VwGH 98/19/0033

VwGH98/19/00334.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 5. August 1981 geborenen HY in Höchst, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1997, Zl. 121.527/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art7;
AufG 1992 §1 Abs1 Z3;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art103 Abs4;
FrG 1993 §65;
FrG 1993 §7 Abs7;
ARB1/80 Art7;
AufG 1992 §1 Abs1 Z3;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art103 Abs4;
FrG 1993 §65;
FrG 1993 §7 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin die Zurückweisung des Feststellungsantrages als unzulässig ausgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen wurde, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vater des Beschwerdeführers als dessen gesetzlicher Vertreter beantragte für diesen mit Antrag vom 4. September 1992, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am 8. September 1992, die Erteilung eines Sichtvermerks bzw. einer Aufenthaltserlaubnis. Am 2. Dezember 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seinem Vater. Schließlich brachte der - nun rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. Juli 1996 vor, sein Vater sei im Besitz eines Befreiungsscheines und in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert, weshalb ihm nach Art. 7 des Abkommens des Assoziationsrates EWG-Türkei 1/80 (ARB) ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukomme. Er beantrage daher nun die Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung in Österreich in eventu die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 18. Oktober 1996 wurde über den als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewerteten Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerks (gemeint offenbar: der Antrag vom 4. September 1992) und über den Antrag auf Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung (vom 15. Juli 1996) entschieden. Der Feststellungsantrag wurde zurückgewiesen und die beantragte Aufenthaltsbewilligung abgewiesen, wobei sich die Behörde auf die §§ 1 und 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) stützte. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz entschied über diese Anträge namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg unter Berufung auf die diesbezügliche Ermächtigung nach der Verordnung dieses Landeshauptmannes, LGBl. Nr. 32/1993.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg und beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin, dass ihm das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden werde, auf welchem Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg leitete mit Schriftsatz vom 18. Februar 1997 die gegenständliche Berufung gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an die belangte Behörde zur Entscheidung weiter und setzte den Berufungswerber von der Weiterleitung in Kenntnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z 4 FrG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe noch nie über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt, weshalb sein unrechtmäßiger Aufenthalt eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Die öffentlichen Interessen überwögen - auch im Hinblick auf Art. 8 MRK und unter Bedachtnahme auf die familiären Verhältnisse - gegenüber den privaten Verhältnissen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 27. November 1997, B 1110/97-3 ab und trat mit Beschluss vom 27. Jänner 1998, B 1110/97-8, die Beschwerde über Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§§ 1 Abs. 1 Z 3 und 5 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 1. ...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

1. auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen;

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§§ 7 Abs. 7 und 10 Abs. 4 FrG 1992 lauteten:

"§ 7. ...

(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, dass der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.

§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentlich Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichtete Assoziationsrates vom 19. September 1980 lautet:

"Art. 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarktes eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

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