VwGH 90/09/0107

VwGH90/09/010718.10.1990

N gegen Disziplinarkommission beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 15. Mai 1990, GZ Sa-VI/90, betreffend Disziplinarverfahren (Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß)

Normen

AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §110;
BDG 1979 §111;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs2;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §110;
BDG 1979 §111;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seiner Spruchpunkte 1., 2. und 3. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war im maßgebender Zeitraum Amtsleiter des Postamtes R.

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die belangte Behörde am 15. Mai 1990 beschlossen, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) ein Disziplinarverfahren durchzuführen (einzuleiten) und gemäß § 124 Abs. 1 leg. cit. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Im Spruch dieses Bescheides wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe in der Zeit von Mai 1987 bis einschließlich Feber 1990

1. seine Mitarbeiter einseitig, ungerecht und ungebührlich hart behandelt sowie lautstark, teilweise in Gegenwart von Postkunden beschimpft, sowie grobe Fehler in seiner Personal- und Menschenführung begangen, wodurch ein unhaltsames und unsoziales Arbeitsklima beim Postamt R erzeugt worden sei,

2. verschiedenen Postkunden gegenüber, nachweislich bei Frau B, ein ungebührliches Benehmen gesetzt bzw. diese angeschrien,

3. den mehrfachen Weisungen der Inspektionsbeamten OR Dr. K und ADir G, "sein Verhalten gegenüber einigen ihm unterstellten Bediensteten zum Positiven zu ändern, den Bediensteten unvoreingenommen und unparteiisch zu begegnen und allfällige Mängel in sachlicher und ruhiger Art auszutragen" nicht entsprochen und

4. am 27. Feber 1990 gegen 11.30 Uhr im Postamt R die Kassen- und Amtsschlüssel dem Kontrollor A übergeben, jedoch ohne die gemäß § 15 Abs. 4 Postvollzugsordnung IV bei einem Wechsel in der Leitung des Postamtes vorgesehene Amtsübergabe durchzuführen.

Der Beschwerdeführer sei demnach zu beschuldigen, er habe gegen die in den §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 und 2 BDG 1979 normierten Dienstpflichten, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe sowie seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt sei, zu befolgen und darauf zu achten, daß seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und in sparsamer Weise erfüllen bzw. für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen ihm unterstehenden Mitarbeiter zu sorgen, verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen iSd § 91 BDG 1979 begangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Disziplinarakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß ein Disziplinarverfahren gegen ihn nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 91 und 123 BDG 1979 eingeleitet werde und ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 124 leg. cit. auch kein Verhandlungsbeschluß gefällt werde. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes zunächst vor, bei richtiger Gesetzesanwendung hätte die belangte Behörde den angefochtenen Verhandlungsbeschluß nicht erlassen dürfen, ohne nicht vorher formell über die Einleitung des Disziplinarverfahrens entschieden und darüber einen Einleitungsbeschluß iSd § 123 Abs. 2 BDG 1979 gefaßt zu haben. Schon allein dadurch, daß im Beschwerdefalle kein Einleitungsbeschluß gefaßt, sondern sofort der Verhandlungsbeschluß erlassen und in diesen auch der Ausspruch über die Einleitung des Disziplinarverfahrens mit aufgenommen worden sei, sei der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall, wie oben dargelegt, in einem "kombinierten" Bescheid, der allerdings die Überschrift "Verhandlungsbeschluß" trägt, zwei verschiedene Absprüche getätigt hat. Auf diese Weise hat der auf § 123 Abs. 1 BDG 1979 fußende Einleitungsbeschluß zwar denselben Wortlaut wie der in § 124 Abs. 2 leg. cit. normierte Verhandlungsbeschluß, obgleich beide, wie unten näher ausgeführt, unterschiedliche Ziele verfolgen.

Rechtliche Bedenken gegen nur eine Bescheidausfertigung bestehen nicht, vorausgesetzt, daß diese hinsichtlich beider Absprüche den gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere jenen der §§ 123 Abs. 1, 124 Abs. 2 BDG 1979 und der §§ 58 bis 60 AVG 1950 entspricht, denn ein sogenannter "kombinierter" Bescheid stellt lediglich eine formularmäßige Verbindung zweier verschiedener Bescheide dar.

