VwGH 98/05/0071

VwGH98/05/00713.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Christine Haslinger, 2. des Franz Haslinger, beide in Hernstein, und 3. der Christine Kaindl in Piesting, alle vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt,

Neunkirchner Straße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. März 1998, Zlen. RU1-V-92196/05, RU1-V-92196/06, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Franz Garherr,

  1. 2. Renate Garherr, beide in Hernstein, Gemeindegasse 13;
  2. 3. Marktgemeinde Hernstein, vertreten durch den Bürgermeister),

Normen

AVG §66 Abs4;
BauRallg;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;

 

Spruch:

1. beschlossen:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Aufgrund der Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

3. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der drittmitbeteiligten Gemeinde insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der drittmitbeteiligten Gemeinde betreffend Vorlageaufwand wird abgewiesen.

4. Das Land Niederösterreich hat der Drittbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Wie sich aus dem Protokoll des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 1948 ergibt, wurden Adaptierungsarbeiten, die die Rechtsvorgänger des Erst- und der Zweitmitbeteiligten an dem näher angeführten Gebäude in Hernstein vorgenommen haben, bewilligt.

Der für das dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Bauverfahren maßgebliche Wortlaut dieses Protokolls lautet:

"PROTOKOLL

zur Kommissionierung der Adaptierungsarbeiten im Hause des

Herrn J... G... in Hernstein Nr. 41 (= das Grundstück des Erst- und

der Zweitmitbeteiligten).

Anwesend sind:

Bürgermeister ...

...

Laut vorliegender Pläne beabsichtigt der Bauherr J... G... in

Hernstein Nr. 41, Adaptierungs-Arbeiten an seinem Haus Nr. 41, vornehmen zu lassen. Die starken Zwischenmauern werden entfernt und durch 12 cm starke Ziegelmauern ersetzt. Die alte Tramdecke wird abgebrochen und eine neue mit einer inneren Lichte von 2.70 verlegt. Die hintere, schadhafte Mauer wird abgebrochen und muss neu abgemauert werden. Die Tramdecke erhält unterseitig eine Stuckaturung, bodenseitig 1 feuersichere Abpflasterung.

Im Dachgeschoß ist der Ausbau eines Zimmers vorgesehen. Für die Beheizung der Räume sind russische Kamine zu errichten.

Der Dachstuhl wird um 70 cm gehoben und quer ein Mansardengiebel eingebaut. Derselbe wird mit Dachziegel eingedeckt.

Die Fenster zur Nachbarseite des Herrn J... und der Frau Ch... S..., müssen genau nach der vorgegebenen Größe eingehalten werden. Ein Stallfenster 80 mal 60 innere Lichte, ein Kellerfenster 30 mal 40 groß. Ein Vorraumfenster und ein Giebelfenster beide 90 mal 130 innere Lichte und ein Waschküchenfenster 90 mal 130, innere Lichte groß. Weiters ist ein Luftschlauch zu machen.

Die Giebelmauer an der Nachbarseite der Frau M... Sch... in Hernstein Nr. 40 muss auf Kosten des Bauherrn höher gemauert und verputzt werden.

Nach Fertigstellung der Adaptierung, muss um die Benützungsbewilligung unter Beibringung des Rauchfangkehrerbefundes beim Gemeindeamt eingereicht werden.

Da die Gemeinde und die beiden Nachbarn keinen weiteren Einspruch erheben, erteilt Herr Bürgermeister die Baubewilligung."

Im Akt liegt weiters ein - wenn auch nicht mit einem Genehmigungsvermerk versehener - Plan über "Adaptierungsarbeiten und Dachauswechslung" in dem betreffenden Gebäude ein, aus dem sich im Erdgeschoß in der dem Grundstück der Beschwerdeführer zugewendeten Seite ein Fenster im Vorraum im Ausmaß von 90 cm x 130 cm und im Stall ein Fenster von 80 cm x 60 cm ergibt. Das im Protokoll erwähnte Giebelfenster ist aus diesem Plan nicht ersichtlich (ebenso das im Keller befindliche Fenster, da das Kellergeschoß von den Adaptierungen nicht betroffen war).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. März 1984 wurde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten ein weiterer Umbau (nämlich des bestehenden Abstellraumes, der sich nach dem vidierten Plan an der Stelle des im Plan von 1948 als Stall gewidmeten Raumes befindet, der allerdings auch eine wesentlich größere Tiefe als der Stall im Plan des Jahres 1948 aufweist, in einen Vorraum, Bad und Heizraum) baurechtlich bewilligt. Nach diesen Plänen war in Bezug auf das im Abstellraum befindliche Fenster in der Größe von 90 cm x 70 cm eine Versetzung nach oben vorgesehen, wobei als Auflage 9 in Bezug auf diese Fensteröffnung angeordnet war, dass diese mit Glasbausteinen zu verschließen sei und eine Belüftungsöffnung dort nicht eingebaut werden dürfe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Februar 1990 wurde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten für den angeführten, im Jahr 1984 bewilligten Umbau die Benützungsbewilligung erteilt.

Mit Schreiben vom 14. Februar 1990 beantragte die Drittbeschwerdeführerin, die Eigentümerin des unmittelbar an das Grundstück des Erst- und der Zweitmitbeteiligten nordwestlich angrenzenden Grundstückes ist, eine Feststellungsverhandlung im Sinne des § 112 Nö Bauordnung, da die von dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten ausgeführten Umbauten durch keine Baubewilligung gedeckt seien. Insbesondere wende sie sich gegen ein Terrassenbauwerk (gemäß § 23 BVO sei eine Terrasse im Bauwich nicht gestattet), der widerrechtlich errichtete Sockel auf dem Flachdach sei zu entfernen, das Gefälle des Flachdaches gemäß Punkt 1 der Bauverhandlung vom 23. März 1984 sei nicht eingehalten, der Rauchfang sei zu nieder und bestehe eine Beeinträchtigung durch Rauch und Ruß. Weiters sei die Fensteröffnung des Heizraumes nicht mit Glasbausteinen versehen worden.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 1990 beantragte die Drittbeschwerdeführerin neuerlich die Durchführung einer Feststellungsverhandlung und wendete sich gegen die Benützung einer ihrer Liegenschaft zugewendeten Terrasse, die nie Gegenstand einer Verhandlung gewesen sei.

Zu letzterem Schreiben nahm die mitbeteiligte Gemeinde mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1990 Stellung.

Mit Schreiben vom 31. Jänner 1991 ersuchte die Drittbeschwerdeführerin, ihr den Inhalt des Schreibens der Gemeinde vom 28. Dezember 1990 in Bescheidform zu übermitteln. Weiters stellte sie den Antrag auf Einleitung baubehördlicher Maßnahmen, da auf dem Nachbargrundstück konsenswidrige Bauten erfolgt seien (der Sockel der Terrasse, das nicht mit Glasbausteinen verschlossene Heizraumfenster und die Tür statt eines Fensters auf das Flachdach).

Mit Schreiben vom 11. November 1991 ersuchte die Drittbeschwerdeführerin um "eine bescheidmäßige Ausfertigung meines Ansuchens vom 14.2.1990, 26.10.1990 und 31.1.1991."

Mit Schreiben vom 23. April 1992 stellte die Drittbeschwerdeführerin in Bezug auf ihre Anträge vom 14. Februar 1990, 26. Oktober 1990 und 31. Jänner 1991 an den Gemeinderat einen Devolutionsantrag.

Zu der Behandlung dieser Anträge der Drittbeschwerdeführerin im ersten Rechtsgang kann auf das hg. Erkenntnis vom 29. März 1995, Zl. 93/05/0088, verwiesen werden, mit dem die Beschwerde der mitbeteiligten Gemeinde als unbegründet abgewiesen wurde. Mit dem in diesem Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1993 war u.a. der den Devolutionsantrag der Drittbeschwerdeführerin vom 23. April 1992 betreffende Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. August 1992 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen worden. Da in Bezug auf die Anträge vom 14. Februar 1990 und 31. Jänner 1991 bisher keine bescheidmäßigen Erledigungen erfolgt seien, sei die Abweisung des Devolutionsantrages zu Unrecht erfolgt (der Umstand, dass in Bezug auf den Antrag der Drittbeschwerdeführerin vom 26. Oktober 1990 nach Auffassung der belangten Behörde eine bescheidmäßige Erledigung vorlag, wurde im Spruch dieses Bescheides nicht berücksichtigt).

Mit Schreiben vom 23. November 1995 stellte die Drittbeschwerdeführerin in Bezug auf ihre Anträge vom 14. Februar und 26. Oktober 1990, weiters vom 31. Jänner und 11. November 1991 den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

Am 15. März 1996 fand im fortgesetzten Verfahren eine "Feststellungs- und Bauverhandlung" auf dem Grundstück des verfahrensgegenständlichen Gebäudes statt. Als Grund für die Bauverhandlung wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1993 angeführt. Im Protokoll über diese Verhandlung sind insbesondere Feststellungen anhand des Bauplanes vom Jahre 1984 dahin erfolgt, dass die neuen Räume bewilligungsgemäß ausgeführt worden seien. Nicht ausgeführt seien die Fassadenverkleidung an der Grundgrenze zur Drittbeschwerdeführerin und auch das im Plan vorgesehene neue Fenster, für das im Punkt 9 der Auflagen die Verschließung mit Glasbausteinen vorgeschrieben gewesen sei. Der Rand des Flachdaches an der Grundgrenze sei als so genannte Attika ausgeführt und verblecht worden. Im vorliegenden Einreichplan seien in Bezug auf die Höhe der Attika und die Unterkante des bestehenden Mansardendaches keine detaillierten Angaben enthalten. Da die Verblechung in etwa in Höhe des unteren Dachrandes des Mansardendaches gelegen sei, könne eine Übereinstimmung mit dem Einreichprojekt festgestellt werden. Jedenfalls seien keine größeren Abweichungen vorhanden (es wird auf die Südwestansicht gemäß dem Plan vom Februar 1984 verwiesen). Zu Punkt 9 des Bewilligungsbescheides aus dem Jahre 1984 stellte der Erstmitbeteiligte fest, dass diese neue Fensteröffnung nicht hergestellt werde. Weiters wurde ausgeführt, dass die Belüftungs- und Belichtungsöffnungen in der Außenwand zum Anrainer, jedenfalls was das gegenständliche Fenster betreffe, nicht abgeändert worden seien. In der Folge wurden in dieser Verhandlung weitere von der Drittbeschwerdeführerin aufgeworfene Mängel des ausgeführten Bauvorhabens behandelt. In Bezug auf die Fenster in der dem Grundstück der Drittbeschwerdeführerin zugewandten Außenwand wurden zwei Fotos vorgelegt, die kopiert und deren Kopien im Akt eingelegt wurden. Der Bausachverständige stellte fest, auf diesen Fotos sei zu erkennen, dass die Fenster mit einem Kastenfensterstock und äußeren Fensterflügeln ausgebildet gewesen seien. In der Zwischenzeit seien diese Fenster instandgesetzt worden, indem der Kastenfensterstock entfernt und Rahmenfenster ohne Veränderung der Fensteröffnung in der Mauer eingebaut worden seien. Diese Fenster seien bereits im Protokoll der Bauverhandlung vom 14. August 1948 beschrieben worden. Die Brandsicherheit und die sanitären Verhältnisse bezüglich der Nachbarn würden nach Auffassung des Bausachverständigen durch die neuen Fenster nicht verändert.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juli 1996 wurde, gestützt auf die Ergebnisse der Bau- und Feststellungsverhandlung am 15. März 1996, gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 Nö Bauordnung 1976 die "Bewilligung zum Umbau beim bestehenden Wohnhaus, Gemeindegasse 13", in Hernstein (Spruchpunkt I.), die "nachträgliche Baubewilligung des bereits 1984 bestehenden Zubaues mit den Abweichungen gegenüber des 1948 vorgelegten Einreichplanes" (Spruchpunkt II.) und weiters die Benützungsbewilligung für die unter I. und II. bewilligten Bauvorhaben erteilt (Spruchpunkt III.).

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 1996 wurde der gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 22. Juli 1996 erhobenen Vorstellung der Drittbeschwerdeführerin Folge gegeben und der Berufungsbescheid ersatzlos behoben. Der Gemeinderat sei auf dem Wege des Devolutionsantrages der Drittbeschwerdeführerin nur zuständig geworden, um über die nicht erledigten Anträge (vom Februar und Oktober 1990 und Jänner 1991) zu entscheiden, was unterlassen worden sei. Demgegenüber habe der Gemeinderat dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten eine Baubewilligung erteilt. Zur Erteilung der Baubewilligung wäre aber die Baubehörde erster Instanz zuständig gewesen. Da die Drittbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei, sei der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben gewesen (in einem ausführlichen obiter dictum nahm die belangte Behörde zu den verschiedenen Kritikpunkten der Drittbeschwerdeführerin zu dem in Frage stehenden Bauvorhaben Stellung).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. November 1996 wurden dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten neuerlich Baubewilligungen bzw. eine Benützungsbewilligung in dem Sinne erteilt, wie sie vom Gemeinderat mit Bescheid vom 22. Juli 1996 erlassen worden waren (mit dem einzigen Unterschied, dass die Benützungsbewilligung in Spruchpunkt IV. erteilt und in Spruchpunkt III. der Antrag der Drittbeschwerdeführerin vom 15. März 1996 auf Schließung sämtlicher Fenster und der Türe auf das Flachdach als unbegründet abgewiesen wurde).

Die dagegen von der Drittbeschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. März 1997 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. November 1996 waren weiters die Anträge der Drittbeschwerdeführerin vom 14. Februar 1990 und vom 31. Jänner 1991 als unbegründet abgewiesen worden, weil den in diesen Anträgen von der Drittbeschwerdeführerin gestellten Forderungen durch den (bereits erwähnten) Bescheid vom 28. November 1996 entsprochen worden sei.

Über die Vorstellung der Drittbeschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 29. November 1996 (betreffend die Abweisung der Anträge der Drittbeschwerdeführerin vom 14. Februar 1990 und 31. Jänner 1991) und vom 12. März 1997 (betreffend Erteilung der Bau- bzw. Benützungsbewilligung) wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1997 in dem Sinne entschieden, dass der Vorstellung gegen den Bescheid vom 12. März 1997 insofern Folge gegeben wurde, "als der Berufung in Bezug auf die Abweichungen der bestehenden Fenster in der Brandwand gegenüber der Bewilligung aus dem Jahre 1948 nicht Folge gegeben worden war". Insoferne wurde der Berufungsbescheid vom 12. März 1997 behoben und zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen; im Übrigen wurde die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 12. März 1997 und gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 29. November 1996 als unbegründet abgewiesen. Zu den im vorliegenden Beschwerdeverfahren verfahrensgegenständlichen Fenstern in der Brandwand wurde in diesem Bescheid Folgendes ausgeführt: Im Bauakt gäbe es keine abgeänderten bzw. ergänzten Einreichpläne in Bezug auf diese Fenster. Gegenstand der Bauverhandlung im Jahre 1984 sei in Bezug auf Fenster lediglich dasjenige gewesen, das laut der Darstellung "Erdgeschoß-Grundriss-Umbau" im Ausmaß von 90 x 70 cm ausgebrochen werden sollte. Die übrigen Fenster seien lediglich als Bestand eingezeichnet und mit der Baubewilligung vom 26. März 1984 selbst nicht bewilligt worden. Ob zwischen 1948 und 1984 eine Bewilligung für diese Fenster erfolgt sei, sei von der Baubehörde der mitbeteiligten Gemeinde bis jetzt nicht geklärt worden. Sollte dies nicht zutreffen, so sei nach der geltenden Gesetzeslage nur die Instandsetzung von bewilligten Fenstern, die keine Vergrößerung der Maueröffnung beinhalteten, bewilligungsfähig. Abgesehen davon, dass die Einreichunterlagen in Bezug auf diese gegenständlichen Fenster in der Brandwand ergänzt hätten werden müssen, sei es unzulässig, von der Gesamtheit der Fensterflächen auszugehen. Der Gemeinderat werde im fortgesetzten Verfahren in Bezug auf die Fenster in der Brandwand sein Ermittlungsverfahren zu ergänzen haben und bei jedem einzelnen Fenster - sollte keine zwischenzeitliche Bewilligung (zwischen 1948 und 1984) erteilt worden sein - den derzeitigen Bestand der Fenster mit den bewilligten Außenmaßen im Jahre 1948 vergleichen müssen. Auch werde das Vorbringen der Drittbeschwerdeführerin in Bezug auf die behauptete Nichtöffenbarkeit zu überprüfen sein. Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Gegenstand der in der Folge anberaumten "Feststellungsverhandlung vom 30. Oktober 1997" war die Feststellung, ob "Fenster in der Brandwand auf dem Grundstück" des Erst- und der Zweitmitbeteiligten zum Anrainergrundstück der Drittbeschwerdeführerin bewilligt seien oder nicht. Entsprechend dem Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1997 sei zu prüfen gewesen, ob zwischen 1948 und 1984 eine Bewilligung für diese Fenster erfolgt sei. In dieser Verhandlung wurde Folgendes - wie es sich aus dem Protokoll darüber ergibt - festgestellt:

"Laut Protokoll der Gemeinde Hernstein vom 14.8.1948 bezieht sich einerseits der Dachgeschoßausbau auf ein Zimmer wie auch im Plan des Bauaktes enthalten. Dieses Zimmer ist auch projektsgemäß ausgeführt.

Es ist aber weiters in dem Protokoll schriftlich dokumentiert, dass der Dachstuhl gegenüber dem Plan um 70 cm gehoben wird und ein Mansardengiebel quer zu dem im Plan enthaltenen Satteldach ganz offensichtlich mitbehandelt wurde jedoch planlich niemals dargestellt worden ist.

Über dieses Mansardendach quer zum Satteldach mit Giebelfront zur Straße wird ein Bild der Niederschrift angeschlossen.

Dieser Mansarddachgiebel befindet sich aber auch an der Grundgrenze zur Anrainerin Kaindl Grundstück Nr. 245/3.

Es geht aus diesem Protokoll weiters auch eindeutig hervor, dass sich in dieser Giebelwand zur Anrainerin Kaindl ein Giebelfenster im Ausmaß von 90 x 130 cm innere Lichte auf Grund des Verhandlungsergebnisses befunden hat, was aber wie schon erwähnt planlich nie dokumentiert wurde. Es ist auch ganz offensichtlich auf Grund der mittigen Anordnung des Giebelfensters laut vorgenanntem Protokoll, das Vorraumfenster des Erdgeschoßes in gleicher Größe genau darunter weiter zur linken Grundgrenze geschoben worden; im Plan vom Juli 1948 befindet sich nämlich die Achse des Vorraumfensters 3,50 m von der Mauerinnenkante der Brandwand des Stiegenhauses zum linken Anrainergrund entfernt. In der Natur beträgt diese Entfernung 2,30 m weil wie schon erwähnt ganz offensichtlich schon von Anfang an dieses Fenster unterhalb des mittigen Giebelfensters angeordnet wurde. Im Bauplan vom Juli 1948 sind auch im Vorraum nicht zwei Fenster sondern wie im schon erwähnten Protokoll festgehalten nur ein Vorraumfenster ausgeführt worden.

Die beiden vorgenannten Fenster haben in der Natur eine Architekturlichte innen von 93/131 cm und außen von 91,5/134 cm. Die Stocklichte beträgt bei den erneuerten Fenstern 80/120 cm. Früher bestanden Kastenfenster mit nach außen und innen aufschlagenden Flügeln, was an der Bebilderung durch den weißen Feststellhaken des äußeren Flügels noch erkennbar ist. Diese geringfügige Abweichung kann ohne weiters durch die Neuherstellung des Laibungsputzes laut der Bebilderung der Niederschrift vom 7.2.1990 entstanden sein. Durch einen minimalen Putzauftrag kann ohne weiteres auch die im Protokoll und im Plan enthaltene äußere Architekturlichte von 90/130 cm hergestellt werden.

Weiters wurde festgestellt, dass das ehemalige Stallfenster eine Größe von nur 77/46 cm Architekturlichte besitzt und daher kleiner als das Ausmaß laut Protokoll und Plan vom Juli 1948 ist. Es ist auch dieses Fenster nicht wie in der Niederschrift vom 23.3.1984 angeführt nach oben hin verlegt worden. Es entspricht daher ganz offensichtlich auch dem bewilligten Bestand.

Hinsichtlich des Kellerfensters musste aber festgestellt werden, dass dieses eine Größe von 62/40 cm besitzt und daher mit der Fenstergröße von 30 x 40 cm laut oben angeführten Protokoll nicht übereinstimmt.

Hinsichtlich der Nichtöffenbarkeit der genannten Fenster wird im genannten Protokoll keine Aussage getroffen und ist dies auch aus den damals vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Weiters ist die Anordnung des Luftschlauches situationsmäßig auch nicht nachvollziehbar. Laut der Bebilderung des Kastenfensters war die Öffenbarkeit des erdgeschoßigen Vorraumfensters gegeben.

Es musste weiters heute festgestellt werden, dass das ursprüngliche Projekt mit einer größeren Gebäudetiefe ganz offensichtlich von Anfang an ausgeführt worden ist, weil die Vorraum- und die (ehemalige) Stallbreite nicht 1,80 m sind sondern ein größeres Ausmaß haben und keinerlei Umbaumaßnahmen erkennbar sind, was auf eine spätere Erweiterung des Objektes schließen lässt.

...

Mit Bescheid vom 17.2.1951 wurde auch die Benützungsbewilligung für das am 14.8.1948 behandelte Umbauprojekt erteilt.

Es handelt sich daher auf Grund der vorgenannten Ausführungen um eine zwar nicht projektsgemäße aber den Wortlauten und den Unterlagen (Protokoll, Bescheid, Tauschvertrag und Teilungsplan) entsprechende Ausführung des Projektes.

B. GUTACHTEN:

Auf Grund der vorgenannten Ausführungen wäre rechtlich zu prüfen, inwiefern es sich um ein grundsätzlich bewilligtes Objekt handelt weil es nachvollziehbar offensichtlich der Dokumentation nicht aber dem ursprünglichen Plan (mit Ausnahme der geringfügigen oben angeführten Vergrößerung der Architekturlichte) entspricht.

Dazu wird schon festgehalten, dass zwischen dem Kollaudierungszeitraum 1951 und den Umbaumaßnahmen gemäß Bescheid vom 26.3.1984 keinerlei Meldungen oder Anträge hinsichtlich beabsichtigter bzw. durchgeführter Um- oder Zubauten laut Aktenlage eingelangt sind.

C. ERKLÄRUNGEN:

... ."

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Dezember 1997 wurde der Berufung der Drittbeschwerdeführerin insoweit Folge gegeben, als mit dem Bescheid vom 28. November 1996 das Kellerfenster nachträglich bewilligt worden sei; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde zur nachträglichen Baubewilligung vom 22. Juli 1996 (der diese Baubewilligung betreffende Berufungsbescheid trägt das Datum 28. November 1996) folgende Auflage vorgeschrieben:

"Herrn und Frau G... wird aufgetragen, das gegenständliche Kellerfenster bis spätestens 30. Juni 1998 auf das bewilligte Ausmaß von 30 x 40 cm zu verkleinern."

Weiters wurde im Spruch darauf verwiesen, dass die Verhandlungsschrift über die Feststellungsverhandlung vom 30. Oktober 1997 in Abschrift beiliege und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilde.

Die dagegen erhobene Vorstellung u.a. der Drittbeschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass, da die verfahrensgegenständlichen Fenster mit der Baubewilligung aus dem Jahre 1984 nicht bewilligt worden seien, geprüft habe werden müssen, ob sie in ihrer derzeitigen Größe der Bewilligung vom 14. August 1948 entsprächen. In dieser Bewilligung sei festgehalten worden, dass folgende Fenster "genau nach der vorgegebenen Größe eingehalten werden" müssten: "ein Stallfenster 80 x 60 innere Lichte, ein Kellerfenster 30 x 40, ein Vorraum- und ein Giebelfenster, beide 90 x 130 innere Lichte und ein Waschküchenfenster 90 x 130 cm". Diese Fenster seien planlich im Jahre 1948 zwar nicht vollständig dargestellt, jedoch im Protokoll vom 14. August 1948 beschrieben worden. Somit sei eine Ausführung, wie beschrieben, von der Baubewilligung im Jahre 1948 mitumfasst, wobei aufgrund der Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen auch die Situierung als geklärt betrachtet werden dürfe. Im vorliegenden Fall könne durch die vorliegenden Fenster lediglich der Brandschutz ein Nachbarrecht begründen. Nach den Aktenunterlagen seien das Vorraum- und Giebelfenster diejenigen Fenster, die erneuert worden seien und deren Architekturlichte derzeit außen 91,5 cm x 134 cm betrage. Wie der bautechnische Amtssachverständige beim Ortsaugenschein am 30. Oktober 1997 festgestellt habe, könne durch die Neuherstellung des Laibungsputzes eine geringfügige Abweichung entstanden sein. Die vom Sachverständigen beschriebene Putzungenauigkeit von maximal ca. 4 cm finde ihren Niederschlag auch in der DIN 18202, die als ÖNORM DIN 18202 übernommen worden sei. Die gegenständliche "Fenstervergrößerung" sei somit nicht durch Ausschlagen der Mauer, sondern durch Abschlagen des Putzes beim Fensteraustausch entstanden. Daraus folge weiters, dass im vorliegenden Fall die Erneuerung der Fensterrahmen kein bewilligungspflichtige Vorhaben gewesen sei, da durch Abschlagen des Putzes die Brandsicherheit im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 4 Nö Bauordnung 1976 nicht beeinträchtigt habe werden können. Somit sei auch eine Planergänzung nicht erforderlich gewesen. Die Drittbeschwerdeführerin sei im Übrigen den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Vor allem habe sie nicht vorgebracht, die Fenster seien falsch vermessen worden. Die Drittbeschwerdeführerin sei zwar zum Lokalaugenschein nicht geladen worden, es sei ihr aber dennoch dazu Parteiengehör gemäß AVG gewährt worden. Das ehemalige Stallfenster sei nunmehr das Gangfenster. Im vorliegenden Fall sei auch keine Brandwand errichtet worden, sodass das neue Vorbringen der Drittbeschwerdeführerin bezüglich der Grundgrenze in diesem Fall kein baurechtliches Thema sei und somit ins Leere gehe. Was das ehemalige Stallfenster betreffe, so sei dieses sogar kleiner als 1948 bewilligt ausgeführt worden. Auch wenn die Drittbeschwerdeführerin vermeine, die gegenständlichen Fenster seien im Jahr 1948 widerrechtlich bewilligt worden, so seien sie jedenfalls rechtskräftig bewilligt worden. Eine nähere Prüfung des damaligen Verfahrens habe daher nicht zu erfolgen. Im Übrigen hätten Bescheide dingliche Wirkung und hätten nur die Eltern der Drittbeschwerdeführerin damals gegen den Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1948 berufen können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelten gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligten Parteien (der Erst- und die Zweitmitbeteiligte allerdings ohne Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde) - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

II.

1. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers:

Die Beschwerden dieser Beschwerdeführer sind unzulässig. Die verfahrensgegenständlichen baupolizeilichen Anträge wurden ausschließlich von der Drittbeschwerdeführerin gestellt, sämtliche Bescheide des Verfahrens (einschließlich des angefochtenen) sind jeweils an die Drittbeschwerdeführerin und den Erstmitbeteiligten und die Zweitmitbeteiligte ergangen. In der Beschwerde wird die Beschwerdelegitimation dieser Beschwerdeführer in keiner Weise begründet. Es wird insbesondere auch nicht dargelegt und behauptet, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des letzten Berufungsbescheides betreffend die erteilte Bau- und Benützungsbewilligung (vom 29. Dezember 1997) Miteigentümer jenes Nachbargrundstückes geworden sind, das der Drittbeschwerdeführerin gehört. Nach den Eintragungen im Grundbuch ist allein die Drittbeschwerdeführerin Eigentümerin des vom Grundstück des Erst- und der Zweitmitbeteiligten nordwestlich gelegenen unmittelbar angrenzenden Grundstückes. Der angefochtene Bescheid kann die Erstbeschwerdeführerin und den Zweitbeschwerdeführer somit nicht in Rechten verletzt haben. Die Beschwerde dieser Beschwerdeführer war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit als unzulässig zurückzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen zur Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin erwogen:

Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtswidrig, weil die angeführten Bewilligungen erteilt wurden, ohne dass jeweils ein entsprechendes Ansuchen des Erst- und der Zweitmitbeteiligten vorgelegen wäre. Die Berufungsbehörde kann - wie der Verwaltungsgerichtshof dies in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, vertreten hat - auch in Fällen der Berufung von Personen mit eingeschränktem Mitspracherecht den Bescheid in jede Richtung hin etwa dann abändern, wenn die Berufungsbehörde feststellt, dass die Unterinstanz zur Entscheidung über die Sache gar nicht zuständig war oder auch dann, wenn bei einem antragsbedürftigen Verwaltungsakt die Berufungsbehörde feststellt, dass die Unterinstanz von Amts wegen zu Unrecht einen Bescheid erlassen hat. Auch in diesen Fällen hätte die Berufungsbehörde mit einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides vorzugehen.

Die Drittbeschwerdeführerin hat sowohl in ihrer Berufung vom 27. Dezember 1996 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 28. November 1996, als auch in der Vorstellung im Zusammenhang mit den in Frage stehenden Fenstern in der Brandwand das Fehlen entsprechend eingereichter Baupläne geltend gemacht. Die Berufungsbehörde hätte den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 28. November 1996 mangels Vorliegens entsprechender Ansuchen ersatzlos beheben müssen. Indem die belangte Behörde ihrerseits diesen Mangel des Berufungsbescheides vom 29. Dezember 1997 nicht erkannt und die dagegen erhobene Vorstellung abgewiesen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Im Hinblick auf die festgestellte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erübrigte es sich, noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der drittmitbeteiligten Gemeinde hinsichtlich des Vorlageaufwandes war abzuweisen, da gemäß § 48 Abs. 3 VwGG ein derartiger Kostenersatz nicht vorgesehen ist.

Wien, am 3. September 1999

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