European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00059.9300000.0622.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 1,400.000 (eine Million vierhunderttausend) S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt und gemäß § 26 Abs. 1 FinStrG iVm § 43 a Abs. 1 StGB die Hälfte dieser Strafe, nämlich 700.000 (siebenhunderttausend) S, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard S* des (Finanz‑)Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruches hat er als Geschäftsführer der Firma S* Güterbeförderungs GesmbH in Peuerbach
I. in der Zeit von Jänner 1987 bis 10.August 1988 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 1,884.000 S dadurch wissentlich bewirkt, daß er anläßlich von LKW‑Rücklieferungen an die Firma D* Trucks Austria‑GesmbH und an die Firma T* in den Umsatzsteuervoranmeldungen 1 bis 12/1987 sowie 1 bis 6/1988 Entgelte in der Höhe von 4,320.000 S und 5,100.000 S nicht auswies,
II. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflicht für die Jahre 1981 und 1982 eine Verkürzung an Umsatzsteuer im Betrag von 273.629 S, für die Jahre 1981 bis 1985 eine Verkürzung an Gewerbesteuer in der Höhe von 151.721 S und für die Jahre 1983 bis 1986 eine Verkürzung an Vermögensteuer im Betrag von 73.212 S dadurch bewirkt, daß er für die Jahre 1981 bis 1986 im Betriebsvermögen Verbindlichkeiten (1981 im Betrag von 990.883 S, 1982 bis 1986 im Betrag von 2,103.904 S) zu Unrecht ansetzte und die entsprechenden Vorsteuern im Betrag von 103.800 S für 1981 und im Betrag von 169.482 S für 1982 in Abzug brachte und auch in den Folgejahren nicht berichtigte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Die den Schuldspruch laut Punkt I des Urteilssatzes betreffenden Beweisanträge des Angeklagten auf zeugenschaftliche Vernehmung des Wirtschaftstreuhänders Dr.Helmut D* und je eines informierten Vertreters der Finanzämter Graz‑Stadt und Grieskirchen (S 311, 312) wies das Erstgericht zu Recht mit der Begründung ab, daß dem Beweisthema keine Entscheidungsrelevanz zukomme (S 313 mit Nachtrag im Urteil US 17 f). Nach Lage des Falles ist es unerheblich, ob eine Verrechnung der jeweils fälligen Umsatzsteuer mit tatsächlich bestehenden Guthaben (Retorsionsguthaben) "hätte stattfinden können" (S 311, 346) oder ob (theoretisch) die Möglichkeit einer (antragsbedürftigen) Überrechnung (§ 215 BAO) mit Guthaben der Firma R* bestanden hat, zumal der Angeklagte (auch nach seiner Verantwortung) keine dieser ihm angeblich offengestandenen Möglichkeiten einer fristgerechten (§ 21 Abs. 1 UStG 1972) Entrichtung fälliger Umsatzsteuervorauszahlungen (durch Offenlegung der Vorauszahlungsschuld und saldowirksame Verrechnung durch das Finanzamt oder Antragstellung auf Überrechnung des Guthabens der Firma R*) nützte, sondern vielmehr unter Verstoß gegen die ihm obliegende Offenlegungspflicht durch unrichtige Voranmeldungen (wissentlich) die Abgabenverkürzung bewirkte (§ 33 Abs. 3 lit. b FinStrG). Damit war das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG - unbeschadet des Vorliegens eines sogenannten "präsenten Deckungsfonds" in Ansehung der verkürzten Abgaben ‑ vollendet. Denn eine Abgabenhinterziehung setzt ‑ dem ersichtlichen Gedankengang des Beschwerdeführers zuwider ‑ nicht voraus, daß ein Steuerbetrag dem Steuergläubiger endgültig verlorengeht. Demgemäß vermag ein "präsenter Deckungsfonds" (der auch im Vorhandensein ausreichender Barmittel zur Bezahlung der Vorauszahlungsschuld bestehen könnte) an der (mit Ablauf des jeweiligen Fälligkeitstages eingetretenen) Deliktsverwirklichung nichts zu ändern.
Da sich die vom Erstgericht beschlußmäßig nicht erledigten weiteren Beweisanträge des Angeklagten auf Beischaffung von Akten des Finanzamtes Graz‑Stadt und Einsichtnahme in vorgelegte Urkunden (zum Nachweis angeblicher Steuerguthaben) auf dasselbe ‑ wie zuvor dargelegt nicht entscheidungswesentliche (§ 281 Abs. 3 StPO) ‑ Beweisthema bezogen, begründet deren (formelle) Nichterledigung zwar einen Verstoß gegen § 238 Abs. 1 StPO, jedoch keine die Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigende Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO (EvBl. 1989/52).
