VwGH 96/09/0145

VwGH96/09/014518.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Gerald B und des Johannes R, beide in Wien und vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (Senat 6) vom 12. März 1996, Zl. 20-34-DK/6/95, betreffend Verhandlungsbeschluß nach dem BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §109 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §48 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs1;
BDG 1979 §59 Abs1;
BDG 1979 §91;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §109 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §48 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs1;
BDG 1979 §59 Abs1;
BDG 1979 §91;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anschuldigungspunkte 1. und 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer stehen als Gruppeninspektoren in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie waren bis zu jeweils mit Wirkung vom 27. Jänner 1995 vorgenommenen qualifizierten Verwendungsänderungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien jeweils als Gruppenführer-Stellvertreter des Referates 3 (Dienstgruppe 2 bzw. 3) der Kriminalbeamten-Abteilung beim Sicherheitsbüro zur Dienstleistung zugeteilt.

Mit dem als Verhandlungsbeschluß bezeichneten, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. März 1996 hat die belangte Behörde beschlossen, gegen die beiden Beschwerdeführer gemäß § 124 Abs. 1 BDG 1979 eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Im Spruch dieses Bescheides werden den Beschwerdeführern folgende Anschuldigungspunkte zur Last gelegt:

"1. Gruppeninspektor Gerald B und Gruppeninspektor Johannes

R hätten nach Durchführung einer Amtshandlung wegen Verdachtes des Betruges durch 2 Bankangestellte der Ersten Österreichischen Spar-Casse ab dem Jahre 1992 zum Nachteil verschiedener Bankkunden auch der Helene K, eine Betreuung dieser Frau - z.B. in Form von Transferierung von hohen Geldsummen dieser Frau - in weiterer Folge auch während ihrer Dienstzeit durchgeführt,

diese hätten dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43/1, 2, 48/1 BDG iVm. § 91 BDG 1979 idgF. begangen,

2. Gruppeninspektor Gerald B und Gruppeninspektor Johannes

R hätten in der Folge unbefugt im Hinblick auf ihre amtliche Stellung Spareinlagen der Helene K in der Gesamtsumme von 2,7 Mio von der Helene K als Geschenk angenommen,

diese hätten somit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 59/1 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

3. Gruppeninspektor Gerald B und Gruppeninspektor Johannes

R hätten sich am 28.3.1994 nach der Öffnung der Wohnung der Helene K unbefugt in den Dienst gestellt, indem sie den intervenierenden Sicherheitswachebeamten Anweisungen erteilten, den Wohnungsschlüssel der K dem Nachbarn W abzunehmen, diese hätten dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43/1, 2 BDG i.V.m. AB Nr. 8/1981 i.V.m. § 31 SPG i.V.m. § 1/3 RLV i. V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

4. Gruppeninspektor Gerald B und Gruppeninspektor Johannes

R hätten trotz Einsetzung als Universalerben der verstorbenen Helene K ihre Zustimmung gegeben, die Verstorbene in einem Armengrab am Zentralfriedhof zu beerdigen und dadurch das Vertrauen in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erschüttert,

diese hätten dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43/2 BDG i. V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

5. Gruppeninspektor Johannes R habe es unterlassen, der Dienstbehörde seinen am 17.12.1989 erfolgten Wohnsitzwechsel und seine Verehelichung am 7.1.1991 zu melden, er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 53/2 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i. d.g.F. begangen."

