VwGH 95/18/0521

VwGH95/18/052121.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hofbauer, über die Beschwerde des M A H, (geb. 25.4.1959), in Wien, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Jänner 1995, Zl. 107.932/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) fest, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 73 AVG auf ihn übergegangen sei und wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 31. Juli 1992 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, BGBl. Nr. 466/1992, ab.

Der bei der Bundespolizeidirektion Wien am 31. Juli 1992 gestellte Antrag auf Erteilung eines Wiedereinreise-Sichtvermerkes sei gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliege, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe der Beschwerdeführer angegeben, keiner Beschäftigung nachzugehen und über kein eigenes Einkommen zu verfügen. Einem dem Antrag beigefügten Schreiben der Caritas der Erzdiözese Wien sei zu entnehmen, daß er von dieser in einem "Notquartier" untergebracht worden wäre und zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes die notwendigsten Mittel erhalten würde.

Daraus ergebe sich, daß im Fall des Beschwerdeführers weder ein gesicherter Lebensunterhalt noch eine für Inländer ortsübliche Unterkunft vorliege. "Bis dato" seien vom Beschwerdeführer keinerlei Beweise dafür vorgelegt worden, daß sich diese Situation geändert hätte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0163) sei es Sache des Fremden, von sich aus (initiativ) zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch seinen bisherigen Aufenthalt zwar nicht absprechbare Bindungen zur Republik Österreich bestünden, diese aber den öffentlichen Interessen an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen seien. Außerdem greife laut ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Sichtvermerksversagungsgrund nicht mit der selben Wahrscheinlichkeit und Intensität in das Privat- und Familienleben ein, wie ein Aufenthaltsverbot (vgl. VfSlg. 11.0144/1986).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das AufG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinn des § 5 leg. cit. vorliegt. Im Hinblick auf diese Verpflichtung zur initiativen Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse darf die Behörde (auch im Berufungsverfahren) ohne entsprechenden Vorhalt von den vom Antragsteller in seinem Bewilligungsantrag und im folgenden Verwaltungsverfahren von sich aus bekanntgegebenen Unterhaltsmitteln ausgehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 95/18/0763, mwN).

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt. Nach der Bestimmung des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG kann die Behörde einem Fremden trotz Vorliegens u.a. des Sichtvermerksversagungsgrunds gemäß Abs. 1 Z. 2 leg. cit. einen Sichtvermerk erteilen, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträger durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint. Diese Ausnahmebestimmung kommt auch dann zum Tragen, wenn die Behörde ihre Entscheidung nicht ausdrücklich auf das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 2 oder Z. 3 FrG, sondern auf den im § 5 Abs. 1 AufG hervorgehobenen, inhaltsgleichen Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes stützt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. April 1997, Zl. 95/18/1044, mwN).

2.1. Die Beschwerde führt gegen den angefochtenen Bescheid ins Treffen, der Beschwerdeführer sei immer davon ausgegangen, daß die von ihm vorgelegten Urkunden ausreichten, für ihn einen gesicherten Lebensunterhalt und eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nachzuweisen. Die Caritas der Erzdiözese Wien habe mit Schreiben vom 19. Mai 1994 bestätigt, daß sein Lebensunterhalt gesichert sei und er über eine derartige Unterkunft verfüge. Darüber hinaus habe der belangten Behörde auch eine notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung vom 21. Juli 1992 vorgelegen, mit der sich eine dort genannte Person verpflichtet hätte, für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen. Der Beschwerdeführer sei weder vom Landeshauptmann von Wien noch von der belangten Behörde jemals dazu aufgefordert worden, andere Nachweise für eine derartige Unterkunft bzw. einen gesicherten Lebensunterhalt vorzulegen.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.2.1. Das im Verwaltungsakt erliegende Schreiben der Caritas vom 19. Mai 1994 (Aktenblatt 12) lautet in seinem hier maßgeblichen Teil wie folgt:

"Wir bestätigen, daß wir Herrn Md. Ali Haj in unserem Notquartier in ....Wien .... kostenlos untergebracht haben, und ihn dort auch mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen bereit sind. Bei Bedarf erhält er kostenlose medizinische Betreuung vermittelt."

Bereits aus dem Wortlaut dieser Erklärung, daß die Caritas "bereit" ist, den Beschwerdeführer "mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen", ergibt sich, daß diese nicht auf Grundlage einer gesetzlichen Verpflichtung abgegebene Erklärung keinen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Unterhaltsleistung begründen kann. Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführers mangels Rechtsanspruches auf Unterstützung durch die Caritas durch das vorgelegte Schreiben die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachgewiesen hat (vgl. in diesem Sinn das - u.a. - zu § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG ergangene, aber diesbezüglich auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 95/18/1126).

2.2.2. Weiters ist die in der Beschwerde ins Treffen geführte Verpflichtungserklärung nicht geeignet, einen Nachweis für die Sicherung des Unterhalts des Beschwerdeführers zu liefern.

Eine Verpflichtungserkärung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als solche im Sinn des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG qualifiziert werden, wenn die sich zur Tragung der dort umschriebenen Kosten verpflichtende Person mit ordentlichem Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch tatsächlich zur Bestreitung der dem Sichtvermerkswerber unter gewöhnlichen Verhältnissen entstehenden Unterhaltskosten in der Lage ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 94/18/0972). Auch bei Vorlage einer Verpflichtungserklärung hat der Fremde initiativ den Nachweis zu erbringen, daß er aufgrund dieser Erklärung über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfüge. Dazu wäre es erforderlich, die Einkommensverhältnisse, Vermögensverhältnisse und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen der die Verpflichtungserklärung abgebenden Person der Behörde bekannt zu geben, untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0328).

Der Beschwerdeführer hat aber in seiner Beschwerde nicht einmal behauptet, Anstalten unternommen zu haben, den im Sinn des Gesagten erforderlichen Nachweis zu erbringen, daß die Person, die die besagte Verpflichtungserklärung für ihn abgegeben hat, über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts verfüge; nach Ausweis des Aktes hat der Beschwerdeführer auch tatsächlich solche Anstalten nicht unternommen.

3. Auf dem Boden der vorstehenden Ausführungen gehen die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe mangels Aufforderung an den Beschwerdeführer, Nachweise für einen gesicherten Lebensunterhalt und eine für Inländer ortsübliche Unterkunft zu erbringen, gegen § 13a AVG verstoßen, weiters den Sachverhalt bezüglich dieser Umstände (insbesondere, ob das "Notquartier" der Caritas eine solche Unterkunft darstelle) nicht hinreichend erhoben und festgestellt und schließlich den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, ins Leere.

4. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Aufwandersatz war der belangten Behörde mangels diesbezüglichen Antrags im Grunde des § 59 Abs. 1 VwGG nicht zuzusprechen.

Wien, am 21. Jänner 1999

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