Auch die Mängelrüge (Z 5) versagt.
Der Frage, ob die vorzeitige Abschreibung der von der Firma D* Trucks Austria GesmbH im Jahre 1986 angekauften Lastkraftwagen "gerechtfertigt" war, kommt im vorliegenden Strafverfahren, das insoweit nur Verkürzungen von Umsatzsteuer, nicht aber auch von Ertragsteuern zum Gegenstand hat, keine Bedeutung zu. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die "Lieferung" in einer Form erfolgte, die eine (für die aufwandswirksame vorzeitige Abschreibung erforderliche) Nutzung noch im Wirtschaftsjahr 1986 ermöglichte oder nicht (§ 7 Abs. 2 EStG 1988).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist dem Hinweis des Zeugen S*, daß die sogenannten Fahrgestellakten, aus denen sich "die ganze Geschichte eines Fahrzeugs dokumentieren läßt", nicht mehr vorhanden seien, nicht zu entnehmen, daß dort auch für die Buchhaltung maßgebliche Schriftstücke abgelegt worden sein könnten. Vielmehr erklärte der Zeuge dazu mit Bezug auf die ‑ auch Nebenkorrespondenz enthaltende ‑ Belegsammlung der Buchhaltung mit Bestimmtheit, daß "keine anderen Gutschriften" ausgestellt worden seien, ohne allerdings die theoretische Möglichkeit eines von dieser Darstellung abweichenden Geschehensablaufs auszuschließen. Desgleichen hat das Erstgericht dem Beschwerdevorbringen zuwider aus dieser Zeugenaussage keine "Positivfeststellungen" zur subjektiven Tatseite getroffen; vielmehr erachtete der Schöffensenat dadurch bloß die Verantwortung des Angeklagten, es habe diese Lastkraftwagen betreffend mehrere andere Gutschriften gegeben, für widerlegt.
Die vom Beschwerdeführer bemängelte Urteilsfeststellung, wonach bei Stornierung eines Kaufvertrages die zum Forderungsausgleich dienende Gutschrift jeweils denselben Betrag wie die zu stornierende Faktura ausweisen müßte (S 328), entspricht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung; sie steht auch im Einklang mit der Aussage des Zeugen S*.
Die Urteilsfeststellung, daß die Abgabenverkürzung wissentlich bewirkt wurde, stützte der Schöffensenat auf die Erfahrungen des Angeklagten als langjähriger routinierter Geschäftsführer mehrerer Transportunternehmen, ferner auf die gleichartige Vorgangsweise in den Vorjahren mit Korrektur der (insoweit nicht inkriminierten) Umsatzsteuervoranmeldungen erst in den jeweiligen Jahreserklärungen sowie auf das zeitliche Naheverhältnis zwischen der Anschaffung der Lastkraftwagen jeweils zum Jahresende und die Stornierung der bezüglichen Kaufverträge sogleich nach dem Jahreswechsel, wobei insoweit die gesamte Korrespondenz "über seinen Schreibtisch" abgewickelt wurde (US 12 ff). Aus der Aussage des Steuerberaters Dr.D*, wonach der Beschwerdeführer mit ihm nur "Konzernergebnisse" besprochen habe, ist sohin gegen die zu Recht nur auf die Firma S* Güterbeförderungs GesmbH bezogene Argumentation des Schöffengerichtes nichts zu gewinnen, weil der Beschwerdeführer selbst am Beispiel des Jahres 1986 darstellt, daß weder eine ausgewiesene Umsatzsteuerschuld von 2,1 Mill S, noch eine "konzernmäßige Saldierung" der Zahllasten und Gutschriften eine gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen 1986 sprechende Auffälligkeit ergeben habe, er sohin ‑ im Gegensatz zu seinen Beschwerdebehauptungen ‑ auch bei den für den Deliktszeitraum noch ausstehenden "Abschlußbesprechungen und der Vorbereitung der Steuererklärungen" auf das Fehlen der gegenständlichen Gutschriften in der Buchhaltung und damit in den Umsatzsteuervoranmeldungen 1987 nicht aufmerksam geworden wäre.
Dem Umstand, daß die in Rede stehenden Gutschriften bei der Firma S* nicht vorgefunden werden konnten, trug der Schöffensenat ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ ohnedies Rechnung (US 21). Daraus erklärt sich aber auch, daß die von den Lieferfirmen D* Trucks Austria‑GesmbH und T* beigeschafften Kopien der Gutschriften "nicht entsprechend abgestempelt waren", weil es sich dabei eben nicht um die der Firma S* übermittelten, sondern um die bei den Lieferfirmen verbliebenen Gutschriften handelte (US 9, 10).
Der Einwand hinwieder, der Angeklagte habe nicht gewußt, daß die Nichtberücksichtigung von Gutschriften in Umsatzsteuervoranmeldungen eine Abgabenhinterziehung darstelle, für ihn seien nämlich nicht die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern die Jahreserklärung "maßgebend" gewesen, stellt eine im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar, weil sich der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens in diese ‑ erstmals in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgezeigte ‑ Richtung verantwortet hat (S 183 ff; 298 ff).
Die Darstellung des Beschwerdeführers zum Schuldvorwurf laut Punkt II des Urteilssatzes, die Kostenvoranschläge der Firma M* seien irrtümlich in die Buchhaltung gelangt und als Rechnung verbucht worden, hielt der Schöffensenat mit der Begründung für widerlegt, daß eine Fehlbuchung in den Jahren 1981 und 1982 bis zur Prüfung im Jahre 1988 hätte auffallen müssen, zumal insoweit während des gesamten Zeitraumes Verbindlichkeiten in Millionenhöhe ausgewiesen waren und der Angeklagte, von der Leiterin der Buchhaltung auf diese offenen Saldi angesprochen, diese anwies, die Verbindlichkeiten gegenüber der Firma M* in der Buchhaltung zu belassen, wozu noch kam, daß der Angeklagte durch eine ähnliche Vorgangsweise bei der Firma R* mit Kostenvoranschlägen der Firma S* eine gleichartige Abgabenverkürzung bewirkte (die allerdings infolge Selbstanzeige ohne strafrechtliche Konsequenz blieb). Im Kern unternimmt der leugnende Beschwerdeführer mit all diesem Vorbringen lediglich den Versuch, nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter mit dem Ziel zu bekämpfen, seiner Verantwortung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen und darzutun, daß auch eine für ihn günstigere Lösung der Tatfragen möglich gewesen wäre. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bedarf es aber keiner geradezu zwingenden Beweise, um eine Feststellung treffen zu können; vielmehr berechtigen auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse die Gerichte nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 ENr. 26 ff zu § 258 und ENr. 148 ff zu § 281 Z 5). Dies verkennt die Beschwerde auch bei dem mehrmals reklamierten sogenannten Zweifelsgrundsatz, der das Gericht keineswegs verpflichtet, sich bei mehreren möglichen Auslegungsvarianten die für den Angeklagten günstigste zu eigen zu machen (Mayerhofer‑Rieder aaO ENr. 42 ff zu § 258).
Dem Beschwerdevorbringen zuwider kommt ‑ wie bei Erörterung der Rechtsrügen noch darzulegen sein wird ‑ den vom Beschwerdeführer vermißten Urteilsfeststellungen, wonach der Prüfungsauftrag vom 3.März 1988 nur den Zeitraum Jänner bis November 1987 erfaßte und dieser Prüfungs‑ und Nachschauauftrag erst am 24.November 1988 auf den Zeitraum Dezember 1987 und Jänner bis Juni 1988 ausgedehnt worden sei, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Gleiches gilt für die Aussage der Zeugin St*, der Prüfer habe sie anläßlich der Aufdeckung der Lastkraftwagen‑Rücklieferungen der Firma S* an die Firma D* Trucks Austria‑GesmbH gefragt, "ob sie noch so etwas haben", worauf sie ihm die Rechnungen der Firma T* gezeigt und die diesbezüglichen Gutschriften angefordert habe (S 225, 226), weil in einer derartigen Vorgangsweise der zur Vertretung nach außen nicht berufenen Leiterin der Buchhaltung keinesfalls eine für den Geschäftsführer der GesmbH wirksame Selbstanzeige erblickt werden könnte (§ 29 Abs. 1 FinStrG: "Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verpflichtung ... darlegt").
In der Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholt der Beschwerdeführer im wesentlichen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die in der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Einwände seine insgesamt leugnende Verantwortung, ohne im einzelnen konkrete aktenkundige Umstände aufzuzeigen, die den entscheidungswesentlichen Urteilsfeststellungen allenfalls entgegenstünden. Solcherart unternimmt er bloß abermals den in der Senatsgerichtsbarkeit ‑ nach wie vor ‑ unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung zu erschüttern.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit. a und b) erweisen sich zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, zum Teil als unbegründet.
