Spruch:
Der Beschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 23. April 2013, GZ 11 U 18/13m-12, verletzt, soweit damit gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO vom Widerruf der Stephanie H***** im Verfahren AZ 521 Hv 44/12a des Landesgerichts Korneuburg gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, §§ 494a, 495 Abs 2 StPO und § 55 Abs 3 StGB.
Der Ausspruch über die Verlängerung der Probezeit wird ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 25. Oktober 2012, GZ 521 Hv 44/12a-9, wurde Stephanie H***** (richtig:) zweier Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren nach § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen wurde.
Mit ebenso rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Schwechat vom 23. April 2013, GZ 11 U 18/13m-12, wurde die Genannte - wegen einer am 29. August 2012 begangenen Tat - des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und „unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB“ auf das erstgenannte Urteil von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen. Mit gemeinsam mit dem Urteil gefasstem Beschluss sah die Richterin „gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO“ (unter anderem) vom „Widerruf der bedingten Strafnachsicht des Landesgerichts Korneuburg zum AZ 521 Hv 44/12a“ ab und verlängerte die diesbezügliche Probezeit „gemäß § 494a Abs 6 StPO“ auf fünf Jahre.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) richtet sich nach § 495 Abs 2 StPO und nicht nach § 494a StPO (vgl RIS-Justiz RS0111521, Jerabek, WK-StPO § 494a Rz 7; derselbe in WK² StGB § 55 Rz 5), kommt also unter Gerichten - wie hier - verschiedener Ordnung jenem höherer Ordnung zu, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält und zuletzt rechtskräftig wurde. Das Landesgericht Korneuburg hätte demzufolge im Verfahren AZ 521 Hv 44/12a erst nach Rechtskraft des Urteils des Bezirksgerichts Schwechat (nichtöffentlich) mit Beschluss über den Widerruf der zu AZ 521 Hv 44/12a desselben Gerichts gewährten bedingten Strafnachsicht zu entscheiden gehabt.
Wird bei nachträglicher Verurteilung nach § 31 StGB die im Vorurteil gewährte bedingte Nachsicht nicht widerrufen, so tritt - unter der Voraussetzung, dass Probezeiten zusammentreffen, also sowohl im Vorurteil als auch im Nachurteil eine bedingte Nachsicht ausgesprochen wurde - eine Verlängerung der Probezeit gemäß § 55 Abs 3 StGB (ex lege) ein, nicht jedoch, wenn - wie hier - im zeitlich späteren Urteil von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wird. Eine Probezeitverlängerung durch gerichtlichen Beschluss ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Verlängerung der im Verfahren AZ 521 Hv 44/12a des Landesgerichts Korneuburg bestimmten Probezeit war daher unzulässig (Jerabek in WK² StGB § 55 Rz 10; Fabrizy StGB10 § 55 Rz 5; RIS-Justiz RS0090596).
Diese Gesetzesverletzungen waren festzustellen (§ 292 fünfter Satz StPO) und dies hinsichtlich des sich zum Nachteil der Verurteilten auswirkenden Ausspruchs auf Verlängerung der Probezeit auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
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