VwGH 91/06/0233

VwGH91/06/023324.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des JR und 2. der IR in F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. Oktober 1991, Zl. 03 - 12 Ri 14 14-91/120, betreffend Versagung der Bewilligung baulicher Änderungen (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister,

2. AW in U, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §3;
AVG §56;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §3 Abs3;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litc;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §71a;
BauO Stmk 1968 §74;
BauONov Stmk 1988 Art1 Z25;
BauONov Stmk 1988 Art2 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs8;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art49 Abs1;
ROG Stmk 1974 §22;
ROG Stmk 1974 §23 Abs4 litb;
ROG Stmk 1974 §23 Abs4 litc;
ROG Stmk 1974 §29;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
ABGB §3;
AVG §56;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §3 Abs3;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litc;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §71a;
BauO Stmk 1968 §74;
BauONov Stmk 1988 Art1 Z25;
BauONov Stmk 1988 Art2 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs8;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art49 Abs1;
ROG Stmk 1974 §22;
ROG Stmk 1974 §23 Abs4 litb;
ROG Stmk 1974 §23 Abs4 litc;
ROG Stmk 1974 §29;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen von S 3.035,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. April 1976 wurde den Beschwerdeführern hinsichtlich des mit Bescheid vom 10. März 1972 auf dem Grundstück Nr. 80/2 der KG F bewilligten "Wohnhaus- und Pensionsbau" nach Durchführung einer örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung die Benützungsbewilligung erteilt und gleichzeitig Abweichungen von den dem Baubewilligungsbescheid zugrundegelegenen Bauplänen hinsichtlich des Kellergeschoßes insoweit bewilligt, als dort ein Tanzraum samt Nebenräumen errichtet worden war, die seither - nach der Aktenlage und in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - als Diskothek benützt werden.

Am 5. Oktober 1989 beantragte u.a. die zweitmitbeteiligte Partei als Eigentümerin der Grundstücke Nr. 79/5, 79/6 und 84/1 der KG F, welche dem Baugrundstück der Beschwerdeführer gegenüberliegen, die Zustellung der Bescheide des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Februar 1972 und 10. März 1972 über die Widmungs- und Baubewilligung und des Bescheides über die Erteilung der Benützungsbewilligung vom 29. April 1976 als übergangene Partei. Nach Zustellung des zuletzt erwähnten Bescheides erhob die zweitmitbeteiligte Partei Berufung. Darin machte sie u.a. geltend, daß die Abweichungen vom (zufolge Übergehung der zweitmitbeteiligten Partei bzw. von deren Rechtsvorgängern als Nachbarn) nicht rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde stünden. Eine Diskothek widerspreche dem Wohncharakter des Gebietes.

Nach Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen für Raumordnung hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 28. März 1991 den erstinstanzlichen Benützungsbewilligungsbescheid vom 29. April 1976 in teilweiser Stattgebung der Berufung der zweitmitbeteiligten Partei im Umfang der bewilligten Planänderungen "(Jagastüberl, Tanzraum, Vorraum, Lagerkeller, Brennmaterialraum)" aufgehoben und den Antrag auf Erteilung einer Benützungsbewilligung insoweit abgewiesen. Im übrigen wurde die Berufung der zweitmitbeteiligten Partei als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungsbehörde habe beim Benützungsbewilligungbescheid vom 29. April 1976 folgende Planänderungen gegenüber dem Baubewilligungsbescheid vom 10. März 1972 festgestellt: Statt dem Trockenraum sei ein Brennmaterialraum, statt dem Tankraum ein Lagerkeller, statt der Garage ein Haupteingang mit Gästeraum und Garderobe, statt dem Keller ein "Jagastüberl" und statt einem weiteren Keller ein Tanzraum errichtet worden. Da die für den gegenständlichen Bereich gültige Fassung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde am 27. Mai 1986 rechtskräftig geworden sei, sei im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1987, Zl. 86/06/0081, die Raumordnungsgesetznovelle 1985, LGBl. Nr. 39/1986, anzuwenden, welche am 7. Mai 1986 in Kraft getreten sei. Der derzeitige Verwendungszweck als Diskothek stehe nicht nur im Widerspruch zum rechtsgültigen Widmungs- und Baubewilligungsbescheid, sondern auch zum derzeit gültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde, der für den Standort der Diskothek "allgemeines Wohngebiet" ausweise.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Darin führen sie u.a. aus, daß sich die zweitmitbeteiligte Partei in einem vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 2. Juli 1980 gegen Bezahlung eines erheblichen Geldbetrages seitens der Beschwerdeführer verpflichtet habe, den Diskothekenbetrieb zu dulden. Die Berufungsbehörde hätte prüfen müssen, ob von der Betriebsstelle der Beschwerdeführer eine unzulässige bzw. nicht ortsübliche Emission auf die Grundstücke der zweitmitbeteiligten Partei als Immission einwirke. Nur im Falle der Bejahung einer solchen Einwirkung hätte der zweitmitbeteiligten Partei im Verfahren Parteistellung zuerkannt werden dürfen. Bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes hätte auf den bestehenden Betrieb der Beschwerdeführerin Bedacht genommen werden müssen. Die Behörde habe auch zu Unrecht die Bestimmung des § 71a der Steiermärkischen Bauordnung nicht angewendet; diese Gesetzesstelle sei auch auf Benützungsbewilligungen anzuwenden, die lange vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung erteilt worden seien, weshalb die Berufung der zweitmitbeteiligten Partei wegen Eintritts der Rechtskraft des Benützungsbewilligungsbescheides im Jahre 1976 hätte zurückgewiesen werden müssen. Schließlich sei bei wiederholten Lärmmessungen festgestellt worden, daß vom Betrieb der Beschwerdeführer keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Immissionen ausgehen und der Betrieb durch Vorkehrungen so abgesichert sei, daß die Grenzwerte des reinen Wohngebietes nicht überschritten würden. Der Verkehrslärm sei dem Bauwerk nicht zuzurechnen.

