VwGH 2012/06/0039

VwGH2012/06/00397.8.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden 1. der T in V, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger LL.M., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III (2012/06/0039), 2. der I GmbH & Co KG in I, vertreten durch Dr. Odo Schrott, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andechsstraße 65 (2012/06/0041), 3. der Dr. M K in S und 4. der G O in I, beide vertreten durch Dr. Klaus Neuner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40 (2012/06/0042), gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Jänner 2012, Zl. I-Präs-00282e/2011, betreffend eine Baubewilligung nach dem Tiroler Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §7;
AVG §8;
AVG §82 Abs7;
LStG Tir 1989 §37 Abs1 litc;
LStG Tir 1989 §37 Abs1;
LStG Tir 1989 §37 Abs2;
LStG Tir 1989 §42 Abs1;
LStG Tir 1989 §43 Abs2 lita;
LStG Tir 1989 §8 Abs1;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §7;
AVG §8;
AVG §82 Abs7;
LStG Tir 1989 §37 Abs1 litc;
LStG Tir 1989 §37 Abs1;
LStG Tir 1989 §37 Abs2;
LStG Tir 1989 §42 Abs1;
LStG Tir 1989 §43 Abs2 lita;
LStG Tir 1989 §8 Abs1;

 

Spruch:

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 und der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegenstand der Beschwerden ist der Umbau der G-Kreuzung im Stadtgebiet von Innsbruck. Dazu beantragte das Land Tirol gemäß § 41 Tiroler Straßengesetz bei der Tiroler Landesregierung als Straßenbehörde die Erteilung der Baubewilligung für eine Untertunnelung der G-Kreuzung (diesbezüglich sind beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerden zu den Zlen. 2012/06/0096, 0104, 0132 und 0203 anhängig).

Mit Eingabe vom 4. Juni 2010 beantragte die Stadtgemeinde Innsbruck (im Folgenden: Bauwerberin) die Erteilung einer Straßenbaubewilligung für den Umbau der G-Kreuzung für ihre Zuständigkeitsbereiche (gemeint: soweit Gemeindestraßen betroffen sind).

Laut Kundmachung vom 28. Juni 2010 umfasst das Straßenbauvorhaben folgende Bereiche:

"Beschreibung des Vorhabens:

Seitens des Landes Tirol soll die Untertunnelung der G(…)kreuzung umgesetzt werden. Der Planungsbereich der Stadt Innsbruck umfasst die Bereiche nord- und südseitig der B 174- I(…)straße (O(…)straße).

Nördlich der B 174 soll für den von Osten über die O(…)brücke kommenden Verkehr eine stadteinwärts führende Auffahrtsrampe am westseitigen Widerlage der O(…)brücke in Form eines 57 m langen Brückentragwerkes errichtet werden. Daran anschließend ist bahnseitig eine rund 70 m lange Stützmauer geplant. Auf Höhe der L(…)straße findet die neue Trasse in den Bestand der S(…)straße ein.

Weiters sollen zwei neue Fahrstreifen als Zufahrt zu der S(…)straße auf die B 174 in Richtung Osten und als Ausfahrt von der B 174 aus Richtung Westen über die G(…)straße in die S(…)straße als Rampen errichtet werden.

Der Einmündungsbereich der S(…)straße in die O(…)straße wird rund 50 m nach Osten verschoben.

Südlich der B 174 soll der Verkehr über Rampen in Form einer Wendel und zwei von Westen kommend über die G(…)straße zum westseitigen Widerlager der O(…)brücke stadteinwärts Richtung Hauptbahnhof und parallel stadtauswärts Richtung Osten geführt werden."

Gemeinsam mit dem Genehmigungsantrag übermittelte die Bauwerberin unter anderem auch das straßenbautechnische Gutachten von Dipl. Ing. S. vom 5. Mai 2010. Darin führte der Sachverständige aus, der Umbau der G-Kreuzung liege im öffentlichen Interesse und werde eine Verkehrsberuhigung im Zentrum von W. bei gleichzeitiger Bündelung des Verkehrs herbeiführen. In einem zukünftigen Schritt werde die Zufahrt in die B 174 in die Untertunnelung über eine rund 70 m lange "Verflechtungsstrecke" errichtet; nach Auskunft des "Amtes Tiefbau" (des Magistrates Innsbruck) werde festgestellt, dass im Projektgebiet derzeit keine rechtskräftigen Straßenfluchtlinien bestünden. Nach Ausführungen über die Fahrbahnbreiten und die Projektierungsgeschwindigkeiten führte der Gutachter als Schlussbemerkung wörtlich aus:

"Für die Anbindung der S(…)straße wurden mehrere Varianten, unter anderem auch ein signalgeregelter Anschluss über die K(...)gasse untersucht. Letzterer war jedoch aus verkehrstechnischen Gründen (Leistungsfähigkeitsprobleme) nicht umsetzbar.

In Verbindung mit dem Tiroler Straßengesetz 1988,

7. Abschnitt 'Bau und Erhaltung von Straßen' kann festgestellt werden, dass die vorliegende Planung die gemäß § 37-'Allgemeine Erfordernisse' unter Abs. 1 a bis c angeführten Auflagen erfüllt."

Die Beschwerdeführerinnen sind Grundeigentümerinnen, deren Gründe vom gegenständlichen Vorhaben in Teilbereichen in Anspruch genommen werden; sie wandten sich gegen das Straßenvorhaben.

