VwGH Ra 2016/07/0061

VwGHRa 2016/07/006126.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. der F GmbH und 2. der F Privatstiftung, beide in B, beide vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Alpenstraße 26, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 4. Mai 2016, Zl. E HG1/09/2015.002/014, betreffend eine Feststellung gemäß § 50 WRG 1959 (mitbeteiligte Parteien:

1. Marktgemeinde W, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, 2. Gemeinde P und 3. Wasserverband W in W, beide vertreten durch Dr. Manfred Moser, Rechtsanwalt in 7033 Pöttsching, Wiener Neustädter Straße 57), zu Recht erkannt:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AVG §58;
AVG §60;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §29;
VwRallg;
WRG 1959 §50;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AVG §58;
AVG §60;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §29;
VwRallg;
WRG 1959 §50;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf die Darstellung des Sachverhalts im hg. Erkenntnis vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0060, sowie im hg. Beschluss vom 29. April 2015, Ra 2015/06/0026, verwiesen.

2 Die Revisionswerberinnen sind Eigentümerinnen von Grundstücken, auf denen sich Kanalleitungen befinden.

3 Mit Schreiben vom 24. Februar 2014 beantragten sie - in Modifizierung und Erweiterung bereits früher gestellter Anträge - bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (im Weiteren: BH), diese möge zum einen feststellen, dass das im "Bestandsplan - Kanal" der B. GmbH vom 27. Mai 2012 braun eingezeichnete Kanalisationssystem von der Gemeinde P und der Gemeinde W (in weiterer Folge: Gemeinden) oder vom Wasserverband W (in weiterer Folge: Wasserverband) betrieben werde und somit im Sinne des § 1 Abs. 5 Burgenländisches Kanalanschlussgesetz 1989 Teil der öffentlichen Kanalisationsanlage sei. Zum anderen möge die BH feststellen, dass für dieses (interne) Kanalisationssystem der Wasserverband, in eventu die Gemeinden im Sinne des § 50 Wasserrechtsgesetzes (WRG 1959) instandhaltungspflichtig seien. Um den letztgenannten Antrag geht es im vorliegenden Verfahren.

4 Die Revisionswerberinnen stellten zur Begründung ihres Antrages die geschichtliche Entwicklung der Kanalisationsanlage und die ihres Erachtens relevanten wasserrechtlichen Schritte in der Vergangenheit (Besprechungen, sachverständige Äußerungen, Bescheide) dar; sie legten Unterlagen vor und beantragten die Einvernahme der Geschäftsführerin der Erstrevisionswerberin als Partei und anderer näher genannter Personen als Zeugen sowie die Durchführung eines Lokalaugenscheins.

5 Die Revisionswerberinnen erhoben im Oktober 2014 eine Säumnisbeschwerde.

6 Das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) stellte im Beschluss vom 15. Dezember 2014 den Übergang der Entscheidungspflicht über den Antrag auf das LVwG fest, wies den Antrag aber mangels Zulässigkeit zurück.

Im Umfang der Antragszurückweisung wurde dieser Beschluss mit dem hg. Erkenntnis vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0060, aufgehoben; der Verwaltungsgerichtshof ging von der Zulässigkeit des Feststellungsantrages aus.

7 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis vom 4. Mai 2016 stellte das LVwG gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 50 Abs. 1 WRG 1959 fest, dass für das im "Bestandsplan-Kanal" der B GmbH vom 27. Mai 2012 eingezeichnete Kanalisationssystem der Wasserverband, in eventu die Gemeinden nicht instandhaltungspflichtig im Sinne des § 50 WRG 1959 seien (Spruchpunkt I.). Weiters erklärte das LVwG gegen das angefochtene Erkenntnis gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt II.).

8 Das LVwG stellte als entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest, dass mit Bescheid des Landeshauptmanns von Burgenland (in weiterer Folge: LH) vom 31. September 1973 (gemeint wohl: vom 31. August 1973) der M P (als Rechtsvorgängerin der Revisionswerberinnen) die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Kanalisationsanlage im Bereich des R.-Sees gemäß §§ 32, 41 und 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 erteilt worden sei.