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Verdacht - Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben - ergebe sich aus der Disziplinaranzeige vom 24. Februar 1995. Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes dieser Disziplinaranzeige wird dargelegt, daß die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. März 1995 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die beiden Beschwerdeführer und die Unterbrechung dieses Disziplinarverfahrens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Gerichtsverfahrens beschlossen habe; dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Nach Wiedergabe der Ergebnisse eines Verfahrens betreffend die qualifizierten Verwendungsänderungen wird ausgeführt, die Dienstbehörde habe in der Folge mitgeteilt, daß die Anzeige gegen die beiden Beschwerdeführer wegen Verdachtes gemäß den §§ 146 ff (gemeint: StGB) von der Staatsanwaltschaft Wien am 18. September 1995 gemäß § 90 StPO zurückgelegt worden sei. Das handgeschriebene Testament (der Helene K) sei für einwandfrei erklärt worden; eine Beeinträchtigung sei nicht festgestellt worden. Es hätten sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die alte Frau eventuell mit Zwang zu diesem Testament genötigt worden sei. Über Anfrage der belangten Behörde habe der Staatsanwalt mit Schreiben vom 16. Oktober 1995 ergänzend mitgeteilt, daß nicht genügend Verdachtsgründe für die strafgerichtliche Verfolgung der Beschwerdeführer vorhanden seien. Es könne nicht nachgewiesen werden, daß die Beschwerdeführer relevante Täuschungshandlungen begangen hätten, welche die verstorbene Helene K zur Hingabe von Geldbeträgen bzw. zur Abfassung des Testaments verleitet hätten. Das Ausüben eines physischen oder psychischen Drucks gegen die alte Frau bzw. das Ausnützen allfälliger psychischer Beeinträchtigungen derselben könne nicht nachgewiesen werden. Auf Grund dieser Beweissituation sei die belangte Behörde der Meinung, daß weiterhin der begründete Verdacht bestehe, die Beschwerdeführer hätten "in der Dienstzeit" private Handlungen im Zusammenhang mit Helene K, insbesondere Transferierungen von hohen Geldsummen dieser Frau und Geschenkannahme von deren Sparbüchern, vorgenommen. Es sei ausschließlich der disziplinäre Aspekt, insbesondere im Hinblick auf § 43 Abs. 2 BDG zu prüfen. Die Beachtung des § 95 Abs. 2 BDG sei in keinster Weise an die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Wien gebunden. Es sei daher eine Disziplinarverhandlung anberaumt worden. Hinsichtlich der "restlichen" im Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluß aufscheinenden Vorwürfe sei am 12. März 1996 ein eigener Einstellungsbeschluß gemäß § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG ergangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer erachten sich - unter Bedachtnahme auf ihr gesamtes Beschwerdevorbringen - durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in dem Recht darauf verletzt, daß ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Verhandlungsbeschluß gegen sie gefällt werde. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zuerkennung von Schriftsatzaufwand.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 48 Abs. 1 leg. cit. hat der Beamte die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist.

Soweit nicht in anderen Rechtsvorschriften weitere Meldepflichten festgelegt sind, hat der Beamte zufolge § 53 Abs. 2 BDG 1979 seiner Dienstbehörde unter anderem nach Z. 2 dieser Gesetzesstelle Standesänderungen und nach Z. 4 dieser Gesetzesstelle die Änderung des Wohnsitzes zu melden.

Die mit "Geschenkannahme" überschriebene Bestimmung des § 59 BDG 1979 lautet:

"(1) Dem Beamten ist es untersagt, im Hinblick auf seine amtliche Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder einen sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen.

(2) Orts- oder landesübliche Aufmerksamkeiten von geringem Wert gelten nicht als Geschenke im Sinne des Abs. 1.

(3) Ehrengeschenke darf der Beamte entgegennehmen. Er hat seine Dienstbehörde hievon in Kenntnis zu setzen. Untersagt die Dienstbehörde innerhalb eines Monates die Annahme, so ist das Ehrengeschenk zurückzugeben".

Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat gemäß § 124 Abs. 1 BDG 1979 die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluß) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, daß zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind im Verhandlungsbeschluß die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluß ist kein Rechtsmittel zulässig.

Für den Verhandlungsbeschluß nach § 124 BDG 1979 kommen die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Nach § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch unter anderem die in Verhandlung stehende Angelegenheit in möglichst getrennter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. In der Begründung wird unter Beachtung des § 124 Abs. 1 BDG 1979 insbesondere darzulegen sein, welche Beweise und Erhebungen dazu geführt haben, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint. Im Spruch des Verhandlungsbeschlusses sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Aus dem Begriff der Anschuldigung folgt, daß anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beamte im einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird. Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses, welches gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten hat, können nur die Anschuldigungspunkte sein, die im Verhandlungsbeschluß dem Beamten als Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt wurden. Angesichts dieser Bedeutung des Verhandlungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses kommt der "bestimmten" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zu: Der vorgeworfene Sachverhalt muß der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verhandlungsbeschlusses die spruchgemäße Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird. Er muß eine so hinreichende Substantiierung enthalten, daß dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt (vgl. für die ständige Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1990, Zl. 90/09/0001, und vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0107, und die darin angegebene Vorjudikatur).