Weiters führt der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge aus, im gegenständlichen Falle wäre die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn nur dann zulässig gewesen, wenn bereits im Einleitungsbeschluß bestimmte Handlungen sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht konkret angeführt würden, durch die der Beschwerdeführer ein Dienstvergehen begangen haben soll. Die belangte Behörde habe es insbesondere unterlassen, die dem Beschwerdeführer angelasteten Handlungen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht klar zu beschreiben. Vielmehr würden die ihm angelasteten Handlungen nur pauschal, ohne hinreichende zeitliche, sachliche und personelle Konkretisierung angeführt, sodaß nicht erkennbar sei, welche konkreten Handlungen den Gegenstand des eingeleiteten Disziplinarverfahrens bilden sollen. Der § 124 Abs. 2 BDG 1979 diene auch den Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers. Erst durch eine hinreichend konkrete Anführung der Anschuldigungspunkte im Verhandlungsbeschluß werde der Beschuldigte in die Lage versetzt, seine Verteidigungsrechte gehörig wahrzunehmen. Die Umschreibung der Anschuldigungspunkte im Spruch des angefochtenen Verhandlungsbeschlusses werde den gesetzlichen Konkretisierungsanforderungen auch nicht annähernd gerecht. Allein schon die völlige zeitliche Unbestimmtheit der Anschuldigungspunkte lasse eine Beschränkung des Verhandlungsgegenstandes auf einzelne, konkrete Tatfakten nicht zu. Diese völlige Unbestimmtheit der Anschuldigungspunkte beschränke sich jedoch keinesfalls auf den zeitlichen Bereich, sondern umfasse auch die inhaltlich-sachliche Seite. Es werde nämlich im Verhandlungsbeschluß nicht angeführt, durch welche konkreten Handlungen bzw. Verhaltensweisen der Beschwerdeführer die in den Punkten 1. bis 3. des Verhandlungsbeschlusses angeführten Fehlleistungen im einzelnen gesetzt haben soll. Eine hinreichende, sachverhaltsmäßige Konkretisierung der Anschuldigungspunkte erscheine in rechtlicher Hinsicht allein schon deshalb geboten, weil z.B. nur so im konkreten Fall eine Beurteilung ermöglicht werde, ob in Ansehung eines konkreten Anschuldigungspunktes ein Schuldspruch allein schon in Anbetracht einer zwischenzeitig eingetretenen Verjährung nach § 94 BDG 1979 nicht in Betracht komme. Die Verpflichtung, die vom Bescheid umfaßten Handlungen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zu konkretisieren, ergebe sich im übrigen nicht nur aus der Bestimmung des § 124 Abs. 2 BDG 1979, sondern auch daraus, daß auch Bescheide iSd § 123 Abs. 2 und § 124 Abs. 1 leg. cit. den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes unterliegen und daher auch für derartige Bescheide der verfahrensrechtliche Grundsatz gelte, daß Bescheide gemäß § 58 Abs. 2 AVG 1950 zu begründen seien und darin gemäß § 60 leg. cit. die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sei.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis teilweise Berechtigung zu.

Gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeuige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen.

Die Ermittlungen haben dabei das Ziel zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegeben sind. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ferner ist von der Disziplinarkommission zu prüfen, ob keine Einstellungsgründe gegeben sind. Nach KUCSKO-STADLMAYER (vgl. Das Disziplinarrecht der Beamten, Seite 533 ff) hat die Disziplinarkommission in dem der Einleitung vorausgehenden Verfahren nicht positiv zu prüfen, ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde, sondern - negativ - zu erheben, ob nicht ein Grund für die Einstellung des Verfahrens vorliegt. Die Kommission muß somit bei Fällung des Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat oder nicht. Erst im nachfolgenden Verfahren ist ausdrücklich vorgesehen, daß der Sachverhalt "ausreichend" zu klären ist (§ 124 Abs. 1 BDG 1979).

Ein Verdacht kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für die Einleitung eines Verfahrens nicht aus (vgl. z.B. erst jüngst das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0113).

