Normen
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs2;
AlVG 1977 §56 Abs3;
AlVG 1977 §59;
AVG §18 Abs4;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §48 Abs1 litd;
VwGG §49 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs2;
AlVG 1977 §56 Abs3;
AlVG 1977 §59;
AVG §18 Abs4;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §48 Abs1 litd;
VwGG §49 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er sich auf den Widerruf und die Rückforderung von Notstandshilfe bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog unter anderem in der Zeit vom 30. November 1984 bis 30. September 1986 Notstandshilfe, die auch Familienzuschläge für seine Ehegattin und seinen minderjährigen Sohn einschloß. In den der Gewährung zugrunde liegenden, an das zuständige Arbeitsamt für Versicherungsdienste Wien (im folgenden Arbeitsamt) gerichteten Anträgen führte er an, daß seine Ehegattin kein Einkommen beziehe. Daß sie ab 25. Oktober 1984 in einem Dienstverhältnis zur Firma B-Aktiengesellschaft (im folgenden B. AG) stand, gab er dem Arbeitsamt nicht bekannt. Am 15. Mai 1987 (nach der am 30. April 1987 erfolgten Beendigung eines von ihm am 1. Oktober 1986 begonnenen Dienstverhältnisses) beantragte er beim Arbeitsamt die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Im Zuge der Behandlung dieses Antrages brachte das Arbeitsamt in Erfahrung, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers in der Zeit vom 25. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1986 in einem Dienstverhältnis zur B. AG gestanden ist.
Daraufhin verpflichtete das Arbeitsamt den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29. Juli 1987 gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 13.142,-- (für den Zeitraum vom 30. November 1984 bis 30. September 1986) mit der Begründung, er habe dem Arbeitsamt nicht gemeldet, daß seine Ehegattin ab 25. Oktober 1984 in einem Dienstverhältnis gestanden sei.
Mit der "Mitteilung über den Leistungsanspruch" vom 29. Juli 1987 teilte das Arbeitsamt dem Beschwerdeführer mit, daß er vom 25. Mai 1987 bis voraussichtlich 6. August 1987 Anspruch auf Arbeitslosengeld von S 336,60 täglich habe.
Mit Schriftsatz vom 1. August 1987 erhob der Beschwerdeführer sowohl gegen den "Rückforderungsbescheid" als auch gegen die als "Leistungsbescheid" bezeichnete "Mitteilung über den Leistungsanspruch" Berufung. Sein Rechtsmittel gegen den "Rückforderungsbescheid" begründete er unter anderem damit, daß seine Ehegattin in der fraglichen Zeit nur stundenweise gearbeitet, unter der von ihm erfragten Grenze verdient habe und somit - auch im Hinblick auf ihre außerordentlichen Belastungen (Schulden und Anwalts- sowie Krankheitskosten) - als Nichtverdienerin gelte. Die Berufung gegen den "Leistungsbescheid" stützte er darauf, daß er bei richtiger Berechnung einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von täglich S 440,-- habe.
Im angefochtenen, "für den Leiter" des Landesarbeitsamtes Wien unterschriebenen Bescheid heißt es, es habe "das Landesarbeitsamt Wien durch seinen gemäß § 56 Abs. 3 in Verbindung mit § 59 (AlVG) zuständigen Unterausschuß des Verwaltungsausschusses mit Beschluß entschieden", daß der Berufung des Beschwerdeführers (gegen den "Rückforderungsbescheid") keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt und die Berufung gegen die "Mitteilung über den Leistungsanspruch" als unzulässig zurückgewiesen werde.