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid hinsichtlich der unter den Anschuldigungspunkten 1. und 2. zur Last gelegten Vorwürfe nicht. Der unter dem Anschuldigungspunkt 1. erhobene Vorwurf beinhaltet einen Verstoß gegen die in § 48 Abs. 1 BDG 1979 normierte Pflicht zur Einhaltung der Dienstzeit. Insoweit den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid zusätzlich (auch) ein Verstoß gegen die subsidiär anzuwendende Regelung der allgemeinen Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 vorgeworfen wurde, erweist sich dieser Vorwurf - zufolge Verkennung der Rechtslage - als verfehlt. In einem derartigen Fall der Idealkonkurrenz ist ausschließlich die "besondere" Pflichtverletzung anzulasten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0111).

Hinsichtlich des angelasteten Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 BDG 1979 hat die belangte Behörde verkannt, daß der angefochtene Bescheid in dieser Hinsicht keine dieser zeitbezogenen Dienstpflichtverletzung entsprechenden Tatzeitumschreibung enthält. Dem Vorwurf, die Beschwerdeführer hätten "in weiterer Folge auch während der Dienstzeit" die ihnen angelasteten Handlungen durchgeführt, fehlt die notwendige zeitliche Umgrenzung dieser (in einer nachfolgenden Disziplinarverhandlung zu behandelnden) Anschuldigung. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt in diesem Zusammenhang nicht, daß bei über einen längeren Zeitraum fortgesetzten, im wesentlichen gleichartigen Handlungen eine zusammenfassende Umschreibung der in einem konkreten Zeitraum nach Art und Zahl bezeichneten Einzelakte im Einzelfall zur Erfüllung der notwendigen Umgrenzung genügen kann. Die an die Formulierung von Anschuldigungspunkten zu stellenden Anforderungen müssen - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles - aber vor allem daran gemessen werden, daß der angelastete Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die der Beschuldigte begangen haben kann, genügend und unverwechselbar unterschieden werden kann.

Im Beschwerdefall erschöpfte sich die Konkretisierung der Tatzeit jedoch allein darin, daß die Beschwerdeführer in weiterer Folge "ihre Dienstzeit" durch Vornahme von nicht mehr einer Erfüllung ihrer Dienstpflichten zurechenbaren Handlungen nicht eingehalten hätten. Der solcherart bestehende Mangel einer nicht hinreichenden zeitlichen Substantiierung des Sachverhaltes belastete aber in gleicher Weise bereits den Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluß vom 15. März 1995 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Denn auch in diesem Bescheid wurde den Beschwerdeführern unter Punkt 3. lediglich zur Last gelegt, sie hätten "in ihrer Dienstzeit die Betreuung der Helene K durchgeführt". Aber auch in der Disziplinaranzeige vom 24. Februar 1995 war nur davon die Rede, daß "die Besuche auch während des Dienstes stattfanden".

Steht hinsichtlich dieses Anschuldigungspunktes somit schon der Einleitungsbeschluß mit der Rechtslage nicht in Einklang und ist demzufolge ein Disziplinarverfahren in diesem Umfang nicht rechtmäßig eingeleitet worden, so belastet dies den (nach der Systematik des Gesetzes auf dem Einleitungsbeschluß als Prozeßvoraussetzung aufbauenden) Verhandlungsbeschluß auch aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0101).

Der unter Anschuldigungspunkt 2. erhobene Vorwurf beinhaltet einen Verstoß gegen das in § 59 Abs. 1 BDG 1979 normierte Verbot der Geschenkannahme. In dieser Hinsicht hat die belangte Behörde die Rechtslage bzw. den normativen Gehalt dieses Verbotes jedoch insoweit verkannt, als einem Beamten die Geschenkannahme nicht schlechthin verboten ist, sondern nur eine Geschenkannahme, die "im Hinblick auf seine amtliche Stellung" erfolgt. Daß den Beschwerdeführern ein üblicherweise als Bestechung bezeichnetes Verhalten dahin angelastet wird, sie hätten das Geschenk für eine pflichtwidrige oder pflichtgemäße Vornahme bzw. Unterlassung bestimmter Amtshandlungen angenommen, ist dem angefochtenen Bescheid (weder nach dem Spruch noch nach dem Inhalt der Begründung) jedenfalls nicht zu entnehmen. In dieser Hinsicht ist nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten auch kein Verdacht zu erkennen.

Der Tatbestand des § 59 Abs. 1 BDG kann im Beschwerdefall demnach nur dann - im Verdachtsbereich - erfüllt sein, wenn den Beschwerdeführern substantiiert vorzuwerfen wäre, daß eine Beziehung zwischen dem Geschenk und ihrer amtlichen Stellung vorlag (vgl. hiezu auch G. Kucsko-Stadlmayr, Das Disziplinarrecht der Beamten, 2. Auflage, Seite 272f).

Für die Amtsbezogenheit einer Zuwendung genügt - anders als beim Tatbestand der Bestechung, die unter anderem einen konkretisierbaren Zusammenhang mit einer Amtshandlung erfordert - auch eine nur mittelbare Beziehung zur amtlichen Stellung des Beamten. Eine solche könnte etwa darin bestehen, daß die erlangte Zuwendung aus einer ausschließlich amtlichen Beziehung zwischen dem Geschenkgeber und dem Beamten resultiert und daneben keine persönliche Beziehung besteht bzw. keine außerdienstlichen (der Privatsphäre des Beamten zurechenbaren) Kontakte dargetan werden können, die das Geschenk zu rechtfertigen vermögen (vgl. hiezu auch sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 11. September 1985, Zl. 84/09/0217).

Davon ausgehend fehlt dem unter Anschuldigungspunkt 2. erhobenen Vorwurf hinsichtlich der Amtsbezogenheit des Geschenks aber die erforderliche Konkretisierung und hinreichende Substantiierung eines Sachverhaltes, der den Beschwerdeführern (in der nachfolgenden Disziplinarverhandlung) als Dienstpflichtverletzung angelastet werden soll. In dieser Hinsicht erschöpft sich die Formulierung des Anschuldigungspunktes nämlich in einer Wiedergabe des Gesetzeswortlautes der Bestimmung des § 59 Abs. 1 BDG 1979. Zudem ist nach Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht zu erkennen, inwieweit in dieser Hinsicht eine ausreichende Verdachtslage gegen die Beschwerdeführer gegeben sein soll, zumal dieser Aktenlage ausreichende Anhaltspunkte für eine nicht ausschließlich amtliche Beziehung zwischen der Geschenkgeberin und den Beschwerdeführern entnommen werden können.

Hingegen sind die gegen die in der nötigen Bestimmtheit umschriebenen Anschuldigungspunkte 3. 4. und 5. gerichteten Beschwerdeausführungen nicht geeignet, den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang als rechtswidrig zu erkennen. Hinsichtlich dieser Anschuldigungspunkte wird in der Beschwerde im wesentlichen nur das Vorliegen eines von den angelasteten Anschuldigungen abweichenden bzw. zur Entlastung der Beschwerdeführer von diesen Vorwürfen führenden Sachverhaltes behauptet.

Da der Verhandlungsbeschluß noch im Verdachtsbereich erfolgt, ist auch hier der Sachverhalt nur insoweit zu erheben, als auf Grund dessen im Verhandlungsbeschluß als unabdingbarer Inhalt die Anschuldigungspunkte zu formulieren sind, die die Grundlage für die mündliche Verhandlung darstellen. Eine darüber hinausgehende Behandlung des Sachverhaltes im Rahmen der einzelnen Anschuldigungspunkte erübrigt sich im Stadium des Verhandlungsbeschlusses, weil damit der Beurteilung im folgenden Disziplinarverfahren vorgegriffen würde und es nicht Aufgabe des Verhandlungsbeschlusses, sondern des nachfolgenden Disziplinarverfahrens ist, die Rechts- bzw. Schuldfrage zu klären (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, Zl. 93/09/0449, vom 29. August 1996, Zlen. 94/09/0230, 0244, und vom 16. November 1995, Zl. 93/09/0054). Das behauptete Vorliegen eines Mißverständnisses betreffend den Anschuldigungspunkt 3., eines entschuldbaren Rechtsirrtumes betreffend Anschuldigungspunkt 4. und einer schriftlichen Meldung an die Dienstbehörde bzw. eines Zweitwohnsitzes betreffend den Anschuldigungspunkt 5. wird demnach im nachfolgenden Disziplinarverfahren zu klären und zu beurteilen sein.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen im Umfang der Anschuldigungspunkte 1. und 2. als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen (hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 3., 4. und 5.) war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte