialversicherung der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen (AZ 5-6)

 

2.2. Beweiswürdigung

 

2.2.1. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und ist im Verfahren unbestritten geblieben.

 

2.2.1.1. Bestritten wird gegenständlich ausschließlich die Zulässigkeit der Einhebung von Pensionsbeiträgen bei gleichzeitigem Bezug von Alterspension, sowie die spruchmäßige Einbeziehung der vor dem 01.01.2015 liegenden Zeit (siehe dazu unter Rechtliche Beurteilung).

 

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

 

Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

 

3.1. Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art. 6 EMRK für Art. 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse. (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

 

3.1.1. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war, da der zu Grunde liegende Sachverhalt im Verwaltungsverfahren unstrittig blieb und weder ergänzungsbedürftig war, noch in entscheidenden Punkten als nicht richtig erschien.

 

4. Rechtliche Beurteilung

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

4.1. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG). Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, ist auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG), wobei entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des VwGVG bereits kundgemacht wurden, in Kraft bleiben (§ 58 Abs. 2 VwGVG).

 

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen (§ 27 VwGVG).

 

Das Verwaltungsgericht hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§28 VwGVG). Entscheidungen und Anordnungen erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG). Auf nicht verfahrensleitende die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind. § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden (§ 31 Abs. 3 VwGVG).

 

Sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter (§ 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG]).

 

Gemäß § 3 FSVG sind auf die Pensionsversicherung der nach § 3 pflichtversicherten Personen [ ] die für Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 des GSVG maßgeblichen Vorschriften dieses Bundesgesetzes anzuwenden und aus § 194 GSVG ergibt sich die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes.

 

Gemäß § 194 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 560/1978 idgF (GSVG), gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles (§§ 352 - 416) des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955 idgF (ASVG) mit einigen (hier nicht zur Anwendung kommenden) Maßgaben (Z1-Z5). Demnach kann gegen Bescheide der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (§ 414 Abs. 1 ASVG), wobei § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden sind (§ 194 Z 5).

 

Gemäß § 414 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 idgF (ASVG) kann gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

 

4.2. Gegenständliches Verfahren

 

4.2.1. Im gegenständlichen Verfahren ist der Sachverhalt im Verfahren unstrittig geblieben. Bestritten wurde ausschließlich die Zulässigkeit der Einhebung von Pensionsbeiträgen bei Bezug von Alterspension, sowie die spruchmäßige Einbeziehung der vor dem 01.01.2015 liegenden Zeiten.

 

4.2.2. Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer, wenn sie freiberuflich tätig und nicht als Wohnsitzärzte (§ 47 Ärztegesetzes 1998 [ÄrzteG]) in die Ärzteliste eingetragen sind, in der Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert.

 

Dies trifft auf den Beschwerdeführer, der seit 01.01.1984 durchgehende als niedergelassener Facharzt für Orthopädie freiberuflich selbständig erwerbstätig und Mitglied der Österreichischen Ärztekammer ist, zu. Dass er gemäß § 47 ÄrzteG als Wohnsitzarzt eingetragen wäre, wurde im Verfahren nicht behauptet.

 

4.2.2.1. Der Aktenlage zufolge hat der Beschwerdeführer – zumal er trotz Bezuges einer Alterspension weiterhin seine Tätigkeit ausübt – der Ärztekammer weder eine Schließung der Ordination iSd § 5 Z 1 FSVG angezeigt, noch ist gemäß § 5 Z 4 FSVG ein Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung gemäß § 59 ÄrzteG eingetreten oder wurde der Beschwerdeführer aus der Ärzteliste gestrichen. Aus dem Akt ergibt sich auch kein Hinweis darauf dass der Beschwerdeführer unter einen anderen Ausnahmetatbestand des § 5 FSVG – Anwartschaft auf einen Ruhe- und Versorgungsgenusses oder bestehender Bezug eines Ruhe- und Versorgungsgenusses auf Grund einer Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen oder einem diesen gleichgestellten Dienstverhältnis (Z2), Angehöriger der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche sowie der Anstalten der Evangelischen Diakonie (Z3) – fallen könnte.

 

4.2.2.2. Für den Beschwerdeführer besteht somit die seit 01.01.1984 bestehende Pflichtversicherung in der Unfall- und Pensionsversicherung nach dem FSVG auch ab dem 01.01.2015 weiter.

 

4.2.3. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit

 

4.2.3.1. Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, den geleisteten Pensionsbeiträgen stünde in seinem Fall keine adäquate zu erwartende Gegenleistung gegenüber und in seinem Fall sei nicht einmal theoretisch ein Leistungsanfall möglich, was eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebotes darstelle [Punkt 1 und 2 der Beschwerde].

 

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofs die österreichische Sozialversicherung vom Grundgedanken getragen wird, dass die Pflichtversicherten in der Sozialversicherung eine Risken- und Solidargemeinschaft bilden. Dabei steht der Versorgungsgedanke im Vordergrund, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich (VfGH 18.06.2009, B111/09; 19.06.2001, G115/00; 30.06.2004, B869/03 jeweils mwN; ebenso VwGH 19.03.2003, 2000/08/0206). Da in der gesetzlichen Sozialversicherung daher keine Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung besteht (VfGH 28.06.2004, G60/03), kann es dazu kommen, dass es in manchen Fällen trotz bestehender Pflichtversicherung zu keinem Leistungsanfall kommt.

 

Auch wenn – wie im gegenständlichen Fall – der Betroffene bereits Pensionsbezieher einer Alterspension ist, und daher die Aussicht auf weitere Leistungen eher theoretisch bleibt (vgl dazu explizit VwGH 07.08.2002, 99/08/0068), da die durch das System der Sozialversicherung vorgesehene Versorgung bereits eingetreten ist, bestehen aus Sicht des Verfassungsgerichtshofes keine gleichheitswidrigen Bedenken, Pensionisten, die eine pensionsversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, weiterhin mit Pensionsversicherungsbeiträgen zu belasten, mag es auch künftig zu keinem Pensionsanfall kommen (explizit dazu VfGH 19.06.2001, B864/98), da dem Sozialversicherungsrecht der Gedanke, dass der Eintritt des Versicherungsfalles die Beitragspflicht aus einer an sich versicherungspflichtigen Tätigkeit beendet, nicht eigen ist (dazu jüngst VfGH 19.02.2016, E37/2016; sowie 19.06.2001, B864/98 mwN, ebenso VwGH 07.08.2002, 99/08/0068 mwN).

 

4.2.3.2. Weiters sieht der Beschwerdeführer eine nicht sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung in seinem Fall darin gelegen, dass gemäß § 5 Z 2 FSVG jene freiberuflich tätigen Ärzte von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 2 FSVG ausgenommen sind, die auf Grund einer Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder zu von solchen Körperschaften verwalteten Betrieben, Anstalten, Stiftungen und Fonds stehen, wenn ihnen aus ihrem Dienstverhältnis die Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenuss zusteht, oder die auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses bereits einen Ruhegenuss beziehen [Punkt 3 der Beschwerde].

 

Es obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber, bei Vorliegen einer Mehrfachversicherung Ausnahmen von der Pflichtversicherung zu normieren (VwGH 29.03.2006, 2003/08/0160 mwN). In § 5 Z 2 FSVG normierte der Gesetzgeber eine Ausnahme vom Prinzip der Mehrfachversicherung, welche alle Dienstverhältnisse – öffentlich-rechtliche und privatrechtliche – zu öffentlich-rechtlichen Körperschaften umfasst, aus denen Anwartschaften auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse erfließen oder bereits ein Bezug eines Ruhe- und Versorgungsgenusses eingetreten ist. Ein privatrechtliches Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, welches eine ASVG-Pension nach sich zieht, fällt daher nicht unter die Ausnahmeregelung (VwGH 13.08.2003, 2000/08/0140; 07.08.2002, 99/08/0068).

 

Das wesentliche Merkmal der normierten Ausnahmebestimmung ist daher, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, nicht das Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft per se, sondern der Bezug eines Ruhe- und Versorgungsgenusses (oder die Anwartschaft auf einen solchen). Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei einem ASVG- oder GSVG-Pensionsbezug um eine Versorgungsleistung im System der Sozialversicherung. Im Gegensatz dazu geht der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Ruhegenuss der Beamten ein öffentlich-rechtliches Entgelt ist und diesem nicht der Charakter einer Versorgungsleistung zukommt (VfGH 14.10.2005, G67/05 ua mwN). Das Wesen der Beamtenpension wird nämlich vor allem davon bestimmt, dass es sich beim Beamtendienstverhältnis um ein auf Lebenszeit angelegtes Rechtsverhältnis handelt, in dessen Rahmen auch der Ruhebezug eine Leistung ausschließlich des Dienstgebers darstellt. Diese unterscheidet sich somit (eben) wesensmäßig von jenen Leistungen, die den Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung gewährt werden. Daher geht der Verfassungsgerichtshof auch in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich beim öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und bei der Materie des Sozialversicherungswesens um tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete handelt (vgl. dazu etwa VfGH 27.06.2003, G300/02; 30.06.1994, B377/91).

 

Diese tiefgreifende Verschiedenheit der beiden Materien schließt es daher auch aus, Teilbereiche der diese Materien betreffenden Regelungen herauszugreifen und einander zur Beurteilung an Hand des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber zu stellen (VfGH 27.06.2003, G300/02).

