Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z1;
VStG §52;
VStG §6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z1;
VStG §52;
VStG §6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. November 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der K Ges.m.b.H. zu verantworten, daß IM ZEITRAUM VOM 6. FEBRUAR 1990 BIS 12. DEZEMBER 1990 die Müllschüttung der Schüttphase II auf den einzelnen Teilflächen der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 6. September 1979 genehmigten Mülldeponie von der Höhenkote 406 bis auf maximal 415 m ü.A. durchgeführt und damit die mit dem zitierten Bescheid auf eine Höhe von ca. 406 m ü.A. Schütthöhe genehmigte und durch diese Aufschüttung geänderte Mülldeponie - wobei diese Änderung, welche geeignet sei, Nachbarn durch Geruch, Rauch, Staub oder Erschütterung zu belästigen - ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 iVm § 81 und § 370 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 8.000,-- (Ersatzarreststrafe 8 Tage) verhängt worden sei. Zur Begründung wurde - nach Wiedergabe maßgebender rechtlicher Bestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, unbestritten stehe fest, daß es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage um die mit Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 6. September 1979 gewerbebehördlich genehmigte erweiterte Müll- und Rottdeponie handle. Weiters stehe zweifelsfrei fest, daß das genehmigte Projekt dieser Deponie in der Schüttphase II, in welcher diese sich im Tatzeitraum befunden habe, eine Schütthöhe von ca. 406 m ü.A. vorsehe, sowie daß eine tatsächliche Schütthöhe von 415 m festgestellt worden sei. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stehe für die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz offenkundig fest, daß es sich bei der durchgeführten Erhöhung der festgestellten Schütthöhe um bis zu neun Metern jedenfalls nicht um eine geringfügige, nicht genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage handle. Vielmehr sei eine derartige Aufschüttung jedenfalls geeignet, Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub etc. zu belästigen, weshalb hiefür, nämlich für die Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen, eine Änderungsgenehmigung nach § 81 leg. cit. erforderlich sei. Unabhängig davon seien im Verfahrensakt Anzeigen von Bürgerinitiativen vorhanden, welche zusätzlich die Möglichkeit einer Belästigung dokumentierten. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Notstandssituation im Sinne der Bestimmungen des VStG liege nicht vor, da eine tatsächliche schwere unmittelbare Gefahr nicht nachgewiesen werden habe können und eine mögliche wirtschaftliche Schädigung für das Vorliegen einer Notstandssituation nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreiche. Daran ändere auch das Berufungsvorbringen, Verzögerungen der beauftragten Unternehmen seien für die vorliegende Situation verantwortlich, nichts, da diesen Unternehmen nicht das Verschulden für die erfolgte Aufschüttung selbst angelastet werden könne. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, die Aufschüttung sei nur vorübergehend erfolgt, und es sei versucht und schließlich auch erreicht worden, die bescheidmäßig festgesetzte Höhenkote raschestmöglich wiederherzustellen, so sei dies bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, könne jedoch die tatbestandsmäßig festgestellte Verwaltungsübertretung des Betreibens der Deponie nach durchgeführten Änderungen ohne gewerbebehördliche Genehmigung, welche ein Ungehorsamkeitsdelikt darstelle, nicht widerlegen. Insbesondere werde der Beschwerdeführer durch Erfüllung des objektiven Tatbestandes ex lege vom Gesetzgeber bis zum Beweis des Gegenteiles mit Schuld belastet. Ein Gegenbeweis sei auch durch die Berufungsschrift nicht erbracht worden, insbesondere sei auch die in der Zwischenzeit erfolgte Abtragung der unzulässigen Aufschüttung erst im Laufe des bereits anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens erfolgt. Eine Verfolgungsverjährung sei nicht eingetreten. DIE DEM GEGENSTÄNDLICHEN
VERWALTUNGSSTRAFVERFAHREN ZUGRUNDELIEGENDE TATZEIT ERSTRECKE
SICH BIS ZUM 6. DEZEMBER 1990, und dem Beschwerdeführer sei diese Tat mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Dezember 1990 nachweisbar zur Kenntnis gebracht worden. Diese geeignete Verfolgungshandlung beinhalte darüber hinaus sämtliche die Tat betreffenden Sachverhaltselemente und sei auch von der Berufungsbehörde nicht abgeändert, sondern lediglich und im zulässigen Rahmen präzisiert worden. Eine Verbindung zu einem bestimmten (näher zitierten) im Grunde des § 367 Z. 26 GewO 1973 bereits abgeschlossenen Strafverfahren in bezug auf die Frage der Verjährung liege nicht vor. Wenn im Rahmen dieses bereits rechtskräftig abgeschlossenen bzw. eingestellten Verwaltungsstrafverfahrens nach § 367 Z. 26 GewO 1973 festgestellt werde, daß vom Beschwerdeführer keine Auflagenverletzung begangen worden sei, so entspreche dies den Tatsachen, ändere jedoch nichts am Ergebnis des gegenständlichen Strafverfahrens, da die im zitierten Genehmigungsbescheid vom 6. Dezember 1979 maßgebende Auflage Nr. 37 nicht eine bestimmte Höhenkote festlege, sondern sich auf die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Schüttphase gewünschten und somit projektgemäß vorgesehenen Höhenkoten beziehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften
- im wesentlichen - vor, das Verwaltungsstrafverfahren werde vom Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens (Offizialmaxime) beherrscht, das heiße, daß sich die amtswegige Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens auch auf die seiner Entlastung dienenden Umstände zu erstrecken gehabt hätte. Der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides - daß "für die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz als offenkundig feststehe, daß es sich bei der durchgeführten Erhöhung der festgelegten Schütthöhe um bis zu neun Metern jedenfalls nicht um eine geringfügige und nicht genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage handle, vielmehr eine derartige Aufschüttung jedenfalls geeignet sei, Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub etc. zu belästigen" - liege kein Ermittlungsergebnis zugrunde, wonach eine abstrakte aber auch konkrete Möglichkeit überhaupt bestanden habe, daß durch die relativ geringe Erhöhung der Aufschüttung - nämlich neun Meter über der bestehenden Mülldeponie von 406 m - zu einer Verletzung von geschützten Nachbarrechten geführt hätte. In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, daß lediglich unzumutbare Emissionen den Schutz des Gesetzes genössen, während alle zumutbaren Staub-, Lärm- und anderen Belästigungen im Hinblick auf die Örtlichkeit der gegenständlichen Mülldeponie schon durch die zitierten gewerberechtlichen Bewilligungsbescheide ihre Berücksichtigung gefunden hätten. Die Verwaltungsbehörden hätten im Sinne des Grundsatzes der Offizialmaxime nicht ermittelt, "inwieweit durch die gegenständliche Aufschüttung Immissionseinwirkungen auf die Nachbarregionen bereits durch den ursprünglichen Bewilligungsbescheid und durch die Bewilligung der Erweiterung der Müllanlage auf die mehrfach zitierten Müllphasen und Folgeflächen durch die Gewerbebehörde in gewissenhafter Weise geprüft und für zumutbar erachtet wurden - tatsächlich die Eignung einer Belästigung von Nachbarn durch Geruch, Rauch, Staub oder Erschütterungen (...) - zusätzlich zu den festgestellten zumutbaren Emissionen einer Mülldeponie vorliege". Um die primär geltend gemachte Geringfügigkeit einer Mehraufschüttung zutreffend beurteilen zu können, hätte es einer Begehung der Örtlichkeit bedurft. Ebenso hätten durch einen Lokalaugenschein die örtlichen und allenfalls auch witterungsbedingten Verhältnisse in dem Sinn abgeklärt werden müssen, ob das vorübergehend stufenweise bis auf neun Meter angehobene Müllniveau - im Widerspruch zu den früher erteilten gewerberechtlichen Genehmigungen und der Feststellung von durchaus zumutbaren Immissionen - tatsächlich die Eignung "ausgewiesen" habe, nachbarrechtliche Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 zu verletzen. Ermittlungen durch die Behörde erster und zweiter Instanz an Ort und Stelle hätten
- gegebenenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen - das Gegenteil bewiesen. Wie dem gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zu entnehmen sei, habe der Beschwerdeführer die für die Verzögerung der Inbetriebnahme der Folgeflächen verantwortlichen Firmen bekanntgegeben. Er habe sich - von Beginn an - dahingehend gerechtfertigt, er sei durch das Fremdverschulden der von ihm genannten Firmen für die Bodenabdichtung und Rohrverlegung an der zeitgerechten Inbetriebnahme der Deponieflächen verhindert gewesen. Seinem ausdrücklichen Ersuchen um amtswegige Erhebungen direkt bei den genannten Firmen - unter Vorlage der Auftrags-, Korrespondenz- und Prüfungsunterlagen - sei von der belangten Behörde nicht entsprochen worden. Dies, obgleich § 25 VStG ausdrücklich normiere, daß die der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände gleichermaßen zu berücksichtigen seien. Im Sinne dieser Gesetzesstelle sei von ihm durch die vorstehende Antragstellung - mit konkreten Behauptungen und Beweisen - zur Ermittlung des Sachverhalts entsprechend beigetragen worden. Von seiten der belangten Behörde liege sohin eine Nichterledigung von Beweismitteln vor, ein Verfahrensmangel, der eine Behebung des angefochtenen Bescheides rechtfertige. Die Rechtsmeinung, daß nach den Ergebnissen des Verfahrens der Betrieb einer geänderten Anlage im Hinblick auf die Wahrung nachbarrechtlicher Interessen vorliege, sei auch trotz Bescheidhinweisen auf die von der Bürgerinitiative erstatteten Anzeigen unzutreffend. Die Formulierung in der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides, daß "im Verfahrensakt Anzeigen von Bürgerinitiativen vorhanden seien", dokumentiere keinesfalls die Möglichkeit einer nachbarrechtlichen Belästigung durch die geringfügige Müllaufschüttung. Vielmehr sei zu berücksichtigen, daß - wie bekanntlich auch in anderen örtlichen Bereichen des In- und Auslandes - die Bevölkerung sich generell gegen die Errichtung von Abfalldeponien wende, jedenfalls ergebe sich aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht, daß die im Verwaltungsakt vorhandenen Bürgeranzeigen wegen der kurzfristigen Überhöhung des Anlagenniveaus erstattet worden seien. Zu Unrecht habe ferner die belangte Behörde nicht die Geringfügigkeit der Aufschüttung
- und sohin Entlastung von einer Genehmigungspflicht - angenommen. Bereits in seinem Schriftsatz vom 8. Jänner 1991 ("schriftliche Rechtfertigung") sei ausgeführt worden, daß die im Auflagepunkt 37 mit einer Höhenkote von ca. 406 m festgesetzte Schütthöhe im Jänner 1990 erreicht gewesen sei und wegen der Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der neuen Teilfläche eine Höhe von 409 m erreicht, sowie durch Abtragungsarbeiten auf anderen Teilflächen in weiterer Folge eine Höhenkote von nur 408 m und kurz darauf die vorgeschriebenen 406 m erreicht worden seien. Ebenso sei die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte Notstandssituation durch das Verschulden der Fremdfirmen im Zusammenhang mit witterungsbedingten Hemmnissen - abgesehen von den geltend gemachten Verfahrensmängeln - unrichtig beurteilt und den andrängenden Entsorgungsverpflichtungen als Schuld- bzw. Strafausschließungsgrund nicht Rechnung getragen worden. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei insofern verfehlt, als in der vorliegenden Notstandssituation eine mögliche wirtschaftliche Schädigung der K GmbH erblickt werde, welche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof nicht ausreiche. Vielmehr ergebe sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Einstellung der Müllabfuhr mehrere Bezirke des Bundeslandes Oberösterreich mit einem Einzugsgebiet von 200.000 Einwohnern betroffen hätte, in diesen Gebieten keine Ersatzdeponie existiere und sich namhafte Mehrkosten durch eine notwendige Verlagerung in umliegende Gebiete ergeben hätten. Dies jedoch nicht für die K GmbH, sondern für die betroffenen Gemeinden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wären diese geltend gemachten Umstände zu berücksichtigen und als Schuldausschließungsgrund zu beurteilen gewesen, umsomehr als es sich um ein einmaliges und durch eine Mehrheit von widrigen Umständen verursachtes Abweichen von der gewerbebehördlichen Genehmigung handle. Nicht zuletzt sei die belangte Behörde in der Frage der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 VStG von einer unrichtigen Annahme der Tatzeit ausgegangen. Der angefochtene Bescheid lasse jede Begründung vermissen, weshalb sich die dem Verfahren zugrundeliegende Tatzeit "bis zum 6. Dezember 1990 erstrecken" solle. Vielmehr sei vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 8. Jänner 1991 der belangten Behörde bekanntgegeben worden, daß nach ursprünglich begonnenen Abtragungsarbeiten auf andere Teilflächen stufenweise schon in Kürze die vorgeschriebene Höhenkote von 406 m ü.A. erreicht worden sei. Dies in dem begreiflichen Bemühen der K GmbH, nach Erhalt der (ersten) Aufforderung zur Rechtfertigung durch die Bezirkshauptmannschaft am 5. März 1990 - damals zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 (Nichteinhaltung von Auflagen) - die bescheidmäßig festgestellte Höhenkote so schnell wie möglich wieder zu erreichen. Entgegen der schriftlichen Rechtfertigung, daß der auflagenwidrige Zustand sinngemäß schon kurz nach dem 5. März 1990 wieder beseitigt worden sei, habe die belangte Behörde das Ende der Tatzeit mit 6. Dezember 1990 festgestellt. Dies obwohl vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers über Aufforderung der belangten Behörde die schriftliche Mitteilung vom 7. Dezember erstattet worden sei, daß in der Zwischenzeit die Aufschüttung auf den konsensmäßigen Zustand rückgeführt worden sei, expressis verbis aber nicht erst am 6. Dezember 1990. Wenn auch durch die Bezirkshauptmannschaft zum verfahrensgegenständlichen Tatbestand nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 eine neuerliche Aufforderung zur Rechtfertigung mit entsprechender Eile verfügt worden sei, sei zu diesem Zeitpunkt der Ablauf der Verjährungsfrist des § 31 VStG bereits eingetreten gewesen, weil die K GmbH schon seit März 1990 stufenweise - jedenfalls bis 5. September 1990 und nicht erst im Dezember 1990 - die Aufschüttung wieder beseitigt habe. Da § 32 Abs. 2 VStG expressis verbis normiere, daß eine taugliche Verfolgungshandlung nicht nur gegen eine individuell bestimmte Person, sondernwegen eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes zu erfolgen habe, und zwar unter Vorhalt aller Sachverhaltselemente, habe die damals irrtümliche Konkretisierung der vorgeworfenen Tathandlung mit § 367 Z. 26 GewO 1973 nicht mehr saniert werden können, nachdem die im Sinne des Tatbestandes nach "§ 366 Abs. 1 Z. 4 u.a. Gewerbeordnung 1973" erste Verfolgungshandlung (neuerliche Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Dezember 1990) bereits außerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist gemäß § 31 VStG gelegen sei.
Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, die Einstellung der Müllabfuhr hätte mehrere Bezirke des Bundeslandes Oberösterreich mit einem Einzugsgebiet von 200.000 Einwohnern betroffen und es hätten sich, zumal in diesen Gebieten keine Ersatzdeponie existiere, namhafte Mehrkosten für eine notwendige Verlagerung in umliegende Gebiete ergeben, sodaß Notstand im Sinne des § 6 VStG gegeben sei, ist festzuhalten, daß in der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG nicht gesehen werden kann. Wirtschaftliche Nachteile können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann Notstand im Sinne des § 6 VStG begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1987, Zl. 86/17/0016). Es kann daher der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen einer Notstandssituation verneinte.
Im übrigen ist zur Frage der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage darauf hinzuweisen, daß es zur Beurteilung derselben nicht darauf ankommt, ob von dieser tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 3, 4 und 5 GewO 1973 nicht auszuschließen sind. Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (siehe hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 91/04/0248).
Die Beschwerde erweist sich aber auf Grund nachstehender Erwägungen als begründet:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 23/1993) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Im Grunde des § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umbschriebenen Interessen erforderlich ist.
Zufolge § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. dürfen behördliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.
Gemäß § 44 a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und ZEIT) unverwechselbar feststeht (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1992, Zl. 90/04/0157 und Zl. 90/04/0158).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, ziehen Widersprüche zwischen dem Spruch einer in einer Verwaltungsstrafsache ergangenen Berufungsentscheidung und ihrer Begründung (z.B. über konkrete Tatumstände wie Tatort oder TATZEIT) die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides nach sich (vgl. auch dazu die hg. Erkenntnisse vom 10. Juni 1992, Zl. 90/04/0157 und 90/04/0158 und die dort zitierte hg. Vordjudikatur).
Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird als Zeitraum der Tatbegehung der Zeitraum vom 6. Februar 1990 bis 12. Dezember 1990 genannt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird aber ausgeführt, "die dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegende Tatzeit erstreckt sich bis zum 6. DEZEMBER 1990".
Spruch und Begründung erhalten daher in der Frage der Tatzeit einen Widerspruch. Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Abgesehen davon wird im angefochtenen Bescheid nicht in nachprüfbarer Weise begründet (§ 60 AVG), WESHALB die belangte Behörde davon ausging, daß die in Frage stehende Tat (erst) mit dem 12. bzw. dem 6. Dezember 1990 beendet worden sei. In diesem Zusammenhang fehlen auch entsprechende - auf ein ausreichendes Ermittlungsverfahren gestützte - Feststellungen. Die Erörterung des Einwandes des Beschwerdeführers, es liege Verjährung vor, muß unter diesen Umständen dahingestellt bleiben; die Prüfung der Frage, ob Verjährung eingetreten ist, setzt nämlich eine Klärung voraus, wann die Tathandlung beendet war. Gerade das und eine ausreichende Begründung dafür läßt der angefochtene Bescheid vermissen.
Weiters ist noch auf folgendes hinzuweisen:
Wie in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ausgeführt wird, habe die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck "die im Spruch dargelegte rechtswidrige Handlung bereits im Straferkenntnis vom 7.6.1990 dem Übertretungstatbestand des § 367 Ziff. 26 GewO 1973 zugrundegelegt". Dieses Straferkenntnis sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. November 1990 behoben worden, weil die Nichteinhaltung dieses genehmigten Projektes nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 zu ahnden sei. Damit steht in Übereinstimmung, wenn es in der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt, es sei im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer "keine Auflagenverletzung begangen habe".
Wenn man aber davon ausgeht, daß mit dem genannten Bescheid vom 19. November 1990 "das gegenständliche Strafverfahren" (also hinsichtlich des Tatzeitraumes "zumindest ... vom 6.2.1990 bis zuletzt am 5.3.1990") eingestellt wurde, hätte die Behörde ausgehend von ihrer in diesem Zusammenhang erfolgten Erörterung im angefochtenen Bescheid die Rechtslage verkannt, weil die Einstellung eines Verfahrens zur Folge hat, daß eine Bestrafung wegen derselben Tathandlung unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt, und deshalb inhaltlich rechtswidrig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0136).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nichterforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.
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