OGH 12Os53/04

OGH12Os53/0427.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hüseyin K***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 und Abs 2 StGB (aF) und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 16 Vr 306/00 des Landesgerichtes Feldkirch, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. März 2000, GZ 16 Vr 206/00-7, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwältin Mag. Fuchs, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. März 2000, GZ 16 Vr 306/00-7, mit dem die mit Entschließung des Bundespräsidenten im Verfahren AZ 16 U 355/98 des Bezirksgerichtes Dornbirn gewährte Probezeit auf „insgesamt fünf Jahre" verlängert wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs 3 StGB.

Diese Entscheidung wird aufgehoben

Text

Gründe:

Mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 23. November 1998, GZ 16 U 355/98k-4, wurde Hüseyin K***** des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Mangels Einbringlichkeit der Geldstrafe wurde die Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug gesetzt; mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 16. Dezember 1999 wurde diese Strafe "mit den Wirkungen der bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB)" unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen (ON 10).

Wegen der vor der Erlassung der oben bezeichneten Strafverfügung begangenen Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB, nach § 114 Abs 1 ASVG und des Glücksspiels nach § 168 Abs 1 StGB verhängte das Landesgericht Feldkirch mit dem - in gekürzter Form ausgefertigten, rechtskräftigen - Urteil vom 30. März 2000, GZ 16 Vr 306/00-7, über Hüseyin K***** unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Dornbirn eine zusätzliche Geldstrafe von 160 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Gleichzeitig sah es gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der im Verfahren des Bezirksgerichtes Dornbirn (gnadenweise) gewährten bedingten Strafnachsicht ab, verlängerte aber die bestimmte Probezeit auf fünf Jahre.

Rechtliche Beurteilung

Diese Probezeitverlängerung verletzt - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - das Gesetz.

Werden - wie vorliegend - mehrere Straftaten eines Rechtsbrechers, die nach der Zeit ihrer Begehung Gegenstand eines Urteils hätten sein können, in verschiedenen, im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Erkenntnissen abgeurteilt, so ist anlässlich der zeitlich nachfolgenden Verurteilung allein zu prüfen, ob eine im zeitlich vorangegangenen Verfahren ausgesprochene - vorliegend gnadenweise gemilderte und gemäß § 512 Abs 1 StPO einem gerichtlichen Ausspruch gleichstehende (Jerabek WK-StPO § 512 Rz 1) - bedingte Strafnachsicht auch bei gemeinsamer Aburteilung gewährt worden wäre. Wird dies verneint, so ist die bedingte Strafnachsicht gemäß der diese Fallgestaltung abschließend regelnden Bestimmung des § 55 Abs 1 StGB zu widerrufen; andernfalls bleibt die im vorangegangenen Verfahren (§ 512 Abs 1 StPO) gewährte Strafnachsicht mit der Maßgabe aufrecht, dass die dort bestimmte Probezeit nicht vor Ablauf der neuerlichen Probezeit, spätestens jedoch nach 5-jähriger Dauer endet (§ 55 Abs 3 StPO).

Die Gesetzesverletzung war festzustellen und der Ausspruch über die Verlängerung der Probezeit „auf insgesamt fünf Jahre" zu beseitigen (§ 292 letzter Satz StPO).

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