VwGH 2008/08/0246

VwGH2008/08/024618.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der T GmbH in I, vertreten durch Dr. Gabriele Opperer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6/3. Stock, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. Oktober 2008, Zl. Vd-SV-1001-4- 512/5/Hö, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse, Klara-Pölt-Weg 2, 6020 Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;
AVG §18 Abs4;
AVG §82 Abs14 idF 2004/I/010;
AVG §82a idF 2008/I/005;
ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;
AVG §18 Abs4;
AVG §82 Abs14 idF 2004/I/010;
AVG §82a idF 2008/I/005;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. April 2008 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die beschwerdeführende Partei, gemäß § 113 Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 2.300,-- zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 12. Februar 2008 seien bei einer Kontrolle durch Kontrollorgane illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB) bei der beschwerdeführenden Partei R.G., B.K. und R.K. bei der Arbeit angetroffen worden. Sie seien zum Kontrollzeitpunkt bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht angemeldet gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Einspruch. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, ursprünglich sei als Arbeitsbeginn der 13. Februar 2008 vorgesehen gewesen. Dieser Termin habe wegen Dringlichkeit auf den 12. Februar 2008 vorverlegt werden müssen. Alle drei betroffenen Arbeiter seien am 12. Februar 2008 um ca. 9.00 Uhr nach Eintreffen der Sekretärin der beschwerdeführenden Partei beim Lohnbüro E. angemeldet worden. Die beschwerdeführende Partei nehme an, dass diese Anmeldung auch umgehend an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse weitergeleitet worden sei.

In einer Stellungnahme, mit Fax vom 30. Mai 2008 an die Einspruchsbehörde übermittelt, legte der geschäftsführende Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei dar, dass er dann, wenn er betreffend eine wirklich dringende Arbeit am Abend telefonisch verständigt werde und die Arbeiter dafür "zusammentrommeln" müsse, um 5.00 Uhr früh seiner Sekretärin die Namen der Arbeiter vorlege, um 6.00 Uhr bereits zu den Baustellen unterwegs sei und die Sekretärin um ca. 8.45 Uhr bzw. 9.00 Uhr die Anmeldungen an das Lohnbüro faxe, das diese um ca. 9.30 Uhr bzw.

9.45 Uhr weitergebe; daher sei ein strafweiser Beitragszuschlag nicht gerechtfertigt. Außerdem sei die Sekretärin am besagten Tag etwas später ins Büro gekommen (8.00 Uhr wäre normal gewesen), da sie eine schwerkranke Mutter zu Hause zu betreuen habe und zusätzlich zwei Kinder. Ferner sei es bei der nunmehr 39-jährigen Tätigkeit (gemeint offenbar: des geschäftsführenden Gesellschafters) niemals zu irgendeiner Beanstandung gekommen.

In einer weiteren Stellungnahme, gerichtet an die Einspruchsbehörde und am 8. September 2008 mittels Telekopie (Fax) übermittelt, wiederholte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen das zuvor genannte Vorbringen und hob hervor, dass es sich nicht um drei voneinander unabhängige Sachverhalte handle, sondern alle drei Dienstnehmer auf derselben Baustelle als "eine Partie" zum Einsatz gekommen seien. Außerdem sei der Arbeitsbeginn aller drei Dienstnehmer ohne jeglichen Verzug, so schnell wie möglich, ordnungsgemäß gemeldet geworden und die beschwerdeführende Partei ihren melderechtlichen Verpflichtungen sonst stets nachgekommen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Einspruch der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es stehe fest, dass am 12. Februar 2008 um 9.05 Uhr bei einer Kontrolle der KIAB die Dienstnehmer R.G., B.K. und R.K. bei der Arbeit angetroffen worden und zum Kontrollzeitpunkt nicht bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen seien. Würden mehr als zwei Personen bei einer Kontrolle (gemeint: unangemeldet) betreten, sei nicht von unbedeutenden Folgen der Meldepflichtverletzung auszugehen. Der Dienstgeber trage die persönliche Verantwortung für die Einhaltung der Meldevorschriften. Auch allfällige administrative Schwierigkeiten vermöchten ihn seiner diesbezüglichen Verpflichtung nicht zu entheben. Gemäß § 41 Abs. 4 Z. 3 ASVG könne die Mindestangaben-Meldung auch telefonisch oder mit Fax erfolgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007, lautet auszugsweise:

"§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

..."

§ 113 ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007 hat

auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Beitragszuschläge

§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

  1. 3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
  2. 4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 EUR je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 EUR. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 EUR herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

..."

Die beschwerdeführende Partei zieht nicht in Zweifel, dass die genannten Dienstnehmer entgegen § 33 Abs. 1 und 1a ASVG zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sind.

Soweit sie vorbringt, dass die belangte Behörde auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und auf das Ausmaß der Verspätung der Anmeldung hätte Bedacht nehmen müssen, und in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2008, Zl. 2006/08/0285, zitiert, ist sie darauf hinzuweisen, dass dieses Erkenntnis zu einer früheren, hier nicht mehr anzuwendenden Rechtslage ergangen ist. Nach der nunmehr maßgebenden Rechtslage kommt es auf diese genannten Kriterien nicht mehr an.

Die Beschwerdeführerin beruft sich im Übrigen darauf, dass sie ihren Meldeverpflichtungen bisher immer nachgekommen sei und es noch nie Anlass zu Beanstandungen gegeben habe. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass sich die belangte Behörde nicht darauf berufen hat, dass es bereits vormals zu Meldeverstößen durch die beschwerdeführende Partei gekommen ist. Im Hinblick darauf geht auch die Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Partei, dass es diesbezüglich weiterer Ermittlungen und Feststellungen bedurft hätte, ins Leere.

Des Weiteren bemängelt die beschwerdeführende Partei, dass die Verpflichtung, Beiträge überhaupt zahlen zu müssen, nicht festgestellt worden sei. Sie bestreitet allerdings nicht, dass die angetroffenen Arbeiter ihre Dienstnehmer gewesen sind und insofern jedenfalls die belangte Behörde vom Bestehen einer Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Beitragszahlung ausgehen durfte, ohne dieser Frage in der Begründung des angefochtenen Bescheides gesondert nachgehen zu müssen.

Im Übrigen kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie den Umstand, dass es sich um drei unterlassene Anmeldungen gehandelt hat, so gewertet hat, dass dadurch nicht bloß unbedeutende Folgen im Sinne des § 113 Abs. 2 ASVG vorliegen. Voraussetzung für die zuschlagsmindernde Berücksichtigung des Umstandes, dass die Folgen des Meldeverstoßes unbedeutend geblieben sind, ist, dass es sich um ein von der Behörde festgestelltes und sanktioniertes erstmaliges Meldevergehen handelt. Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier vor, zumal die belangte Behörde eine früher erfolgte Beanstandung der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt hat.

Es kann auf sich beruhen, von welchem Begriffsinhalt der Gesetzgeber ausgegangen ist, wenn er bei "unbedeutenden Folgen" des erstmaligen Meldeverstoßes den Entfall bzw. eine Herabsetzung der Beitragszuschläge zugelassen hat, insbesondere, ob diese Folgen nur dann unbedeutend sind, wenn sie hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes zurückbleiben, so etwa dann, wenn die Anmeldung zwar verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist (also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war). Es kann nämlich der belangten Behörde jedenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts dessen, dass sich der Meldeverstoß hier auf drei Arbeitnehmer gleichzeitig ausgewirkt hat und im Zeitpunkt der Kontrolle durch die KIAB auch noch andauerte, davon ausgeht, dass die Folgen des Meldeverstoßes nicht unbedeutend gewesen sind.

Soweit sich die beschwerdeführende Partei auf besonders berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 113 Abs. 2 ASVG beruft, kann dieses Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg führen: Wenn ein Dienstgeber in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass seine Dienstnehmer sehr kurzfristig zu arbeiten beginnen, so muss er auch entsprechende organisatorische Vorkehrungen treffen, dass die jeweiligen Anmeldungen grundsätzlich ebenso vorschriftsgemäß und vor allem fristgerecht stattfinden. Die beschwerdeführende Partei bringt nicht vor, welche Vorkehrungen getroffen worden wären, um der Meldeverpflichtung auch in Fällen gebotener Schnelligkeit fristgerecht nachzukommen. Es ist insbesondere nicht erkennbar, welche Umstände z.B. einer Ausstattung der einstellungsberechtigten Person mit Formularen entgegensteht, die die FAX-Nummer der zuständigen Gebietskrankenkasse aufweisen und in welche die für eine Teilmeldung gemäß § 31 Abs. 1a Z. 1 ASVG erforderlichen Daten eingetragen werden können, sodass die einstellungsberechtigte Person in die Lage versetzt wird, die Meldung vor Arbeitsbeginn mit Telefax zu erstatten. Im Übrigen kann die Mindestmeldung auch ohne weiteren Aufwand telefonisch erstattet werden (zur Zulässigkeit der Mindestmeldung per Telefon oder mit Telefax vgl. § 41 Abs. 4 Z. 3 ASVG). Die beschwerdeführende Partei vermochte angesichts dieser vom Gesetz zugelassenen Möglichkeiten nicht darzutun, aus welchen Gründen die rechtzeitige Meldung der Arbeitnehmer nicht möglich gewesen wäre. Im Gegenteil war durch die Delegierungen (an die Sekretärin, an das Lohnbüro) eine verspätete Anmeldung geradezu vorhersehbar.

Die beschwerdeführende Partei bringt schließlich vor, dem angefochtenen Bescheid mangle es sowohl an einer Unterschrift als auch an einer Beglaubigung. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Ziel: Gemäß der Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 14 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 bedurften u.a. Ausfertigungen schriftlicher Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt, aber nicht elektronisch signiert worden sind, bis zum 31. Dezember 2007 weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Bei vervielfältigten schriftlichen Erledigungen bedurfte nach dieser Übergangsbestimmung nur das Original der Erledigung der Unterschrift oder der Beglaubigung.

§ 82a AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 5/2008 verlängerte diese Frist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010. Nach dieser Bestimmung bedürfen bis zu dem genannten Zeitpunkt keiner Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur:

1. schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen;

2. schriftliche Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten.

Der angefochtene Bescheid wurde zweifellos mittels Textverarbeitung erstellt. Es handelt sich daher um eine elektronisch erstellte Erledigung, auf der weder eine Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur aufscheinen muss (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2009, Zl. 2007/06/0189).

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. November 2009

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