VwGH 91/07/0009

VwGH91/07/000922.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 8. März 1990, Zl. VIb-171/41-1988, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs1;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §6;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs3;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §41;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs1;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §6;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs3;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §41;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Vorgeschichte auf die Sachverhaltsdarstellung in den Entscheidungsgründen des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 1989, Zl. 88/07/0096, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis war der Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 1988, mit dem gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 38 WRG 1959 im Instanzenzug eine Geldstrafe im Ausmaß von S 3.000,-- verhängt worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden, weil die vom Beschwerdeführer vorgenommene Verrohrung eines Fließgewässers nicht der angeführten Gesetzesstelle, sondern § 41 WRG 1959 zu unterstellen sei.

In den Entscheidungsgründen des weiteren hg. Erkenntnisses vom 12. Dezember 1989, Zl. 88/07/0010, wurde betreffend das für die angeführte Verrohrung durchgeführte wasserrechtliche Bewilligungsverfahren hinsichtlich der gemäß § 41 WRG 1959 gegebenen Bewilligungspflicht davon ausgegangen, daß das verrohrte Gerinne im erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid als öffentliches Gewässer bezeichnet worden sei und daß auch für den Fall des Vorliegens eines Privatgewässers die wasserrechtliche Bewilligungspflicht gemäß § 41 Abs. 2 WRG 1959 gegeben sei, weil durch die Verrohrungsmaßnahmen auf fremde Rechte - auf Straßengrund und auf eine bewilligte Wassernutzung - eine Einwirkung entstehen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. März 1990 bestätigte die belangte Behörde das zugrundeliegende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit der Maßgabe, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte, ohne Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommene teilweise "Verrohrung eines offenen Gewässers" als Übertretung nach § 41 WRG 1959 gewertet und deshalb der Beschwerdeführer gemäß § 137 Abs. 1 in Verbindung mit § 41 WRG 1959 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (sechs Tage Ersatzarreststrafe) bestraft wurde. Zur Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, daß der Beschwerdeführer selbst die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Verrohrung beantragt habe und daß im Zuge des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens keine Zweifel über die Bewilligungspflichtigkeit des Vorhabens aufgetreten seien. Gemäß dem angeführten hg. Erkenntnis stelle die Verrohrung einen Schutz- und Regulierungswasserbau dar. Für solche Bauten in öffentlichen Gewässern müsse vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden. Eine solche sei aber im Zeitpunkt der Ausführung nicht vorgelegen. Zu der auf Grund des angeführten hg. Erkenntnisses erforderlichen Umstellung der übertretenen Gesetzesstelle sei die belangte Behörde berechtigt und verpflichtet gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 26. November 1990, B 1080/90, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist hinsichtlich der Zustellung des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, daß - wie dies von keiner der Verfahrensparteien bestritten wurde und wie auch Gegenteiliges den Verwaltungsakten nicht entnommen werden kann - dieser Bescheid dem Beschwerdeführer erst am 31. Juli 1990 (durch direkte Übergabe bei der Behörde) rechtswirksam zugestellt wurde. Dies hat zur Folge, daß die Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits in den zeitlichen Geltungsbereich der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 fällt. Da jedoch gemäß § 1 Abs. 2 VStG sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet - es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre -, kommt dieser Änderung der Rechtslage für den Beschwerdefall keine Bedeutung zu.

Die belangte Behörde war nach Aufhebung des ersten in der Angelegenheit im Instanzenzug ergangenen Straferkenntnisses durch das angeführte hg. Vorerkenntnis vom 19. Dezember 1989 gemäß § 63 Abs. 1 VwGG an die in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gekommene Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden. Dieser Rechtsanschauung zufolge war die gegenständliche Verrohrung nach § 41 leg. cit. zu beurteilen.

Soweit der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darauf zu gründen versucht, daß die Bestrafung und die Höhe der Strafe ungerechtfertigt seien, weil die Verrohrung wasserrechtlich bewilligt worden sei, ist er auf die dieses bereits im ersten verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Vorbringen behandelnde Begründung des zitierten hg. Vorerkenntnisses vom 19. Dezember 1989 zu verweisen, derzufolge Auflagen eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides nicht von der Bewilligung getrennt werden können, sodaß infolge Bekämpfung der Auflagen des dem Beschwerdeführer erteilten Bewilligungsbescheides die gesamte Bewilligung als bekämpft und damit als nicht rechtskräftig anzusehen war, weshalb es der bereits vor Rechtskraft einer wasserrechtlichen Bewilligung verwirklichten Verrohrung jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Errichtung an einer rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligung mangelte. Ebenso wurde in dem angeführten hg. Erkenntnis bereits der Vorwurf der unrichtigen Anwendung der Verjährungsbestimmungen - was die Frage des angenommenen Tatzeitpunktes anbelangt - als unberechtigt beurteilt.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die belangte Behörde sei für die Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen, weil der für die Aufhebung ihres Bescheides vom 29. März 1988 bestimmende Subsumptionsirrtum auch den erstinstanzlichen Bescheid belastet und die hg. Aufhebung auch den erstinstanzlichen Bescheid betroffen habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach dem eindeutigen Wortlaut des zuletzt angeführten hg. Erkenntnisses lediglich der Bescheid der belangten Behörde, nicht aber auch der diesem zugrunde liegende erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wurde. Damit ist das damalige Verwaltungsverfahren gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurückgetreten, in der es sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. In dem somit wieder bei ihr anhängigen Berufungsverfahren war die belangte Behörde aber, da sie dem Beschwerdeführer keinen anderen Sachverhalt zur Last gelegt hat, berechtigt, die verletzte Verwaltungsvorschrift - auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist - zu berichtigen (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 943, zitierte Judikatur). Da die belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, war sie auch nicht verpflichtet, die somit nicht vorhandenen Ergebnisse eines solchen dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen. Die von ihr beabsichtigte rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes mußte die belangte Behörde nicht dem Parteiengehör unterziehen (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 235, zu dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 37 AVG zitierte Judikatur).

Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift ist das wegen des selben Sachverhaltes gegen S. H. anhängig gewesenene Verwaltungsstrafverfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt worden. Damit kann aber entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in dem Umstand, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn fortgesetzt und eine Strafe verhängt wurde, eine - im übrigen vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machende - Willkür der belangten Behörde nicht erblickt werden. Ebensowenig kann aus dem im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheid bereits gegebenen Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Verrohrung der belangten Behörde der berechtigte Vorwurf gemacht werden, sie hätte von einer Bestrafung, die ja deshalb verhängt wurde, weil der Beschwerdeführer das Vorhaben vor Erlangung einer wasserrechtlich Bewilligung verwirklicht hatte, absehen müssen.

Auch mit seiner Argumentation, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht das Vorliegen einer Notstandssituation angenommen, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. So kann insbesondere der vom Beschwerdeführer hiefür ins Treffen geführte Umstand, eine geplante Bauführung wäre im Fall des Unterbleibens der Verrohrung verzögert und verteuert worden, für den Nachweis einer Notstandssituation nicht ausreichen (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 736 und 737, zitierte Judikatur).

Soweit der Beschwerdeführer in einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten ergänzenden Mitteilung die Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde dadurch zu begründen sucht, daß es sich bei der Verrohrung um keinen Schutz- und Regulierungswasserbau, sondern um "eine von der Gemeinde Z. als Trägerin des öffentlichen Gutes in Anspruch genommene Grunddienstbarkeit der Wasserableitung" handle, deren Beurteilung dem Bestand und Umfang nach in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehöre, ist ihm zu entgegnen, daß Gegenstand des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens nicht die Frage des Rechtsgrundes für das Bestehen des Gerinnes war, sondern die Frage, ob für die errichtete Anlage die erforderliche wasserrechtlich Bewilligung rechtzeitig eingeholt worden war. Aus dem lediglich Aussagen zur Frage der Zuständigkeit für die Beurteilung des Bestandes und Umfanges von auf Privatrechtstiteln beruhenden Wasserbezugs- und Wasserleitungsdienstbarkeiten treffenden Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 7. Juni 1963, 1 Ob 86/63, SZ XXXVI/79, das der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführt hat, ist daher für die Frage der Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde hinsichtlich der Bewilligung von Schutz- und Regulierungswasserbauten nichts zu gewinnen.

Der Beschwerdeführer verkennt auch die Grundsätze des Verfahrens über Bescheidbeschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn er beantragt, in Stattgebung seiner Beschwerde das Strafverfahren einzustellen, "in eventu das Verfahren an die Behörde erster Instanz zurück(zu)verweisen" bzw. in eventu den angefochtenen Bescheid "dahin ab(zu)ändern, daß der Ausspruch über die Geldstrafe aufgehoben und von einem Strafausspruch abgesehen wird" bzw. "in eventu die Geldstrafe mit S 100,-- fest(zu)setzen". Dieses auf die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden beschränkte Verfahren läßt eine Entscheidung in der Sache selbst und somit auch eine Zurückverweisung an eine Verwaltungsbehörde nicht zu.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte