OGH 11Os99/95(11Os100/95)

OGH11Os99/95(11Os100/95)17.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr.Christian Sch***** und einen anderen wegen der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dr.Christina Sch***** und Dkfm.Dr.Helmut Martin M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 26.Juni 1995, GZ 5 Vr 2041/92-95, sowie über den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten Dkfm.Dr.Helmut Martin M*****, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der Angeklagten Dr.Christina Sch***** und Dkfm.Dr.Helmut Martin M***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB laut Punkt III und IV des Urteilssatzes sowie demzufolge auch in den auf dem Strafgesetzbuch beruhenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

2. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

3. Mit ihrer Berufung gegen den auf dem Strafgesetzbuch beruhenden Strafausspruch wird die Angeklagte Dr.Christina Sch***** auf die Entscheidung zu Punkt 1 verwiesen.

4. Zur Entscheidung über die Berufungen der beiden Angeklagten gegen den auf dem Finanzstrafgesetz beruhenden Strafausspruch werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

5. Der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten Dkfm.Dr. M***** wird zurückgewiesen.

6. Beiden Angeklagten fallen auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil ihrer Nichtigkeitsbeschwerden entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr.Christina Sch***** und Dkfm.Dr.Helmut Martin M***** der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b sowie § 13 FinStrG, DkfmDr.M***** als Beteiligter nach § 11 (dritter Fall) FinStrG (Punkt I und II des Urteilssatzes), und des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB, Dkfm.Dr.M***** "in Verbindung mit § 12" - gemeint (siehe US 62): als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 55) - StGB (Punkt III und IV), der Letztgenannte außerdem auch noch der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Punkt V), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt VI), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt VII), des Siegelbruchs nach § 272 Abs 1 StGB (Punkt VIII) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Punkt IX) schuldig erkannt.

Nach dem von der Rechtsmittelanfechtung betroffenen Inhalt des Schuldspruchs haben

Dr.Christina Sch*****

(zu I) in Mureck und Gamlitz

1. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt, und zwar an Umsatzsteuer im Jahr 1984 von 27.053 S und im Jahr 1985 von 10.078 S, ferner an Einkommensteuer in den Jahren 1984 bis 1990 (in einzeln ausgewiesenen Beträgen) von insgesamt 2,625.890 S, wobei es für das Jahr 1984 hinsichtlich des Betrages von 712.040 S beim Versuch blieb,

2. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, und zwar in den Jahren 1987 bis Dezember 1991 in einzeln angeführten Teilbeträgen von insgesamt 1,471.502 S,

3. unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds von Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, und zwar von Mai bis Dezember 1990 und im Jahre 1991 (in getrennt ausgeworfenen Teilbeträgen) insgesamt 6.856 S an Lohnsteuer und von Mai bis Dezember 1990 und im Jahre 1991 (in getrennt ausgeworfenen Teilbeträgen) insgesamt 23.188

S an Dienstgeberbeiträgen, sowie

(zu III) in Mureck zu einem nicht näher feststellbarem Zeitpunkt zwischen 1.Jänner und 6.Oktober 1994 einen Bestandteil ihres Vermögens verheimlicht bzw beiseite geschafft, indem sie aus einer "Handkassa" 148.702,80 S Bargeld, das zum Zweck der Weiterführung ihrer Zahnarztpraxis verwendet werden sollte, Dkfm.Dr.Helmut Martin M***** überließ oder für eigene Zwecke verwendete;

Dkfm.Dr.Helmut Martin M*****

(zu II) ab 29.Jänner 1985 zur Ausführung der oben zu Punkt I beschriebenen Tathandlungen (Finanzvergehen) Dris.Christina Sch***** beigetragen und

(zu IV) Dr.Christina Sch***** zu der aus dem Schuldspruch laut Punkt III ersichtlichen strafbaren Handlung durch Anraten bestimmt und durch teilweisen Verbrauch des Geldes zur Tatausführung beigetragen.

Mit ihren getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen die Angeklagte Dr.Christina Sch***** den Schuldspruch (I und III) aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a, der Angeklagte Dkfm.Dr.Helmut Martin M***** (nur) den Schuldspruch laut Punkt II und IV aus den Gründen der Z 3, 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO, wobei sich die Tatsachen-, Rechts- und Subsumtionsrüge dieses Angeklagten ausschließlich gegen den Schuldspruch wegen betrügerischer Krida richtet.

Berechtigt sind zunächst die gegen den Schuldspruch wegen betrügerischer Krida (III und IV) gerichteten Rechtsrügen (Z 9 lit a) der beiden Angeklagten.

Zutreffend verweisen nämlich die Beschwerdeführer darauf, daß dem Urteil tragfähige Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Verbrechens der betrügerischen Krida mangeln. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes ist (zumindest bedingter) Vorsatz erforderlich, der sich auf alle Tatbildmerkmale, also sowohl auf die (wirkliche oder scheinbare) Verringerung des Vermögens (durch eine der im § 156 StGB angeführten Begehungsweisen oder sonst auf welche Art immer), als auch auf die dadurch bewirkte Benachteiligung wenigstens eines Gläubigers beziehen muß (vgl Leukauf-Steininger aaO § 156 RN 15).

Feststellungen im zuletzt bezeichneten Sinn sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, das sich im wesentlichen darauf beschränkt, darzulegen, daß die Angeklagten wußten, daß sie während des anhängigen Konkursverfahrens über das Geld aus der "Handkassa" ohne die Zustimmung des Masseverwalters nicht verfügen durften. Dem Fehlen von Feststellungen zum Vorsatz in Richtung einer Gläubigerbenachteiligung kommt vorliegend umsomehr Bedeutung zu, als die Verantwortung der Angeklagten Dr.Sch***** dahin geht, daß mit dem Geld aus der Kassa Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes geleistet worden seien (US 60 iVm 299/IV) und diese Angeklagte, wenngleich erst Ende 1994 (US 58), mit 120.040,70 S den größten Teil des Kassenfehlbetrages wiederum der Masse zur Verfügung stellte. Diese Umstände schließen die Möglichkeit nicht aus, die beiden Angeklagten hätten durch die (wenngleich unzulässigen) Zahlungen aus der Kasse allenfalls lediglich der Betriebsfortführung dienen und damit (aus einer optimistischen Sicht heraus) in Erwartung einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und damit im Interesse der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Masse handeln wollen.

Der vorliegende Feststellungsmangel begründet hinsichtlich beider Angeklagten Nichtigkeit des Schuldspruchs wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida. Da schon darum die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285 e StPO), war - ohne daß auf das diesen Schuldspruch betreffende weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte - mit einer Teilaufhebung des Urteils (einschließlich des auf dem StGB beruhenden Strafausspruches) und der Rückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Erstgericht vorzugehen.

Mit ihrer auch den Strafausspruch nach dem StGB bekämpfenden Berufung war die Angeklagte Dr.Sch***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Nicht berechtigt sind hingegen die gegen die Schuldsprüche nach dem Finanzstrafgesetz gerichteten Beschwerden der beiden Angeklagten.

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO moniert der Angeklagte Dkfm.Dr.M***** hinsichtlich der Verlesung eines vom Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater Mag.B***** an die Angeklagte Dr.Sch***** gerichteten Briefes trotz des Entschlagungsrechtes des Genannten von der Zeugenaussage zu Unrecht einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot. Da er "nur durch die unzulässige Verwertung dieses Schriftstückes vom Gericht der Beitragstäterschaft hinsichtlich der Finanzstraftatbestände überführt" worden sei, wäre der bezügliche Schuldspruch bei Beachtung der "Bestimmung des § 152 StPO" unterblieben. Abgesehen davon, daß durch das Zeugnisentschlagungsrecht (ua) des Wirtschaftstreuhänders nach § 152 Abs 1 Z 4 StPO nur die ihm von seinem Mandanten erteilten Informationen geschützt werden, nicht aber seine außergerichtlichen Mitteilungen an den Vollmachtgeber oder an andere Personen immunisiert werden, hätte die behauptete Formverletzung nach Lage des Falles auf die Entscheidung schon deshalb keinen dem Angeklagten Dkfm.Dr.M***** nachteiligen Einfluß üben können, weil die Tatrichter zur Überzeugung von der Schuld des Angeklagten im Sinne einer Beteiligung an den Finanzvergehen der Angeklagten Dr.Sch***** entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs nur auf Grund des in Rede stehenden Briefes, sondern durch eine Vielzahl von weiteren Verfahrensergebnissen (vgl hiezu insbesondere US 48 f) gelangt sind.

Den Verfahrensrügen (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der von den Verteidigern in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge Verteidigungsrechte der beiden Angeklagten nicht beeinträchtigt. Insoweit wurde von der Angeklagten Dr.Sch***** die Beiziehung "eines weiteren Sachverständigen aus dem Buchfach" zum Beweis dafür beantragt, daß "die Beträge der angeblich hinterzogenen Geldsumme zu hoch bemessen sind" und "daß bis Ende 1984 dem Vermögen der Dr.Sch***** Beträge in mehrfacher Millionenhöhe entzogen wurden und dieser Schaden zum finanziellen Ruin der Angeklagten (Dr.Sch*****) führte". Der Angeklagte Dkfm.Dr.M***** hinwieder wollte durch den Antrag auf "Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Buchführung", den Nachweis erbringen, daß "die 6 Millionen S praktisch der Angeklagten Dr.Sch***** (von ihrem Ehemann Mag.Sch*****) entzogen wurden und die Rückstellung daher zu Recht erfolgt ist" (425 f/IV).

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß das Gutachten des Sachverständigen Mag.W***** (ON 9) in der Hauptverhandlung nicht zur Verlesung gelangte und demzufolge auch keine Entscheidungsgrundlage dargestellt hat. Soweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf den "Ablehnungsantrag" (ON 86) betreffend den genannten Sachverständigen berufen, genügt der Hinweis, daß Sachverständige von den Parteien nicht abgelehnt werden können und erhebliche Einwendungen gegen die Bestellung eines Sachverständigen im Sinne des § 120 StPO jedenfalls schon vor der Erstattung des Gutachtens erhoben werden müssen; derartige Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen dürfen daher weder erst nach der Erstattung des Gutachtens vorgebracht noch aus dessen Inhalt abgeleitet werden. Der von den Beschwerdeführern beantragten Einholung eines "weiteren" Sachverständigengutachtens mangeln die dafür im Gesetz angeführten Voraussetzungen (§§ 125, 126 StPO). Vorliegend hatten die in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahmen (ua) eine eingehende Erörterung auch der finanzbehördlichen Erhebungen sowie Betriebsprüfungs- und Veranlagungsmodalitäten zum Gegenstand, die insbesondere auch die Vernehmung des Amtsvorstandes des Finanzamtes Leibnitz und des Masseverwalters als Zeugen miteinschloß. Da all diese Verfahrensergebnisse einzeln und umsomehr in ihrer Gesamtheit der finanzbehördlichen Schätzung der auf die in Rede stehenden Veranlagungsjahre entfallenden steuerpflichtigen Umsätze nachvollziehbar entsprachen, hätte es jedenfalls der Anführung konkreter Umstände bedurft, aus denen die begehrten Beweisaufnahmen ein die Schätzung problematisierendes Ergebnis hätten erwarten lassen. Im Sinne der erstgerichtlichen Erwägungen scheiterte die Tauglichkeit der beantragten Beweiserhebungen - sofern sie sich nicht überhaupt auf Rechtsfragen beziehen - an der mangelnden Konkretisierung von (durch die angestrebte Beweisaufnahme berührten) Tatsachengrundlagen, aus denen ein im Vergleich zum finanzbehördlichen Schätzungsergebnis für die Angeklagten günstigerer Sachbefund hätte abgeleitet werden können. Die einen (inhaltlich schlüssigen) Abgabenbescheid als dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens inhärente Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des jeweils aktuellen Finanzvergehens (14 Os 127/90 verstärkter Senat - EvBl 1992/26 = JBl 1992, 656 = RZ 1993/47) bedarf nämlich dann einer weiteren Überprüfung durch einen Sachverständigen, wenn im Beweisverfahren unausgeräumt gebliebene entscheidungswesentliche Mängel aus konkreten Details abgeleitet werden, was hier nicht zutrifft.

Da die Abweisung der solcherart prozessual untauglichen Beweisanträge (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 19) folglich keine Hintansetzung entscheidender Verteidigungsrechte bedeutete, kommt dem Umstand, daß in der Begründung des gerügten Zwischenerkenntnisses (auch) von einer nach der oben bezeichneten Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes nicht gegebenen Präjudizialität rechtskräftiger Abgabenbescheide im gerichtlichen Finanzstrafverfahren die Rede ist, keine maßgebende Bedeutung zu.

Fehl gehen aber auch die Mängelrügen (Z 5), wobei die Angeklagte Dr.Sch***** unter Hinweis auf den Gebrauch von Formulierungen wie "wahrscheinlich" und "vermutlich" der Sache nach eine offenbar unzureichende Begründung des Urteils ins Treffen führt. Die Beschwerde übersieht jedoch dabei, daß es sich bei den zitierten Textpassagen im wesentlichen um die Wiedergabe der Auffassung des Finanzamtes Leibnitz handelt, welcher sich der Schöffensenat - wie den nachfolgenden Ausführungen zu entnehmen ist (US 20 ff) -, jeweils unter ausdrücklicher Anführung jener Verfahrensergebnisse anschloß, die ihn zu den den jeweiligen Schuldspruch tragenden Feststellungen veranlaßten.

Soweit die Angeklagte Dr.Sch***** in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Zweifelsgrundsatzes rügt, übersieht sie, daß dieser Grundsatz keineswegs einer negativen Beweisregel gleichzuhalten ist und vor allem nichts darüber aussagt, wie sich das Gericht die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten zu verschaffen hat. Wenn daher ein Verfahrensresultat mehrere Auslegungen oder Schlußfolgerungen zuläßt, ist das Gericht keineswegs gehalten, sich die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu eigen zu machen; es kann sich jede Meinung bilden, die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung nicht widerspricht (Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 40 ff). In Wahrheit erschöpft sich das bezügliche Beschwerdevorbringen in einer gegen Urteile der Kollegialgerichte unzulässigen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung; ein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung der relevierten Gesetzesstelle wird solcherart nicht dargetan.

Dies gilt gleichermaßen für das Vorbringen in der Mängelrüge des Angeklagten Dkfm.Dr.M*****, der eine undeutliche Begründung des Urteils hinsichtlich der Feststellung seiner Beitragstäterschaft zu den in Rede stehenden Finanzdelikten ins Treffen führt. Demgegenüber lassen jedoch die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit keinen Zweifel daran, daß das Schöffengericht gestützt auf eine Vielzahl detailliert angeführter Urkunden (US 48 ff), aber auch auf das Naheverhältnis zwischen den beiden Angeklagten zur Überzeugung gelangte, daß der Angeklagte Dkfm.Dr.M***** bei den der Mitangeklagten Dr.Sch***** nach dem Finanzstrafgesetz zur Last liegenden Tathandlungen jedenfalls (als "Berater und Verfasser faktisch sämtlicher Schreiben, Eingaben, Anträge, Rechtsmittel und sonstiger Schriftsätze") mitgewirkt hat, wobei es lediglich offen ließ, ob der Beschwerdeführer insoweit auch Bestimmungshandlungen gesetzt hat.

Es liegt aber auch die vom Angeklagten Dr.M***** gerügte Unvollständigkeit der Urteilsgründe nicht vor, die er an die Behauptung knüpft, die Tatrichter hätten sich mit seiner Verantwortung (325/IV) nicht auseinandergesetzt, wonach die ihm von Dr.Sch***** erteilten Vollmachten vom 29.Jänner 1985 und vom 25.März 1986 jeweils spezielle Einschreitfälle betroffen hätten. Abgesehen davon, daß die genannten Vollmachten (vgl Hilfsakt S 195 und Strafakt des Finanzamtes Leibnitz Straflisten-Nr I/36/90 S 122) keine textliche Einschränkung auf einen bestimmten Geschäftsfall erkennen lassen, hat das Erstgericht der Verantwortung des Angeklagten Dr.M***** auch insoweit den Glauben versagt und solcherart den in § 270 Abs 2 Z 5 StPO beschriebenen Kriterien für die Urteilsbegründung durchaus entsprochen.

Mit ihrem (zum Schuldspruch nach dem Finanzstrafgesetz) als Rechtsrüge (Z 9 lit a) deklarierten Vorbringen greift die Angeklagte Dr.Sch***** offenkundig auf die Ausführungen zur Mängelrüge zurück, in denen sie ein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne der in Rede stehenden Finanzvergehen in Abrede stellt. Damit setzt sich die Rüge jedoch in Widerspruch zu den gegenteiligen Urteilskonstatierungen und ist daher - mangels Festhaltens an den Tatsachenfeststellungen des Schöffengerichts - nicht gesetzmäßig ausgeführt. Dem - allerdings gar nicht sie selbst, sondern den Mitangeklagten Dkfm.Dr.M***** betreffenden - Einwand zur Abgrenzung zwischen Bestimmungs- und Beitragstäterschaft hinwieder genügt es zu erwidern, daß die einheitstäterschaftliche Regelung (auch) des § 11 FinStrG eine Benachteiligung durch eine rechtsirrtümliche Beurteilung der bei einem Finanzvergehen aktualisierten Täterschaftsform ausschließt. Die einen solchen Rechtsirrtum geltend machende Rechtsrüge ist daher nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt (Dorazil/Harbich FinStrG § 11 E 20 ff).

Die gegen die Schuldsprüche nach dem Finanzstrafgesetz gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher teils als unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Da die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung des Angeklagten Dkfm.Dr.M***** vom Verteidiger rechtzeitig angemeldet und auch ausgeführt wurden, war der von Dkfm.Dr.M***** nachträglich (persönlich) gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist als gegenstandslos zurückzuweisen (vgl 12 Os 140/92). Auf seine (zusätzlichen) persönlichen Rechtsmittelausführungen war keine Rücksicht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine einzige Rechtsmittelausführung kennt (Mayerhofer/Rieder aaO § 285 E 36, 37).

Die Entscheidung über die Berufungen der beiden Angeklagten gegen die Strafaussprüche nach dem Finanzstrafgesetz obliegt dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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