VwGH 2010/22/0127

VwGH2010/22/012726.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des H, vertreten durch Mag. Dr. Felix Sehorz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 15. März 2010, Zl. 132.776/4- III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §24 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs3;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §52;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §24 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs3;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §52;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom 9. Februar 2009 auf erneute (konkret: die achte) Verlängerung seines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" gemäß § 24 Abs. 3 iVm § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde nach detaillierter Aufzählung aller seiner seit seinem Erstantrag vom 30. November 2000 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Student/Schüler" eingebrachten Verlängerungsanträge für denselben Zweck (sowie eines Erstantrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "Schlüsselkraft selbständig, § 18 Abs. 1 Z 1 FrG") und Auflistung aller dafür vom Beschwerdeführer vorgelegten Prüfungen zum Nachweis seines Studienerfolges anteilige Berechnungen der bislang im "nahezu neunjährigen" Zeitraum erworbenen ECTS-Punkte an und führte aus, dass der Beschwerdeführer - bezogen auf diese Zeitspanne - insgesamt nicht einen den Anforderungen des § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz (UG) entsprechenden Studienerfolg - konkret "144 ECTS-Anrechnungspunkte iS § 75 Abs. 6 UG", die sich aus der Multiplikation der geforderten 16 ECTS-Punkte pro Studienjahr mit neun Jahren ergäben - erzielt habe. Es liege daher die Annahme nahe, dass der Beschwerdeführer sich nicht zum Zweck des Studiums, sondern weit überwiegend aus anderen Gründen im Bundesgebiet aufhalte, wofür seine häufigen "Wechsel (seiner) angeblichen Bildungsvorhaben" sowie insbesondere sein am 26. August 2005 gestellter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung Schlüsselkraft wie auch seine Bestrebungen zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung als Taxifahrer und seine Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Taxifahrer ohne Beschäftigungsbewilligung, besonders in Zusammenhalt mit seinen "auch auf langjährige Dauer bezogen bloß geringfügigen Studienerfolgen" deutliche Anhaltspunkte lieferten. Daran ändere auch sein Vorbringen zu seinem Gesundheitszustand - der Beschwerdeführer hatte eine ärztliche Bestätigung vom 13. August 2009 vorgelegt, der zufolge er vom März 2008 bis Dezember 2008 wegen Depressionen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen in Behandlung gestanden sei - nichts. Es stehe in seinem Fall fest, dass er in Österreich kein Studium mit dem gesetzlich geforderten Studienerfolg betreibe und dass er auch in der Vergangenheit kein Studium mit dem gesetzlich geforderten Studienerfolg in Österreich betrieben habe. Insbesondere habe er auch im Zuge seiner Berufungseinbringung keine Studienerfolgsnachweise vorgelegt, welche nicht bereits aus dem Verfahren erster Instanz bekannt gewesen wären. Eine antragsgemäße Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung trotz Fehlens des gesetzlich geforderten Studienerfolges sei daher nicht zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (17. März 2010) die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles nach dem NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009, richtet.

2. Gemäß § 64 Abs. 3 erster Satz NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums nur zulässig, wenn der Fremde nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt.

§ 8 Z 7 lit. b NAG-Durchführungsverordnung (NAG-DV), BGBl. II Nr. 451/2005 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 498/2009, lautet:

"§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:

7. für eine 'Aufenthaltsbewilligung - Studierender':

b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder des Universitätslehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 81/2009 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG;"

§ 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. Nr. 120/2002 in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 81/2009, lautet:

"§ 75.

(6) Die Universität hat einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat."

Gemäß § 52 UG beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.

Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, kann das "vorangegangene Studienjahr" im vorgenannten Sinn bei Antragstellung nur dasjenige sein, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt.

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 3. April 2009. Mit dem Verlängerungsantrag war somit grundsätzlich der Studienerfolg im Studienjahr 2007/2008 nachzuweisen. Maßgeblich ist nämlich das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, Zl. 2010/21/0125). Relevant für die Beurteilung des erbrachten Studienerfolges waren somit grundsätzlich all jene Prüfungen, die vom Beschwerdeführer zwischen dem 1. Oktober 2007 und dem 30. September 2008 positiv abgelegt wurden. In diese Zeitspanne fallen nach der Aktenlage die beiden letzten vom Beschwerdeführer erbrachten Prüfungen, nämlich jene vom 2. November 2007 (VO M) an der TU Wien über zwei Semesterwochenstunden/drei ECTS-Punkte sowie jene vom 12. August 2008 (PR G, TU Wien) über acht Semesterwochenstunden/acht ECTS-Punkte.

Ist allerdings im laufenden Verlängerungsverfahren aufgrund dessen Dauer das zum Zeitpunkt der Antragstellung noch laufende (und daher ursprünglich nicht für die Beurteilung des Studienerfolges iSd § 64 Abs. 3 NAG iVm § 75 Abs. 6 UG heranzuziehende) Studienjahr bereits verstrichen, ist die Erbringung (seitens des Beschwerdeführers) bzw. die Einforderung (seitens der Behörde) eines Erfolgsnachweises für dieses zuletzt abgelaufene Studienjahr (hier: 2008/2009, somit für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 30. September 2009) zulässig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, Zl. 2010/22/0036).

Die von der belangten Behörde angestellten Berechnungen (des Prozentsatzes der Summe sämtlicher bisher erworbenen ECTS-Punkte im Verhältnis zur bei entsprechendem Studienerfolg zu erreichenden ECTS-Punkteanzahl) hinsichtlich der in der Vergangenheit bewilligten Verlängerungsanträge erweisen sich nicht als tragfähige Grundlage für die Annahme, der Beschwerdeführer habe den nach § 64 Abs. 3 NAG gesetzlich geforderten Studienerfolgsnachweis nicht erbringen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, Zl. 2010/22/0076). Die in diesen Berechnungen zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde, für die Beurteilung, ob für die antragsgemäße Verlängerung des Aufenthaltstitels im gegenständlichen Fall der erforderliche Studiennachweis erreicht worden sei, käme anstelle des Studienerfolgsnachweises bezogen auf das vergangene Studienjahr auch eine Gesamtbetrachtung aller bereits abgeschlossenen Verlängerungsverfahren in Frage, findet im Gesetz (vgl. § 75 Abs. 6 UG) nämlich keine Stütze.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das auf die Erstattung der Eingabengebühr gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die mit hg. Beschluss vom 27. Mai 2010 ohnedies bewilligte und die Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr umfassende Verfahrenshilfe abzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte