VfGH G60/03

VfGHG60/0328.6.2004

Verletzung des Vertrauensschutzes durch Pensionskürzungen für Notare; unverhältnismäßig intensiver Eingriff insbesondere im Hinblick auf kurz vor dem Ruhestand stehende Personen

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs6
ASVG §354, §355
NotarversicherungsG 1972 §10a, §48 Abs2, §52a, §72, §107 idF 9. NotarversicherungsG-Nov, BGBl I 139 /2000
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs6
ASVG §354, §355
NotarversicherungsG 1972 §10a, §48 Abs2, §52a, §72, §107 idF 9. NotarversicherungsG-Nov, BGBl I 139 /2000

 

Spruch:

I. 1. Im Bundesgesetz über die Pensionsversicherung für das Notariat (Notarversicherungsgesetz 1972 - NVG 1972), BGBl. Nr. 66/1972, in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972), BGBl. I Nr. 139/2000, werden als verfassungswidrig aufgehoben:

  1. a) §48 Abs2;
  2. b) §52a;
  3. c) in §107 Abs1 Z1 die Ausdrücke "48 Abs2, 52a samt Überschrift,";

    d) §107 Abs5 und 6.

2. §48 Abs2 NVG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (5. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972), BGBl. Nr. 116/1986, tritt wieder in Kraft.

Im Übrigen treten frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft.

3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen stellt auf Grund seines Beschlusses vom 8. April 2003 den Antrag, die nachstehend bezeichneten Teile des Notarversicherungsgesetzes 1972 (NVG 1972), BGBl. Nr. 66/1972, jeweils idF des Bundesgesetzes, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972), BGBl. I Nr. 139/2000, als verfassungswidrig aufzuheben:

1.2. Zum Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits wird ausgeführt, die - im Jahr 1937 geborenen - Kläger hätten ihr Amt als öffentliche Notare im Jahr 2002, somit vor Vollendung des 70. Lebensjahres, zurückgelegt. Die beklagte Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates habe den Klägern ab dem Stichtag 1. Juni, 1. Juli bzw. 1. August 2002 eine Alterspension in Höhe von EUR 5.570,84, EUR 4.333,59 bzw. EUR 3.288,09 monatlich zuerkannt.

Die Kläger hätten dagegen Klage an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht erhoben, worin sie das Urteil begehrten, die beklagte Versicherungsanstalt sei schuldig, den Klägern jeweils ab dem soeben genannten Stichtag "eine Alterspension in der gesetzlichen Höhe aufgrund der Gesetzeslage vor Inkrafttreten der 9. Novelle zum NVG" zuzuerkennen. Dieses Klagebegehren sei vom Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 26. November 2002 abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil hätten die Kläger Berufung an das antragstellende Gericht erhoben.

1.3. Das antragstellende Gericht legt seine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der eingangs bezeichneten Regelungen des NVG 1972 dar wie folgt:

"Die Finanzierung der Leistungen der Notarversicherung erfolgte stets allein durch die Versicherten, ohne Beteiligung des Bundes. Der Gesetzgeber des NVG 1972 ging demgemäß davon aus, dass auf Grund der Maßnahmen des Entwurfes auch künftig Mittel des Bundes nicht erforderlich sein werden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (114 Blg NR XIII. GP, 25 ff) wird zur finanziellen Lage der Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariates ausgeführt, dass sie seit dem Jahre 1963 Gebarungsüberschüsse von rund S 2,000.000,-- jährlich erwirtschaftet habe und auch für das Jahr 1972 und die Folgejahre mit Gebarungsüberschüssen von weit mehr als S 1,000.000,-- gerechnet werde. Der Beitragssatz wurde mit 7 v.H. festgesetzt.

Für den Fall, dass in einem Geschäftsjahr die Beitragseinnahmen zuzüglich der Vermögenszinsen zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichten, sah §80 Abs1 NVG primär eine beitragsseitige Sanierung, allenfalls unter Heranziehung der Rücklage vor. Erst im Falle, dass weder durch eine Erhöhung der Beitragsgrundlage [gemeint wohl: des Beitragssatzes] auf 12 v.H. noch durch die Verwendung der Rücklage eine Deckung erreicht werden könne, war eine Kürzung der Leistungen vorgesehen. Durch die 3. Novelle zum NVG 1972, BGBl Nr. 343/1978, wurde der höchste Beitragssatz auf 20 v.H. erhöht und mit der 7. Novelle zum NVG 1972, BGBl Nr. 24/1994, die vorrangige Auflösung der Rücklagen beseitigt.

Die in der Regierungsvorlage zum NVG 1972 gestellte Prognose von Gebarungsüberschüssen bestätigte sich bis zum Jahre 1996. In den Jahren 1997 bis 1999 musste die beklagte Partei hingegen Verluste (Mehraufwände) von insgesamt rund S 45,000.000,-- hinnehmen. Wenngleich die laufende Gebarung der Notarversicherung in keiner Weise gefährdet war (AB 344 Blg NR XXI. GP, 1), sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit, der Entwicklung rechtzeitig durch eine Bekämpfung ihrer Ursachen entgegenzutreten. Als Hauptursache wurde neben dem Stagnieren des Beitragsaufkommens das Ansteigen der Zahl der Alterspensionen, die vor dem 70. Lebensjahr in Anspruch genommen werden, geortet. Dem §51 Abs1 N[VG], nach dem der Versicherte Anspruch auf Alterspension nach Vollendung des 65. Lebensjahres hat, wenn sein Amt erloschen ist bzw. wenn er aus der Liste der Notariatskandidaten gestrichen wurde, stellte der Gesetzesgeber §19 Abs1 lite NO, nach dem das Amt eines Notars mit Ablauf des 31.1. nach dem Kalenderjahr, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet hat, erlischt und §118a Abs1 lite NO, nach dem der Notariatskandidat von der Notariatskammer aus dem Verzeichnis der Notariatskandidaten zu streichen ist, wenn er das 70. Lebensjahr vollendet hat, gegenüber und führte aus, dass diese Rechtslage bedeute, dass ein Notar bzw. Notariatskandidat mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten könne, aber nicht müsse (AB 344 Blg NR [X]XI. GP, 1).

Um ehestmöglich wieder eine ausgeglichene Gebarung der Notarversicherung herbeizuführen, für die zu erwartenden Perioden von Spitzenbelastungen vorzusorgen, die gestiegene Lebenserwartung zu berücksichtigen und die angesichts der Entwicklung aus dem Gleichgewicht geratene Beitrags- und Pensionsgerechtigkeit wiederherzustellen, wurde u.a. ein Pensionsabschlag bei Inanspruchnahme einer Direktpension vor Ende des 70. Lebensjahres des Anspruchsberechtigten (§52a NVG) eingeführt.

Die Berufung weist zutreffend darauf hin, dass das NVG keinen Anspruch auf vorzeitige Alterspension nach einer bestimmten Versicherungsdauer kenne. Die Regierungsvorlage zum NVG (114 Blg NR XIII. GP, 25, 33) führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Herabsetzung der Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Alterspension auf das 65. Lebensjahr ein Anliegen der Versicherten verwirklicht, das auch im Zusammenhang mit einer möglichen Herabsetzung der Altersgrenze für das Erlöschen des Notarenamtes zu sehen ist. Mit dieser Herabsetzung wird es den Versicherten des Notariates ermöglicht, im gleichen Lebensalter in den Ruhestand zu tre[t]en wie die öffentlich Bediensteten oder die Versicherten der Sozialversicherung.

[Aus der] Entwicklung des Beitragssatzes während des Zeitraumes, in dem die drei Kläger Beiträge zur Notarversicherung leisteten (1975 bis 2000), lässt sich ableiten, dass Gebarungsprobleme der beklagten Partei in Entsprechung der Vorgaben des §80 NVG stets beitragsseitig behoben wurden. 1975 bis 1977 wurde der Beitragssatz gleichbleibend mit 9 % festgesetzt. Im Jahre 1978 erfolgte ein moderater Anstieg auf 10 %, ehe im Jahre 1979 eine Erhöhung auf 14 % erfolgte, um, etwas zeitverzögert, auf das Ansteigen der Belastungsquote (von 536 im Jahre 1972 auf 587 im Jahre 1977) zu reagieren. In den Folgejahren pendelte er sich nach neuerlichem Abfallen der Belastungsquote (bis 1999 auf 389) zwischen 9 (1981, 1982, 1989, 1990, 1996 bis 1998) und 13 % (1986) ein, ehe es auf Grund der Mehraufwände in den Jahren 1997 bis 1999 im Jahre 2000 zu einer Erhöhung auf 15 % kam (GA Pagler & Pagler vom 19.6.2000 'Pensionsreform 2000 für die Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariates', 4; NZ 1975, 19; NZ 1977, 1; NZ 1978, 14; Wagner/Meisel, MSA NVG, Anm 4a zu §9).