Die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin brachten in ihren Einwendungen vom 15. Juli 2010 - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - vor, das gegenständliche Straßenvorhaben werde dem Erfordernis nach dem Tiroler Straßengesetz, dass die Inanspruchnahme fremder Grundstücke vermieden oder vermindert werden solle, nicht gerecht. Auch die Frage des Lärmschutzes sei im gegenständlichen Verfahren nicht geklärt worden. Im parallel anhängigen Straßenverfahren beim Amt der Tiroler Landesregierung habe am 14. Juli 2010 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, bei der das Projekt vorgestellt worden sei. Die im gegenständlichen Verfahren umfassten Bauteile könnten nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes. Eine isolierte Betrachtung stehe auch mit den einschlägigen Bestimmungen des Straßengesetzes nicht im Einklang. Im Rahmen der Verhandlung am 14. Juli 2010 habe sich auch ergeben, dass durch das gegenständliche Projekt die bestehende Zufahrt zu den Liegenschaften der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin - wie im bisherigen Umfang bestehend - zur Gänze vereitelt werde, weil in diesem Bereich das Gelände um ca. 1 m abgesenkt und eine Stützmauer errichtet werde. Im Projekt fehlten jedoch Ausführungen darüber, wie die bestehende Zufahrt zur Liegenschaft der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin weiterhin gesichert sei. Sollte die Zufahrt im südlichen Bereich ihres Grundstückes angedacht sein, würde dies einen massiven Eingriff in ihr Grundeigentum darstellen.

Die Erstbeschwerdeführerin brachte in ihren Einwendungen vom 29. Juli 2010 vor, für den verfahrensgegenständlichen Straßenabschnitt liege kein Bescheid gemäß § 8 Tiroler Straßengesetz vor, daher sei dieser Teil als Bestandteil der Landesstraße anzusehen und die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck für die Genehmigung nicht zuständig; darüber hinaus beantragte die Erstbeschwerdeführerin eine Abänderung des Projekts dahin gehend, dass die Zubringerstraßen entlang der östlichen Grenze des Grundstückes 609/1 und über den unbedingt erforderlichen Bereich des Grundstückes 611 geführt würden, sowie geänderte Kurvenradien, wodurch eine geringere Grundinanspruchnahme der Erstbeschwerdeführerin erfolge; das Projekt entspreche auch nicht den Sicherheitsanforderungen des § 37 Tiroler Straßengesetz; eine mündliche Verhandlung werde beantragt; darüber hinaus würden Lärmschutzmaßnahmen verlangt.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte in ihren Einwendungen vom 9. August 2010 im Wesentlichen vor, gemäß § 10 Tiroler Straßengesetz habe das Land Tirol die Straßenbaulast nur für den Straßenkörper für eine Straße mit höchstens zwei Fahrstreifen einschließlich der Ab- und Einbiegestreifen zu tragen; die in den gegenständlichen Projektplänen eingezeichneten Zu- und Abfahrten, die sich auf dem Grundstück der Zweitbeschwerdeführerin befänden, seien als Ein- und Abbiegestreifen auf die B 174 anzusehen; damit trage das Land Tirol und nicht die Stadt Innsbruck dafür die Straßenbaulast; die Stadt Innsbruck sei daher nicht antragsberechtigt, das Land Tirol werde um Erteilung der Straßenbaubewilligung bei der Tiroler Landesregierung ansuchen müssen; die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt, in der das straßenbautechnische Gutachten von Dipl. Ing. S. vom 5. Mai 2010 erörtert werden solle; darüber hinaus sei im Rahmen der mündlichen Verhandlung abzuklären, in welcher Länge und Höhe eine Lärmschutzmauer entlang des südlichen Radius der Rampe 3 notwendig sei; eine Straßenbaubewilligung gemäß § 44 Tiroler Straßengesetz könne nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz vorlägen; da durch den Straßenverkehr und die straßenbautechnischen Maßnahmen gemäß dem Gutachten von Dipl. Ing. S. eine wesentliche Beeinträchtigung der Nachbarn erfolge, werde der Antrag abzuweisen sein.

Die Behörde erster Instanz beauftragte sodann Dipl. Ing. S zu einer Ergänzung seines Gutachtens vom 5. Mai 2010 im Hinblick auf die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen.

In seiner ersten Gutachtensergänzung vom 23. September 2010 führte Dipl. Ing. S zu den Einwendungen der Zweitbeschwerdeführerin aus, es handle sich nicht um "Zu- und Abfahrtsrampen zu kreuzenden Straßen" gemäß § 8 Abs. 5 Tiroler Straßengesetz, sondern um die getrennten Spuren der neu trassierten S-Straße zur Erzielung eines kreuzungsfreien Vollanschlusses derselben an die B 174. Die Bezeichnung "Rampe" könne auch durch "Spur" oder "Achse" ersetzt werden. Im Projekt seien von vornherein entsprechende bauliche Maßnahmen des Lärmschutzes entlang der einzelnen Straßenabschnitte in Form von Betonleitwänden zum Teil mit aufgesetzter Glas- bzw. Holzwandkonstruktion vorgesehen worden.

Zu den Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin führte der Sachverständige ergänzend aus, die im Bereich der Grundparzellen 610 und 611 gewählte Linienführung entspreche "städtischen und auch landesstraßentauglichen Kriterien". Durch die Neutrassierung ändere sich nichts am derzeitigen Verkehrsaufkommen stadteinwärts oder stadtauswärts. Die neu geschaffene direkte Auffahrt in Richtung Osten erhöhe zwar teilweise das Verkehrsaufkommen in der S-Straße, trage aber wiederum zur Entlastung der L-Straße und der A-Straße bei. Ein Beginn der Neutrassierung der S-Straße nördlich des Stellwerkes der ÖBB sei aus bahntechnischen und auch eisenbahnrechtlichen Gründen nicht möglich.

Zu den Einwendungen der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin führte Dipl. Ing. S. aus, sein Gutachten beschränke sich auf den planlich festgelegten Zuständigkeitsbereich der Stadt und habe mit der vom Amt der Tiroler Landesregierung durchgeführten Verhandlung nichts zu tun. Der "Absteckungsplan" vom 15. März 2010 sei - was die Lage der Verkehrsflächen sowie die Abgrenzung Land/Stadt betreffe - identisch mit jenem, der dem Projekt des Landes Tirol zugrunde liege. Hinsichtlich des Eingriffs in die Eigentumsrechte der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin werde festgehalten, dass eine dreiecksförmige Fläche von 48 m2 aus der Grundparzelle 606/1 dauernd beansprucht werde. Die genannte Fläche sei seit Jahren öffentliche Verkehrsfläche. Hinsichtlich des Umbaus der bestehenden Zufahrt zur Grundparzelle 606/1 führte der Sachverständige aus, eine Einsichtnahme in die bei der Magistratsabteilung II aufliegenden Planunterlagen zeige, dass die neue Zufahrt nach Rücksprache mit den Grundeigentümerinnen an die Nordostecke des Wohnhauses K-Gasse 12 und somit außerhalb der künftigen Zufahrtsrampe zur neuen Fuß- und Radwegunterführung verlegt werde, wodurch die Erschließung der Liegenschaft 606/1 weiterhin gewährleistet sei.

Dazu nahmen die Erstbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2010, die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 und die Zweitbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 sowie die Bauwerberin mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 Stellung.

Dipl. Ing. S. erstellte sodann im Auftrag der Behörde erster Instanz seine zweite Gutachtensergänzung vom 30. November 2010, in der er unter anderem zu dem Vorbringen der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin, dass keine Rücksprache mit ihnen hinsichtlich einer geplanten Erschließung der Liegenschaft erfolgt sei, ausführte, die letztgültigen Pläne beinhalteten die neue Einfahrt auf Höhe der Nordostecke des Wohnhauses K.-Gasse 12 am oberen Ende der Rampe; ein entsprechender Vorschlag über die Art der Verschiebung der Einfahrt sei den Grundeigentümerinnen von der zuständigen Magistratsabteilung schriftlich zur Kenntnis gebracht worden; dieser garantiere die volle Erschließung des Grundstücks in gleicher Qualität; eine diesbezügliche Rückmeldung seitens der Grundeigentümerinnen liege bis dato nicht vor.

Auch zu dieser Gutachtensergänzung nahmen die Beschwerdeführerinnen ablehnend Stellung.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck vom 6. Mai 2011 wurde die beantragte Baubewilligung nach Maßgabe des einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektes - soweit nicht Landesstraßen betroffen sind - unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies begründete die Behörde erster Instanz in wesentlichen Bereichen mit einem Verweis auf das Gutachten des straßenbautechnischen Sachverständigen Dipl. Ing. S. vom 5. Mai 2010, ergänzt am 23. September 2010 und am 30. November 2010. Demnach seien die im Tiroler Straßengesetz geforderten technischen Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt, die Verkehrssicherheit gewährleistet und durch die projektierten Lärmschutzmaßnahmen sei nachgewiesen, dass ein ausreichender Schutz der Anrainer (§ 37 Abs. 1 lit. c Tiroler Straßengesetz) vorgesehen sei. Die gewählte Linienführung und die Radien entsprächen "städtischen und landesstraßentauglichen Kriterien".

Zu ihrer Zuständigkeit führte die Behörde erster Instanz aus, eine Landesstraße werde durch Erklärung gemäß § 8 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz und Aufnahme in das Landesstraßenverzeichnis zu einer solchen. Die S-Straße sei hingegen durch Verordnung der Stadtgemeinde Innsbruck und entsprechend der jahrzehntelangen Nutzung eine Gemeindestraße. Die Entscheidung über die teilweise Neutrassierung einer Gemeindestraße treffe ausschließlich die Gemeinde. Die S-Straße als Gemeindestraße müsse im Zuge der Untertunnelung der G-Kreuzung verlegt werden. Es erfolge eine neue Verkehrsanbindung, die aus topografischen Gründen nur östlich hergestellt werden könne. Die S-Straße diene weiterhin vorwiegend den Gemeindeinteressen des innerstädtischen Verkehrs, der Anbindung der einzelnen Stadtteile untereinander sowie dem stadtein- sowie stadtauswärts fließenden Ziel- und Quellverkehr. Sie weise dieselbe Verkehrsfunktion und denselben Nutzen auf wie die bestehende Gemeindestraße. Durch die geplanten Maßnahmen werde die B 174 weder in ihrem Verlauf noch in ihrer Länge der Fahrbahnen verändert. Daher seien alle Verbindungsfahrbahnen der S-Straße zur B 174 Gemeindestraßen und nicht als Zu- und Abfahrtsrampen zu kreuzenden Straßen als Bestandteile der Landesstraße gemäß § 8 Abs. 5 Tiroler Straßengesetz zu sehen. Die S-Straße sei eine einmündende Gemeindestraße und keinesfalls eine kreuzende Straße im Sinn dieser Bestimmung.

Hinsichtlich des Eingriffs in die Eigentumsrechte der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin verwies die Behörde erster Instanz wiederum auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach die volle Erschließung der Liegenschaft 606/1 in gleicher Qualität weiterhin gewährleistet sei.

Zu den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung führte die Behörde aus, gemäß § 82 Abs. 7 AVG sei § 42 Tiroler Straßengesetz seit 1. Jänner 1999 derogiert und somit eine mündliche Verhandlung nicht mehr zwingend vorgesehen.

Die beschwerdeführenden Parteien wiederholten in ihren Berufungen vom 16. Mai 2011 (Zweitbeschwerdeführerin), 20. Mai 2011 (Dritt- und Viertbeschwerdeführerin) sowie 25. Mai 2011 (Erstbeschwerdeführerin) im Wesentlichen ihre bisherigen Standpunkte.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 19. Jänner 2012) gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerinnen keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich.

Zum Erfordernis der Durchführung einer mündlichen Verhandlung verwies die belangte Behörde ebenfalls auf die Derogationsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG, wonach nunmehr die verpflichtende Durchführung einer Straßenbauverhandlung und eines Ortsaugenscheines nicht mehr vorgesehen sei.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die künftige Straßentrasse sei nicht so festgelegt worden, dass es zu einer Mehrbelastung des ÖBB-Grundstückes und zu einer wesentlich geringeren Fremdgrundbeanspruchung im Bereich der beschwerdeführenden Parteien komme, hielt die belangte Behörde entgegen, dass die Straßenplanung die Erfordernisse des Eisenbahnunternehmens habe berücksichtigen müssen.

