VwGH 2007/05/0107

VwGH2007/05/010710.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. der W G in Lilienfeld, 2. des Dr. H G in Wien und 3. der M M in Bethesda (USA), alle vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. März 2007, Zl. RU1- BR-711/001-2007, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: F N GmbH in Marktl, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwältepartnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §13 Abs8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
Baulandwidmung äquivalenter Dauerschallpegel NÖ 1998;
BauO NÖ 1996 §18 Abs1;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §21 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §13 Abs8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
Baulandwidmung äquivalenter Dauerschallpegel NÖ 1998;
BauO NÖ 1996 §18 Abs1;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §21 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 20. Juni 2006 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für Änderungen der bestehenden Betriebsanlage auf dem Grundstück 247/23, EZ 7 der KG Marktl. Den Beschwerdeführern gehört die südöstlich gelegene Nachbarliegenschaft Grundstück 77/5, EZ 141 der KG Marktl. Nach der Aktenlage sind Änderungen der Betriebsanlage bereits im Jahr 2005 bewilligt worden. Diese sollen teilweise nicht ausgeführt werden. Folgende Änderungen sind Gegenstand des nunmehrigen Baubewilligungsverfahrens:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, dass ein Verfahrensmangel dadurch vorliege, dass ihrem Vertagungsantrag hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2006 nicht entsprochen worden sei. Es fehle auch ein entsprechender Antrag auf Abänderung des ursprünglich eingereichten Projektes. Eine Genehmigung ohne einen derartigen Antrag sei unzulässig. Im Verfahren betreffend die gewerberechtliche Bewilligung habe der unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Projektes definiert. Diesen Anforderungen sei nicht entsprochen worden. Insbesondere fehlten technische Daten und Herstellerangaben zu den im Projekt vorgesehenen Einzelschallquellen. Es gebe keine Angaben, welche Fabrikate welcher Hersteller tatsächlich Verwendung fänden. Ohne diese konkreten Angaben könne nicht nachvollzogen und überprüft werden, ob die lärmtechnischen Projekte richtig seien. Den Beschwerdeführern sei die Möglichkeit genommen worden, die lärmtechnischen Projekte durch ein eigenes Gutachten eines einschlägigen Sachverständigen überprüfen zu lassen und diesen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten. Zahlreiche Messungen hätten belegt, dass die tatsächlichen, von der derzeitigen Betriebsanlage ausgehenden Schallimmissionen wesentlich höher seien als in dem schalltechnischen Projekt dargestellt. Die derzeitigen Schallimmissionen, insbesondere auch die Spitzenpegel, lägen zum Teil wesentlich über den Grenzwerten nach den ÖAL-Richtlinien. Die Beschwerdeführer verweisen in der Folge auf die von ihnen auch im Verwaltungsverfahren bereits angeführten Messungen. Die entsprechenden Messprotokolle hätten die Beschwerdeführer vorgelegt. Im Rahmen des im Parallelverfahren "Strangpresswerk" am 21. Dezember 2006 durchgeführten Lokalaugenscheins sei die Messeinrichtung auch von der Behörde und allen Amtssachverständigen besichtigt worden. Diese hätten sich dabei auch einen unmittelbaren Eindruck über die korrekte Aufstellung der Messeinrichtung verschaffen können. Die Beschwerdeführer verweisen des Weiteren auf ihre Einwendungen betreffend die LKW-Fahrbewegungen und die Verladung. Mit der Eingabe der mitbeteiligten Partei vom 28. September 2006 sei schließlich eine unzulässige Änderung des eingereichten Projektes vorgenommen worden. Die Voraussetzung der Vereinigung der derzeitigen Grundstücke zu einem Grundstück hätte spätestens bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides vorliegen müssen.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der erteilten Baubewilligung auf Grund der erfolgten Änderungen kein entsprechender Antrag zu Grunde gelegen ist, ist zwar einzuräumen, dass der Nachbar einen Rechtsanspruch darauf hat, dass eine Baubewilligung nicht ohne Antrag erteilt wird (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. November 2007, Zl. 2006/06/0337, und vom 3. September 1999, Zl. 98/05/0071).