Vor dem Hintergrund dieser Darlegungen erachtet das Berufungsgericht einen Vertrauensschutz sowohl hinsichtlich einer primär einnahmenseitigen Sanierung allfälliger Gebarungsprobleme als auch hinsichtlich der Wahrung 'voller' Pensionsansprüche im Falle einer Pensionierung nach Vollendung des 65. Lebensjahres und damit nach Erreichung des Regelpensionsalters der überwiegenden Mehrheit der Pensionsversicherten für gegeben. Obwohl der für das Jahr 2000 festgesetzte Beitragssatz von 15 % gemäß §9 Abs2 NVG den Höchstbeitragssatz von 20 % gemäß §80 NVG bei weitem nicht ausschöpfte, erfolgte entgegen dem im §80 NVG aufrecht normierten Vorrang einer beitragsseitigen Herstellung des Gleichgewichtes zwischen Ausgaben und Einnahmen eine Kürzung der Leistungen bzw die Einführung eines Solidaritätsbeitrages.

In dieser Rechtsposition wurde durch die Bestimmungen der 9. Novelle zum NVG 1972, deren Aufhebung beantragt wird, nicht bloß geringfügig, sondern im Hinblick auf die Kumulierung der Maßnahmen schwerwiegend eingegriffen. Dieser schwerwiegende Eingriff wurde durch die Übergangsregelungen nur unzureichend abgefedert, zumal der Gesetzgeber dem Vorschlag der Sachverständigen Pagler & Pagler hinsichtlich der Übergangsregelung für die Ausdehnung des Bemessungszeitraumes von 18 auf 30 Jahre gemäß §48 Abs2 NVG idF BGBl I Nr. 139/2000, der bei Stichtagen im Jahr 2002 für die Berechnung des durchschnittlichen Monatseinkommens die ersten 22 der letzten 24 Jahre vorsah, während §107 Abs5 NVG idF BGBl I Nr. 139/2000 bei Stichtagen im Kalenderjahr 2002 das durchschnittliche Monatseinkommen aus den Beitragsmonaten während der ersten 26 der letzten 28 Kalenderjahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalles als Bemessungsgrundlage normierte (vgl GA Pagler & Pagler aaO, 14). Die Gegenüberstellung der Pensionsansprüche nach alter und neuer Rechtslage zeigt, dass die Pensionseinbußen der drei Kläger in Summe zwischen rund 23 % ... und rund 30 % ... liegen. Diese Kürzungen liegen deutlich höher als die - soweit überblickt - bislan[g] judizierte Maximalreduktion von 12,5 % auf 5 Jahre (Tomandl, ecolex 1992, 37 ff; VfSlg 12.732).

Neben den Personen, die bereits Pensionen beziehen, sind jene Personen besonders schutzwürdig, die die gesetzliche Maßnahme knapp vor der Erreichung des Pensionsalters trifft (Tomandl, ZAS 1996, 76), weil sie sich gleich den Pensionisten nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können (VfSlg 11.665/1988; VfSlg 14.846/1997 u.a.).

Im gegenständlichen Fall verblieben den drei Klägern lediglich rund 1 1/2 Jahre, um den Folgen der mehrfach erwähnten Bestimmungen der 9. Novelle zum NVG 1972 entgegenzusteuern, sodass auch die Voraussetzung eines plötzlich eintretenden Eingriffes in erworbene Rechtspositionen zu bejahen ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die 9. Novelle zum NVG 1972, BGBl I Nr 139/2000, auf einen Initiativantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Annemarie Reitsamer, Karl Öllinger und Kollegen (307/A) zurückgeht, den der Ausschuss für Arbeit und Soziales in seiner Sitzung am 20.10.2000 in Verhandlung nahm und dessen im gegenständlichen Verfahren relevante Vorschriften teilweise bereits am 1.1.2001 in Kraft traten (§107 Abs1 Z1 NVG idFd 9. Novelle, BGBl I Nr 139/2000).

Das Berufungsgericht ist daher zusammengefasst der Ansicht, dass die Bestimmungen der 9. Novelle zum NVG 1972, deren Aufhebung mit dem gegenständlichen Antrag begehrt wird, dem Gleichheitssatz durch Verletzung des Vertrauensschutzes widersprechen, weil sie - ohne entsprechende Übergangsregelungen - intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreifen (vgl VfSlg 11.288/1987; VfSlg 11.665/1988; VfSlg 14.090/1995; VfSlg 15.936/2000; VfGH G85/02)."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, worin sie den Bedenken des antragstellenden Gerichtes wie folgt entgegentritt (Hervorhebungen wie im Original):

" A) Allgemeines

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich das System der Notarversicherung von den übrigen Pensionsversicherungssystemen - insbesondere jenem des ASVG - wesentlich unterscheidet. Die bisher aufgestellten Grundsätze bezüglich des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit den Regelungen der 'allgemeinen Pensionsversicherung' sind daher nicht ohne weiteres auf jene der Pensionsversicherung des österreichischen Notariates übertragbar.

Dies wird insbesondere durch die Besonderheiten der Notarversicherung deutlich:

1. Was die Finanzierung betrifft, so fließen die Mittel zur Bestreitung der Aufwendungen der Notarversicherung in erster Linie aus den Beiträgen der Versicherten und der Pensionisten; einen Bundesbeitrag und somit auch eine Ausfallhaftung des Bundes gibt es in der Notarversicherung nicht und hat es auch nie gegeben. Angesichts des Umlageverfahrens bedeutet das Fehlen eines solchen Bundesbeitrages einerseits eine erhöhte Verantwortung der Selbstverwaltung der Notarversicherung, andererseits eine stärkere Pflicht der Versicherten zur Solidarität für die Aufbringung der Mittel in der Notarversicherung (vgl. Meisel, Die Aufbringung der Mittel der Notarversicherung, NZ 1/2003, 15).

Im Übrigen wurde gerade diese Eigenständigkeit bei den Debatten im Nationalrat und im Bundesrat über die 9. Novelle zum NVG 1972, BGBl. I Nr. 139/2000, von den Vertretern aller vier Fraktionen als vorbildlich hervorgehoben. Es darf darauf hingewiesen werden, dass die Beschlussfassung der 9. NVG-Novelle sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat stimmeneinhellig durch die Vertreter aller vier Parlamentsfraktionen erfolgte.

2. Im NVG 1972 gibt es - im Gegensatz zum ASVG - keine Höchstbeitragsgrundlage. Dementsprechend sind auch die (Eigen)Pensionsleistungen grundsätzlich nach oben hin nicht beschränkt. In Verbindung mit dem jeweiligen Beitragssatz führt dies unter anderem dazu, dass das Pensionsniveau und damit das Sicherungsniveau in der Notarversicherung im Alter in absoluten Zahlen gesehen weit höher liegt als in allen anderen Pensionsversicherungssystemen.

3. Darüber hinaus hat ein nach dem NVG 1972 Versicherter einen Anspruch auf eine Mindestpension (2003:2 198,58 €), die bei Eigenpensionisten ungefähr doppelt so hoch wie eine Durchschnittspension nach dem ASVG ist. Dies bedeutet ein Leistungsniveau, das mit anderen Pensionssystemen nicht vergleichbar ist.

4. Gleichwohl konnte und kann die Pension eines Notars alleine - unabhängig von der 9. NVG-Novelle - trotz der vergleichsweise hohen Pensionsleistungen nur einen geringen Teil des während der Zeit der Erwerbstätigkeit erzielten Lebensstandards absichern. Während die so genannte Nettoersatzrate (das ist das Verhältnis des zuletzt bezogenen Einkommens aus einer Berufstätigkeit zur Pensionshöhe) in Österreich im Jahre 2001 im Gesamtdurchschnitt aller erwerbstätigen Männer rund 90 % (Bruttoersatzrate rund 76 %) bzw Frauen rund 80 % (Bruttoersatzrate rund 66 %) betrug, erreicht die Bruttopension der Kläger (laut Berufungsschrift) lediglich rund 15 % (!) des Aktivbezuges. Daher ist es für Notare zur Erhaltung des bisherigen Lebensstandards erforderlich und im Hinblick auf die durchschnittlichen Höhe der Einkünfte von Notaren auch zumutbar, dass diese eigenständig für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben vorsorgen. Dies führt dazu, dass die Notare bzw. Notariatskandidaten während ihrer aktiven Zeit auch weitere Säulen der Altersversorgung aufbauen. So ist es etwa durchaus üblich, dass Notare auf Grund ihres hohen Aktiveinkommens vielfach Liegenschaften zu dem Zweck erwerben, mit deren Ertrag auch für ihre Zukunft vorzusorgen.

Daraus ergibt sich, dass ein Vertrauen auf die Erhaltung des bisherigen Lebensstandards primär durch eine künftige Pension nach dem NVG 1972 keinesfalls zu rechtfertigen ist. Weder die Lebensplanung noch das aus ihr fließende Vertrauen kann somit durch Zurücknahme der Leistungshöhe enttäuscht werden. An dieser Situation hat auch die 9. NVG-Novelle nichts geändert.

Da das System der Notarversicherung bis zum In-Kraft-Treten der 9. NVG-Novelle nur durch Beitragszahlungen der aktiven Notare und Notariatskandidaten finanziert wurde, kann ein Vertrauen auf eine bestimmte Pensionshöhe schon deshalb nicht entstehen, da die künftige Leistungsfähigkeit der aktiven Generation nicht absehbar ist. Der Solidaritätsbeitrag der Pensionisten nach §10a NVG 1972 wurde erst mit 1. Jänner 2002, und zwar befristet bis einschließlich des Jahres 2011, eingeführt und beträgt derzeit 0,8 % der Pensionsleistung; Mindestpensionen sind davon ausgenommen.