 

4.2.3.3. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer zuletzt ins Treffen geführte Altersdiskriminierung im Hinblick auf den Zugang zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit [Punkt 4 der Beschwerde], welche Art. 21 und Art. 25 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) sowie Art. 3 Abs.1 lit. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 200/78/EG ) widerspräche, ist auszuführen, dass das BVwG die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Diskriminierung auf Grund seines Alters nicht zu erkennen vermag. Weder wird ihm eine selbständige Tätigkeit auf Grund des Erreichens des Pensionsalters untersagt oder erschwert, noch werden ihm auf Grund des Alters höhere Beiträge verrechnet als jüngeren Ärzten. Der Beschwerdeführer legte auch nicht konkret dar (und vermag auch seitens des BVwG nicht erkannt werden), warum sein Zugang zur Erwerbstätigkeit in seinem Alter, im Verhältnis zu jüngeren Ärzten, die ebenso Pensionsversicherungsbeiträge abführen, auf Grund der Abfuhr von Pensionsversicherungsbeiträgen erschwert wäre, zumal im Umstand, dass diesen Beiträgen aller Voraussicht nach kein Leistungsanfall gegenüberstehen wird, kein erschwerter Zugang zur Erwerbstätigkeit gesehen werden kann.

 

4.2.3.4. Zusammenfassend bestehen aus Sicht des BVwG daher gegenständlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschreibung der Pensionsversicherungsbeiträge, weshalb auch der Anregung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht entsprochen wird.

 

4.2.3.5. Zur Anregung auf Vorlage gem. Art. 267 AEUV ist auszuführen, dass ein nicht letztinstanzliches Gericht wie das BVwG (vgl. VfGH 26.09.2014, E304/2014) nur zur Vorlage verpflichtet ist, wenn es die Gültigkeit von Unionsrecht anzweifelt (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, RZ 313/1). Diese Zweifel liegen gegenständlich nicht vor.

 

4.2.4. Der Beschwerdeführer unterliegt daher auch ab dem 01.01.2015, aufgrund der Ärztekammermitgliedschaft und der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit weiterhin der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem FSVG.

 

4.2.5. Die SVA hat im gegenständlichen Bescheid über die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung vom "01.01.1984 bis laufend" abgesprochen.

 

4.2.5.1. Da der Beschwerdeführer die Einhebung der Pensionsbeiträge bis zum 31.12.2014 nicht in Frage gestellt hat und sich auch sein Antrag (nur) auf die bescheidmäßige Feststellung der Pensionsversicherungspflicht ab dem 01.01.2015 richtet, ist der Spruch des Bescheides zunächst dahingehend einzuschränken.

 

4.2.5.2. Der Spruch eines Bescheides der die Formulierung "bis laufend" aufweist, ist so zu verstehen, dass damit ein für die Zukunft offener Abspruch über das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des betreffenden Bescheides, erfolgt ist (vgl. VwGH 08.02.1994, 93/08/0223). Allerdings hat das BVwG die Versicherungspflicht "zeitraumbezogen" zu beurteilen (vgl. VwGH 29.3.2006, 2003/08/0032, mwN; 14.11.2012, 2010/08/0029), sodass insofern spruchgemäß eine Einschränkung auf das Datum des Versicherungspflichtbescheids der SVA, somit auf den 20.06.2016, vorzunehmen war.

 

4.2.5.3. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die gegenständliche Entscheidung der Annahme einer Pensionsversicherungspflicht des Beschwerdeführers auch für die Zeit nach dem 20.06.2016 nicht entgegensteht, solange sich am maßgeblichen Sachverhalt (und der Rechtslage) nichts geändert hat bzw. sich nichts ändert.

 

4.2.6. Die Beschwerde ist somit spruchgemäß mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, als ausgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit (auch) vom 01.01.2015 bis zumindest 20.06.2016 der Pensionsversicherungspflicht unterliegt.

 

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

 

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

 

Die gegenständliche Beurteilung der Pflichtversicherung von Mitgliedern der Ärztekammer, die freiberuflich tätig sind, erfolgte nach § 2 Abs. 2 Z 1 iVm § 5 Z 2 FSVG und war im Verfahren nicht strittig. Die Verfassungskonformität der Vorschreibung der Pensionsbeiträge sowie des § 5 Z 2 FSVG erfolgte anhand der im Erkenntnis jeweils wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes. Zur Unbedenklichkeit der Vorschreibung von weiteren Pensionsversicherungsbeiträgen bei laufendem Pensionsbezug insbesondere VfGH 19.06.2001, B864/98, VwGH 07.08.2002, 99/02/0068 mwN; zur Ausnahmeregelung des § 5 Z 2 FSVG für Ruhegenussbezieher bzw. -anwartschaften insbesondere VwGH 13.08.2003, 2000/08/0140; 07.08.2002, 99/08/0068; zur Verfassungskonformität dieser Regelung insbesondere VfGH 27.06.2003, G300/02 und 14.10.2005, G67/05 jeweils mwN. Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

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