Im vorliegenden Fall lag allerdings jedenfalls der Antrag vom 20. Juni 2006 auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung vor. Auch im Schreiben vom 28. September 2006, mit dem das modifizierte technische Einreichprojekt (mechanische Lüftungsanlage) sowie eine Ergänzung des schalltechnischen Projektes vorgelegt wurden, wurde ausdrücklich der Antrag auf baubehördliche Bewilligung des vorgelegten modifizierten Einreichprojektes gestellt. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer lag daher der gegenständlichen Baubewilligung ein ausreichender Antrag zu Grunde.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage der Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Bei der mündlichen Verhandlung am 4. September 2006 wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen zum vorgelegten Projekt festgehalten, dass die Lüftungsanlage zu gering ausgelegt und daher nicht positiv beurteilbar sei. In der Folge wurde das Projekt dahingehend abgeändert, dass eine anders dimensionierte Lüftungsanlage eingereicht wurde. Eine derartige Projektänderung ist als im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG zulässig anzusehen. Es handelt sich dabei nämlich keineswegs um ein neues, anderes Vorhaben, das im Licht der anzuwendenden Materiengesetze eine andere Qualität hätte.

Dadurch, dass auch über das geänderte Projekt eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, trat auch keine Beschneidung der Nachbarn in der Verfolgung ihrer Rechte ein (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG I, S 149 f. Rz 46).

Darauf, dass im Rahmen des Berufungsverfahrens auf Grund des § 66 AVG eine Einschränkung auf die Sache des erstinstanzlichen Verfahrens normiert ist, braucht im vorliegenden Zusammenhang, anders als die Beschwerdeführer offenbar vermeinen, nicht eingegangen zu werden, weil die gegenständliche Projektsänderung vor Erteilung der erstinstanzlichen Baubewilligung erfolgt ist (vgl. im Übrigen Hengstschläger/Leeb, aaO S, S 150 f. Rz 47).

Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, dass ein Verfahrensfehler insofern vorliege, als dem Vertagungsantrag bezüglich der Verhandlung vom 6. November 2006 nicht entsprochen worden ist, wird die Relevanz dieses Verfahrensmangels in der Beschwerde nicht dargelegt. Insbesondere wird nicht ausgeführt, welche weiteren Einwendungen die Beschwerdeführer bei einer Vertagung bzw. bei einer längeren Vorbereitungszeit für die Verhandlung vorgebracht hätten.

§ 6 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) lautet:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

§ 48 BO lautet:

" (1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen

1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;

2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

Hinsichtlich der Frage, ob eine Zusammenlegung von Grundstücken vor einer Baubewilligung zu erfolgen hat, haben die Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinne des § 6 BO.

Der Nachbar hat auch kein Recht darauf, dass die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, S 318). Notwendig ist nur, dass die Planunterlagen ausreichen, dem Nachbarn jene Information zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte im Verwaltungsverfahren braucht (Hauer, aaO, S 318).