B) Ziele der 9. NVG-Novelle

Mit der 9. NVG-Novelle hat der Gesetzgeber eine Absenkung des Leistungsniveaus der Pensionsversicherung der Notare vorgenommen, die isoliert gesehen individuelle Leistungsreduktionen mit sich bringen, in der Gesamtheit der durchschnittlichen Einkommen der Notare aber nur graduell geringere Minderungen des Lebensstandards dieser Berufsgruppe bewirken. Der Gesetzgeber hat diese Leistungsreduktionen umfassend begründet.

Auf Grund einer demographisch problematischen Situation, vorgezogene[r] Pensionsantritt[e] und verringerter Einnahmen im Durchschnitt der Versicherten sah sich der Gesetzgeber veranlasst, auch leistungsrechtliche Maßnahmen mit entsprechenden Übergangsbestimmungen zu setzen, zumal der Beitragssatz bereits von 9 % auf 15 % erhöht wurde und [ein] Staatszuschuss angesichts der Besonderheit der Notarversicherung und des Selbstverständnisses dieses Berufsstandes nicht in Betracht kommt. Pensionisten haben einen Solidaritätsbeitrag, der jährlich von der Selbstverwaltung festgelegt wird, bis maximal 2,3 % zu leisten. Eine große Änderung betraf die Pensionsberechnung. So wurde etwa der Bemessungszeitraum von 18 auf 30 ausgedehnt und die Höhe der Zusatzpension von 19 % auf 16 % des durchschnittlichen Monatseinkommens innerhalb des Bemessungszeitraumes reduziert. Bei einem Pensionsantritt vor dem 70. Lebensjahr wurde 6 % Abschläge pro Jahr eingeführt. Für die Geburtsjahrgänge 1930 bis 1942 wurden allerdings Übergangsbestimmungen vorgesehen.

Eines der vorrangigen Ziele der Novelle ist die Annäherung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters der Notare an das 'Regelpensionsalter'. Nach der Notariatsordnung erlischt das Amt des Notars mit dem 70. Lebensjahr des Amtsträgers. Der Versicherungsfall des Alters mit dem 65. Lebensjahr des Versicherten gilt nur dann als eingetreten, wenn das Amt des Notars erloschen ist bzw. der Notariatskandidat aus der Liste der Notariatskandidaten gestrichen wurde. Das durchschnittliche Antrittsalter der Alterspensionisten bewegte sich in der Vergangenheit im Bereich des 69. Lebensjahres. Es kann daher im Fall einer Inanspruchnahme der Pensionsleistung vor der Vollendung des 70. Lebensjahres durchaus von einer 'vorzeitigen Alterspension' gesprochen werden.

Im Zusammenhang mit dem Vertrauensschutzgedanken erscheint das Vertrauen auf eine bestimmte zu erwartende Pensionshöhe bei Inanspruchnahme der Leistung mit dem Regelpensionsalter schützenswerter als bei freiwilliger Inanspruchnahme einer Alterspension zu einem früheren Zeitpunkt. Eine derartige vorzeitige Alterspension betrifft alle drei Anlassfälle. Die Notare sind im Jahre 1937 geboren und haben somit vorzeitig mit Erreichung des 65. Lebensjahres die Pension angetreten.

Das dramatische Ansteigen der Zahl der Alterspensionen, die vor dem 70. Lebensjahr in Anspruch genommen werden, war einer der Gründe, die einen Handlungsbedarf des Gesetzgebers auslösten. Die Statistik zeigt, dass es in den letzten Jahren beinahe eine Verdreifachung der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Alterspension - von durchschnittlich 12 % auf 32 % - gegeben hat, was eine extreme finanzielle Belastung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates zur Folge hatte.

Darüber hinaus wurde die Bemessungsgrundlage durch die in den letzten Jahren vorangetriebene Modernisierung des Notariatsstandes infolge zahlreicher Investitionen empfindlich geschmälert, da die aus diesem Grunde geringeren Gewinne der Notare auch die Bemessungsgrundlage für die Versicherungsbeiträge reduzierten. Des Weiteren wurden die Kammerbeiträge massiv erhöht und auf Grund dessen im Ergebnis die Beitragsgrundlagen der Notare nochmals geschmälert.

Ziel der in Rede stehenden Novelle zum NVG 1972 war es somit, der sich seit Jahren abzeichnenden Instabilität der Pensionsversicherung der Notare entgegenzuwirken. Die vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahmen waren unbedingt notwendig, um die kurz- und mittelfristige Finanzierbarkeit des Systems nicht zu gefährden. Ein Bundeszuschuss ist - wie bereits erwähnt - ausgeschlossen, was bedeutet, dass eine Reform von der Versichertengemeinschaft selbst zu tragen ist.

Die starke Solidarität der Standesmitglieder war und ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Funktionieren der Notarversicherung. Dieser Aspekt ist bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Leistungseinbußen in Verbindung mit dem Vertrauensgrundsatz jedenfalls zu berücksichtigen.

Wenn soziale Sicherheit im Alter als sozialer Wert nicht in Frage gestellt werden soll, muss es dem Gesetzgeber erlaubt sein, Pensionssysteme, deren Stabilität versicherungsmathematisch unzweifelhaft gefährdet ist, zu stabilisieren ....

C) Die verfassungsrechtlichen Aspekte im Einzelnen:

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht ist der Ansicht, dass die Bestimmungen der 9. NVG-Novelle 1972, deren Aufhebung von den Klägern begehrt wird, dem Gleichheitssatz des B-VG durch Verletzung des Vertrauensschutzes widerspricht, weil sie ohne ausreichende Übergangsregelungen intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreifen.

1. Zumutbarkeit von Einschränkungen:

Die Pflicht der Versicherten zu einer verstärkten Solidarität ist wesentlich bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Leistungseinbußen in Verbindung mit dem Vertrauensgrundsatz.

Jedem Notar sollte zu jeder Zeit bekannt sein bzw. gewesen sein, dass auf Grund des Fehlens eines Staatszuschusses Verschlechterungen der finanziellen Situation der Notarversicherung etwa im Zusammenhang mit demographischen Veränderungen innerhalb der aus Aktiven und Pensionisten gebildeten Solidargemeinschaft ausgeglichen werden müssen. Eine solche Situation war Anlass für die 9. Novelle zum NVG 1972, weshalb die darin getroffenen Maßnahmen zumutbar waren. Insofern ist der sachliche Hintergrund des ... Erkenntnisses VfSlg. 11.309/1987, aus dem die Aussage abgeleitet werden kann, dass eine individuelle Einbuße in Höhe von 38 % der Bemessungsgrundlage als unzumutbar zu qualifizieren ist, nicht ganz vergleichbar. Auch ist beispielhaft nach dem Erkenntnis VfSlg. 11.665/1988 davon auszugehen, dass eine Verfassungswidrigkeit darin gelegen ist, wenn eine Bestimmung tendenziell Bezieher kleiner Pensionseinkommen verhältnismäßig stärker als die Bezieher höherer Pensionen belastet. Letzteres ist im vorliegenden Fall mit Sicherheit nicht der Fall, da sich die betroffene Personengruppe ausschließlich aus Notaren zusammensetzt, welche - von individuellen Abweichungen abgesehen - ein annähernd gleich hohes Einkommensniveau zu verzeichnen haben.

2. Sachlichkeit des Eingriffszieles und Eignung der Eingriffsmittel:

Zu den mit der Novelle verfolgten Zielen wird auf die unter B.) getroffenen Aussagen verwiesen.

In den gegenständlichen Fällen ist ein sachliches Motiv des Gesetzgebers zweifelsohne darin zu erblicken, sowohl durch beitragsals auch leistungsseitige Maßnahmen das Pensionsversicherungssystem der Notare vor einem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren.

3. Verhältnismäßigkeit/Intensität der Eingriffe:

Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die getroffenen Maßnahmen nur jene Intensität erreichen, die zur Stabilisierung des Systems erforderlich und unabdingbar sind.

Ist die Sachlichkeit der Regelung vorhanden, so ist die Art des Eingriffes in die Sphäre der Betroffenen zu prüfen: In den gegenständlichen Fällen hatten die drei betroffenen Notare jedenfalls die Möglichkeit, durch Garantie der Notarstelle bis zum 70. Lebensjahr den Abschlägen durch vorzeitigen Pensionsantritt vor dem neuen Regelpensionsalter '70 Jahre' zu entgehen ('geschützter Bereich'), zumal auch keine tatsächliche oder drohende Berufsunfähigkeit zu ersehen ist.

4. Vertrauensschutz:

Es ist zu bedenken, dass mit der 9. NVG-Novelle Maßnahmen nicht überfallsartig, sondern unter Regelung einer gewissen Übergangszeit festgelegt wurden (§107 Abs5 Z2 NVG idF der 9. NVG-Novelle).

Gerade die Jahrgänge 1937 bis 1942 sind von der Übergangsregelung erfasst, dies insbesondere im Hinblick auf Pensionsabschläge nach §52a in Verbindung mit §107 Abs6 NVG 1972.

Die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Alterspension hängt ausschließlich von jedem Betroffenen selbst ab, ob er nun weiterarbeiten möchte oder lieber vermehrt Freizeit genießen will ....

