Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den beiderseitigen Berufungen wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 6.Juli 1969 geborene beschäftigungslose Fleischhauergeselle Michael P*** wurde des Verbrechens des versuchten Mordes als Anstifter nach §§ 12, 15, 75 StGB. (1), des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z. 1 StGB. (2) und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB. (3) schuldig erkannt.
Nach dem Wahrspruch der Geschwornen hat er in der Nacht zum 13. Jänner 1988 in Senftenberg vorsätzlich getrachtet
1. Martina M*** dadurch zur Tötung des Franz P*** zu bestimmen, daß er sie mehrmals aufforderte, letzteren betrunken zu machen und ihm sodann Gift in ein Getränk zu mischen, weiters dadurch, daß er ihr ein Fleischmesser auf die Brust legte und äußerte "weißt Du eh, was Dir blüht, wenn Du es nicht schaffst !" und ihr für diesen Fall androhte, sie umzubringen;
2. Martina M*** durch die zu 1 angeführte Todesdrohung zur Ermordung des Franz P*** zu nötigen.
Dem weiteren Schuldspruch (3) liegt ein Diebstahl von 3.000 S, begangen in der Nacht zum 13.Jänner 1988 in Senftenberg zum Nachteil der Martina M***, zugrunde.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 a, 9 lit a, 10 und 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Sache nach macht er die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 10 a, 11 lit a und 13 des § 345 Abs 1 StPO. geltend.
In der Verfahrensrüge erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Abweisung seiner Anträge auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens sowie auf Einvernahme der Zeugen Edeltraut W***, Michaela L*** und Paul D*** als beschwert. Durch den psychiatrischen Sachverständigen und die Zeugen sollte nachgewiesen werden, daß die Fähigkeit der Martina M*** zur kritischen Beurteilung eines Sachverhalts in hohem Maß gestört sei. Zutreffend verweist der Schwurgerichtshof in seinem abweisenden Zwischenerkenntnis darauf, daß für die Lösung der Schuldfrage nicht der Kritikfähigkeit der Zeugin M***, sondern deren Wahrnehmungs- und Wiedergabsfähigkeit Bedeutung zukommt. Daß der Zeugin die zuletzt genannten Fähigkeiten fehlen, wurde aber niemals behauptet. Es kommt entgegen den Beschwerdeausführungen auch nicht darauf an, ob M*** die Ernstlichkeit der Äußerungen anderer Personen zu beurteilen imstande ist. Entscheidend ist vielmehr, ob diese Äußerungen (hier: die des Angeklagten, mit denen er die Zeugin zum Mord an Franz P*** anzustiften versuchte) ernst gemeint waren. Darüber war aber durch die beantragten Beweismittel von vornherein keine Aufklärung zu erwarten. Im übrigen hätte die Zeugin M*** nur mit ihrer Zustimmung psychiatriert werden dürfen (SSt. 29/85, SSt. 49/55, LSK. 1976/151 u.a.).
Die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 5 a StPO. (richtig: Z. 10 a des § 345 Abs 1 StPO.) sind nicht geeignet, erhebliche, sich aus der Aktenlage ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erweisen. Der Beschwerdeführer zielt mit seinem weitwendigen Vorbringen vor allem darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Zeugin M*** in Frage zu stellen und endet (in völliger Verkennung des Zweifelsgrundsatzes: siehe RZ. 1965 S. 142 f., 13 Os 4/87, 13 Os 13/87) in der Überlegung, daß aus den Verfahrensergebnissen auch für den Angeklagten günstigere Annahmen abgeleitet werden könnten. Damit wendet er sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der Geschwornen, zeigt aber nicht auf, inwiefern die Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit in einer Weise verletzt worden wäre, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen resultieren müßten (vgl. 11 Os 44/88, 12 Os 53/88). Das Argument (Z. 11 lit a), es sei bloß eine straflose Vorbereitungshandlung gegeben, weil zum tatbildmäßigen Unrecht (Ermordung des Franz P***) die für die Annahme eines strafbaren Versuchs erforderliche zeitliche und örtliche Ausführungsnähe fehle, verwechselt den Tatausführungs- mit dem hier aktuellen Anstiftungsversuch. Zu diesem aber hat der Angeklagte nach dem von den Geschwornen angenommenen Sachverhalt bereits Ausführungshandlungen mit dem Ziel gesetzt, Martina M*** zur Verübung eines Giftmords zu bestimmen, was ihm aber mißlungen ist (siehe LSK. 1976/245). In dem Fall einer mißlungenen Bestimmung zum Mord kann sich die Frage der Ausführungsnähe zum Mord selbst gar nicht stellen.