Die Beschwerdeführer verweisen darauf, dass der unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich nähere Unterlagen im Sinne der Gewerbeordnung verlangt hat. Im baubehördlichen Bewilligungsverfahren ist allerdings dadurch, dass die Unterlagen der Gewerbeordnung nicht entsprechen, noch keine Verletzung von Nachbarrechten gegeben. In den Einreichunterlagen finden sich, wie auch in der Beschwerde eingeräumt wird, hinsichtlich diverser Einzelschallquellen Schallleistungspegelangaben in dBA. Zur Verfolgung von Nachbarrechten reichen diese Angaben im baubehördlichen Bewilligungsverfahren aus; es ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht erforderlich, dass angegeben wird, welche Fabrikate welcher Hersteller Verwendung finden sollen. Bemerkt wird, dass dann, wenn die Anlage nicht entsprechend den bewilligten Einreichunterlagen ausgeführt werden sollte, gegebenenfalls ein konsensloser Bau vorläge. Diese Problematik ist aber nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 23 Abs. 1 iVm § 20 Abs. 1 BO ausgeführt hat, kommt den Baubehörden bei gewerblichen Betriebsanlagen (nur) eine "Restkompetenz" zu. Soweit der Regelungsinhalt einer Bestimmung der BO durch die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erfasst ist, besteht keine gesetzliche Grundlage für die Baubehörde, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Bauvorhabens nach diesen Bestimmungen zu beurteilen. Soweit der Regelungsinhalt baurechtlicher Vorschriften durch die gewerberechtlichen Vorschriften in diesem Sinne hingegen nicht abgedeckt ist, hat die Baubehörde vor Erteilung der Baubewilligung eine entsprechende Prüfung vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0128, mwN).

Im Hinblick auf § 48 BO bedeutet dies zunächst, dass die Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen (§ 48 Abs. 1 Z 1 BO) von der Baubehörde nicht zu prüfen ist, da diese bereits Prüfgegenstand der Gewerbebehörde im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren gemäß § 77 Abs. 1 iVm 74 Abs. 2 Z 1 Gewerbeordnung 1994 ist. Anderes gälte nur dann, wenn die gewerberechtliche Bewilligung in einem vereinfachten Verfahren nach § 359b Gewerbeordnung 1994 erteilt worden wäre. Derartiges wurde aber weder von der belangten Behörde festgestellt noch von den Beschwerdeführern behauptet noch ist es aus der Aktenlage ersichtlich. Es ist daher davon auszugehen, dass den Beschwerdeführern im gewerberechtlichen Verfahren Parteistellung zukommt. Sie können daher dort den ihnen inhaltsgleich durch § 48 Abs. 1 Z. 1 BO eingeräumten Immissionsschutz geltend machen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0128).

Sehr wohl besteht allerdings die Prüfpflicht der Baubehörde hinsichtlich § 48 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 BO, ob eine örtlich unzumutbare Belästigung von Menschen durch Emissionen vorliegt. Die örtliche Zumutbarkeit ist nämlich nach § 48 Abs. 2 BO nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen. Eine derartige Prüfung hat die Gewerbebehörde nicht vorzunehmen. Diese hat vielmehr gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 die Zumutbarkeit der Belästigungen auf Grund der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu prüfen. Das bedeutet, dass die Gewerbebehörde die bei den Nachbarn nach den - tatsächlichen - örtlichen Verhältnissen zu erwartenden Immissionen der zu genehmigenden Betriebsanlage an den bei den Nachbarn nach den - tatsächlichen - örtlichen Verhältnissen bestehenden Immissionen jedweder Art, einschließlich jener bereits genehmigter Betriebsanlagen, zu messen hat. Die von der Gewerbebehörde zu lösende Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen unzumutbare Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 bewirken, hängt also nicht von der Widmung des Betriebsanlagenstandortes im Flächenwidmungsplan ab (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, mwN).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0006, ausgeführt hat, ist zu beachten, dass nicht nur im entfernteren Grundstücksbereich der Nachbarliegenschaft, sondern jedenfalls auch schon an der Grundgrenze der Nachbarn keine unzulässigen Immissionen auftreten dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis weiter ausgeführt, dass auch die spezifische Art und Dauer des Lärms in die Betrachtung einzubeziehen und in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke von einem medizinischen Sachverständigen nachvollziehbar zu beurteilen sind. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis dargelegt, dass es nach § 48 BO nicht auf die Änderung der Lärmsituation ankommt, sondern darauf, dass vom geplanten Bauwerk oder dessen Benützung Emissionen nur in bestimmtem Maße ausgehen dürfen.

Im hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0090, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass sowohl nach § 48 Abs. 1 Z. 1 als auch nach § 48 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 BO bei der Prüfung der örtlichen Zumutbarkeit auch auf eine allenfalls bestehende Vorbelastung Bedacht zu nehmen ist.

Ausgehend davon ist zunächst zu bemerken, dass es zwar grundsätzlich möglich erscheint, wie dies im vorliegenden Fall mit den Einreichunterlagen geschehen und von der belangten Behörde akzeptiert worden ist, dass dann, wenn bereits bewilligte Baumaßnahmen nicht ausgeführt werden, die seinerzeit angenommenen Lärmemissionen von den nunmehr zu erwartenden in Abzug gebracht werden und das jetzige Lärmprojekt somit auf dem vormaligen aufbaut. In diesem Fall bedarf es allerdings, wenn davon ausgegangen wird, dass das ursprüngliche Projekt nicht realisiert wird, einer näheren Darlegung, weshalb diese Nichtrealisierung (oder der Abbruch) des ursprünglichen Projektes (und damit das Fehlen einer diesbezüglich relevanten Vorbelastung) feststeht (etwa deshalb, weil das neue Projekt an der selben Stelle realisiert werden soll oder die seinerzeitige Baubewilligung abgelaufen ist). Eine einschlägige Erklärung des Bauwerbers reicht nicht aus, sieht doch das Gesetz keinen rechtserheblichen Verzicht auf die Konsumierung einer Baubewilligung vor.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass das Baubewilligungsverfahren ein ein konkretes Projekt betreffendes Projektgenehmigungsverfahren ist. Die Nachbarn haben jedenfalls das Recht, dass mit dem nunmehr zur Entscheidung anstehenden Projekt § 48 BO eingehalten wird. Allein dadurch, dass schon eine (wenn auch nicht konsumierte) Baubewilligung vorliegt, kann sich nicht ergeben, dass mit dem jetzt gegenständlichen Projekt, für sich beurteilt, § 48 BO nicht beachtet werden müsste.

Die Beschwerdeführer haben in der Berufung dargelegt, dass sie Messungen durchgeführt hätten, wonach die durchschnittliche Lärmbelastung auf Grund der von der in Betrieb genommenen Anlage ausgehenden Lärmimmissionen während der Nacht derzeit beim Wohnhaus der Beschwerdeführer ca. 48 dB, am Tag jedenfalls mehr als 55 dB betrage. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen in keiner Weise auseinandergesetzt. Sie hat insbesondere auch in der Bescheidbegründung nicht nachvollziehbar dargelegt, dass diese Messungen nicht stimmten bzw. dass andere Messungen vorlägen, die andere Werte im Hinblick auf die konkret gegebene Vorbelastung ergäben. Insbesondere hat sich die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung lediglich auf Messberichte der T GmbH vom 6. Oktober 2003 bezogen, ohne näher darauf einzugehen, dass die Beschwerdeführer das Vorliegen aktuellerer Messdaten geltend machten.

Darüber hinaus haben die Beschwerdeführer die Stellungnahme eines Sachverständigen, nämlich der T GmbH, vom 20. November 2006 vorgelegt, wonach Ansätze im schalltechnischen Projekt der Bauwerber betreffend die LKW-Fahrbewegungen und die Verladungen nicht nachvollziehbar sind. Obwohl somit eine sachverständige Gegenäußerung vorlag, die relevante Grundlagen des entscheidungsgegenständlichen schalltechnischen Projektes in Frage stellt, haben sich die Verwaltungsbehörden damit in keiner Weise auseinandergesetzt und auch keine weiteren Ermittlungen dazu durchgeführt. Auch in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides fehlt jegliche Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen der Beschwerdeführer. Es scheidet auch die Berufung darauf aus, dass die Beschwerdeführer kein vollständiges Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene vorgelegt hätten, da Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit eines Gutachtens und seiner Grundlagen jedenfalls nachgegangen werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2008, Zl. 2007/05/0059).

Es ist nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den oben angeführten Punkten zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 10. September 2008

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