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hat der Vertrauensschutz ein sehr unterschiedliches Gewicht. Bloße Freizeitverluste ohne nennenswerte Einbußen sind unerheblich. Auch ist auf die nachhaltige Sicherung der Pensionsversicherungssysteme und budgetäre Zwänge Bedacht zu nehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl etwa VfSlg. 12.568/1990, 15.269/1998) kommt dem Vertrauensschutz gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu, wobei das Element einer über Jahre erworbenen Rechtsposition - etwa in Form von Anwartschaften - auf deren Fortbestand die Normunterworfenen vertrauen konnten, eine bedeutsame Rolle spielt. Insbesondere darf der Gesetzgeber nicht plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreifen.

Der Verfassungsgerichtshof hat jüngst im Erkenntnis vom 11. Dezember 2002 (G186/02 ua) seine Rechtsprechung zum Vertrauensschutz im Hinblick auf das Pensionsrecht präzisiert, wobei es in diesem Erkenntnis um die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§253d ASVG) ging, was der Gerichtshof bejahte.

Der Bundesregierung erscheinen vor dem Hintergrund der hier zu beurteilenden Rechtsfragen vor allem folgende Festlegungen des Verfassungsgerichtshofes bedeutsam:

Unter Hinweis auf das Umlagesystem der Pensionsversicherung hat der Gerichtshof festgehalten, dass die Beitragsleistung im Rahmen des Generationenvertrages 'unter dem Gesichtspunkt sachlich zu rechtfertigen [ist], dass ein der Versicherungsgemeinschaft angehörender Beitragszahler im Versicherungsfall auch selbst durch diese System jedenfalls soweit geschützt wird, dass er in Abhängigkeit vom Ausmaß seiner Beitragszahlungen grundsätzlich eine nicht außer Verhältnis zu seinem früheren Erwerbseinkommen stehende Versorgung für eben dieselben Versicherungsfälle erwarten kann'. Der Gerichtshof hat auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach bei Änderung von Regelungen, die Alterspensionen betreffen, besonders ins Gewicht fällt, dass die in Betracht kommenden Personen während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung auf den Bezug einer später anfallenden Pension einrichten. Bei dieser Lebensplanung kommt dem 'Mindestalter' eine besondere Bedeutung zu.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass Eingriffe nicht schlechthin unzulässig sind, sondern zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen abzuwägen ist. Er hat ausdrücklich auf das Erkenntnis VfSlg. 15.269/1998 hingewiesen, in welchem er Abschläge von durchschnittlich 10 % für zulässig erachtete. Weiters hat der Gerichtshof festgehalten, dass auch gravierende Eingriffe durch Einschleifregelungen in ihrer Wirkung abgemildert werden können. Es ist dabei zu beachten, dass dem Gesetzgeber bei der Auswahl der Maßnahmen ein durchaus weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt.

Da die Notare im Allgemeinen ihren Lebensstandard durch die NVG 1972-Pension nur teilweise sichern und die Eigenvorsorge seit Jahrzehnten im Gegensatz zum ASVG oder GSVG eine starke 2. Säule für den Ruhestand bildet, wären die Eingriffe in einen Teilbereich der Lebensstandardsicherung wegen der Gesamtsicherung des berufsständischen Pensionssystems nur einer weniger geschützten Rechtsposition zuzurechnen.

Infolge einer gerechten Lastenverteilung auf die Aktiven, deren Beitragssatz innerhalb weniger Jahre von 9 % auf 15 % erhöht worden ist und die Pensionisten, die eben leistungsrechtlich Einbußen hinnehmen müssen, weil das NVG 1972 keinen Bundesbeitrag kennt und daher die Leistungen voll versicherungsmathematisch abgesichert sein müssen, ist die Verhältnismäßigkeit gegeben, zumal der Notar es in der Hand hat, seinen Pensionsantritt zu steuern und ausreichend Eigenvorsorge zu betreiben.

5. 'Besondere Umstände':

Ausgehend von den Berechnungen der drei Anlassfälle - Pensionsantritt mit dem 65. Lebensjahr ('vorzeitige Alterspension') - beträgt die Reduktion der Pensionshöhe etwa zwischen 23 und 29 % der ursprünglichen Gesamtpension (jeweils berechnet vom Bruttobetrag), bei Antritt der Pension mit dem 70. Lebensjahr etwa zwischen 13 und 22 %. Hierbei muss beachtet werden, dass das absolute Niveau der Pensionen trotz der Reduktionen äußerst hoch ist.

Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse und dem Vertrauensschutzgedanken ist im Hinblick auf die ausschließliche Eigenfinanzierung der Notarversicherung durch die Notare, Notariatskandidaten und Pensionisten Folgendes relevant: Die auf Grund der finanziellen Lage der Versicherung und unter Berücksichtigung der zu erwartenden demographischen Entwicklung notwendigen gesetzlichen Maßnahmen - beitrags- wie leistungsseitig - liegen weniger im öffentlichen Interesse als viel mehr im Interesse der Solidargemeinschaft der Notare, Notariatskandidaten und Pensionisten.

6. §80 NVG 1972:

Zum Vorbringen des antragstellenden Gerichtes, welches den vermeintlichen Vertrauensschutz primär auf §80 NVG 192 gründet, wonach der einzelne Pensionswerber darauf vertrauen könne, dass allfällige Finanzierungslücken im Gesamtsystem vorzugsweise einnahmenseitig durch Erhöhung des Beitragssatzes zu schließen sei ('Leistungswahrung', so lange der Beitragssatz die zulässige Höchstgrenze von 20 % nicht erreicht hat)[,] ist Folgendes zu sagen:

Das Oberlandesgericht übersieht dabei, dass die im §80 NVG 1972 vorgesehene Kürzung bereits bestehende (und nicht neu zu gewährende) Leistungen betrifft. Eine derartige Kürzung soll erst im äußersten Fall einer finanziellen Notlage der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates Platz greifen. Dies hindert jedoch nicht den Gesetzgeber, pro futuro eine erforderliche Senkung des Leistungsniveaus zu normieren, zumal eine solche Absenkung - wie erwähnt - im vorrangigen Interesse der Solidargemeinschaft der Notare, Notariatskandidaten und Pensionisten liegt. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Regierungsvorlage der 9. NVG-Novelle auf die einhellige Zustimmung des Delegiertentages der Österreichischen Notariatskammer am 27. Oktober 2000 gestoßen."

3. Die Kläger des Ausgangsrechtsstreits sowie die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates haben ebenfalls schriftliche Äußerungen zum Gegenstand erstattet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Gemäß Art89 Abs2 iVm Art140 Abs1 B-VG ist ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht bei Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines von ihm anzuwendenden Gesetzes verpflichtet, einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

2. Der Verfassungsgerichtshof ist zwar nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgegriffen würde. Ein Antrag iS des Art140 B-VG muss indes dann mangels Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig und unvertretbar (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (zB VfSlg. 4318/1962, 4644/1964, 5357/1966, 7999/1977, 8136/1977, 9284/1981 uva.; zuletzt etwa VfGH 27. Juni 2003, G373/02 mwN).

Im vorliegenden Fall ist es denkunmöglich, dass das antragstellende Gericht bei seiner Entscheidung die Bestimmung des §10a NVG 1972 (sowie die damit zusammenhängenden, ebenfalls angefochtenen Teile dieses Gesetzes) anzuwenden hätte:

2.1. §10a NVG 1972 idF der 9. Novelle lautet wie folgt:

"Solidaritätsbeitrag

§10a. (1) Von jeder nach diesem Bundesgesetz zur Auszahlung gelangenden Pension ist ein von der Hauptversammlung (§72 Abs4 Z6) festgesetzter Beitrag einzubehalten, der jedoch 2,3 % der zustehenden Leistung nicht überschreiten darf.

(2) Der Beitrag ist nur so weit zu entrichten, als damit der jeweils geltende Mindestbetrag der Berufsunfähigkeitspension (§48 Abs8 und 9) nicht unterschritten wird."

§72 NVG 1972 (idF der 9. Novelle) lautet auszugsweise (die angefochtenen Teile sind hervorgehoben):

"Hauptversammlung

§72. (1)-(3) ...

(4) Der Hauptversammlung ist jedenfalls vorbehalten

1.-5. ...

6. die Festsetzung bzw. Neufestsetzung des Beitragssatzes gemäß §9 Abs3, die Festsetzung des Beitrages gemäß §10a sowie die Beschlußfassung über eine Änderung der Verzugszinsen gemäß §15 Abs5 bzw. über Maßnahmen im Sinne des §80;

7.-8. ...

(5) Bei der Festsetzung des Beitrages gemäß §10a und des Anpassungsfaktors hat die Hauptversammlung auf die finanzielle Lage der Versicherungsanstalt Bedacht zu nehmen. Der Anpassungsfaktor der ersten Stufe darf die Zahl 1 nicht unterschreiten. Die Beschlüsse über die Festsetzung des Anpassungsfaktors der 1. Stufe, die Feststellung der Anpassungsfaktoren der 2. bis 4. Stufe und der festen Beträge, die Festsetzung bzw. Neufestsetzung des Beitragssatzes, die Änderung der Verzugszinsen sowie über Maßnahmen im Sinne des §80 bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde; sie sind unverzüglich nach ihrer Genehmigung in der 'Österreichischen Notariats-Zeitung' zu verlautbaren.

(6) ..."

§107 NVG 1972 (idF der 9. Novelle) lautet auszugsweise:

"Schlussbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. 139/2000

(9. Novelle)

(1) ...

(2) Die §§10a samt Überschrift, 72 Abs4 Z6 und Abs5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 139/2000, treten mit 1. Jänner 2002 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft.

(3) ...

(4) Der Beitrag gemäß §10a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 139/2000 darf

(5)-(7) ..."

2.2. Gemäß §65 NVG 1972 gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des NVG 1972 - mit bestimmten, hier nicht relevanten Maßgaben - die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG (§§352 ff).

Das ASVG unterscheidet zwischen dem Verfahren in Leistungssachen und jenem in Verwaltungssachen. Die Leistungssachen sind in §354 ASVG abschließend genannt. Alle übrigen Angelegenheiten gelten als Verwaltungssachen, ua. "Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten" (§355 Z3 ASVG); dazu gehören auch Angelegenheiten des Solidaritätsbeitrags iS des §10a NVG 1972 (VfSlg. 16.464/2002).

Verwaltungssachen sind vom ordentlichen Rechtsweg ausgeschlossen: Gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen ist das ordentliche Rechtsmittel des Einspruches an den örtlich zuständigen Landeshauptmann zulässig (§412 Abs1, §413 Abs1 Z1 ASVG); nach Maßgabe des (sinngemäß anzuwendenden) §415 ASVG (idF des Art73 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003) kann gegen den Bescheid des Landeshauptmannes Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz erhoben werden.

Dem antragstellenden Gericht ist darin zuzustimmen, dass bei Beurteilung der Frage, ob die durch die 9. Novelle zum NVG 1972 getroffenen Maßnahmen - in Summe - einen im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Grundsatz des Vertrauensschutzes erheblichen Eingriff in erworbene Rechte der Kläger darstellen, auch die Bestimmungen des NVG 1972 über den Solidaritätsbeitrag berücksichtigt werden müssen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass das Gericht bei Fällung seines Urteiles diese Bestimmungen anzuwenden hätte.

Der Antrag war daher zurückzuweisen, soweit er sich auf §10a, die Wortfolge "die Festsetzung des Beitrages gemäß §10a" in §72 Abs4 Z6, die Wortfolge "des Beitrages gemäß §10a und" in §72 Abs5 erster Satz sowie §107 Abs2 und 4 NVG 1972 (idF der 9. Novelle) bezieht.

B. In der Sache:

1. Die maßgebende Rechtslage stellt sich dar wie folgt:

Das Leistungsrecht des NVG 1972 unterscheidet zwischen Alterspension, Berufsunfähigkeitspension, Berufsunfähigkeitsgeld sowie Hinterbliebenenpension (vgl. §40 NVG 1972).

Die - durch die 9. Novelle zum NVG 1972 unverändert gebliebenen - §§41, 51 und 52 NVG 1972 lauten auszugsweise wie folgt:

"Eintritt des Versicherungsfalles

§41. (1) Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:

1. bei einer Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters mit der Erreichung des Anfallsalters;

2.-3. ...

(2) Stichtag für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, ist der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Eintritt des Versicherungsfalles folgende Monatserste. Ist jedoch im Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles des Alters oder der dauernden Berufsunfähigkeit das Amt des Versicherten noch nicht erloschen, oder der Versicherte aus der Liste der Notariatskandidaten noch nicht gestrichen, so ist der Stichtag für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß eine Pension gebührt, der Zeitpunkt des Erlöschens oder der Streichung, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der diesem Zeitpunkt folgende Monatserste.

...

Alterspension

§51. (1) Anspruch auf Alterspension hat der Versicherte nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sein Amt erloschen ist bzw. wenn er aus der Liste der Notariatskandidaten gestrichen wurde.

(2) Besteht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension, so gebührt die Berufsunfähigkeitspension ab diesem Zeitpunkt als Alterspension.

(3) Ab dem Zeitpunkt des Bestehens eines Anspruches auf Alterspension erlischt ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsgeld.

Alterspension; Ausmaß

§52. Die Alterspension gebührt in der Höhe der Berufsunfähigkeitspension, auf die der Versicherte Anspruch gehabt hat oder gehabt hätte, wobei auch die Bestimmungen des §48 Abs5 bis 7 entsprechend anzuwenden sind, wenn der Versicherte einen Dienstunfall erlitten hat."

Das Ausmaß der Berufsunfähigkeitspension ergibt sich aus §48 NVG 1972. Die Berufsunfähigkeitspension setzt sich demnach zusammen aus: einem einheitlichen "Grundbetrag" (derzeit EUR 754,05), einem Steigerungsbetrag für jeden anrechenbaren Versicherungsmonat (bis 31. Dezember 2002: EUR 2,11; seit 1. Jänner 2003: EUR 2,33) sowie aus der "Zusatzpension", deren Höhe sich nach dem - während eines bestimmten Bemessungszeitraumes erzielten - durchschnittlichen Monatseinkommen des Notars richtet. §48 Abs8 NVG 1972 normiert eine "Mindestpension": Erreicht eine nach den Bestimmungen des §48 NVG 1972 bemessene Berufsunfähigkeitspension nicht den Betrag von EUR 2198,58 monatlich (2003), so gebührt sie im Ausmaß dieses Betrages.

Der Grundbetrag, der monatliche Steigerungsbetrag sowie die Mindestpension sind jeweils mit einem - von der Hauptversammlung der Versicherungsanstalt jährlich festgestellten - Anpassungsfaktor zu vervielfachen (§48 Abs9 NVG 1972). Der Anpassungsfaktor für den Mindestbetrag der Berufsunfähigkeitspension darf die Zahl 1 nicht unterschreiten (§72 Abs5 NVG 1972).

§48 Abs2 NVG 1972 (idF der 5. Novelle, BGBl. Nr. 116/1986) hatte die Höhe der Zusatzpension wie folgt geregelt:

"Als Zusatzpension gebühren monatlich 19 vH des durchschnittlichen Monatseinkommens aus den Beitragsmonaten während der ersten achtzehn der letzten zwanzig Kalenderjahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalles. Sind die ersten achtzehn der letzten zwanzig Kalenderjahre vor Eintritt des Versicherungsfalles nicht zur Gänze mit Beitragsmonaten erfüllt, so ist für die Ermittlung der Zusatzpension das durchschnittliche Monatseinkommen aus den innerhalb der ersten achtzehn der letzten zwanzig Kalenderjahre vor Eintritt des Versicherungsfalles erworbenen Beitragsmonaten heranzuziehen. Die Zusatzpension gebührt ohne Kürzung bis zur eineinhalbfachen Summe aus Grund- und Steigerungsbetrag. Als Grundbetrag ist hiebei der Betrag ohne Berücksichtigung einer Kürzung gemäß Abs4 und als Steigerungsbetrag der für das Höchstausmaß an Versicherungsmonaten nach Abs1 ermittelte Betrag, jedoch ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Abs5, heranzuziehen. Von dem diese Summe übersteigenden Teil der Zusatzpension gebühren bis zur zweifachen Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 60 vH, über der zweifachen bis zur zweieinhalbfachen Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 50 vH und über der zweieinhalbfachen Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 40 vH der Zusatzpension zusätzlich."

§48 Abs2 NVG 1972 idF der 9. Novelle lautet nunmehr:

"Für die Bemessung der Zusatzpension gilt:

1. Als Zusatzpension gebühren monatlich 16 % des durchschnittlichen Monatseinkommens aus den Beitragsmonaten während der ersten 30 der letzten 32 Kalenderjahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalles. Sind die ersten 30 der letzten 32 Kalenderjahre vor Eintritt des Versicherungsfalles nicht zur Gänze mit Beitragsmonaten erfüllt, so ist für die Ermittlung der Zusatzpension das durchschnittliche Monatseinkommen aus den innerhalb der ersten 30 der letzten 32 Kalenderjahre vor Eintritt des Versicherungsfalles erworbenen Beitragsmonaten heranzuziehen.

2. Die Zusatzpension gebührt ohne Kürzung bis zum Eineinhalbfachen der Summe aus Grund- und Steigerungsbetrag. Als Grundbetrag ist hiebei der Betrag ohne Berücksichtigung einer Kürzung gemäß Abs4 und als Steigerungsbetrag der für das Höchstausmaß an Versicherungsmonaten nach Abs1 ermittelte Betrag, jedoch ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Abs5, heranzuziehen. Von dem diese Summe übersteigenden Teil der Zusatzpension gebühren bis zum Zweifachen der Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 55 %, über dem Zweifachen bis zum Zweieinhalbfachen der Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 45 % und über dem Zweieinhalbfachen der Summe aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag monatlich 30 % der Zusatzpension zusätzlich."

Die Neuregelung sieht somit zum einen eine Verlängerung des Bemessungszeitraumes (von 18 auf 30 Kalenderjahre), zum anderen eine Minderung des anzuwendenden Prozentsatzes (von 19 auf 16 vH der Bemessungsgrundlage) vor.

§52a NVG 1972 idF der 9. Novelle lautet wie folgt:

"Pensionsabschläge von Berufsunfähigkeits- oder Alterspensionen

§52a. (1) Liegt der Stichtag (§41 Abs2) bei einer Berufsunfähigkeits- oder Alterspension vor dem im §19 Abs1 lite Notariatsordnung bzw. vor dem im §118a Abs1 lite Notariatsordnung genannten Zeitpunkt, so ist die nach §48 gebührende Pension für jeden zwischen dem Stichtag und dem im §19 Abs1 lite Notariatsordnung bzw. dem im §118a Abs1 lite Notariatsordnung genannten Zeitpunkt liegenden Kalendermonat um je 0,5 % zu kürzen.