Der erstgenannte Ausspruch wurde nach Zitierung der angewendeten Bestimmungen des AlVG und der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 (NHV), wie folgt begründet:
Der Beschwerdeführer sei unter anderem in dem die Rückforderung betreffenden Zeitraum im Bezug der Notstandshilfe gestanden. Dabei habe er nicht nur den Grundbetrag der Leistung empfangen, sondern auch jeweils einen Familienzuschlag für seine Ehegattin und seinen Sohn erhalten, weil er in seinen jeweiligen Anträgen immer wieder angegeben habe, daß diese ohne Einkommen seien. Tatsächlich aber sei nachträglich festgestellt worden, daß seine Ehegattin vom 25. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1986 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur B. AG gestanden sei und daraus ein in seiner Höhe nicht gleichbleibendes Einkommen bezogen habe, das auf seine Notstandshilfe anzurechnen sei. Außerdem bestehe für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses seiner Ehegattin kein Anspruch auf einen Familienzuschlag für sie. Der auf Grund dieser Einkommensanrechnung (einschließlich nicht gebührenden Familienzuschlages) entstehende ungerechtfertigt empfangene Differenzbetrag der Notstandshilfe sei daher vom Arbeitsamt nicht nur zu widerrrufen, sondern auf Grund der durch den Beschwerdeführer nicht erfolgten Meldung der Aufnahme des Dienstverhältnisses seiner Ehegattin auch zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen. Dagegen habe er Berufung mit der Einwendung eingebracht, seine Ehegattin habe im relevanten Zeitraum nur stundenweise gearbeitet und unter der von ihm erfragten Grenze (darunter scheine er die Auskunft über die Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des § 12 AlVG in Verbindung mit § 5 ASVG zu verstehen) verdient. Im Rahmen des Berufungsverfahrens habe das tatsächliche Einkommen seiner Ehegattin aus dem genannten Dienstverhältnis auf Grund vorliegender Lohnbestätigungen festgestellt werden können, wobei phasenweise trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenze ein auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers anzurechnendes Einkommen vorliege. Dieses anzurechnende Einkommen bzw. die darauf entfallende Leistungsdifferenz und der nichtgebührende Familienzuschlag für seine Ehegattin sei deshalb nach Auffassung des zuständigen Ausschusses des Landesarbeitsamtes Wien zu widerrufen gewesen. Er sei aber auch gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen, weil der Beschwerdeführer, wie seinen Berufungsausführungen zu entnehmen sei, den tatsächlichen Beginn der Aufnahme eines Dienstverhältnisses durch seine Ehegattin dem Arbeitsamt nicht gemeldet habe. Überdies habe er in seinen Anträgen, die er im relevanten Zeitraum gestellt habe, seine Ehegattin immer "ohne jedes Einkommen beziehend bezeichnet" und daher auch unwahre Angaben gemacht.
Seine Berufung gegen die als "Leistungsbescheid" titulierte Mitteilung sei insofern als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil sich Berufungen nur gegen Bescheide richten könnten, die genannte Mitteilung aber keinen solchen darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Das Landesarbeitsamt Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 3. Juli 1990, Zl. A 85/90, gemäß Art. 140 Abs. 1 und 4 B-VG sowie Art. 139 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 und 3 B-VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge gestellt, I. festzustellen,
1. daß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG in der Fassung des Stammgesetzes, BGBl. Nr. 609/1977 verfassungswidrig war, 2. daß die Absätze 1 und 3 des § 6 NHV in der Fassung BGBl. Nr. 352/1973 gesetzwidrig waren, II. Abs. 4 des § 6 NHV in der genannten Fassung als gesetzwidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, G 179/90 u.a., die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst - unter Hinweis auf § 18 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 Abs. 3 AVG -, daß dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, welche Personen konkret dem gemäß § 56 Abs. 3 in Verbindung mit § 59 AlVG zur Entscheidung berufenen Unterausschuß des zuständigen Verwaltungsausschusses angehörten und über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden hätten. Der Spruch deute zwar auf eine kollegiale Beschlußfassung hin, die Zeichnung des Bescheides "für den Leiter" spreche hingegen für eine monokratische Erledigung. Der Beschwerdeführer habe ein Recht auf gesetzeskonforme Erledigung seiner Berufung, was aus dem Bescheid in der vorliegenden Form keineswegs mit der erforderlichen Sicherheit überprüfbar sei. Damit sei den Erfordernissen der §§ 18 Abs. 4 und 58 Abs. 3 AVG sowie des § 56 Abs. 3 in Verbindung mit § 59 AlVG nicht Genüge getan, weshalb der Bescheid schon aus diesem Grund aufzuheben sein werde.
Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 (des im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anwendbaren) AVG 1950 muß jeder schriftlich ausgefertigte Bescheid die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. Ist die Behörde eine Kollegialbehörde, so ist dem erstgenannten Erfordernis (Bezeichnung der Behörde) durch ihre Bezeichnung im Bescheid Rechnung getragen; der Anführung der Mitglieder der Kollegialbehörde bedarf es mangels einer ensprechenden Rechtsgrundlage nicht (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0047).
Im angefochtenen Bescheid ist ausdrücklich als die Behörde, die über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden hat, der gemäß § 56 Abs. 3 in Verbindung mit § 59 AlVG zuständige Unterausschuß des Verwaltungsausschusses des Landesarbeitsamtes Wien genannt. Daß auch tatsächlich der (nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Bestimmung des § 56 Abs. 3 in Verbindung mit § 59 AlVG zur Entscheidung berufene) Unterausschuß des Verwaltungsausschusses des Landesarbeitsamtes Wien entschieden hat, ergibt sich aus der Aktenlage. Die "Zeichnung des Bescheides für den Leiter" spricht - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht "für eine monokratische Erledigung" (im Sinne einer Entscheidung über die Berufung durch den Leiter des Landesarbeitsamtes Wien), sondern bringt nur zum Ausdruck, daß es sich um einen vom Leiter des Landesarbeitsamtes Wien mitgeteilten ("intimierten") Bescheid handelt, ändert aber nichts daran, daß er dem den behördlichen Willen bildenden Kollegialorgan "Unterausschuß" zuzurechnen ist (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1985, Zl. 84/08/0044, und vom 8. Oktober 1982, Zl. 82/08/0043, Slg. Nr. 10.846/A). Deshalb widerspricht diese "Zeichnung des Bescheides" auch nicht der drittgenannten Voraussetzung des § 18 Abs. 4 erster Satz AVG 1950 ("Unterschrift dessen ..., der die Erledigung genehmigt hat"), weil bei Intimationsbescheiden vom Intimierenden mit der Unterfertigung nur beurkundet wird, daß das zur Entscheidung berufene Organ die ausgefertigte Erledigung getroffen hat (vgl. Ringhofer in MGA 5/I-AVG, § 18, Anm. 12). Daß aus dem angefochtenen Bescheid selbst nicht "mit der erforderlichen Sicherheit überprüfbar ist", ob die Berufung (in diesem Zusammenhang) gesetzeskonform erledigt wurde (nämlich durch den zur Entscheidung berufenen Unterausschuß des zuständigen Verwaltungsausschusses des Landesarbeitsamtes Wien), stellt nach den obigen Darlegungen keine Rechtswidrigkeit des Bescheides dar. Der Beschwerdeführer wurde dadurch auch nicht in seinen Parteirechten verkürzt. Denn als Partei des Verfahrens hatte er ja einen (von ihm allerdings geltend zu machenden) Anspruch auf Bekanntgabe der Mitglieder der über seine Berufung entscheidenden belangten Behörde und es stand ihm dementsprechend die Möglichkeit offen, allfällige in diesem Zusammenhang wahrgenommene Mängel konkret darzulegen (vgl. auch dazu das schon zitierte Erkenntnis vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0047). Von Amts wegen aufzugreifende Bedenken in dieser Richtung bestehen auf Grund der Aktenlage ebenfalls nicht.
2. Soweit der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 56 Abs. 3 AlVG aufzeigt, ist er darauf zu verweisen, daß diese Bestimmung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juli 1991, G 295/90 u.a., mit Ablauf des 31. Mai 1992 als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Diese Bestimmung ist daher gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG im Beschwerdefall, der kein Anlaßfall ist, mangels eines anderslautenden Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis - ungeachtet der festgestellten Verfassungswidrigkeit - weiterhin anzuwenden.