Zum einen verkennt der Angeklagte, daß der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bereits erfüllt ist, wenn die vorsätzliche Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1972 entsprechenden (= inhaltlich richtigen; Dorazil‑Harbich, FinStrG, E 35 b zu § 33) Voranmeldungen wissentlich entweder einen Ausfall an Vorauszahlungen (§ 33 Abs. 3 lit. b) oder die Geltendmachung einer nicht gebührenden Gutschrift (§ 33 Abs. 3 lit. d FinStrG) zur Folge hat (vgl Dorazil‑Harbich aaO E 32 b, 33). Ob der Beschwerdeführer über die Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium hinaus eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden (Jahres‑)Umsatzsteuer geplant hatte (§ 33 Abs. 1 FinStrG), weil er allenfalls die in Rede stehenden Gutschriften "nie mehr der Buchhaltung zuführen wollte, und zwar auch nicht im Rahmen der Jahreserklärung", ist dabei unerheblich. Denn bei der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sind ‑ wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte ‑ Tatobjekt und geschütztes Rechtsgut die Umsatzsteuervorauszahlungen, also nur die Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium, wogegen § 33 Abs. 1 FinStrG dem Schutz (unter anderem) der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer selbst dient. Eine Steuer wird nicht nur dann verkürzt, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie ganz oder teilweise dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er darauf gesetzlich Anspruch hat (Dorazil‑Harbich aaO E 1, 35). Demgemäß setzt eine Abgabenhinterziehung ‑ wie bereits bei Erörterung der Verfahrensrüge dargelegt wurde ‑ nicht voraus, daß der Steuerbetrag dem Steuergläubiger endgültig verloren geht (Dorazil‑Harbich aaO, E 3). Das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wird nur dann, wenn in der Folge mit Beziehung auf den gleichen Verkürzungsbetrag und denselben Steuerzeitraum auch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG zumindest versucht wird, von letzterem konsumiert (NRsp 1991/258 = EvBl. 1992/26).
Soweit der Beschwerdeführer behauptet, die Feststellungen der Tatrichter reichten "in rechtlicher Sicht" nicht aus, ihn der ihm angelasteten Finanzvergehen schuldig zu erkennen, zumal seiner Meinung nach die Formulierung des Erstgerichtes, er sei ‑ folgt man seiner Verantwortung, wonach er die Gutschriften "retourniert" habe ‑ verpflichtet gewesen, "jene Vorkehrungen zu treffen, die es der Buchhaltung ermöglicht hätten", die "nicht übernommenen" Lastkraftwagen zu erfassen und die "steuerliche Berichtigung" vorzunehmen, auf den Vorwurf fahrlässigen Handelns hinweise, setzt er sich über den tatsächlichen Urteilsinhalt hinweg. Denn die Feststellungen des Erstgerichtes lassen keinen Zweifel daran, daß er unter vorsätzlicher Verletzung der ihn treffenden Verpflichtung zur Abgabe richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen wissentlich den Verkürzungserfolg bewirkte (US 5).
Entgegen der Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe keine Feststellungen darüber getroffen, aus welchen Gründen gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet worden sei, wurde im Urteil ohnedies konstatiert, daß das am 20.Juni 1988 eingeleitete Strafverfahren unter anderem "die Anschaffungen und Rücklieferungen der Lastkraftwagen zum Jahreswechsel 1986/87 und 1987/88" betraf (US 6, 7).