(2) Liegt der Stichtag bei einer Berufsunfähigkeitspension vor Vollendung des 65. Lebensjahres, so gilt als Höchstausmaß der Kürzung gemäß Abs1 die Kürzung, die sich ergibt, wenn der Stichtag der Eintritt des Versicherungsfalles des Alters (§41 Abs1 Z1) gewesen wäre.

(3) Die Kürzung gemäß Abs1 bzw. 2 darf 30 % der nach §48 gebührenden Pension nicht übersteigen; §48 Abs8 bleibt unberührt."

Gemäß §19 Abs1 lite der Notariatsordnung erlischt das Amt des Notars mit Ablauf des 31. Jänner des auf die Vollendung des 70. Lebensjahres folgenden Kalenderjahres. Ein Notariatskandidat ist mit Vollendung des 70. Lebensjahres aus dem Verzeichnis der Notariatskandidaten zu streichen (§118a Abs1 lite der Notariatsordnung). Anspruch auf Alterspension besteht jedoch bereits nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn das Amt des Notars erloschen bzw. der Notariatskandidat aus dem Verzeichnis der Notariatskandidaten gestrichen worden ist (§51 Abs1 NVG 1972).

Die §§48 Abs2 und 52a NVG 1972 (idF der 9. Novelle) sind mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten (§107 Abs1 Z1 NVG 1972).

§107 NVG 1972 trifft in seinen Abs5 und 6 dazu folgende Übergangsbestimmungen:

"(5) Die Bestimmungen des §48 Abs2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 139/2000 sind nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 31. Dezember 2000 liegt, und zwar mit der Maßgabe, wenn

1. der Stichtag im Kalenderjahr 2001 liegt, als Zusatzpension monatlich 18 % des durchschnittlichen Monatseinkommens aus den Beitragsmonaten während der ersten 22 der letzten 24 Kalenderjahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalles gebühren;

2. der Stichtag im Kalenderjahr 2002 liegt, als Zusatzpension monatlich 17 % des durchschnittlichen Monatseinkommens aus den Beitragsmonaten während der ersten 26 der letzten 28 Kalenderjahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalles gebühren.

(6) Die Bestimmungen des §52a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 139/2000 gelten mit der Maßgabe, dass der Kürzungsfaktor

beträgt."

Die in §52a NVG 1972 (idF der 9. Novelle) vorgesehenen Abschläge kommen demnach bei jenen Versicherten zur Gänze zum Tragen, die nach dem 31. Dezember 1942 geboren sind.

2. Die 9. Novelle zum NVG 1972 geht auf einen gemeinsamen Initiativantrag aller in der XXI. Gesetzgebungsperiode im Nationalrat vertretenen Parteien zurück (vgl. AB 344 BlgNR XXI. GP). Die Begründung dieses Antrages lautet:

"Anlass für die vorliegende 9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972 ist die sich abzeichnende Verschlechterung der Finanzlage der Notarversicherungsanstalt. Festzuhalten in diesem Zusammenhang ist, dass die Mittel der Notarversicherung allein durch die Beiträge der Versicherten, das sind die Notare und Notariatskandidaten, aufgebracht werden und daher ein Bundesbeitrag, dh. allgemeine Steuermittel, in der Notarversicherung weder vorgesehen ist noch mit dem Konzept der Notarversicherung vereinbar wäre. Wenngleich die laufende Gebarung der Notarversicherung derzeit in keiner Weise gefährdet ist, so ist es doch notwendig, dieser Entwicklung rechtzeitig durch eine Bekämpfung ihrer Ursachen entgegenzutreten. Hauptursache ist - neben dem Stagnieren des Beitragsaufkommens - das Ansteigen der Zahl der Alterspensionen, die vor dem 70. Lebensjahr in Anspruch genommen werden. Zwar gilt in der Notarversicherung der Versicherungsfall des Alters mit dem 65. Lebensjahr des Versicherten als eingetreten, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Amt des Notars erloschen ist bzw. der Notariatskandidat aus der Liste der Notariatskandidaten gestrichen wurde. Nach der Notariatsordnung erlischt das Amt eines Notars (bzw. wird ein Notariatskandidat aus der Kandidatenliste gestrichen) jedoch erst mit dem 70. Lebensjahr des Amtsträgers. Diese Rechtslage bedeutet, dass ein Notar bzw. Notariatskandidat (eine Alterspension wurde von Kandidaten im letzten Jahrzehnt nicht beansprucht) mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten kann aber nicht muss; das ist erst mit der Vollendung des 70. Lebensjahres der Fall. Dementsprechend bewegte sich das durchschnittliche Antrittsalter der Alterspensionisten in der Vergangenheit um das 69. Lebensjahr. In den letzten Jahren zeichnet sich jedoch eine Trendwende dahingehend ab, dass das durchschnittliche Antrittsalter der Alterspensionisten stetig sank und heuer bereits mit einer 'frühzeitigen' Inanspruchnahme der Alterspensionen, dh. vor dem 70. Lebensjahr, in mehr als 32 Fällen zu rechnen ist. In den früheren Jahren lag dagegen die Durchschnittszahl der frühzeitigen Inanspruchnahme der Pension bei 10 bis 12 Personen. Für die Gebarung der Notarversicherung, in die die Beiträge von 779 Versicherten fließen (Stand: 30. Juni 2000) und die bisher stets von einem Antrittsalter sehr nahe am 70. Lebensjahr eines Versicherten ausgehen konnte, bedeutet diese Entwicklung eine extreme finanzielle Belastung.

Ziel der vorgeschlagenen Maßnahmen ist es daher, ehest möglich wieder eine ausgeglichene Gebarung der Notarversicherung herbeizuführen, für die zu erwartenden Perioden von Spitzenbelastungen vorzusorgen, die gestiegene Lebenserwartung zu berücksichtigen und die angesichts dieser Entwicklung aus dem Gleichgewicht geratene Beitrags- und Pensionsgerechtigkeit wieder herzustellen.

Die ersten zwei Schritte in dieser Richtung wurden bereits von der Hauptversammlung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates am 6. Juli 2000 gesetzt. In voller Übereinstimmung mit der Standesvertretung des Notariates wurde einstimmig beschlossen, den Beitragssatz für die monatlichen Versicherungsbeiträge der Versicherten rückwirkend ab 1. Jänner 2000 von 13 % auf 15 % zu erhöhen und darüber hinaus die Absicht zum Ausdruck gebracht, in den nächsten Jahren keine Dynamisierung der Pensionen vorzunehmen (hingewiesen wird, dass in der Notarversicherung der jährliche Anpassungsfaktor durch die Hauptversammlung festgesetzt wird).

Die weiteren Schritte zur notwendigen Reform sollen nun durch entsprechende Änderungen des Notarversicherungsgesetzes 1972 erfolgen. Dazu zählen zunächst die Verlängerung des Pensionsbemessungszeitraumes, die Verbreiterung der Beitragsgrundlage um die Empfänge bzw. Erlöse aus einer Kanzleiablöse (§10 Abs1 Z2) und die Neuregelung bei der Neuberechnung der Beiträge für das Kalenderjahr des Versicherungsfalles und das diesem vorangehende Kalenderjahr (§14 Abs2).

Die Alters-(Berufsunfähigkeits-)Pensionen der Notarversicherung setzen sich aus drei Teilen zusammen, und zwar aus einem für alle gleichen Grundbetrag (2000: 10376 S), einem festen Schillingbetrag für jeden anrechenbaren Versicherungsmonat (2000: 29 S) und aus der variablen, das Einkommen aus dem Notariat widerspiegelnden Zusatzpension. Diese drei Pensionsteile sollen nach der Zielsetzung der Notarversicherung in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Durch die individuelle Einkommensentwicklung in der jüngeren Vergangenheit ist diese Ausgewogenheit bis zu einem gewissen Grad verloren gegangen. Durch die Erhöhung des monatlichen Steigerungsbetrages (§48 Abs1 Z2) und die Reduzierung des für die Ermittlung der Zusatzpension maßgebenden Hundertsatzes des durchschnittlichen Monatseinkommens bei gleichzeitiger Erweiterung des Zeitraumes, aus dem das durchschnittliche Monatseinkommen zu bilden ist (§48 Abs2 Z1), sowie durch eine stärkere Kürzung des über einem bestimmten Limit liegenden Betrages der Zusatzpension (§48 Abs2 Z2), soll das ursprüngliche Verhältnis der einzelnen Pensionsteile einer Alters-(Berufsunfähigkeits-)Pension zueinander wieder hergestellt werden.

Weitere Reformmaßnahmen sind die Einführung eines Pensionsabschlages bei Inanspruchnahme einer Direktpension vor Ende des 70. Lebensjahres des Anspruchsberechtigten (§52a) und die Kürzung des Grenzbetrages bei Mehrfachpensionen. Die Mehrfachpensionen kommen dann zu Stande, wenn nach dem Tod eines Versicherten sowohl dessen Witwe als auch dessen frühere Ehefrauen Anspruch auf Witwenpension haben (§55 Abs4 erster Satz).