9 Der in dem genannten Bescheid enthaltenen Entwurfsbeschreibung sei unter anderem zu entnehmen, dass beabsichtigt sei, im Bereich des Feriendorfs 61 Großbungalows, 20 eingeschossige Appartements, 58 zweigeschossige Appartements, 22 Hotelappartements und 700 PKW-Parkplätze sowie Sport- und Spielplätze zu errichten. Die zur Entwässerung vorgesehene Kanalisation sei als Trennsystem projektiert worden. Das bedeute, dass die häuslichen Abwässer in der dem Projekt zugrunde liegenden Kanalisation abgeführt würden. Die Abwasserreinigung erfolge in der 1. und 2. Ausbaustufe in zwei Fertigkläranlagen der Type OXIGEST 10 VY 125. In den weiteren Ausbaustufen erfolge der direkte Anschluss an die Transportleitung des Abwasserverbandes W-H-Ast, wodurch die Reinigung in der zentralen Abwasserreinigungsanlage durchgeführt werde.

Aus "Vorschreibung 18." dieses Bescheids sei zu entnehmen, dass das Wasserbenutzungsrecht gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 erlösche, wenn die Fertigstellung der ersten und zweiten Ausbaustufe nicht bis zum 31. Dezember 1978 und die Fertigstellung der dritten und vierten Ausbaustufe nicht bis zum 1. August 1983 erfolge.

10 Mit Bescheid des LH vom 6. November 1995 (Spruchpunkt 2.1.) sei festgestellt worden, dass diese Abwasseranlage mit der erteilten Bewilligung im Wesentlichen übereinstimme. Geringfügige Abweichungen, die aus den vorgelegten Ausführungsplänen ersichtlich seien, würden nachträglich genehmigt werden.

11 Mit Schreiben des "Wohnparks R" vom 16. Februar 1994, gerichtet an das Amt der Bgld. Landesregierung, seien unter anderem "3 Pläne Kanalisation Ferienzentrum R HKL Techn. Büro" vorgelegt worden. Auf diesem Schreiben finde sich der handschriftliche Vermerk "ikW Abt. XIII/3 mit dem Ersuchen um Überprüfung und Stellungnahme, ob die Ausführungspläne ausreichend sind (siehe Niederschrift vom 24.11.1994)." Auf der Rückseite finde sich ein Vermerk vom 14. Oktober 1995, wonach die vorgelegten Ausführungspläne ausreichend seien. In der Folge sei der zitierte Bescheid vom 6. November 1995 erlassen worden.

12 Weder in den Akten der BH, noch in den Akten der Burgenländischen Landesregierung oder beim Wasserbuch Burgenland sei ein mit einem Bewilligungsvermerk versehener Plan auffindbar. Mit Schreiben vom 27. April 2016 hätten die Revisionswerberinnen nach Aufforderung durch das LVwG angegeben, einen solchen Plan nicht vorlegen zu können.

13 Dem vorliegenden Verwaltungsakt der Burgenländischen Landesregierung sei ein mit 2. Mai 1991 datierter "Lageplan" in einer Kopie auf sechs A3- und zwei A4-Blättern zu entnehmen. Auf dem Plan sei vermerkt, dass er am 14. Oktober 1991 geändert worden sei. Der Plan sei im Maßstab 1:1000, also demselben Maßstab wie der nunmehr von den Revisionswerberinnen vorgelegte Plan, erstellt worden. Die Blätter könnten zu einem Plan, der dasselbe Areal wie der Bestandsplan aus dem Jahr 2012 umfasse, zusammengefügt werden.

14 Dieser Plan (1991) weiche von jenem vom 27. Mai 2012 dahingehend ab, dass der im Nordosten der Anlage auf dem Plan vom 27. Mai 2012 verzeichnete Anlagenteil auf den Parzellen 2001 bis 2126 auf diesem Plan nicht enthalten und damit von der Bewilligung vom 6. November 1995 nicht umfasst sei. Dieses Areal sei im Plan aus dem Jahr 1991 mit dem Vermerk "noch zu parzellieren" ausgewiesen. Der Verlauf der Kanäle in den Plänen stimme, abgesehen von dieser Abweichung, überein.

15 Das LVwG gehe davon aus, dass auf diesem Lageplan (vom 2. Mai 1991) 1998 und 1999 lediglich Details hinsichtlich der bestehenden Rohre handschriftlich ergänzt worden seien. Es gebe jedoch keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der Verlauf der Abwasserkanäle jenem entspreche, der 1995 bewilligt worden sei.

16 Dies deshalb, weil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass bei allen 1991 bestehenden Objekten bereits zum Zeitpunkt der Errichtung ein Kanalanschluss erfolgt sei und daher auch die zwischen den Objekten verlaufenden Kanäle bestanden hätten. Wenn somit 1991 ein Lageplan erstellt worden sei, auf dem 1998 und 1999 lediglich Details hinsichtlich der Abwasserkanäle eingetragen worden seien, so seien die im Lageplan eingezeichneten Objekte im Jahr 1995, als der Bescheid nach § 121 WRG 1959 erlassen worden sei, bereits errichtet gewesen.

17 Unter Spruchpunkt 2.2. des Bescheides vom 6. November 1995 sei gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 weiters festgestellt worden, dass die aufgrund des Bescheides des LH vom 31. Mai 1973 (gemeint: Bescheid des LH vom 31. August 1973) erteilte Bewilligung für die Errichtung einer "OXIGEST 10 CY 125-Kläranlage" erloschen sei.

18 In dem diesem Bescheid zu entnehmenden Befund werde zur mit dem zitierten Bescheid bewilligten internen Kanalisation der Siedlung unter 2.b) festgehalten, dass die Kanalleitungen aufgrund geänderter Parzellierung innerhalb der Freizeitanlage wesentlich verändert worden seien. Beispielsweise seien einige Stränge nicht bzw. an anderer Stelle errichtet worden. Ebenso seien neue Stränge errichtet worden. Sämtliche Schmutzwässer würden in die Kläranlage des Wasserverbandes eingeleitet werden. Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe angegeben, dass gegen die nachträgliche Bewilligung der Änderung der internen Kanalisation keine Bedenken bestünden. Grundlage für diesen Befund sei eine am 14. November 1994 im Zuge des Ortsaugenscheins vorgenommene Überprüfung der bestehenden Bewilligungsbescheide gewesen.

19 Der Bescheidbegründung sei zu diesem Punkt ergänzend zu entnehmen, dass von der erteilten Bewilligung für die Errichtung der "OXIGEST 10 CY 125 - Kläranlage" kein Gebrauch gemacht worden sei.

20 Auch hinsichtlich einer mit Bescheid des LH vom 31. Mai 1977 erteilten Bewilligung für einen belüfteten Abwasserteich sei mit dem Bescheid vom 6. November 1995 festgestellt worden, dass diese Bewilligung erloschen sei. Die Betreiberin sei verpflichtet worden, diesen Teich bis zum 31. Juli 1996 zuzuschütten.

21 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das LVwG aus, der Umfang der wasserrechtlichen Bewilligung ergebe sich aus Spruchpunkt 2.1. des Bescheides des LH vom 6. November 1995. Mit dem nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 erlassenen Überprüfungsbescheid vom 6. November 1995 sei die Abwasserbeseitigungsanlage, wie sie dem im Zuge dieses Verfahrens vorgelegten, mit dem Überprüfungsbescheid bewilligten Ausführungsplan zu entnehmen sei, wasserrechtlich bewilligt worden.

22 Der Bescheid vom 6. November 1995 sei so auszulegen, dass der LH die Kanalleitungen selbst nach Wegfall der Kläranlage als selbständige Anlage angesehen habe. Bei einer anderen Auslegung wäre Spruchpunkt 2.1. des Kollaudierungsbescheides überflüssig. Die nachträgliche Bewilligung geringfügiger Abweichungen gegenüber der mit Bescheid aus 1973 bewilligten Anlage könne sich nur auf das Kanalnetz beziehen. In Bezug auf das Kanalnetz sei die Behörde offenbar davon ausgegangen, dass die diesbezügliche Bewilligung - im Gegensatz zur nicht errichteten Kläranlage und zum Klärteich - nicht erloschen sei, weil das Kanalnetz fristgerecht errichtet worden sei.

