Rechtssatz
Der Grundsatz "in dubio pro reo" sagt nichts darüber aus, wie sich das Gericht seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten zu verschaffen habe, noch darüber, unter welchen Voraussetzungen ein für die Schuldfrage entscheidender Umstand als erwiesen anzunehmen sei. Er stellt daher keine Einschränkung oder Abänderung des im § 258 Abs 2 StPO normierten Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung dar.
11 Os 49/65 | OGH | 03.05.1965 |
Veröff: RZ 1965,142 |
11 Os 111/72 | OGH | 13.07.1972 |
Beisatz: Der in den §§ 240 a Abs 1, 258 Abs 2, 305 Abs 1, zweiter Unterabsatz, und 325 Abs 1, dritter Unterabsatz, StPO (verbo: "Überzeugung", weil dieser Begriff jeden Zweifel ausschließt) verankerte, das Österreichische Strafverfahren beherrschende Zweifelsgrundsatz (in dubio mitius, in dubio pro reo) sagt nichts darüber aus, wie sich der Richter seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten zu verschaffen habe; er besagt vielmehr, daß, wenn sich das erkennende Gericht außerstande sieht, sich auf Grund der Beweisergebnisse für eine von mehreren möglichen, den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Annahmen mit voller Überzeugung (= Gewißheit) zu entscheiden, die für den Angeklagten günstigste Version dem Urteil zu unterlegen ist (RZ 1977,258; 11 Os 212/71). (T1) |
12 Os 143/72 | OGH | 05.09.1972 |
Ähnlich; Beisatz: Der den Strafprozeß beherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) verlangt keineswegs, daß den für den Angeklagten günstigeren Beweismitteln werden müßte (vgl RZ 1969,68). (T2) |
11 Os 177/72 | OGH | 08.11.1972 |
Beis wie T1 |
11 Os 191/72 | OGH | 12.01.1973 |
Beis wie T1 |
12 Os 121/73 | OGH | 25.09.1973 |
Vgl auch; Beisatz: Der in den §§ 240 a Abs 1, 258 Abs 2, 305 Abs 1, zweiter Halbsatz und 325 Abs 1, dritter Unterabsatz, StPO (verbo: "Überzeugung", weil dieser Begriff jeden Zweifel ausschließt) verankerte, den österreichischen Strafprozeß beherrschende Zweifelsgrundsatz (in dubio mitius, in dubio pro reo) gehört zu den Prinzipien eines die Verteidigung sichernden Verfahrens; er gebietet in zweifelhafter Beweislage die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Klärung des Anklagevorwurfs. (T3) |
12 Os 158/73 | OGH | 20.11.1973 |
Vgl auch; Beisatz: Keine Einschränkung der freien Beweiswürdigung durch den Grundsatz "in dubio pro reo". Dieser Grundsatz ist nicht dahin zu verstehen, daß das Gericht bei Bildung seiner Überzeugung von Schuld oder Unschuld des Angeklagten an andere als die durch § 258 StPO gesetzten Grenzen gebunden wäre. (T4) |
13 Os 40/74 | OGH | 04.04.1974 |
Vgl auch; Beisatz: Der Grundsatz "in dubio pro reo" verbietet insbesonders eine Tatsachenfeststellung auf Grund von - überzeugenden und einleuchtenden - Wahrscheinlichkeitsschlüssen nicht. (T5) |
12 Os 159/75 | OGH | 04.12.1975 |
Vgl auch; Beis wie T4 |
13 Os 180/76 | OGH | 21.12.1976 |
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11 Os 157/80 | OGH | 19.11.1980 |
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10 Os 190/80 | OGH | 27.01.1981 |
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13 Os 55/82 | OGH | 15.04.1982 |
Vgl auch |
9 Os 44/82 | OGH | 22.06.1982 |
Beis wie T1 |
13 Os 81/84 | OGH | 14.06.1984 |
Vgl auch |
9 Os 120/84 | OGH | 11.09.1985 |
Vgl auch; Beisatz: Das Gericht ist keineswegs gehalten, sich dann, wenn ein Verfahrensresultat mehrere Auslegungen oder Schlußfolgerungen zuläßt, die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu eigen zu machen; vielmehr kann es sich jede Meinung bilden, die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung nicht widerspricht. (T6) |
13 Os 4/87 | OGH | 19.02.1987 |
Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Die Heranziehung dieses Grundsatzes (in dubio pro reo, in dubio mitius, praesumptio boni viri) setzt das Aufzeigen von erheblichen Bedenken hinsichtlich entscheidender Tatsachen voraus (vgl §§ 281 Abs 1 Z 5, 362 Abs 1 Z 2 StPO). (T7) |
13 Os 13/87 | OGH | 19.02.1987 |
Vgl auch; Beis wie T1; Beis wie T7 |
12 Os 13/91 | OGH | 14.02.1991 |
Vgl; Beisatz: Ein Rekurs auf den Zweifelsgrundsatz ("in dubio pro reo") zeigt keinen formellen Nichtigkeitsgrund auf. (T8) |
1 Ob 10/93 | OGH | 25.08.1993 |
Vgl auch; Beis wie T6; Beis wie T7; Beisatz: Dieser Grundsatz darf keineswegs als "negative" Beweisregel verstanden werden und schließt einen Indizienbeweis nicht aus. (T9) Veröff: SZ 66/97 |
Dokumentnummer
JJR_19650503_OGH0002_0110OS00049_6500000_002
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