Trassenänderungen, wie von den beschwerdeführenden Parteien begehrt, seien daher nicht möglich. § 43 Abs. 2 letzter Satz Tiroler Straßengesetz gebiete nämlich, dass bei einer beantragten Änderung der Trasse die sich daraus ergebende Beanspruchung anderer Grundstücke angemessen zu berücksichtigen sei.

Zur Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde führte die belangte Behörde aus, aus dem Umstand, dass im Verlauf der B 174 zwei Kreuzungen unterführt würden, könne nicht abgeleitet werden, dass damit eine Umwidmung der anschließenden Gemeindestraßen zu Landesstraßen bedingt sei. Die Funktion der umgelegten S-Straße sei dieselbe wie jene der Bestandsstraße, daher sei auch weiterhin von einer Gemeindestraße auszugehen. Der ersatzweise Neubau liege im wesentlichen Interesse des städtischen Ziel- und Quellverkehrs und sei daher als Gemeindestraße zu qualifizieren. Bereits jetzt sei die B 174 an das untergeordnete Straßennetz der Gemeinde angebunden. Aus der funktional gleichwertigen Umlegung in eine weiter östliche Lage der S-Straße ergebe sich keine Änderung der Widmung als Gemeindestraße. Die Zu- und Abfahrten zur B 174 seien als Verlegung der derzeitigen S-Straße anzusehen und somit auch weiterhin als Gemeindestraßen zu qualifizieren. Daher sei gemäß § 75 Abs. 3 lit. a Tiroler Straßengesetz für die Erteilung der Straßenbaubewilligung in erster Instanz die Zuständigkeit des Bürgermeisters gegeben.

Durch § 37 Tiroler Straßengesetz würden keine subjektiven Rechte von Nachbarn begründet (§ 37 Abs. 2 leg. cit.). Die Nachbarn hätten daher kein subjektives Recht auf Einholung eines lärmtechnischen Sachverständigengutachtens. Im vorliegenden Fall sei bei der Prüfung der Straße ohnehin im hohen Ausmaß, insbesondere durch die geplante Errichtung von Lärmschutzwänden, auf den Schutz der Nachbarn vor Umweltbeeinträchtigungen geachtet worden.

Zum Vorbringen der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin, dass ihr Grundstück durch das geplante Straßenbauvorhaben vom öffentlichen Wegenetz abgetrennt werde, verwies die belangte Behörde darauf, dass die angesprochene Teilfläche von 48 m2 bereits seit vielen Jahren von der Öffentlichkeit als Straßengrund benutzt werde. Auf Grund der adaptieren Unterführung werde die Zufahrt zum Grundstück verändert, es erfolge aber keinesfalls eine Abtrennung vom öffentlichen Wegenetz. Der "dem Verfahren beigezogene" straßenbautechnische Sachverständige Dipl. Ing. S. habe in seinem Gutachten sowie den beiden Ergänzungsgutachten bestätigt, dass die verkehrstechnische Erschließung des Grundstückes auch nach Realisierung des beantragten Straßenbauprojektes weiterhin in vollem Umfang gewährleistet sei.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die drei Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Im gegenständlichen Fall ist das Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, in der Fassung LGBl. Nr. 101/2006, anzuwenden. Dessen § 2 Abs. 8, § 8, § 10 Abs. 1 und 2, § 13, § 37 und §§ 41 bis 44 sowie §78 lauten (auszugsweise):

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) …

(8) Die Straßenbaulast umfaßt die Kosten für den Bau (einschließlich der Grunderwerbskosten) und die Erhaltung einer Straße.

(9) …

Landesstraßen

§ 8

Widmung

(1) Die Erklärung einer Straße zur Landesstraße erfolgt durch ihre Aufnahme in das Landesstraßenverzeichnis (Anlagen 1 und 2). Dieses bildet einen Bestandteil dieses Gesetzes.

(2) Landesstraßen sind jene Straßen,

a) die für den überörtlichen Verkehr größerer Teile des Landes oder einzelner Täler mit Gemeinden oder größeren Ortschaften von Bedeutung sind oder

b) durch die einzelne Gemeinden oder einzelne größere Ortschaften an eine Bundes- oder Landesstraße angeschlossen werden.

(3) Eine Gemeinde oder eine Ortschaft gilt als an eine Bundes- oder Landesstraße angeschlossen, wenn eine solche Straße in jenes Gebiet oder durch jenes Gebiet der Gemeinde bzw. Ortschaft führt, in dem sich der überwiegende Teil der zentralen Einrichtungen des Gemeinbedarfes, wie Gemeindeamt, Schule, Kirche und dergleichen, oder das Zentrum des örtlichen Verkehrs befindet, oder in geringer Entfernung an diesem Gebiet vorbeiführt.

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung den Beginn und das Ende der einzelnen Landesstraßen genau festzusetzen sowie allfällige Benützungsbeschränkungen nach § 4 Abs. 2 festzulegen.

(5) An Landesstraßen B gelten auch die Zu- und Abfahrtsrampen zu kreuzenden Straßen als Bestandteile der Landesstraßen B.

§ 10

Straßenbaulast im Bauland

(1) Für Landesstraßen L im Bereich des Baulandes hat das Land die Straßenbaulast nur für den Straßenkörper für eine Straße mit höchstens zwei Fahrstreifen einschließlich der Ab- und Einbiegestreifen und der Haltestellenbuchten sowie der Straßenentwässerungsanlagen bis zum Sammelkanal, ferner bei Brücken und Über- und Unterführungen für beidseitige Gehsteige mit einer Breite von höchstens je 1,50 m zu tragen. Für Landesstraßen B im Bereich des Baulandes hat das Land zusätzlich die Straßenbaulast für zwei weitere Fahrstreifen zu tragen.

(2) Die Straßenbaulast für die im Abs. 1 nicht genannten Teile von Landesstraßen im Bereich des Baulandes, insbesondere für weitere Fahrstreifen, Radwege, Gehwege, Gehsteige mit Ausnahme der im Abs. 1 genannten Fälle, Parkflächen und Straßenbeleuchtungsanlagen, sowie die Kosten für die Beschaffung der zum Bau von Haltestellenbuchten erforderlichen Grundflächen hat die Gemeinde zu tragen.

(3) …

Gemeindestraßen

§ 13

Widmung

(1) Die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße erfolgt durch Verordnung der Gemeinde.

(2) Zu Gemeindestraßen können jene Straßen erklärt werden, die überwiegend

a) für den örtlichen Verkehr der Gemeinde oder größerer Teile der Gemeinde,

b) für die Herstellung der Verbindung zwischen benachbarten Gemeinden oder zwischen größeren Teilen der Gemeinde oder

c) für eine Erschließung, die in einem örtlichen Raumordnungsinteresse der Gemeinde gelegen ist, von Bedeutung sind.

(3) Eine öffentliche Interessentenstraße, eine öffentliche Privatstraße nach § 34 Abs. 1 lit. b oder eine aufgelassene Bundes- oder Landesstraße im Sinne des § 34 Abs. 2 ist zur Gemeindestraße zu erklären, wenn diese Straße eine Verkehrsbedeutung nach Abs. 2 lit. a oder b hat.

(4) In der Verordnung über die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße sind ihre Bezeichnung und ihr Verlauf sowie allfällige Benützungsbeschränkungen nach § 4 Abs. 2 festzulegen.

(5) Landesstraßen dürfen nicht zu Gemeindestraßen erklärt werden.

(6) Wird eine private Straße zur Gemeindestraße erklärt, so steht der Gemeingebrauch erst ab dem Erwerb des Eigentums oder eines entsprechenden sonstigen Verfügungsrechtes am Straßengrund durch die Gemeinde offen. Der Bürgermeister hat den Zeitpunkt des Beginnes des Gemeingebrauches durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde während zweier Wochen bekanntzumachen.

Bau und Erhaltung von Straßen

§ 37

Allgemeine Erfordernisse

(1) Straßen müssen nach den Erfahrungen der Praxis und den Erkenntnissen der Wissenschaft so geplant und gebaut werden, daß

a) sie für den Verkehr, dem sie gewidmet sind, bei Beachtung der straßenpolizeilichen und der kraftfahrrechtlichen Vorschriften sowie bei Bedachtnahme auf die durch die Witterung oder durch Elementarereignisse hervorgerufenen Verhältnisse ohne besondere Gefahr benützt werden können,

b) sie im Hinblick auf die bestehenden und die abschätzbaren künftigen Verkehrsbedürfnisse den Erfordernissen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprechen,

c) Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße, soweit solche Beeinträchtigungen nicht nach den örtlichen Verhältnissen und der Widmung des betreffenden Grundstückes zumutbar sind, so weit herabgesetzt werden, wie dies mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand möglich ist und

d) sie mit den Zielen der überörtlichen und der örtlichen Raumordnung im Einklang stehen.

(2) Durch Abs. 1 lit. c werden subjektive Rechte der Nachbarn nicht begründet.

§ 41

Ansuchen

(1) Um die Erteilung einer Straßenbaubewilligung hat der Straßenverwalter bei der Behörde schriftlich anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen sind die zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach diesem Gesetz erforderlichen Unterlagen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen. Jedenfalls anzuschließen sind:

a) ein Lageplan, aus dem die vom Bauvorhaben betroffenen sowie die an die geplante Straße bzw. an den vom Bauvorhaben betroffenen Teil der Straße angrenzenden Grundstücke hervorgehen,

  1. b) eine technische Beschreibung des Bauvorhabens,
  2. c) ein Verzeichnis der Eigentümer der vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jener Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht zusteht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt,

    d) Grundbuchsauszüge über die vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke. Die Behörde kann die Vorlage weiterer Ausfertigungen der Planunterlagen verlangen, soweit dies für die Zwecke des Verfahrens erforderlich ist.

(3) Bei einem Ansuchen um die Erteilung der Straßenbaubewilligung für eine bauliche Änderung einer Straße können sich die im Abs. 2 genannten Unterlagen auf die von der Änderung betroffenen Teile der Straße beschränken. ...

§ 42

Mündliche Verhandlung

(1) Die Behörde hat über jedes Ansuchen nach § 41, sofern es nicht zurückzuweisen ist, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Diese ist mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbinden.

(2) ...

(3) Der mündlichen Verhandlung sind die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nach diesem Gesetz erforderlichen Sachverständigen, jedenfalls ein straßenbautechnischer Sachverständiger, beizuziehen.

(4) ...

§ 43

Rechte der betroffenen Grundeigentümer

(1) Die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt, oder als Teilwaldberechtigten ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht zusteht, können eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse - unbeschadet des § 44 Abs. 4 - und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann.

(2) Die Behörde hat bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung einem Antrag nach Abs. 1 Rechnung zu tragen, soweit die beantragte Änderung

  1. a) den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entspricht und
  2. b) mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann. Die Behörde hat bei der Beurteilung eines Antrages nach Abs. 1 die aus der beantragten Änderung sich ergebende Beanspruchung anderer Grundstücke angemessen zu berücksichtigen.

    § 44

    Straßenbaubewilligung

(1) Die Behörde hat über ein Ansuchen nach § 41 mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.

(2) Das Ansuchen ist abzuweisen, wenn das Bauvorhaben den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 nicht entspricht.

(3) Liegt kein Grund für eine Zurückweisung oder für eine Abweisung vor, so ist die Straßenbaubewilligung entsprechend dem Ansuchen zu erteilen. Sie ist unter Bedingungen und mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, damit den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entsprochen wird. In der Straßenbaubewilligung ist ferner über allfällige Verpflichtungen des Straßenverwalters nach den §§ 38 und 39 abzusprechen.

(4) ...

(6) Bescheide, mit denen eine Straßenbaubewilligung erteilt wurde, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler, wenn der mündlichen Verhandlung nach § 42 kein straßenbautechnischer Sachverständiger beigezogen wurde.

(7) Ergibt sich nach der Erteilung der Straßenbaubewilligung, daß trotz Einhaltung der darin enthaltenen Auflagen das Leben oder die Gesundheit von Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße gefährdet ist, so hat die Behörde andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben.

(8) ...

§ 78

Bestehende Gemeindestraßen

(1) Als Gemeindestraßen im Sinne dieses Gesetzes gelten jene Straßen,

a) die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Verordnung der Gemeinde zu Gemeindestraßen erklärt wurden oder

b) zu deren Übernahme die Gemeinde nach § 5 Abs. 1 oder 2 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 1/1951, verpflichtet wurde.

(2) Als Gemeindestraßen im Sinne dieses Gesetzes gelten ferner die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Grundbuch in der Einlage für das öffentliche Gut enthaltenen, als Straßen, Wege oder Plätze bezeichneten Grundstücke, die nicht zu einer Bundesstraße, einer Landesstraße oder einer öffentlichen Interessentenstraße gehören, sofern ihnen nicht nach § 33 Abs. 2 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 1/1951, die Eigenschaft als Gemeindestraße aberkannt wurde."

§ 7, § 39 Abs. 1 und 2, § 45, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 82 Abs. 7 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2011, lauten (auszugsweise):

"Befangenheit von Verwaltungsorganen

§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

(2) ...

§ 39. (1) Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind die Verwaltungsvorschriften maßgebend.

(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2a) …

Allgemeine Grundsätze über den Beweis

§ 45. (1) Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im übrigen hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

(3) Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Sachverständige

§ 52. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2) …

Inkrafttreten

§ 82.

(1) …

(7) Alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs. 3 bis 8, 14, 18 Abs. 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs. 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2, 64a, 66 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 Z 2, 73 Abs. 2 und 3 und 76 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, treten mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind.

(8) …"

In allen Beschwerden wird - wie bereits während des Verwaltungsverfahrens - vorgebracht, das gegenständliche Straßenvorhaben bilde mit dem vom Land Tirol beantragten Vorhaben zur Untertunnelung der G-Kreuzung eine Einheit, die Stadt Innsbruck sei hinsichtlich des gegenständlichen Straßenvorhabens nicht antragslegitimiert und die Bürgermeisterin als Straßenbehörde erster Instanz nicht zuständig gewesen. Somit sei auch die belangte Behörde unzuständig. Die Zweitbeschwerdeführerin verweist weiter auf § 10 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz, wonach das Land die Straßenbaulast nur für den Straßenkörper für eine Straße mit höchstens zwei Fahrstreifen einschließlich der Ab- und Einbiegestreifen habe; die Rampen 3 und 4 seien als Ein- und Abbiegestreifen auf die B 174 anzusehen, daher trage das Land Tirol dafür die Straßenbaulast.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 8 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz erfolgt die Erklärung einer Straße zur Landesstraße durch ihre Aufnahme in das einen Bestandteil dieses Gesetzes bildende Landesstraßenverzeichnis. In das die Anlage 2 zum Tiroler Straßengesetz bildende Landesstraßenverzeichnis B wurde die B 174 zwischen Innsbruck/Ost (A12 Inntal Autobahn, L 283 Ampasser Straße) bis Innsbruck/Höttinger Au (B 171-Tiroler Straße) aufgenommen. Diese Aufnahme in das Straßenverzeichnis hat normativen Charakter (vgl. dazu Gerhard Baumgartner, Straßenrecht, Rz 29, in:

Erich Pürgy (Herausgeber), Das Recht der Länder, Band II/2 Landesverwaltungsrecht). Die Widmung einer Gemeindestraße erfolgt hingegen gemäß § 13 Tiroler Straßengesetz durch Verordnung der Gemeinde. Als Gemeindestraßen gelten gemäß § 78 Abs. 2 leg. cit. auch jene Straßen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes (im Jahr 1988) im Grundbuch in der Einlage für das öffentliche Gut enthalten waren und als Straßen, Wege oder Plätze bezeichnet wurden, sofern sie nicht zu einer Bundesstraße, einer Landesstraße oder einer öffentlichen Interessentenstraße gehören und ihnen nicht die Eigenschaft als Gemeindestraße aberkannt wurde.

In den Bescheiden erster und zweiter Instanz wurde ausgeführt, dass die S-Straße eine Gemeindestraße sei und bereits zuvor in die B 174 gemündet habe; das gegenständliche Straßenvorhaben erfülle keine andere Funktion als der Bestand; die Änderung sei nur auf Grund der Untertunnelung der G-Kreuzung erforderlich gewesen; der Neubau liege jedoch weiterhin im wesentlichen Interesse des städtischen Ziel- und Quellverkehrs und sei daher auch als Gemeindestraße zu qualifizieren.

Aus dem öffentlichen Grundbuch ergibt sich, dass die S-Straße unter GSt. Nr. 1210/9, EZ 634, KG Wilten, unter "öffentliche Wege und Plätze" als Straße eingetragen ist. Das Straßenstück ist weder eine Bundes- noch eine Landesstraße. Es wurde zwar nicht durch Verordnung zur Gemeindestraße erklärt, gilt aber im Sinne des § 78 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz als Gemeindestraße, weil es im Grundbuch als Straße eingetragen ist. Weder gibt es Hinweise dafür und noch wurde von den Beschwerdeführerinnen vorgebracht, dass der S-Straße diese Eigenschaft als Gemeindestraße von der zuständigen Behörde ausdrücklich aberkannt (§ 15 Tiroler Straßengesetz) worden wäre (vgl. dazu die Ausführungen in Gstöttner, Tiroler Straßengesetz, zu § 78 Abs. 2 leg. cit., wonach die im Grundbuch in der Einlage öffentliches Gut als Weg bezeichneten Grundparzellen, die nicht zu einer anderen Gruppe der öffentlichen Straßen gehörten, so lange als Gemeindestraßen zu gelten hätten, bis ihnen diese Eigenschaft aberkannt worden sei). Aus § 10 Tiroler Straßengesetz ist für die Zweitbeschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil dieser nur die Kostentragung für den Bau und die Erhaltung der Straßen (§ 2 Abs. 8 leg. cit.) regelt. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörden erster und zweiter Instanz angesichts dieser Rechtslage ihre Zuständigkeit für die geänderte Einmündung der S-Straße als Gemeindestraße nach Umbau der B 174 in Anspruch nahmen.

Sofern die Erstbeschwerdeführerin auch eine Befangenheit der (erstinstanzlichen) Behörde rügt, weil dieselbe Behörde im vorliegenden Verfahren auch den Antrag gestellt habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung zu § 7 AVG nur der Mensch, der zur Ausübung der Kompetenzen eines bestimmten Organes berufen ist, befangen sein kann. Ein Befangenheitsgrund gemäß § 7 AVG kann sich daher weder auf eine Behörde noch auf eine Dienststelle beziehen.

Dennoch sind die Beschwerden berechtigt:

Zunächst ist festzuhalten, dass alle Beschwerdeführerinnen Eigentümerinnen von durch das gegenständliche Straßenvorhaben in Teilbereichen in Anspruch genommenen Grundstücken sind. Sie haben somit gemäß § 43 Tiroler Straßengesetz das Recht, eine Änderung des Bauvorhabens zu beantragen, wenn dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann. Diesem Antrag hat die Behörde Rechnung zu tragen, sofern die Änderung den allgemeinen Genehmigungserfordernissen des § 37 Abs. 1 leg. cit. entspricht, wirtschaftlich vertretbar ist und ausreichend berücksichtigt wurde, dass nunmehr andere Grundstücke beansprucht werden. Aus diesem Verweis in § 43 Abs. 2 lit. a Tiroler Straßengesetz auf § 37 Abs. 1 leg. cit. ergibt sich, dass die betroffenen Grundstückseigentümerinnen zumindest die in § 37 Abs. 1 lit. c leg. cit. genannte Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten als subjektiv-öffentliches Recht geltend machen können. Der in § 37 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz vorgesehene Ausschluss subjektiver Rechte für Nachbarn kann daher jedenfalls für die betroffenen Grundeigentümerinnen nicht zur Anwendung kommen.

Auf Grund der im Verwaltungsverfahren herrschenden Offizialmaxime hat die Behörde den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen festzustellen (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, Rz 19 zu § 39 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Sie hat im Sinn des § 39 AVG in der Regel einen Sachverständigen beizuziehen, wenn ihr dies notwendig erscheint. Hauptsächlich wird das dann der Fall sein, wenn Fachfragen zu beurteilen sind, für die Kenntnisse und Erfahrungen notwendig sind, die außerhalb des engeren Berufskreises der entscheidenden Organe liegen (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) E 20 zu § 52 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Bei dem Gutachten eines Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG handelt es sich um ein Beweismittel, das gemäß § 45 Abs. 2 AVG der freien Beweiswürdigung durch die Behörde unterliegt (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, a.a.O., Rz 61 zu § 52 AVG zitierte hg. Judikatur). Die Behörde hat das Gutachten daher auf seine Vollständigkeit, auf Freiheit von Widersprüchen sowie insbesondere auf seine Schlüssigkeit, das heißt darauf hin zu überprüfen, ob es den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht. Die Behauptungen einer Partei, ein Gutachten sei widersprüchlich, können auch dann Gewicht haben, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten (vgl. Hengstschläger/Leeb, a.a.O., Rz 64 zu § 52 AVG).

Das gegenständliche Verfahren entspricht nicht den oben zitierten Grundsätzen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Sachverständigen Dipl. Ing. S. um den Privatsachverständigen der Bauwerberin handelt. Abgesehen davon, dass die durch den Sachverständigen erfolgte rechtliche Beurteilung (es könne festgestellt werden, "dass die vorliegende Planung die gemäß § 37 - 'allgemeine Erfordernisse' und der Abs. 1 a-c angeführten Auflagen erfüllt.") für die Behörde unbeachtlich ist (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, a.a.O., Rz 7 zu § 52 AVG zitierte hg. Judikatur), ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, dass die Verwaltungsbehörden irgendwelche Ermittlungsschritte gesetzt hätten, um dieses von der Bauwerberin vorgelegte Gutachten zu überprüfen, obwohl die Beschwerdeführerinnen auch dessen Unvollständigkeit und mangelnde Nachvollziehbarkeit rügten. Vielmehr wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen und deren auf die erste Gutachtensergänzung replizierenden Stellungnahmen ausschließlich dem Gutachter der Bauwerberin zur insgesamt zweimaligen Ergänzung seines Gutachtens übermittelt. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde verwiesen in ihren Begründungen wiederholt auf die Ausführungen von Dipl. Ing. S., ohne diese selbst oder etwa durch einen Amtssachverständigen auf ihre Vollständigkeit, auf Freiheit von Widersprüchen und insbesondere auf seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin wiesen beispielsweise bereits in ihrer Stellungnahme vom 25. Oktober 2010 und auch in ihrer Berufung vom 20. Mai 2011 darauf hin, dass die Äußerungen des Sachverständigen zu der Frage der verkehrstechnischen Anschließung ihres Grundstückes an das öffentliche Wegenetz widersprüchlich bzw. unrichtig seien. Dennoch führte die belangte Behörde neuerlich aus, der "beigezogene straßenbautechnische Sachverständige" habe in seinem Gutachten sowie dem Ergänzungsgutachten bestätigt, dass die verkehrstechnische Erschließung des Grundstückes auch nach Realisierung des beantragten Straßenbauprojektes weiterhin in vollem Umfang gewährleistet sei. Dieser Verweis im angefochtenen Bescheid gibt jedoch nicht den Letztstand der gutachterlichen Äußerungen wieder; Dipl. Ing. S. musste vielmehr in seiner zweiten Gutachtensergänzung vom 5. Mai 2010 - auf Grund des Hinweises der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin - seine Ausführungen dahin gehend ändern, "…, dass die letztgültigen Pläne die neue Einfahrt auf Höhe der Nordostecke des Wohnhauses K(…) 12 am oberen Ende der Rampe beinhalten. … Ein entsprechender Vorschlag über die Art der Verschiebung der Einfahrt wurde den Grundeigentümerinnen von der Magistratsabteilung III-Tiefbau schriftlich zur Kenntnis gebracht. Er garantiert volle Erschließung des Grundstücks in gleicher Qualität. Eine diesbezügliche Rückmeldung seitens der Grundeigentümerinnen liegt bis dato nicht vor." Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die verkehrstechnische Erschließung des Grundstücks der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin "auch weiterhin in vollem Umfang gewährleistet ist", weil offenbar noch unklar ist, ob dieser Vorschlag auch realisiert werden wird. In diesem Punkt erweisen sich die Ausführungen im angefochtenen Bescheid somit als aktenwidrig.

