Im Falle einer Behandlung durch eine Person, die nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften nicht zur Heilbehandlung befugt ist oder durch einen im Ausland anerkannten Heilpraktiker, kann eine außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn durch ein ärztliches Gutachten nachgewiesen wird, dass die Behandlung aus medizinischen Gründen zur Heilung oder Linderung der Krankheit erforderlich ist (vgl. BFG 17.11.2016, RV/7104331/2016; BFG 06.06.2016, RV/7101106/2011; BFG 06.05.2016, RV/1100626/2014; UFSW 06.02.2013, RV/2548-W/12).
Liegt eine Krankheit vor, so sind abzugsfähig- Arzt- und Krankenhaushonorare,
- Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen (einschließlich medizinisch verordnete homöopathische Präparate), Rezeptgebühren, Behandlungs-, Kostenbeiträge und Selbstbehalte (einschließlich Akupunktur und Psychotherapie), soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat (VwGH 13.05.1975, 1532/73),
- Aufwendungen für Heilbehelfe (Zahnersatz, Sehbehelfe einschließlich Laserbehandlung zur Verbesserung der Sehfähigkeit, Hörgeräte, Prothesen, Gehbehelfe, Bruchbänder),
- Kosten für Fahrten zum Arzt bzw. ins Spital (VwGH 22.09.1976, 2271/75), weiters Fahrtkosten der Angehörigen anlässlich des Besuchs der erkrankten Person (VwGH 13.05.1986, 85/14/0181; VwGH 10.11.1987, 85/14/0128),
- Kosten für die im Spital untergebrachte Begleitperson bei Spitalsaufenthalt eines Kindes,
- Aufwendungen für Ferngespräche mit der Familie bei längerem Krankenhausaufenthalt, soweit sie das übliche Ausmaß überschreiten (VwGH 10.11.1987, 85/14/0128),
- Behandlungsbeiträge (§ 80 Abs. 2 BSVG), Rezeptgebühren § 136 Abs. 3 ASVG), Selbstbehalte bei Heilbehelfen und Heilmitteln (§ 137 ASVG), Zuzahlung zu Kur- und Rehabilitationsaufenthalten (§ 155 Abs. 3 ASVG), Kostenbeiträge nach den Landes- Krankenanstaltengesetzen (zB § 45a NÖ Krankenanstaltengesetz 1974), soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat (VwGH 13.05.1975, 1532/73).
Werden Medikamente zur Heilung oder Linderung einer Krankheit sowie Heil- oder Pflegebehelfe ärztlich verschrieben, sind die Aufwendungen jedenfalls als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Fallen höhere Aufwendungen an als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, sind sie nur als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen (zB erwartete medizinische Komplikationen, paradontale Gründe bei Zahnersatz) erwachsen (VwGH 04.03.1986, 85/14/0149; VwGH 13.05.1986, 85/14/0181; VwGH 19.02.1992, 87/14/0116; Rz 818). Aufzahlungen für die Sonderklasse bei Krankenhausaufenthalten sind ausnahmsweise nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen (BFG vom 25.11.2014, RV/3100517/2013, BFG vom 12.03.2019, RV/5101609/2018, BFG vom 26.02.2018, RV/5100307/2018). Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (VwGH 27.09.2021, Ra 2020/15/0066, VwGH 05.10.2021, Ra 2021/15/0059). Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten (VwGH 25.12.2021, Ro 2020/15/0010 zur "NanoKnife-Methode").
Von den angefallenen Krankheitskosten sind abzuziehen- Kostenersätze, die aus der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden,
- Kostenersätze, die aus einer freiwilligen Krankenzusatzversicherung oder Unfallversicherung geleistet werden,
- bei einem Krankenhausaufenthalt eine Haushaltsersparnis.
Für die Berechnung der Haushaltsersparnis kann - analog zur Vorgangsweise bei der Erfassung von Sachbezügen - im Schätzungswege der Wert der vollen freien Station gemäß der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. II. Nr. 416/2001, herangezogen werden. Da bei einem Krankenhausaufenthalt von einer Vollverpflegung auszugehen ist, sind vom Wert der vollen freien Station in Höhe von 196,20 Euro die Kostenanteile für Wohnung (ein Zehntel) sowie Beleuchtung und Strom (ein Zehntel) auszuscheiden. Die Haushaltsersparnis ist daher in Höhe von acht Zehntel des Wertes der vollen freien Station - somit in Höhe von 156,96 Euro - zu berücksichtigen.
Hat der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Behindertenfreibetrag im Sinne des § 35 EStG 1988, so ist zu unterscheiden:- Krankheitskosten, die mit der Behinderung im Zusammenhang stehen (zB Aufwendungen für Bewegungstherapie eines Gehbehinderten), können mit Ausnahme der in § 4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, genannten Aufwendungen für Hilfsmittel und Kosten der Heilbehandlung nicht neben den Freibeträgen gemäß § 35 EStG 1988 geltend gemacht werden. Wenn Krankheitskosten als unmittelbare Folge aus einer Behinderung vorliegen, sind die Kosten der Heilbehandlung ohne Abzug eines Selbstbehalts zu berücksichtigen (VwGH 23.01.2019, Ro 2016/13/0010). Sollen die tatsächlich angefallenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, müssen sämtliche Kosten nachgewiesen werden.
- Krankheitskosten, die mit der Behinderung nicht im Zusammenhang stehen (zB Zahnersatz eines Blinden), können nach Abzug des Selbstbehalts neben den Freibeträgen im Sinne des § 35 EStG 1988 abgezogen werden.