Im Sinne einer solidarischen Mitwirkung der Pensionistengruppe bei den Reformmaßnahmen wird ein befristeter Solidaritätsbeitrag in Abhängigkeit von der Pensionshöhe eingeführt, der von den Pensionen einzubehalten ist und dessen Höhe jährlich von der Hauptversammlung zwischen 0 % und dem jeweiligen Höchstprozentsatz (1,3 %, 1,8 %, 2,3 %) festzusetzen ist.

Übergangsbestimmungen sichern den verfassungsmäßigen Vertrauensschutz der Betroffenen durch entsprechende Übergangszeiträume ab."

3. Das Bedenken des antragstellenden Gerichtes, die zulässiger Weise angefochtenen Bestimmungen des NVG 1972 (idF der 9. Novelle) stünden in Widerspruch zum Gleichheitssatz, trifft zu.

3.1. Auf Grund der bis zum Inkrafttreten der 9. Novelle zum NVG 1972 geltenden Rechtslage durften die nach dem NVG 1972 Versicherten damit rechnen, die Berufsunfähigkeits- oder Alterspension im Fall eines Pensionsantrittes nach Vollendung des 65. Lebensjahres, aber vor Erreichen des sich aus §19 Abs1 lite bzw. §118a Abs1 lite Notariatsordnung ergebenden Lebensalters der zwingenden Beendigung der beruflichen Tätigkeit als Notar, ohne Abschläge in Anspruch nehmen zu können.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat zwar bereits wiederholt ausgesprochen (zB VfSlg. 11.665/1988, 14.846/1997, 15.269/1998; zuletzt VfGH 27. Juni 2003, G300/02), dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muss jedoch jeweils sachlich begründbar sein. Aber auch an sich unbedenkliche Eingriffe in bestehende Rechtspositionen können nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich rechtfertigen (zB VfSlg. 11.309/1987). Unter diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt verletzt ein Gesetz den Gleichheitssatz, wenn es bei Änderung der Rechtslage plötzlich - ohne entsprechende Übergangsbestimmungen - und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift; diesem - aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten - Vertrauensschutz (dazu etwa VfSlg. 11.288/1987) kommt gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu (VfSlg. 12.568/1990, 14.090/1995 uva.).

Bei der Änderung von Regelungen, die (Alters-)Pensionen betreffen, ist nämlich zu beachten, dass sich die in Betracht kommenden Personen schon während ihres Erwerbslebens im Vertrauen darauf eingerichtet haben, später eine am Erwerbseinkommen orientierte Pensionsleistung zu beziehen. Eine Missachtung dieses Vertrauens durch plötzliche, die (künftige) Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers wiegt bei Pensionsbeziehern sowie bei jenen Personen, die kurz vor Erreichung des Anfallsalters für eine gesetzliche Pension stehen, besonders schwer, weil es diesem Personenkreis meist nicht mehr möglich ist, sich im Nachhinein auf die geänderten Umstände einzustellen (zuletzt VfSlg. 16.764/2002 mwN).

Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Eingriffs ist es erforderlich, dessen Intensität mit dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen - etwa die Unvermeidbarkeit des Eingriffes zur Erhaltung der Finanzierbarkeit des Systems - abzuwägen (vgl. etwa VfSlg. 11.288/1987 zur vorzeitigen Beseitigung einer Bemessungsbegünstigung im Zuge einer Pensionsbemessungsreform; weiters VfSlg. 15.269/1998 zu Abschlägen im Ausmaß von durchschnittlich 10 vH der Bruttopension im Fall des Pensionsantritts vor Erreichen des Regelpensionsalters, sowie zuletzt VfSlg. 16.764/2002, zur Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit).

3.3. Wie dem im vorliegenden Antrag enthaltenen Zahlenmaterial entnommen werden kann, ist die den Klägern der Anlassverfahren auf Grund des NVG 1972 idF der 9. Novelle im Jahr 2002 zustehende - allein maßgebliche (vgl. auch VfSlg. 15.269/1998, S 126) - Nettopension ungeachtet des Umstandes, dass auf sie den gesetzlich vorgesehenen Eingriff ohnedies abmildernde Übergangsbestimmungen anzuwenden sind, um etwa 20 bis 26 vH geringer als jene Pensionsleistung, die den Klägern nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der 9. Novelle zum NVG 1972 gebührt hätte.

3.3.1. Eine gesetzliche Regelung, die eine derartige Wirkung entfaltet, ist zweifellos als intensiver Eingriff zu qualifizieren. Da - wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung vorgebracht hat - der vom NVG 1972 erfasste Personenkreis "ein annähernd gleich hohes Einkommensniveau" verzeichnet, ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich bei den Anlassfällen bloß um vereinzelte - vom Gesetzgeber nicht vermeidbare - "Härtefälle" handelte.

3.3.2. Die Kläger der Ausgangsverfahren hätten die Kürzungen zwar durch Amtsausübung bis zu dem in §19 Abs1 lite der Notariatsordnung genannten Zeitpunkt (zum Teil) abwenden können, jedoch hätte sich auch in diesem Fall - wie gleichfalls das im Antrag enthaltene Zahlenmaterial erkennen lässt - die den Klägern jährlich gebührende Nettopensionsleistung erheblich - nämlich (voraussichtlich) um etwa 11 bis 19,5 vH - vermindert. In Verbindung mit dem hiezu erforderlichen Pensionsverzicht für fünf Kalenderjahre kann dies daher nicht als eine den intensiven Eingriff mildernde Alternative beurteilt werden.

3.3.3. Sowohl die Bundesregierung als auch die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates haben weiters - unwidersprochen - ins Treffen geführt, dass die nach dem NVG 1972 gebührende Pensionsleistung - auch schon vor Inkrafttreten der 9. Novelle zum NVG 1972 - im Durchschnitt lediglich einem geringen Teil (im Fall der Kläger des Ausgangsrechtsstreits: ca. 15 vH) des Aktiveinkommens eines Notars entsprochen habe bzw. entspricht. Notare sähen sich daher veranlasst, zusätzlich privat Schritte zur Altersversorgung zu setzen, um ihren im Erwerbsleben erreichten Lebensstandard zu sichern.

Für die Rechtfertigung der Regelung ist aus diesem Vorbringen aber nichts zu gewinnen:

a) Selbst wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger des Ausgangsverfahrens für die Berufsgruppe der Notare insgesamt typisch wären (was keineswegs feststeht), ließe sich daraus nämlich kein Argument gegen die Beurteilung des Eingriffs als intensiv ableiten: Auch wenn eine Berufsgruppe auf Grund der Höhe ihres Einkommens in der Lage ist, sich während der Zeit der aktiven Berufsausübung durch Maßnahmen der Vermögensbildung (die Bundesregierung führt hier insbesondere die Anschaffung von Immobilien ins Treffen) beträchtliche zusätzliche Einkünfte zu verschaffen, die schließlich in vorgerückten Berufsjahren und im Ruhestand sogar zur Haupteinkommensquelle werden, so ändert dies allein nichts am Maßstab für die Intensität eines Eingriffs in ihre Pensionsansprüche: Anders als etwa im Falle eines Pensionsbezuges, dem eine für nicht allzu lange Zeit ausgeübte, nur als Nebenbeschäftigung gedachte Tätigkeit zugrunde liegt (vgl. VfSlg. 14.846/1997, zur Kürzung des Ruhegenusses von Mitgliedern des Gemeinderates), waren die Kläger der Ausgangsverfahren (und ihre Berufskollegen in vergleichbarer Situation) nicht nur durch lange Zeit, sondern auch - mangels Begrenzung der Beitragspflicht durch eine Höchstbeitragsgrundlage - mit ihrem gesamten Einkommen aus ihrer beruflichen Tätigkeit als Notar in das Pensionssystem des NVG 1972 einbezogen. Das Vorhandensein von Zusatzeinkünften, deren Quellen während einer solchen Berufstätigkeit angeschafft wurden, kann daher an der Beurteilung eines Eingriffs in eine Pensionsanwartschaft als plötzlich und intensiv nichts ändern, da der Vertrauensschutzgedanke (als besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes) ansonsten für diesen Personenkreis praktisch beseitigt wäre.

b) Der Verfassungsgerichtshof hat zwar bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Einführung einer Besteuerung von Versehrtenrenten bei Prüfung der Intensität des Eingriffs auch das Erwerbs- bzw. Pensionseinkommen mit in den Blick genommen, dies jedoch vor dem Hintergrund des Zwecks der Versehrtenrenten, durch ihr Hinzutreten zu einem solchen Erwerbs- bzw. Pensionseinkommen geminderte Erwerbschancen auszugleichen (vgl. VfSlg. 16.754/2002). Auch hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.936/2000 die Verfassungswidrigkeit einer Gehaltskürzung um 14 vH durch Streichung der Sonderzahlungen bei Rechtspraktikanten ua. mit deren geringem Einkommen begründet. Daraus ist jedoch - entgegen der Auffassung der Bundesregierung - kein Gegenschluss solcherart zulässig, dass in Sozialleistungen, vor allem auch solche, die der Altersversorgung dienen, unabhängig davon, wie nahe die vom Eingriff Betroffenen bereits dem Pensionsalter sind und durch welchen Zeitraum und in welchem Ausmaß sie Beiträge zu diesem System geleistet haben, dann in jedweder Intensität eingegriffen werden dürfte, wenn nur - bei Anstellen einer Durchschnittsbetrachtung - das sonstige Einkommen oder Vermögen der betroffenen Personengruppe entsprechend hoch ist.

3.4. Dem Verfassungsgerichtshof ist kein Umstand erkennbar, der - im Sinne seiner eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung zum Grundsatz des Vertrauensschutzes - die diesen intensiven Eingriff bewirkenden Regelungen sachlich rechtfertigen könnte:

3.4.1. Vorausgeschickt sei, dass die von der Bundesregierung zur Verteidigung des Eingriffs ins Treffen geführte, durch das NVG 1972 gebildete "Solidargemeinschaft aller Notare" im Wesentlichen nach dem für das Sozialversicherungsrecht charakteristischen System des "Umlageverfahrens" konstruiert ist, nämlich so, dass im Sinne eines "Generationenvertrages" die aktiv Erwerbstätigen mit ihren Pensionsbeiträgen die Pensionsbezüge ihrer im Ruhestand befindlichen ehemaligen Berufskollegen finanzieren. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem oben genannten Erkenntnis VfSlg. 16.764/2002 hervorgehoben hat, ist diese für die Altersversorgung Dritter auferlegte Beitragslast insofern sachlich zu rechtfertigen, als die zunächst beitragspflichtigen Erwerbstätigen künftig selbst Leistungen aus diesem System beziehen werden, die nicht außer Verhältnis zu ihrem beitragspflichtigen Erwerbseinkommen stehen.

Dem Gesetzgeber kommt im Sozialversicherungsrecht bei der Festlegung des Verhältnisses zwischen Beitragspflicht und Leistungsanspruch ein gewisser rechtspolitischer Spielraum zu, der insbesondere nicht durch das Äquivalenzprinzip begrenzt wird.

Im Falle einer späteren Änderung dieser Verhältnisse (insbesondere durch gesetzgeberische Eingriffe zur Verminderung oder zur Erschwerung des Erwerbs von Leistungen bzw. Anwartschaften) ist sein rechtspolitischer Spielraum jedoch insoweit beschränkt, als auf Grund früherer Regelungen Pensionsanwartschaften entstanden oder bereits Leistungen angefallen sind:

a) Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes ist in einem solchen Fall zunächst in Rechnung zu stellen, dass Leistungskürzungen umso stärker ins Gewicht fallen, je näher die Betroffenen dem Pensionsalter stehen, sodass den insoweit unterschiedlichen Verhältnissen zumindest vergröbernd durch Regelungen Rechnung getragen werden muss, die auf diese Unterschiede im Tatsächlichen nach Maßgabe des Alters (der Geburtenjahrgänge) Bedacht nehmen, wobei mit zunehmender Intensität des Eingriffs entsprechend längere Übergangszeiträume vorzusehen sind.

b) Es müssen aber auch Personen, die bei Wirksamwerden eines verschlechternden Eingriffs in das Pensionsrecht kurz vor Erreichung des Pensionsalters stehen, auf Grund der insoweit ähnlichen Intensität der Betroffenheit mit jenen Personen verglichen werden, die noch kurz vor der Rechtsänderung in den Ruhestand getreten sind. Auch wenn bereits angefallene Pensionen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes einen höheren - wenn auch keinen absoluten (vgl. zB VfSlg. 11.309/1987, 11.665/1988) - Bestandschutz genießen als erst in Zukunft anfallende Leistungen, so dürfen die knapp vor dem Pensionsalter stehenden Personen im Vergleich zu den gerade in Ruhestand getretenen Personen durch eine verschlechternde Rechtsänderung gerade dann nicht in unverhältnismäßiger Weise benachteiligt werden, wenn sich der Gesetzgeber zu einem Eingriff in angefallene Leistungen nicht entschließen konnte.

c) Der Gesetzgeber darf bei der erforderlichen Übergangsregelung innerhalb der Gruppen von Personen gleicher Nähe zum Pensionsalter schließlich auch nach Maßgabe größerer Unterschiede im Ausmaß der erworbenen Anwartschaften differenzieren.

3.4.2. Soweit im Falle der hier in Rede stehenden Altersversorgung der Notare die Sicherung der Finanzierung des Systems auch für künftige Pensionsbezieher in Frage steht (wie die Bundesregierung vorgetragen hat und auch den Gesetzesmaterialien entnommen werden kann), liegt zweifellos ein gewichtiges öffentliches Interesse vor, zumal es - wie vorhin gesagt - die künftigen Ansprüche der aktiven Versicherten sind, die es rechtfertigen, diese zu Beitragsleistungen zu verpflichten. Dieses öffentliche Interesse vermag daher auch in einem vom Umlageverfahren der geschilderten Art geprägten System nicht nur (gleichsam systemimmanente) Belastungen auf der Beitragsseite (und damit eine Verteilung der zu erwartenden Lasten nur auf derzeitige und künftige aktive Erwerbstätige) sachlich zu rechtfertigen, sondern auch Maßnahmen auf der Leistungsseite, letztere bei zunehmender Nähe zum Pensionsalter bzw. eines bereits eingetretenen Pensionsbezuges freilich nur bei entsprechend geringerer Intensität des Eingriffs.

3.4.3. Als Maßnahmen zur Sicherung dieses Systems sah das NVG 1972 seit jeher vorrangig die Festsetzung eines entsprechend höheren Beitragssatzes und die Auflösung von Rücklagen vor. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des antragstellenden Gerichtes wurde von diesen Möglichkeiten in den vergangenen Jahrzehnten - wie die Pendelbewegungen des Beitragssatzes zwischen 11 und 15 vH auch zeigen - stets Gebrauch gemacht.

a) Es ist nun weder den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, aus welchen Gründen davon bei der 9. Novelle zum NVG 1972 abgegangen wurde, noch vermochte die Bundesregierung in ihrer Äußerung darzutun, dass das mit der 9. Novelle zum NVG 1972 angestrebte Ziel durch eine ausgewogenere Verteilung der Lasten innerhalb der Solidargemeinschaft, etwa durch (mildere) Kürzungen im Leistungsrecht in Verbindung mit anderen - insbesondere auch beitragsseitigen - Maßnahmen, nicht hätte erreicht werden können, ohne das schützenswerte Vertrauen der im Jahre 2001 bereits nahe dem Pensionsalter stehenden Notare des Geburtenjahrganges 1937 derart massiv zu beeinträchtigen, wie dies in den Übergangsbestimmungen - wie gezeigt wurde - geschehen ist. Schließlich erweisen sich Pensionskürzungen im Ausmaß von 20 bis 26 vH der Nettopension bei den nahe dem Pensionsalter stehenden Notaren auch im Vergleich mit den kurz davor in den Ruhestand getretenen Notaren, die keine Kürzungen hinnehmen mussten, als unverhältnismäßig.

b) Auch die von der Bundesregierung ins Treffen geführte Notwendigkeit, das tatsächliche Pensionsantrittsalter der Notare dem "Regelpensionsalter" anzugleichen, vermag die Eingriffe nicht zu rechtfertigen: Das 65. Lebensjahr ist nämlich nach wie vor das "Regelpensionsalter" sowohl des NVG 1972 als auch der sozialen Pensionsversicherung und des Pensionsrechtes des öffentlichen Dienstes insgesamt. Auch wenn Notare zur Berufsausübung bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres berechtigt sind (vgl. §19 Abs1 lite der Notariatsordnung), wird dieses Lebensalter dadurch - mangels irgendeines Anhaltspunktes im NVG 1972 - nicht schon zum "Regelpensionsalter". Durch die angefochtene Regelung wird somit die Berufsgruppe der Notare als einzige mit empfindlichen Abschlägen von jener Pension bedacht, die mit Erreichung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann.

Angesichts der als unverhältnismäßig zu beurteilenden Leistungsverluste, die - wie oben dargelegt - selbst bei einem Aufschub des Pensionsantrittes bis zum 70. Lebensjahres kaum gemildert werden können, kann dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Übergangsregelungen zudem überhaupt geeignet wären, das intendierte Ziel einer Anhebung des Pensionsalters zu erreichen.

4. Die im Spruch dieses Erkenntnisses bezeichneten Bestimmungen des NVG 1972 idF der 9. Novelle waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

5. Gemäß Art140 Abs6 erster Satz B-VG (idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2003) treten mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung einer Gesetzesbestimmung, sofern das Erkenntnis nichts anderes ausspricht, jene gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren.

Der Gerichtshof sah sich - jeweils im Hinblick auf das Fehlen von Vorgängerregelungen - veranlasst, in Ansehung des §52a sowie der im Spruch bezeichneten Teile des §107 NVG 1972 (idF der 9. Novelle zum NVG 1972) von dieser Ermächtigung, anderes auszusprechen, Gebrauch zu machen.

Hingegen war das Wiederinkrafttreten des §48 Abs2 NVG 1972 idF vor der 9. Novelle zum NVG 1972 nicht auszuschließen (was gemäß Art140 Abs6 letzter Satz B-VG und §38 Abs1 der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes klarzustellen war); den Klägern des Ausgangsrechtsstreites könnte nämlich sonst überhaupt keine Zusatzpension zuerkannt werden.

6. Die Kundmachungspflicht des Bundeskanzlers ergibt sich aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG iVm §3 Z3 BGBlG (Art4 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2003).

C. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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