Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Ukraine, vom 10. Februar 2004 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei ein als Konventionsflüchtling anerkannter ukrainischer Staatsangehöriger, lebe seit Jänner 2000 im Bundesgebiet, sei zuletzt bei einer näher bezeichneten Organisation beschäftigt gewesen und sei mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 11. Mai 2004 als begünstigter Behinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. anerkannt worden. Laut einer Mitteilung des Magistrats der Stadt Wien vom 12. Februar 2007 beziehe der Beschwerdeführer derzeit monatlich EUR 132,99 Sozialhilfe; aus früheren Mitteilungen des Magistrats der Stadt Wien sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bereits seit August 2000 laufend Sozialhilfe bezogen habe. Im Beschwerdefall sei das StbG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 37/2006 anzuwenden. Die Verleihungsvoraussetzung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit Abs. 5 StbG sei auf Grund des Sozialhilfebezugs nicht erfüllt. Eine Berücksichtigung etwaiger unverschuldeter finanzieller Notlagen sei seit der Novelle BGBl. I Nr. 37/2006 nicht mehr zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer habe vorerst verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen gehegt. Der Verfassungsgerichtshof habe einen Antrag auf Verfahrenshilfe jedoch mit der Begründung abgewiesen, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der angefochtene Bescheid auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruhe oder dass bei der Gesetzesanwendung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen sei. Die belangte Behörde habe dennoch rechtsirrig entschieden, weil sie nicht berücksichtigt habe, dass den Beschwerdeführer (auf Grund seiner Behinderung) kein Verschulden an seiner "beengten finanziellen Situation" treffe. Weiters hätte die belangte Behörde "innerhalb von 2 Jahren zu einer Entscheidung finden" und das StbG "in seiner ursprünglichen Form in jedem Falle zur Anwendung bringen" müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.
2. Zur Bestimmung des § 10 Abs. 5 StbG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass diese nicht bloß "demonstrativen Charakter" hat, sondern damit eine "Definition" der in § 10 Abs. 1 Z. 7 leg. cit. aufgestellten zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes des Verleihungswerbers vorgenommen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394). Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse jeweils vom 16. Dezember 2009, Zlen. 2007/01/0615 und 2007/01/1276, sowie vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494, mwH).
3. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer (innerhalb des maßgeblichen Zeitraumes der letzten drei Jahre vor dem Entscheidungszeitpunkt) wiederholt Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften in Anspruch genommen hat. Dass ihn daran kein Verschulden trifft, ist - wie der Gesetzgeber durch Streichung der im StbG vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 enthaltenen Einschränkung auf Fälle der selbst verschuldeten Notlage klar zu verstehen gegeben hat - nicht mehr von Belang (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse jeweils vom 22. August 2007, Zlen. 2006/01/0586, 2007/01/0459 und 2007/01/0695).
Davon ausgehend kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Verleihungsvoraussetzung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG als nicht erfüllt angesehen hat.
4. Soweit die Beschwerde eine Anwendung des StbG in der Fassung vor der am 23. März 2006 in Kraft getretenen Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 anstrebt, ist darauf hinzuweisen, dass im Falle des Beschwerdeführers vor dem Inkrafttreten der genannten Novelle kein Zusicherungsbescheid gemäß § 20 Abs. 1 StbG ergangen war. Gemäß § 64a Abs. 4 StbG war das gegenständliche (noch nicht abgeschlossene Verleihungs-)Verfahren daher nach den durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 geänderten Bestimmungen zu Ende zu führen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwH). Auf den Zeitraum zwischen Antragstellung und Bescheiderlassung kommt es nicht an (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0416, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2006/01/0909).
5. Insoweit in der Beschwerde auf eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander Bezug genommen wird, ist der Beschwerdeführer - ergänzend zu dem von ihm genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, mit dem sein Verfahrenshilfeantrag abgewiesen wurde - auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2007, B 1103/07, zu verweisen, in dem der Verfassungsgerichtshof zu der vom Beschwerdeführer angesprochenen Verletzung desselben Rechtes darauf verwiesen hat, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, nur jenen Personen die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen, die ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen das Auslangen finden (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1408).
6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. April 2010
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