3. Mit dem oben erstgenannten Ausspruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde durch die Bestätigung des davon betroffenen Bescheides des Arbeitsamtes von der im Zeitraum vom 30. November 1984 bis 30. September 1986 vom Beschwerdeführer bezogenen Notstandshilfe einschließlich der Familienzuschläge für seine Ehegattin (nicht auch jener für seinen minderjährigen Sohn) gemäß § 38 in Verbindung mit den §§ 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 AlVG einen Differenzbetrag von
S 13.142,-- widerrufen und zurückgefordert; ersteres mit der Begründung, daß einerseits die Ehegattin des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum ein die jeweiligen Freigrenzen des § 6 Abs. 3 NHV übersteigenes Einkommen bezogen habe und andererseits zufolge ihres aufrechten Dienstverhältnisses, aus dem sie dieses Einkommen bezogen habe, kein Anspruch auf Familienzuschläge für sie im relevanten Zeitraum bestanden habe.
Dagegen wendet der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ein, daß die belangte Behörde erstens gegen die ihr nach § 60 AVG obliegende Begründungspflicht verstoßen habe. Um nämlich die bescheidmäßig auferlegte Rückforderung ihrer Höhe nach einer Überprüfung zugänglich zu machen, wäre es notwendig gewesen, jene Zeiträume exakt darzustellen, in welchen ihrer Auffassung nach jeweils ein anzurechnendes Einkommen seiner Ehegattin vorgelegen sei (die belangte Behörde spreche ja davon, daß nur "phasenweise trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenze ein auf die Notstandshilfe anzurechnendes Einkommen vorliege"), und weiters darzulegen, um welchen zuviel ausbezahlten Betrag es sich (unter Berücksichtung der für die Jahre 1984 bis 1986 geltenden Freigrenzen, die die belangte Behörde allerdings im angefochtenen Bescheid überdies teils unvollständig, teils unrichtig anführe) in den betreffenden Zeiträumen jeweils handle. Überdies habe sich die belangte Behörde nicht mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, wonach seine Ehegattin - auch im Hinblick auf ihre außerordentlichen Belastungen (Schulden und Krankheitskosten) - unter dem Blickwinkel des § 6 Abs. 4 NHV als Nichtverdienerin gelte, auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde zweitens auch gegen die Bestimmungen der §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG insofern verstoßen, als sie den angefochtenen Bescheid zwar auf Lohnbestätigungen über das Einkommen seiner Ehegattin gestützt, diese Bestätigungen aber dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht und ihm dadurch die Möglichkeit genommen habe, dazu unter dem Gesichtspunkt des § 6 Abs. 4 NHV Stellung zu nehmen. Hätte sie dies getan, so hätte der Beschwerdeführer näher darlegen und unter Beweis stellen können, daß seine Ehegattin im relevanten Zeitraum außerordentlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei; dies mit der Konsequenz, daß von der höheren Freigrenze des § 6 Abs. 4 NHV auszugehen gewesen wäre.
Diese Einwände sind im Ergebnis berechtigt.
Die auf § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG gestützte Rückforderung setzt die Rechtmäßigkeit des erfolgten Widerrufs (bzw. der rückwirkenden Berichtigung der Bemessung) voraus. Daher ist zunächst zu prüfen, ob der Widerruf (bzw. die rückwirkende Berichtigung der Bemessung), den die belangte Behörde einerseits auf nicht gebührende Familienzuschläge für die Ehegattin des Beschwerdeführers nach § 20 Abs. 2 AlVG und andererseits auf einen gegenüber der Gewährung geringeren Anspruch auf Notstandshilfe wegen eines nach § 6 Abs. 3 NHV anzurechnenden Einkommens seiner Ehegattin stützt (auf § 6 Abs. 4 NHV nimmt die belangte Behörde nicht Bedacht), bei Anwendung der diesbezüglichen, im Rückforderungszeitraum in Geltung gestandenen Bestimmungen (vgl. zur anzuwendenden Rechtslage u.a. die Erkenntnisse vom 21. November 1989, Zl. 88/08/0287, und vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0167) rechtmäßig ist.
Nach § 38 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 AlVG in der Stammfassung sind Familienzuschläge unter anderem für Ehegatten und Kinder (zuschlagsberechtigte Personen) zu gewähren, wenn der Arbeitslose zum Unterhalt dieser Personen tatsächlich wesentlich beiträgt. Der Familienzuschlag gebührt nicht, wenn den zuschlagsberechtigten Personen zugemutet werden kann, den Aufwand für einen angemessenen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere durch eigene Arbeit, zu bestreiten. Der Familienzuschlag betrug für jede zuschlagsberechtigte Person täglich S 16,60 im Jahre 1984, S 17,10 im Jahre 1985 und 17,80 im Jahre 1986.
Die für die allfällige Anrechnung des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers - sachverhaltsbezogen - relevanten Bestimmungen des § 6 NHV in der im Rückforderungszeitraum noch geltenden Stammfassung BGBl. Nr. 352/1973 lauten:
"(1) Bei Heranziehung des Einkommens von Angehörigen des Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Angehörigen und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.
...
(3) Die Freigrenze beträgt (3.812 S für 1984, 3.938 S für 1985, 4.099 S für 1986) pro Monat für den das Einkommen beziehenden Angehörigen. Dazu kommt ein Betrag von (1.017 S für 1984, 1.051 S für 1985, 1094 S für 1986) pro Monat für jede Person, die der Angehörige auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht überwiegend erhält, wenn für sie Familienbeihilfe gewährt wird; für Personen, für die der Angehörige keine Familienbeihilfe erhält, erhöht sich dieser Betrag auf (1641 S für 1984, 1695 S für 1985, 1764 S für 1986) pro Monat ...
(4) In berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit in der Familie, Aufwendungen aus Anlaß einer Schwangerschaft oder einer Niederkunft, Aufwendungen aus Anlaß von Todesfällen in der Familie, Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die aus Anlaß der Gründung eines Hausstandes oder zur Beschaffung einer Wohnung aufgenommen worden sind, besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens, können die im Abs. 3 angeführten Einkommensgrenzen bis zu 50 v.H. erhöht werden.
(5) Für die Anrechnung ist jener Betrag des Einkommens heranzuziehen, der sich nach Abzug von Steuern und sozialen Abgaben ergibt ..."
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der erstgenannte Ausspruch des angefochtenen Bescheides zwar nicht schon deshalb allein mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet, weil die belangte Behörde in der Bescheidbegründung die eben genannten Schillingbeträge teils nur unvollständig, teils unrichtig wiedergegeben hat. Dem käme nämlich dann keine Bedeutung zu, wenn die belangte Behörde den widerrufenen und rückgeforderten Differenzbetrag - den anzuwendenden Bestimmungen entsprechend und in der Bescheidbegründung nachprüfbar - errechnet hätte. Da letzteres aber nicht der Fall ist, kann ersteres nicht abschließend beurteilt werden und kann in der teils unvollständigen, teils unrichtigen Wiedergabe von anzuwendenden Vorschriften auch ein relevanter Verfahrensmangel liegen.
Der Bescheidbegründung läßt sich nämlich weder entnehmen, wie hoch der vom Beschwerdeführer im relevanten Zeitraum insgesamt bezogene Betrag an Notstandshilfe einschließlich der Familienzuschläge für seine Ehegattin war, noch wurde festgestellt, welches Einkommen seine Ehegattin in diesem Zeitraum erstens insgesamt ins Verdienen gebracht hat und zweitens welcher Teil davon von der belangten Behörde nach § 6 NHV angerechnet wurde. Mangels dieser Feststellungen kann aber - ausgehend von der Bescheidbegründung - schon unter Ausklammerung einer allenfalls gebotenen Anwendung des § 6 Abs. 4 NHV nicht überprüft werden und ob der widerrufene und rückgeforderte Differenzbetrag entsprechend den anzuwendenden, oben wiedergegebenen Vorschriften richtig errechnet wurde und ob die belangte Behörde der Berechnung unrichtige oder zwar geltende, aber rechtsirrig angewendete Bestimmungen zugrunde gelegt hat. Das bedarf hinsichtlich des nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 NHV "phasenweise trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenze" (unklar, ob nur der des § 6 Abs. 3 erster Satz oder der erhöhten nach § 6 Abs. 3 zweiter Satz NHV) angerechneten Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers keiner näheren Erörterung. Solcher Feststellungen hätte es aber - vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung zu den individuellen Verhältnissen des Zuschlagsberechtigten als Maßstab (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0167, und vom 25. Februar 1988, Zl. 87/08/0291) - auch hinsichtlich der widerrufenen und rückgeforderten Familienzuschläge für die Ehegattin des Beschwerdeführers (deren Höhe im übrigen gar nicht festgestellt wurde, die aber - sollten sie dem Gesetz nach gewährt worden sein - entsprechend den oben wiedergebenen Schillingbeträgen jedenfalls nicht die Höhe des gesamten Differenzbetrages erreicht haben) bedurft.
Entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretenen Aufassung war sie der diesbezüglichen Begründungspflicht nach den §§ 60, 67 AVG nicht deshalb enthoben, weil der Beschwerdeführer, wie sie meint, die Höhe des Rückforderungsbetrages nicht bestritten habe. Denn da der Beschwerdeführer in seiner Berufung in Reaktion auf den erstinstanzlichen Bescheid, in dem der Widerruf (bzw. die rückwirkende Berichtigung) und die Rückforderung des genannten Differenzbetrages zwar mit dem Bestehen eines Dienstverhältnisses der Ehegattin des Beschwerdeführers begründet, dieser Betrag aber nicht aufgeschlüsselt wurde, die Entscheidung schon dem Grunde nach deshalb bekämpft hat, weil seine Ehegattin aus näher angeführten, oben wiedergegebenen Gründen "als Nichtverdienerin" gelte, durfte die belangte Behörde schon wegen des inneren Zusammenhanges zwischen der Höhe des Differenzbetrages und den Berufungseinwendungen nicht davon ausgehen, der Beschwerdeführer stelle die Höhe des Differenzbetrages selbst nicht in Abrede.
Die belangte Behörde hat - in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - aber auch insofern den ihr nach den §§ 37, 39 Abs. 2, 45 Abs. 3 AVG obliegenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen zuwider gehandelt, als sie dem Beschwerdeführer nicht die Lohnbestätigungen über das Einkommen seiner Ehegattin übermittelt, ihm keine Gelegenheit gegeben hat, dazu Stellung zu nehmen, und ihn nicht aufgefordert hat, seine Berufungsbehauptung, seine Ehegattin weise "außerordentliche Belastungen" (Schulden und Anwaltssowie Krankheitskosten) auf, die sie als Nichtverdienerin erscheinen ließen, entsprechend der ihn treffenden Mitwirkungspflicht ziffernmäßig zu präzisieren und unter Beweis zu stellen. Von diesen Verpflichtungen war die belangte Behörde nicht deshalb befreit, weil, wie sie in der Gegenschrift meint, der Beschwerdeführer "nachweislich zur persönlichen Vorsprache eingeladen" worden sei, er dieser Vorladung aber nicht entsprochen habe. Denn einerseits wurde in dieser Ladung nach der Aktenlage als Gegenstand nur "Ihre Berufung gegen den Rückforderungsbescheid" und nicht etwa das im konkreten Zusammenhang beachtliche Thema (Einsicht in die Lohnbestätigungen über das Einkommen der Ehegattin und Stellungnahme dazu sowie Präzisierung der Berufungsbehauptungen zu den außerordentlichen Belastungen) angeführt oder zumindest auf zusätzliche Beweisergebnisse des Berufungsverfahrens hingewiesen; andererseits ist auf Grund der Verwaltungsakten (insbesondere nach dem Aktenvermerk vom 22. Juni 1988) auch nicht erwiesen, daß der Beschwerdeführer der Ladung ohne wichtigen Grund keine Folge geleistet hat. Da die belangte Behörde den Beschwerdeführer nach der Aktenlage auch nicht aufforderte, sein diesbezügliches Berufungsvorbringen ziffernmäßig zu präzisieren und unter Beweis zu stellen, ist angesichts des Berufungsvorbringens, in dem der Beschwerdeführer das Vorliegen außerordentlicher Belastungen behauptete und ohne einen ensprechenden Auftrag der belangten Behörde keinen Grund dafür sehen mußte, dieses Vorbringen zu präzisieren, der Hinweis auf die abstrakte Möglichkeit, anläßlich einer Vorsprache oder einer schriftlichen Stellungnahme entsprechende Nachweise vorzulegen, keine zureichende Begründung für die Unterlassung der genannten Aufforderung; dies auch nicht unter Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer in seinen Anträgen seine Ehegattin "trotz aufrechten Dienstverhältnisses als kein Einkommen beziehend bezeichnete (und) niemals die Frage nach besonderen
Belastungen .... beantwortet hat", wie die belangte Behörde
ebenfalls in der Gegenschrift vorbringt. Denn die darin allenfalls gelegene Verletzung der Meldepflicht enthob die belangte Behörde im Widerrufsverfahren - ungeachtet der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen - nicht jeglicher amtswegiger Ermittlungspflicht. Aus diesen Gründen ist der in der Gegenschrift vorgebrachte Schluß der belangten Behörde, daß die Erwähnung von den außerordentlichen Belastungen der Ehegattin des Beschwerdeführers in der Berufung "einer Schutzbehauptung gleichzukommen (schien), deren Eindruck durch die Absage der persönlichen Vorsprache noch verstärkt erschien", verfrüht erfolgt.
Da somit der angefochtene Bescheid, soweit er den Widerruf (bzw. die rückwirkende Bemessung der Notstandshilfe) betrifft, mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet ist, die Rückforderung von Notstandshilfe aber die Rechtmäßigkeit des Widerrufes (bzw. der rückwirkenden Bemessung) voraussetzt, war der angefochtene Bescheid, soweit er sich auf den Widerruf (bzw. die rückwirkende Bemessung) und die Rückforderung bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Gegen die Zurückweisung seiner Berufung gegen die "Mitteilung über den Leistungsanspruch" vom 29. Juli 1987 wendet der Beschwerdeführer ein, die belangte Behörde verkenne dabei, daß es sich bei der "Mitteilung" in Wahrheit um einen Bescheid im Sinne des § 56 AVG handle, weil dieser Mitteilung eine rechtsbegründende Wirkung insofern zukomme, als damit die Höhe eines Anspruchs festgestellt werde.
Gemäß § 47 Abs. 1 AlVG ist dem Leistungsbezieher dann, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Karenzurlaubsgeld bzw. Notstandshilfe anerkannt wird, eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Wird der Anspruch nicht anerkannt, so ist dem Antragsteller darüber ein schriftlicher Bescheid auszufolgen.
Schon aus der Gegenüberstellung der "Mitteilung" nach dem ersten Satz des § 47 Abs. 1 AlVG und des "schriftlichen Bescheides" nach § 47 Abs. 2 zweiter Satz AlVG ist - unter Bedachtnahme auf die ausführlichen Grundsätze im Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9.458/A - abzuleiten, daß einer ausdrücklich als "Mitteilung über den Leistungsanspruch" bezeichneten und auch so formulierte Bekanntgabe über den Anspruch eines Arbeitslosen auf Leistungen in der Form, wie sie in der strittigen Mitteilung vom 29. Juli 1987 enthalten sind, kein Bescheidcharakter zukommt.
Die Beschwerde war daher insoweit, als sie sich gegen den zurückweisenden Ausspruch des angefochtenen Bescheides wendet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren auf Ersatz der Kosten für die Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof war zurückzuweisen, weil unter dem Verhandlungsaufwand nach § 48 Abs. 1 Z. 4 VwGG, auf dessen Ersatz der Beschwerdeführer als obsiegende Partei (gemäß § 50 VwGG auch bei nur teilweisen Erfolg der Beschwerde gegen einen Verwaltungsakt) Anspruch hat, nur jener Aufwand ist, der für ihn mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof verbunden war. Dies trifft aber hinsichtlich eines Aufwandes, der dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einer Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof entstanden ist, selbst dann nicht zu, wenn es auf Grund einer Anfechtung durch den Verwaltungsgerichtshof zu einer solchen Verhandlung gekommen ist und der Beschwerdeführer daran teilgenommen hat (vgl. u.a. das Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1990, Zl. 90/08/0078).
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