Rechtssatz
Werden mehrere strafbare Handlungen eines Rechtsbrechers, die nach der Zeit ihrer Begehung Gegenstand eines Urteiles hätten sein können, in verschiedenen, im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Erkenntnissen abgeurteilt, so ist anlässlich der zeitlich nachfolgenden Verurteilung zu prüfen, ob eine im zeitlich vorangegangenen Verfahren ausgesprochene bedingte Strafnachsicht auch bei gemeinsamer Aburteilung gewährt worden wäre. Wird dies verneint, ist die bedingte Strafnachsicht gemäß der diese Fallgestaltung abschließend regelnden Bestimmung des § 55 Abs 1 StGB zu widerrufen; anderenfalls bleibt die im vorangegangenen Urteil gewährte Strafnachsicht mit der dort bestimmten Probezeit unberührt. Eine Verlängerung der Probezeit ist, da gesetzlich nicht vorgesehen, jedenfalls unzulässig.
15 Os 18/00 | OGH | 02.03.2000 |
Beisatz: Eine konstitutive Verlängerung der Probezeit durch Richterspruch findet im Gesetz keine Deckung (zuletzt 15 Os 148/99). (T1) |
12 Os 53/04 | OGH | 27.05.2004 |
nur: Werden, wie vorliegend, mehrere strafbare Handlungen eines Rechtsbrechers, die nach der Zeit ihrer Begehung Gegenstand eines Urteiles hätten sein können, in verschiedenen, im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Erkenntnissen abgeurteilt, so ist anlässlich der zeitlich nachfolgenden Verurteilung zu prüfen, ob eine im zeitlich vorangegangenen Verfahren ausgesprochene bedingte Strafnachsicht auch bei gemeinsamer Aburteilung gewährt worden wäre. Wird dies verneint, ist die bedingte Strafnachsicht gemäß der diese Fallgestaltung abschließend regelnden Bestimmung des § 55 Abs 1 StGB zu widerrufen. (T2); Beisatz: Andernfalls bleibt die im vorangegangenen Verfahren gewährte Strafnachsicht mit der Maßgabe aufrecht, dass die dort bestimmte Probezeit nicht vor Ablauf der neuerlichen Probezeit, spätestens jedoch nach 5-jähriger Dauer endet (§ 55 Abs 3 StGB). (T3); Beisatz: Hier: Gnadenweise gewährte bedingte Strafnachsicht (§ 512 Abs 1 StPO). (T4) |
11 Os 1/08v | OGH | 29.01.2008 |
Beisatz: Eine Verlängerung der Probezeit tritt gemäß § 55 Abs 3 StGB (ex lege) nur dann ein, wenn Probezeiten zusammentreffen, also sowohl im Vorurteil als auch im Nachurteil eine bedingte Nachsicht ausgesprochen wurde; nicht jedoch, wenn - wie hier - im zeitlich späteren Urteil eine unbedingte Freiheitsstrafe verhängt wird (WK-StGB - 2 § 55 [2006] Rz 10). (T5) |
Dokumentnummer
JJR_19951109_OGH0002_0150OS00154_9500000_001
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