Auch die weitere Rechtsrüge versagt. Mit ihr wird unter Hinweis auf die Persönlichkeit der M*** und ihrer angeblich eingeschränkten geistigen Fähigkeiten die absolute Untauglichkeit eines Versuchs, sie zum Giftmord zu bestimmen, behauptet. Indes setzt ein nicht strafbarer Versuch zufolge § 15 Abs 3 StGB. voraus, daß die Vollendung auf die vorgesehene Art auch bei einer abstrahierenden und generalisierenden Betrachtung, unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls, geradezu denkunmöglich ist, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen, also niemals erwartet werden kann (EvBl 1987/5 = 13 Os 45/86 - verstärkter Senat). Darnach kann von einem absolut untauglichen Versuch hier nicht gesprochen werden.
Zu dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. (richtig: § 345 Abs 1 Z. 13 StPO.) wird vom Beschwerdeführer gar keine gesetzwidrige Ausmessung der Unrechtsfolge behauptet. Seinen Ausführungen, mit denen er eine Herabsetzung der Strafe unter Hinweis darauf anstrebt, daß bei deren Bemessung weitere Milderungsumstände unberücksichtigt geblieben seien und das ausgesprochene Strafmaß infolge Überbewertung des Tatunrechts überhöht sei, läßt sich nicht entnehmen, daß das Geschwornengericht seine Strafbefugnis überschritten, beim Ausspruch über die Strafe für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt oder in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen hätte. Vor allem mit der sinngemäß behaupteten Unangemessenheit der verhängten Sanktion im Verhältnis zum Tatunrecht wird ein geradezu charakteristischer Berufungsgrund vorgetragen. Der materielle Nichtigkeitsgrund der Z. 13 (letzter Fall) stellt nicht darauf ab, ob eine Unrechtsfolge unangemessen ist, er setzt vielmehr voraus, daß nach den Urteilsgründen für die ausgesprochene Strafe Kriterien herangezogen wurden, die den im Gesetz normierten Strafbemessungsvorschriften in unvertretbarer Weise widersprechen (Tschulik, RZ. 1988, S. 52; 11 Os 44/88). Davon ist aber in der Beschwerde nicht die Rede.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht bestrafte Michael P*** nach § 75 StGB. mit der dort angeführten geringsten Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Es wertete als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die Ausnützung einer höchst persönlichen Abhängigkeit der Angestifteten und schließlich die reifliche Überlegung und sorgfältige Planung der Tat; als mildernd fielen ins Gewicht der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, seine vernachlässigte Erziehung, der Umstand, daß es in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist und das Alter von knapp über 18 Jahren. Weil der Angeklagte "die Schmutzarbeit" (den Mord) durch Martina M*** besorgen lassen wollte, während er sich, selbst im Hintergrund bleibend, ein Alibi (Telephonanruf) zu verschaffen trachtete, ferner, weil er sich an M***, die auf Grund ihres Sprachfehlers in eine Außenseiterposition in der Gesellschaft gedrängt war, heranmachte, um sie für einen kaltblütigen Giftmord zu gewinnen, schloß das Geschwornengericht die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts aus.
Gegen die Strafhöhe haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit widerstreitenden Anträgen Berufung erhoben; der Angeklagte strebt überdies die Verhängung einer teilbedingten Strafe an.
Keine der Berufungen kann für ihren Standpunkt ausreichende Gründe nennen.
Das Geschwornengericht hat das Abhängigkeitsverhältnis durchaus zutreffend erkannt. Die Behauptung des Angeklagten, nicht M*** sei von ihm, sondern er von ihr abhängig gewesen, ist mit dem Schuldspruch wegen der in Form einer schweren Nötigung begangenen Anstiftung nicht in Einklang zu bringen und ist auch unvereinbar mit der Tatsache, daß trotz alledem die vom Berufungswerber geplante Tat nicht ausgeführt wurde. Das aber ist allein auf die Rechtstreue der Martina M*** zurückzuführen. Im übrigen wäre eine Strafermäßigung, weil die Mindeststrafe verhängt wurde, lediglich im Weg der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB. möglich. Diese soll aber angesichts der realistischen, wirklichkeitsangepaßten Strafdrohungen des Strafgesetzbuchs nur in Ausnahmsfällen angewendet werden (Foregger-Serini, Strafgesetzbuch MTA8 S. 53 oben; vgl. 13 Os 170/87 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein solcher atypischer Ausnahmsfall ist bei dem Umstand der planvollen Überlegung des auf die Erbschaft der M*** spekulierenden, kalt berechnenden Täters nicht gegeben. Soweit die Staatsanwaltschaft ausführt, die Beziehungen zwischen dem Angeklagten und M*** seien im Urteil zu Unrecht nicht als erschwerend gewertet worden, übersieht sie, daß all dies ohnehin als schulderhöhend (§ 32 StGB.) genannt und berücksichtigt wurde. Es zeigt sich vielmehr, daß die Strafzumessungsgründe in erster Instanz zutreffend erfaßt und auch gewogen wurden, weshalb die vom Geschwornengericht ausgesprochene Strafhöhe zu bestätigen war. Damit ist die Gewährung einer teilbedingten Strafe unzulässig (§ 43 a Abs 4 StGB.).
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