Mit Spruch I. des Bescheides vom 16. Oktober 1991 hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Spruchpunkt des Bescheides vom 16. Oktober 1991 richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, welcher der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 2. März 1992 aufschiebende Wirkung zuerkannt hat.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde und die erstatteten Gegenschriften erwogen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. April 1976 wurde den Beschwerdeführern nicht nur die von ihnen beantragte Benützungsbewilligung für den aufgrund der Widmungsbewilligungs- und Baubewilligungsbescheide errichteten "Wohnhaus- und Pensionsbau" erteilt, sondern auch eine Reihe von baulichen Änderungen im Kellergeschoß bewilligt. Die Beschwerdeführer betreiben seither in diesen Räumlichkeiten eine Diskothek. Für die Frage, ob die zweitmitbeteiligte Partei berechtigt war, gegen diesen Bescheid nach seiner Zustellung im Jahre 1989 Berufung zu erheben, ist zunächst zu untersuchen, ob die zweitmitbeteiligte Partei (bzw. ihre Rechtsvorgänger) nach den im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 29. April 1976 geltenden Rechtsvorschriften in diesem Verfahren Parteistellung zukam. Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen:

Gemäß § 57 Abs. 1 lit. c der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in der damals geltenden Fassung des Stammgesetzes LGBl. Nr. 149 bedurften "Umbauten, Bauveränderungen und Änderungen des Verwendungszweckes von Bauten oder Teilen desselben, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Sicherheit, die äußere Gestaltung und die gesundheitlichen Verhältnisse von Einfluß sein können oder auf welche die Bestimmungen des Gesetzes in Ansehung der Rechte der Nachbarn anzuwenden sind", einer Bewilligung der Baubehörde. Die von der Berufungsbehörde unbestritten festgestellten Änderungen gegenüber den Widmungs- und Baubewilligungsbescheiden umfassen die Verwendung des Trockenraums als Brennmaterialraum, des Tankraums als Lagerkeller, der Garage als Haupteingang mit Gästeraum und Garderobe sowie von Kellerräumen als "Jagastüberl" und Tanzraum. Es liegt auf der Hand, daß diese Veränderungen auf die in § 57 Abs. 1 lit. c BO umschriebenen Verhältnisse von Einfluß sein können. Mit der Bewilligung dieser Abweichungen hat die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführern daher - in Wahrheit - eine ergänzende Baubewilligung erteilt (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 5. März 1987, Zl. 86/06/0262, BauSlg. Nr. 875 mwH).

Gemäß § 61 Abs. 2 BO in der Stammfassung kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Rechtsvorschriften beziehen, die nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Nachbarn die Eigentümer jener Liegenschaften, die zu der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Verhältnis stehen, daß durch den Bestand oder die konsensgemäße Benützung des geplanten Bauwerkes mit Einwirkungen auf diese Liegenschaft zu rechnen ist, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet (vgl. die Erkenntnisse vom 25. April 1965, Slg. Nr. 6670/A, vom 14. Februar 1978, Slg. Nr. 9485/A, u.a.). Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen begründet daher schon die MÖGLICHKEIT einer Rechtsverletzung die Parteistellung des Nachbarn gemäß § 61 Abs. 2 BO und nicht erst das TATSÄCHLICHE EINTRETEN nachteiliger Auswirkungen (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 1986, Zlen. 86/06/0185, 0195, BauSlg. 835), wobei als Nachbar nicht nur der unmittelbare (seitliche) Anrainer, sondern auch der Eigentümer eines durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennten, gegenüberliegenden Grundstückes (so schon das Erkenntnis vom 8. März 1955, Zl. 862/53) in Betracht kommt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. Mai 1972, Slg. Nr. 8228/A, ausgesprochen, daß den Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich jener Anordnungen des Widmungsverfahrens zukommt, die, wären sie Inhalt eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte begründen würden. Letzteres wurde für jene Bebauungsbestimmungen bejaht, welche nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch der Wahrung der Nachbarinteressen dienen, wie z.B. die Festlegung der Zweckbestimmung, deren Einhaltung, aber auch die Geltendmachung einer Verletzung des § 2 Abs. 1 BO, wonach vor Rechtskraft einer Widmungsbewilligung die Baubewilligung nicht erteilt werden darf (vgl. dazu etwa auch die Erkenntnisse vom 27. Februar 1973, Slg. Nr. 8373/A, und vom 19. September 1985, Zl. 82/06/0166, BauSlg. 507).