Auch hinsichtlich anderer Genehmigungskriterien (§ 44 i.V.m. § 37 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz) ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, dass die Behörden ein Ermittlungsverfahren durchgeführt hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin wies bereits in ihren Einwendungen vom 9. August 2010 darauf hin, dass die Zu- und Abfahrtsrampen - laut Beschwerde nur ca. 3,5 m - neben einem Gebäude auf ihrem Grundstück lägen, das Wohnzwecken diene. Die Verwaltungsbehörden verwiesen dazu auf die von der Bauwerberin vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen und beurteilten diese als ausreichend zum Schutz der Anrainer, ohne dazu einen lärmtechnischen Sachverständigen beizuziehen oder die zu beurteilenden Fachfragen aufgrund eigener Kenntnisse und Erfahrungen nachvollziehbar zu begründen. Dadurch wird nicht nur die Zweitbeschwerdeführerin daran gehindert, ihre Rechte zu verfolgen, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gemäß § 44 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz im Hinblick auf den in § 37 Abs. 1 lit. c leg. cit. vorgesehenen Schutz u.a. von Nachbarn vor Gefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Straße gehindert.

Die Beschwerdeführerinnen machen weiterhin geltend, die Verwaltungsbehörden hätten eine mündliche Verhandlung durchführen müssen. Der Verweis der belangten Behörde - so die Erstbeschwerdeführerin - auf die §§ 44a bis 44g AVG sei nicht zielführend, weil kein Großverfahren im Sinn dieser Bestimmung durchgeführt worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin verweist darüber hinaus auf § 44 Abs. 6 Tiroler Straßengesetz, wonach die Bewilligung mit Nichtigkeit bedroht ist, wenn der mündlichen Verhandlung kein straßenbautechnischer Sachverständiger beigezogen wurde.

Den Verwaltungsbehörden ist zwar zuzustimmen, dass der in § 42 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz verpflichtend vorgesehenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch § 82 Abs. 7 AVG derogiert wurde (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0152, sowie vom 31. März 2004, Zl. 2002/06/0060, zu einer insofern vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995). Dies hat jedoch zur Folge, dass die Behörden nach der allgemeinen Regelung des § 39 Abs. 2 AVG zu prüfen gehabt hätten, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis erforderlich gewesen wäre. Aus den Verwaltungsakten ist nicht ersichtlich, dass eine solche Abwägung erfolgte. Wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, hat die Behörde zu begründen, warum sie eine Verhandlung nicht für erforderlich hält, wenn sie diesem Antrag nicht entspricht (vgl. die bei Walter/Thienel, a. a.O., E 67 zu § 39 AVG zitierte hg. Judikatur). Angesichts dessen, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatten, um - so die Zweitbeschwerdeführerin -

das Gutachten von Dipl. Ing. S. zu erörtern und abzuklären, in welcher Länge und Höhe eine Lärmschutzmauer notwendig sei, kann in Ermangelung diesbezüglicher Ausführungen in den Verwaltungsbescheiden nicht beurteilt werden, ob im vorliegenden Fall das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung mit den in § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG genannten Grundsätzen im Einklang steht.

Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, die belangte Behörde habe ihre Verpflichtung zur Beiziehung eines Amtssachverständigen im Sinn des § 52 Abs. 1 AVG nicht erfüllt, die insbesondere dann bestehe, wenn der betroffene Grundstückseigentümer als Partei des Straßenbaubewilligungsverfahrens das Vorliegen der allgemeinen Erfordernisse für die Bewilligung der Straße im Sinn des § 37 Tiroler Straßengesetz bestreite und zugleich einen Antrag gemäß § 43 Tiroler Straßengesetz auf Verlegung der Straße stelle, ist im Hinblick auf die obigen Ausführungen ebenfalls zielführend. Nach dieser Bestimmung können u.a. Grundstückseigentümer eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann. Die Behörde hat einem solchen Antrag stattzugeben, soweit die beantragte Änderung einerseits den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 leg. cit. entspricht und andererseits mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann. Dabei hat die Behörde die sich aus der beantragten Änderung ergebende Beanspruchung anderer Grundstücke angemessen zu berücksichtigen.

Zu der nach § 43 Abs. 2 letzter Satz Tiroler Straßengesetz gebotenen angemessenen Berücksichtigung der sich aus der beantragten Änderung ergebenden Beanspruchung anderer Grundstücke führte die belangte Behörde zwar aus, die Straßenplanung habe "Erfordernisse des Eisenbahnunternehmens" berücksichtigen müssen, daher seien die von der Erstbeschwerdeführerin vorgeschlagenen "technischen Alternativen (Trassenänderungen)" nicht möglich gewesen. Weder aus der Bescheidbegründung noch aus den Verwaltungsakten geht jedoch hervor, auf welche Ermittlungsergebnisse sich die belangte Behörde dabei stützt und ob diese den Beschwerdeführerinnen zur Wahrung ihres Parteiengehörs übermittelt wurden. Somit kann auch nicht überprüft werden, ob die Beanspruchung des Grundstückes der ÖBB der Stattgebung des Antrags der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 43 Tiroler Straßengesetz tatsächlich entgegensteht.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 7. August 2013

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