Urteilsfremd ist der weitere Einwand, der Beschwerdeführer habe "durch seine Buchhaltungsleiterin St*" den Sachverhalt in Ansehung der Gutschriften der Firma T* "sofort offengelegt", sodaß insoweit von einer strafaufhebenden Selbstanzeige (§ 29 FinStrG) auszugehen sei. Der Schöffensenat konstatierte vielmehr, gestützt auf die Angaben des Betriebsprüfers Norbert G*, daß die Tat noch vor Einleitung des Strafverfahrens (am 20.Juni 1988) entdeckt war, weil Nachforschungen nach (Fahrzeugen und) den in Rede stehenden Gutschriften bei der Firma S* erfolglos geblieben waren (US 21; vgl. die ‑ zu ON 12 berichtigenden ‑ Angaben des Betriebsprüfers G* S 87, 88 und 233). Daß diese Gutschriften von "der Firma S*" (der Leiterin der Buchhaltung St*) in der Folge "über Aufforderung des Prüfungsleiters" beigeschafft wurden, stellt auch mangels Ermächtigung der Zeugin St*, für den Angeklagten zu handeln (vgl. dazu die Ausführungen bei Erörterung der Mängelrüge), keine wirksame Selbstanzeige dar. Es ist daher ‑ wie das Erstgericht zutreffend erkannte ‑ nach Lage des Falles unerheblich, auf welchen Zeitraum sich der jeweilige Prüfungs‑ und Nachschauauftrag bezog bzw. ob und welche Verfolgungshandlungen nach § 14 Abs. 3 FinStrG zur Zeit der (angeblichen) Selbstanzeige allenfalls gesetzt waren (§ 29 Abs. 3 lit. a FinStrG), weil zum Zeitpunkt der vom Beschwerdeführer behaupteten (in Wahrheit aber nicht vorliegenden) Selbstanzeige die Tat bereits entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war (§ 29 Abs. 3 lit. b FinStrG; vgl. abermals S 87, 88; 233), sodaß Straffreiheit jedenfalls auch aus diesem Grund nicht eintrat (US 22).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 33 Abs. 5 FinStrG unter Bedachtnahme auf § 21 FinStrG zu einer Geldstrafe von zwei Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu fünf Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, und sah gleichzeitig gemäß § 43 a Abs. 1 StGB (§ 26 Abs. 1 FinStrG) einen Teil dieser Geldstrafe im Ausmaß von einer Million Schilling unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.
Bei der Strafbemessung wertete es die finanzbehördlichen Vorstrafen, das Zusammentreffen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 mit jenem nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und die Tatbegehung über einen längeren Zeitraum als erschwerend, hingegen die bisherige Unbescholtenheit hinsichtlich gerichtlich zu ahndender Finanzvergehen und die Schadensgutmachung als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Geld‑ und Ersatzfreiheitsstrafe sowie deren (gänzliche) bedingte Nachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB an.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Zunächst hat das Zusammentreffen von zwei Finanzvergehen als besonderer Erschwerungsgrund zu entfallen, weil dieser Umstand bereits (durch die Summierung der einzelnen Strafdrohungen) die Höhe der einheitlichen Geldstrafdrohung bestimmt (§ 21 Abs. 2 FinStrG) und eine Doppelverwertung strafschärfender Umstände nicht zulässig ist (§ 32 Abs. 2 StGB iVm § 23 Abs. 2 FinStrG; Leukauf‑Steininger Komm.3 § 32 RN 12 ff; 12 Os 102/89 ua). Dieser Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot bewirkt vorliegend jedoch keine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11, zweiter Anwendungsfall, StPO, weil das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen jedenfalls als ein nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung für die Gewichtung der Strafzumessungsschuld bedeutsamer Umstand zu beachten ist (NRsp 1988/297), der hier bloß irrig als besonderer Strafzumessungsgrund angeführt wurde (EvBl. 1989/63 = JBl. 1989, 331).
Entgegen dem Berufungsvorbringen wurden die finanzbehördlichen Abstrafungen des Angeklagten, die nicht nur wegen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, sondern auch ‑ was die Berufung übergeht ‑ wegen der vorsätzlichen Hinterziehung und der fahrlässigen Verkürzung von Eingangs‑ oder Ausgangsabgaben nach §§ 35 Abs. 3; 36 Abs. 2 FinStrG erfolgten, zu Recht als Erschwerungsgrund gewertet. Gleiches gilt für den sich über mehrere Jahre erstreckenden Tatzeitraum.
Dennoch zeigt sich ‑ auch im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen ‑, daß die Geldstrafe vom Erstgericht ‑ bei einem Verkürzungsbetrag von insgesamt 2,382.562 S ‑ mit zwei Millionen Schilling zu hoch ausgemessen wurde. Die demzufolge spruchgemäß herabgesetzte (Geld‑ und Ersatzfreiheits‑)Strafe wird dem Unrechtsgehalt der Tathandlungen und der Schuld des Angeklagten bei Berücksichtigung auch der persönlichen Verhältnisse sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs. 3 FinStrG) voll gerecht. Wie schon im Ersturteil wurde gemäß § 43 a Abs. 1 StGB, § 26 Abs. 1 FinStrG die Hälfte der Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das mehrjährige Fehlverhalten des (finanzbehördlich) vorbestraften Angeklagten schloß jedoch aus Gründen der Spezialprävention die vom Berufungswerber außerdem begehrte gänzliche bedingte Nachsicht der Sanktion aus.
Über die Rechtsmittel des Angeklagten war daher spruchgemäß zu erkennen.
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