Es unterliegt bei Beachtung dieser Grundsätze keinem Zweifel, daß die Festlegung des Verwendungszweckes Diskothek im vorhandenen Wohngebiet oder die Bewilligung baulicher Maßnahmen (hier: im Benützungsbewilligungsbescheid) in diesem Zusammenhang geeignet sind, Rechte auch des in 8 m Entfernung (diese Feststellung der belangten Behörde wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft) gegenüberliegenden Nachbarn zu beeinträchtigen. Den jeweiligen Eigentümern der nunmehr der zweitmitbeteiligten Partei gehörigen Grundstücke kam daher Parteistellung in seinem solchen Verfahren zu, weshalb sie in Ansehung des mit Bescheid vom 29. April 1976 abgeschlossenen Verfahrens zur Erteilung der Benützungsbewilligung insoweit übergangene Parteien waren, als in diesem Bescheid bewilligungspflichtige Abweichungen von der Widmungs- bzw. von der Baubewilligung genehmigt worden sind.

Die zweitmitbeteiligte Partei war daher berechtigt, die Zustellung dieses Bescheides zu verlangen und dagegen Berufung zu erheben, wobei die Berufungsbehörde, soweit es sich nicht um zeitraumbezogene Absprüche handelt oder vom Gesetzgeber nicht anders angeordnet ist, im Zweifel die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (28. März 1991) geltende Rechtslage anzuwenden hatte (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, sowie aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0177). Eine abweichende gesetzliche Anordnung enthält Art. II Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, wonach für Berufungen gegen Bescheide, die bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. März 1989) erlassen worden sind, die bisherige Rechtslage maßgeblich geblieben ist. Für das gegenständliche Verfahren war und ist somit weiterhin die Rechtslage VOR der Bauordnungsnovelle 1988 maßgeblich (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis vom 30. April 1992, Zlen. 92/06/0017, 0018, 0019). Dies bedeutet aus dem Blickwinkel des Beschwerdesachverhaltes, daß die Berufungsbehörde § 58 Abs. 2 in der Fassung des Art. I Z. 18 der Bauordnungsnovelle 1988 NICHT anzuwenden hatte, wonach die Pflicht zum Nachweis der Widmung u.a. auch bei Bauführungen nach § 57 Abs. 1 lit. c BO (also auch bei Änderungen des Verwendungszweckes) entfällt. Die Bewilligung der Abweichungen von der Baubewilligung zum Betrieb einer Diskothek durften daher vor rechtskräftiger Bewilligung einer Widmungsänderung nicht erfolgen.

Aus den gleichen Gründen hat die zweitmitbeteiligte Partei das Recht zur Geltendmachung ihrer Parteienrechte auch nicht etwa zufolge Art. I Z. 25 der Steiermärkischen Bauordnungsnovelle 1988 verloren, worin durch einen neuen § 71a BO der Sache nach ein Erlöschen von Rechten übergangener Parteien nach Ablauf von fünf Jahren ab Rechtskraft der Benützungsbewilligung vorgesehen ist. Dies abgesehen davon, daß der unmittelbare Verlust von Parteirechten durch eine gesetzliche Maßnahme in der Form einer rückwirkenden Anwendung neu geschaffener, zum Rechtsuntergang führender Fristen ohne (allenfalls kürzere) Übergangsfristen auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken stieße und daher im Zweifel nicht angenommen werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 30. April 1992, Zlen. 92/06/0047, 0059, mit Hinweis auf das Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0089, zu der neu eingeführten Frist für das Erlöschen einer Straßenbaubewilligung nach § 44 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher dem Beschwerdevorbringen, soweit es gestützt auf § 71a der Steiermärkischen Bauordnung die Parteistellung der Beschwerdeführerin in Zweifel zieht, nicht zu folgen.

Die Berufungsbehörde hat das Ansuchen der Beschwerdeführer im Ergebnis mit der Begründung abgewiesen, das geänderte Vorhaben widerspreche dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 1986, worin das Grundstück der Beschwerdeführer als Teil des "allgemeinen Wohngebietes" gewidmet wurde. Im Gegensatz zu der in diesem Zusammenhang von der Berufungsbehörde vertretenen Auffassung richtet sich der Inhalt eines Flächenwidmungsplanes im Sinne der Bedeutung der festgelegten Widmung nach den im Zeitpunkt der ERLASSUNG (d.h. der Beschlußfassung durch den Gemeinderat) des Planes geltenden Rechtsvorschriften (vgl. HAUER, Der Nachbar im Baurecht2, 177 mit Judikaturhinweisen, zur Steiermärkischen Raumordnung vor allem das Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 90/06/0162). Nicht maßgebend ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Flächenwidmungsplanes durch die Genehmigung der Aufsichtsbehörde (hier: am 27. Mai 1986). Das in diesem Zusammenhang von der Berufungsbehörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1987, Zl. 86/06/0081 (BauSlg. Nr. 911) ist zum Tiroler Raumordnungsgesetz ergangen; es ist daher auf die Steiermärkische Raumordnung nicht ohne weiteres übertragbar und überdies durch das bereits erwähnte Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 90/06/0162, für den Bereich der hier anzuwendenden Rechtsvorschriften überholt.

Dies bedeutet im Beschwerdefall, daß der Begriff "allgemeines Wohngebiet" im Sinne des § 23 Abs. 4 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, in der Fassung des Stammgesetzes (d.h. vor der am 7. Mai 1986 in Kraft getretenen Änderung dieser Bestimmung durch Art. I Z. 7 der Steiermärkischen Raumordnungsgesetznovelle 1985, BGBl. Nr. 39/1986), anzuwenden ist, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat.

Die im systematischen Zusammenhang stehenden Bestimmungen des § 23 Abs. 4 lit. a bis c ROG 1974 lauten:

"(4) Im Bauland sind entsprechend den örtlichen Erfordernissen Baugebiete festzulegen. Als Baugebiete kommen hiebei in Betracht

a) reine Wohngebiete, das sind Flächen, die ausschließlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Nutzungen, die zur Deckung der täglichen Bedürfnisse der Bewohner des Gebietes dienen (Kindergärten, Schulen, Kirchen u.dgl.), oder die dem Gebietscharakter nicht widersprechen, zulässig sind;

b) allgemeine Wohngebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gärtnereien, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen, errichtet werden können;

c) Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten u.dgl. bestimmt sind, wobei auch die erforderlichen Wohngebäude und Garagen in entsprechender Verkehrslage sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Büro- und Geschäftsgebietes entsprechend einordnen lassen und keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen, errichtet werden können;

..."

Ein Gastlokal in der Betriebsform einer Diskothek ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kein "Gasthaus" im Sinne des § 23 Abs. 4 lit. b ROG, sondern eine Vergnügungsstätte, wie sie in § 23 Abs. 4 lit. c ROG für "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete" vorgesehen ist, weil bei einer Diskothek die dem Tanz dienende Musikdarbietung die Eigenart des Betriebes auch dann prägt, wenn daneben allenfalls Speisen und Getränke verabreicht werden sollten. Eine Diskothek dient überdies sozialen Bedürfnissen nicht nur von Bewohnern "des Wohngebietes", sondern entfaltet typischerweise eine Anziehungskraft auch für Bewohner der weiteren Umgebung und auch außerhalb des festgelegten Wohngebietes. Schon deshalb erweist sich eine Diskothek in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 23 Abs. 4 lit. b ROG in der Fassung des Stammgesetzes als jedenfalls unzulässig. Es kann auf sich beruhen, ob sie auch dem Wohncharakter des Gebietes widersprechende Belästigungen verursacht und deshalb auch nach der Änderung des § 23 Abs. 4 (nunmehr: Abs. 5) lit. b ROG durch die Novelle LGBl. Nr. 39/1986 unzulässig wäre, weil die Bestimmungen dieser Novelle nach den obigen Ausführungen auf den hier maßgebenden Flächenwidmungsplan (noch) nicht anzuwenden waren.

Soweit die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes vortragen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die mitbeteiligte Gemeinde bei Erlassung dieses Flächenwidmungsplanes auf den Gewerbebetrieb der Beschwerdeführer (als vorhandener Bestand) schon mangels eines ordnungsgemäßen Konsenses nicht Bedacht nehmen mußte.

Da sich somit der die Vorstellung der Beschwerdeführer abweisende, angefochtene Bescheid im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 41 Abs. 1 VwGG) als frei von Rechtsirrtum erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 101/1991.

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