Das Kanalsystem sei schon in der ersten Bewilligung unabhängig von der weiteren Abwasserentsorgung gesehen worden; schon im Bescheid aus 1973 werde spruchgemäß auf eine Kanalisationsanlage Bezug genommen. Schon diese Bewilligung sei davon ausgegangen, dass zunächst die lokale Kläranlage errichtet und später der Anschluss an den Wasserverband erfolgen werde. Das Kanalsystem selbst sei also schon in diesem Bescheid als selbstständiger Anlagenteil bewilligt worden.

Soweit im Bescheid aus 1973 darauf Bezug genommen werde, dass der Anschluss an die Transportleitung des Wasserverbandes geplant sei, ergebe sich eindeutig, dass weder die Transportleitung noch eine andere wasserrechtlich relevante Anlage, die über das interne Kanalnetz hinausgehe, Gegenstand der Bewilligung gewesen sei. Die Behörde sei bei der Erlassung des Kollaudierungsbescheides davon ausgegangen, dass es sich beim bestehenden internen Kanalnetz um eine selbstständige bewilligungspflichtige Anlage nach § 32 WRG 1959 handle, obwohl damals bereits die Einleitung der Abwässer in die Kläranlage des Wasserverbandes erfolgt sei.

23 Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar in seinem Erkenntnis 95/07/0030 mit Verweis auf Rechtsprechung des OGH grundsätzlich festgehalten, dass Kanalanlagen das rechtliche Schicksal der eigentlichen Wasserbenutzungsanlage teilten. Der OGH habe in seiner Entscheidung 1 Ob 187/98a jedoch festgestellt, dass nicht jede Zu- oder Ableitung zu bzw. von einer Kläranlage deren Schicksal teilen müsse und festgehalten, dass sich eine von vielen Zuleitungen durchaus wirtschaftlich von der Kläranlage trennen lasse und daher einen selbstständigen Bestandteil der Kläranlage bilde, der sonderrechtsfähig sei und nicht das Schicksal der Hauptsache (Kläranlage) teilen müsse. Vielmehr sei von der grundsätzlichen Regelung auszugehen, dass das Eigentum an einem Grundstück auch dessen Untergrund (hier: Kanalrohre) umfasse. Eine Konstellation wie im Fall 95/07/0030 liege nicht vor. Die Kanalanlagen des Freizeitparks seien nie Zubehöranlagen der Kläranlage des Wasserverbandes gewesen. Sie seien von der Wasserrechtsbehörde im Bescheid vom 6. November 1995 als selbständige Anlage behandelt worden, damit gebe es einen Wasserberechtigten für diese Anlage.

24 Entgegen der Ansicht der Revisionswerberinnen bestehe eine wasserrechtliche Bewilligung für den bewilligten Teil des Kanalnetzes, diese bewilligte Anlage könne daher nicht als Zubehör durch Anschluss an das Kanalsystem der Kläranlage des Wasserverbandes diesem zufallen und stehe auch nicht in dessen Eigentum. Es teile nicht das Schicksal der Hauptsache, da vorliegend die rechtliche Beziehung Hauptsache - Zubehör nicht bestehe.

25 Hinsichtlich der Gemeinden werde in der Beschwerde auf § 50 Abs. 4 WRG 1959 verwiesen. Diese Bestimmung sei aber nur subsidiär für den Fall anwendbar, dass der Berechtigte nicht ermittelt werden könne, was im gegenständlichen Fall nicht zutreffe. Schon aus diesem Grund bestehe keine Erhaltungspflicht der Gemeinden nach dieser Bestimmung und auch nicht auf Grund öffentlich-rechtlicher Titel oder einer wasserrechtlichen Bewilligung.

26 Nach einem Hinweis auf §§ 297 und 417f ABGB meint das LVwG weiter, dass das Bauwerk dann, wenn es einmal Bestandteil des Grundstücks gewesen sei, auf dem es errichtet worden sei, nachträglich nicht mehr verselbständigt werden könne, wenn man vom Baurechtsgesetz absehe (Verweis auf die Entscheidung des OGH vom 12. Jänner 1994, SZ 67/1, und das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2008, 2007/07/0133). Damit habe das interne Kanalnetz des Freizeitparks nicht durch den 1988 faktisch vorgenommenen Anschluss an das Netz der Kläranlage des Wasserverbandes zum Zubehör dieser Anlage werden können.

27 Wasserberechtigter sei hinsichtlich der wasserrechtlich bewilligten Teile der internen Kanalisation daher der jeweilige Grundstückseigentümer. Die Verbindung des Wasserrechts mit der Liegenschaft ergebe sich schon daraus, dass die Antragstellerin Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei.

28 Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich "bei dem Kanalnetz" um ein persönliches Recht der Bewilligungswerberin handle, führe das im gegenständlichen Feststellungsverfahren zu keinem anderen Ergebnis. Dann wäre das Wasserrecht durch den Tod der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberinnen erloschen, es läge keine bewilligte Anlage vor und § 50 WRG 1959 wäre auf das gesamte Kanalnetz nicht anwendbar. Dieser Annahme stehe im Übrigen der Kollaudierungsbescheid entgegen, der vom Vorliegen einer aufrechten Bewilligung ausgegangen sei.

29 Im Ergebnis liege für das interne Kanalnetz des Freizeitparks eine Bewilligung nach § 32 iVm § 131 Abs. 1 WRG 1959 vor. Erhaltungspflichtig sei nach § 50 Abs. 3 iVm Abs. 6 WRG 1959 für diese Wasseranlage der Wasserberechtigte. Das sei im gegenständlichen Fall der Inhaber der wasserrechtlichen Bewilligung. Die Bewilligungen von 1973 und 1977 seien der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberinnen erteilt worden. Sie sei Antragstellerin und Grundeigentümerin in diesem Verfahren gewesen. Wasserberechtigte aus diesen Bewilligungen seien daher die derzeitigen Grundeigentümer.

30 Es bestünden keine durch einen öffentlich-rechtlichen Titel Verpflichtete nach § 50 Abs. 1 WRG 1959. Die Vereinbarung vom 1. Februar 1995 nehme nur auf den Transportkanal, aber nicht auf die dem Plan vom 27. Mai 2012 zu entnehmenden Leitungen Bezug. Aus der Satzung des Wasserverbandes ergebe sich ebenfalls keine Erhaltungspflicht für das interne Kanalnetz.

31 Die Frage nach Vorteilsträgern nach § 50 Abs. 3 WRG 1959 stelle sich nicht, weil es erhaltungspflichtige Wasserberechtigte gebe. Die Einhebung der Kanalbenützungsgebühr auf Grund des Burgenländischen Kanalanschlussgesetzes bzw. Kanalabgabegesetzes habe bei der Beurteilung außer Betracht zu bleiben.

32 Keiner der drei im Feststellungantrag Genannten (2 Gemeinden und der Wasserverband) seien für das Kanalsystem erhaltungspflichtig nach § 50 WRG 1959. Erhaltungspflichtig sei hinsichtlich der bewilligten Teile der Anlage der Wasserberechtigte.

33 Hinsichtlich der nicht bewilligten Anlagenteile sei auszuführen, dass ein Instandhaltungsauftrag bzw. ein Instandsetzungsauftrag nur bei Anlagen in Betracht komme, für die eine wasserrechtliche Bewilligung bestehe und die in Übereinstimmung mit dem wasserrechtlichen Konsens errichtet worden seien. Liege ein solcher nicht vor, könne niemand unter dem Titel eines Wasserberechtigten oder des Eigentums zur Instandhaltung bzw. Instandsetzung herangezogen werden.

34 Hinsichtlich jenes Teiles der dem Plan vom 27. Mai 2012 zu entnehmenden Kanäle, die von der Bewilligung vom 6. November 1995 nicht erfasst seien, sei § 50 WRG 1959 nicht anwendbar. Gegenstand des vorliegenden Feststellungsbegehrens sei die Frage, ob eine Instandhaltungspflicht des Wasserverbandes, in eventu der Gemeinden hinsichtlich der im von den Revisionswerberinnen vorgelegten Plan vom 27. Mai 2012 aufscheinenden Kanalleitungen bestehe. Damit sei der tatsächlich zum Entscheidungszeitpunkt bestehende Zustand nicht Verfahrensgegenstand gewesen.

35 Die dem Antrag zu entnehmende Instandhaltungspflicht bestehe nicht. Instandhaltungspflichtig seien hinsichtlich der bewilligten Teile die Eigentümer, auf nicht bewilligte Teile sei § 50 WRG 1959 nicht anwendbar. Da das Begehren auf das aus dem Plan vom 17. Mai 2012 in seiner Gesamtheit zu entnehmende Anlagennetz gerichtet gewesen sei, sei im Spruch nicht zu differenzieren und festzustellen gewesen, dass für dieses Kanalsystem eine Instandhaltungspflicht des Wasserverbandes oder der Gemeinden nicht bestehe.

36 Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das LVwG aus, es sei keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung. Auch sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

37 Dagegen erhoben die Revisionswerberinnen die vorliegende außerordentliche Revision, in der sie Rechtwidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machten.

38 Mit Schriftsätzen vom 22. September 2016 erstatteten die mitbeteiligten Parteien jeweils eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

39 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

40 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

41 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

42 2. Als Zulassungsgründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG wurde ins Treffen geführt, dass es sich bei der Frage, ob die Instandhaltungspflicht gemäß § 50 WRG 1959 hinsichtlich eines Kanalsystems, für welches von den Gemeinden bzw. vom Abwasserverband seit Jahrzehnten Anschlussgebühren und Kanalbeiträge eingehoben würden, den jeweiligen Körperschaften oder den Eigentümern jener Liegenschaften, in denen die Kanalstränge verlaufen, obliege, um eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung für eine Vielzahl von Betroffenen handle. Für die Frage der Instandhaltungspflicht gemäß § 50 WRG 1959 könne es keinesfalls darauf ankommen, ob der Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Revisionswerberinnen in der Vergangenheit einmal eine wasserrechtliche Bewilligung für einen Teil der vorliegenden Kanalrohre am R.-See erteilt worden sei. Zu- und Ableitungen zu Kläranlagen würden vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als unselbständiger Bestandteil der Hauptanlage angesehen werden. Auch sehe der OGH Teile eines Leitungsnetzes als unselbständige Teile des Gesamtnetzes an. Die Norm des § 50 WRG 1959 komme auch dann zur Anwendung, wenn der Berechtigte an einer Wasserbenutzungsanlage nicht ermittelt werden könne; diesfalls sei die subsidiäre Bestimmung des § 50 Abs. 4 WRG 1959 heranzuziehen.

43 Außerdem habe das LVwG gegen formale Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen: So seien die BH und das LVwG für die gegenständliche materiell-rechtliche Beurteilung wegen der Größe der Anlage des Wasserverbandes nicht zuständig gewesen. Weiters hätte das LVwG eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG durchzuführen gehabt. In einer solchen Verhandlung hätte das LVwG die von den Revisionswerberinnen angebotenen Beweise (zB Einvernahme von Parteien bzw. Zeugen, Durchführung eines Lokalaugenscheins) aufnehmen müssen; das LVwG wäre diesfalls zum Ergebnis gekommen, dass der Umfang der wasserrechtlichen Bewilligung nicht festgestellt werden könne. Die Beweiswürdigung des LVwG (im Zusammenhang mit der Bewertung der Planunterlagen des Kollaudierungsverfahrens und damit mit dem Inhalt des Konsenses) widerspreche schließlich den Erfahrungen des Lebens und den allgemeinen Denkgesetzen.

44 3. Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

45 3.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Revisionswerberinnen die Einvernahme näher genannten Personen beantragt haben; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in solchen Fällen davon auszugehen, dass im Weg der angeführten Beweisanträge ein Verhandlungsantrag gestellt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2013, 2012/21/0120; vom 26. Juni 2013, 2012/22/0082, und vom 20. November 2014, Ra 2014/07/0052).

46 Nach § 24 Abs. 4 leg. cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kommt ein Entfall der Verhandlung somit dann nicht in Betracht, wenn Art. 6 MRK und Art. 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem LVwG ist daher durchzuführen, wenn es um "civil rights" oder "strafrechtliche Anklagen" iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl. ua die hg. Erkenntnisse vom 9. September 2014, Ro 2014/09/0049, und vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007 mwN).

Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des LVwG (§ 24 Abs. 4 VwGVG) nur dann nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom 15. Mai 2015, Ra 2015/03/0030, sowie vom 29. Jänner 2016, Ra 2015/06/0124).

47 3.2. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage der Erhaltungspflicht einer Kanalisationsanlage. Den Erhaltungspflichtigen treffen die in § 50 WRG 1959 genannten Instandhaltungspflichten. Die verfahrensgegenständliche Feststellung steht daher in engem Zusammenhang mit der möglichen Heranziehung des Erhaltungspflichtigen als Adressat wasserpolizeilicher Aufträge im Fall der Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht.

Nun fallen Verfahren betreffend behördliche Beseitigungsaufträge von baulichen Anlagen unter Art. 6 EMRK (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, Ra 2014/05/0058, unter Bezugnahme auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR). Die Feststellung der Instandhaltungspflicht einer Kanalisationsanlage stellt daher wegen ihrer Nahebeziehung zur Verhängung von behördlichen Aufträgen ebenfalls eine Angelegenheit der "civil rights" dar und fällt unter die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK.

48 3.3. Eine Besonderheit des vorliegenden Falls liegt zudem darin, dass das LVwG im Säumnisbeschwerdeweg zur Entscheidung zuständig wurde und somit die erste und einzige Sachentscheidung traf. Die Behörde hatte zwar ein Ermittlungsverfahren begonnen; Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt wurden seitens der Behörde aber nicht getroffen.

49 Erst das LVwG stellte den entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest, wobei allerdings auch beweiswürdigende Erwägungen im Zusammenhang mit den Vorgängen in den 90iger Jahren und der Bedeutung einzelner Planunterlagen bzw. bestimmter Korrekturen angestellt (vgl. Seite 7 des Erkenntnisses; siehe die obige Wiedergabe der Rz 14f) und daraus Schlussfolgerungen über Inhalt und Umfang des wasserrechtlichen Konsenses gezogen wurden.

50 3.4. Es ist daher weder davon auszugehen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Verfahren vor dem LVwG bereits feststand noch, dass keine beweiswürdigenden Fragen auftraten. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem LVwG wäre daher im vorliegenden Fall geboten gewesen.

51 Ist aber eine Verhandlung nach Art. 6 EMRK geboten, dann ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Prüfung der Relevanz des Verfahrensmangels der Unterlassung einer solchen Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. ua das hg. Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2015/06/0089).

52 3.5. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Aufbau des angefochtenen Erkenntnisses den Vorgaben des § 17 VwGVG in Verbindung mit § 60 AVG insofern nicht entspricht, als im Rahmen des "Sachverhaltes" Feststellungen des LVwG und beweiswürdigende Erwägungen gemischt dargestellt wurden. Darüber hinaus fehlt auch eine Begründung dafür, weshalb das LVwG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat.

53 4. Was schließlich die Rechtsfrage betrifft, welche Behörde zur Entscheidung über den Feststellungsantrag zuständig gewesen wäre und ob die zuständige Behörde überhaupt säumig geworden sei, so sind die Revisionswerberinnen darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0060, den Beschluss des LVwG vom 15. Dezember 2014 (nur) insoweit aufgehoben hat, als mit ihm der Antrag der Revisionswerberinnen zurückgewiesen worden war. Dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf das LVwG im Säumniswege übergangen war, war damals nicht in Revision gezogen worden; dieser Aspekt kann daher jetzt nicht mehr aufgerollt werden.

54 5. Dadurch, dass das Landesverwaltungsgericht von der gebotenen mündlichen Verhandlung Abstand genommen hat, hat es aus den oben dargestellten Gründen sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

55 6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 26. Jänner 2017

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