Da gegen den Beschluß auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gemäß § 123 Abs. 2 letzter Satz BDG 1979 kein Rechtsmittel zulässig ist, ist damit der Instanzenzug erschöpft und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Der Beschluß, das Disziplinarverfahren gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 einzuleiten, ist nicht bloß eine prozessuale Verfügung, sondern er gestaltet vielmehr das bestehende Dienstverhältnis (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1976, Zl. 1337/75, VwSlg. 9168/A und vom 27. April 1989, Zl. 89/09/0014).

Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin gelegen, dem einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Dies ist schon deshalb erforderlich, um klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1985, Zl. 84/09/0143, VwSlg. 11.938/A und vom 27. April 1989, Zl. 89/09/0014).

Gemäß § 94 Abs. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht 1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder 2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.

Für den Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 kommen die Bestimmungen der §§ 58 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat.

Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen zu beschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d. h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt.

Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird und für dessen weiteren Gang er eine Prozeßvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluß begrenzt regelmäßig den Umfang einer durchzuführenden Untersuchung und des vor den Disziplinarkommissionen stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluß in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens war (vgl. VfSlg 5523/1967, 7016/1973). Eine selbständige, bindende Feststellung über die Schuld des betroffenen Beamten enthält der Einleitungsbeschluß nicht; er stellt nur eine vorläufige Meinungsäußerung der zuständigen Disziplinarbehörde dar, daß der Beschuldigte eines Dienstvergehens verdächtigt sei und daß bei der Schwere des Vorwurfs über Schuld und Strafe im Disziplinarverfahren entschieden werden müsse. Er ist also nicht in sich abgeschlossen, sondern - wie sein Name besagt - lediglich dazu bestimmt, das Disziplinarverfahren einzuleiten, sofern nicht schon vorher eine Einstellung erfolgt.

Hinsichtlich des Verhandlungsbeschlusses bestimmt § 124 BDG 1979:

"(1) Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluß) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, daß zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

(2) Im Verhandlungsbeschluß sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluß ist kein Rechtsmittel zulässig."

 

Für den Verhandlungsbeschluß nach § 124 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 kommen gleichfalls die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Nach § 59 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 hat der Spruch u.a. die in Verhandlung stehende Angelegenheit in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

In der Begründung wird unter Beachtung des § 124 Abs. 1 BDG 1979 insbesondere darzulegen sein, welche Beweise und Erhebungen dazu geführt haben, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint. Im Spruch des Verhandlungsbeschlusses sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Daraus folgt, daß im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten angeblich gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Aus dem Begriff der Anschuldigung folgt weiters, daß anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beschwerdeführer im einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird (vgl. das Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0004).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. April 1986, Zl. 85/09/0173, dargelegt hat, können Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses, welches gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten hat, nur die Anschuldigungspunkte sein, die im Verhandlungsbeschluß dem Beamten als Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt wurden.

Angesichts dieser Bedeutung des Verhandlungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses kommt der "BESTIMMTEN" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zu: Der vorgeworfene Sachverhalt muß der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verhandlungsbeschlusses die spruchmäßige Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird. Er muß eine so hinreichende Substantiierung enthalten, daß dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt.

Diesen Anforderungen genügen, welchen Umstand der Beschwerdeführer zu Recht rügt, die im oben wiedergegebenen Spruch unter den Punkten 1. bis 3. erhobenen "Verdächtigungen" und "Anschuldigungen" in keiner Weise. Sind doch die darin enthaltenen Vorwürfe allzu unbestimmt: Es sind weder die Mitarbeiter namentlich genannt, noch die "groben Fehler" dargestellt, auch die "verschiedenen Postkunden" bleiben unbestimmt. Bezüglich der "mehrfachen Weisungen" ist kein Tatzeitpunkt angegeben und sie sind auch sehr unbestimmt. Bezüglich aller drei Spruchteile ist die Tatzeit, die mit "von Mai 1987 bis einschließlich Februar 1990" zeitlich begrenzt wird, zu unbestimmt.

Da der kombinierte Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß der belangten Behörde in seinen Spruchteilen 1., 2. und 3. den vom Gesetz verlangten Anforderungen nicht genügte, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchteil 4. des kombinierten Bescheides richtet, der nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dem oben dargestellten Konkretisierungsgebot entspricht, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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