Normen
AVG §56;
BauRallg;
B-VG Art116;
B-VG Art118;
B-VG Art119a Abs3;
B-VG Art119a Abs8;
ROG Stmk 1974 §29 Abs7;
ROG Stmk 1974 §29;
AVG §56;
BauRallg;
B-VG Art116;
B-VG Art118;
B-VG Art119a Abs3;
B-VG Art119a Abs8;
ROG Stmk 1974 §29 Abs7;
ROG Stmk 1974 §29;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Eigentümer der Grundstücke Nr. 329/3 und 329/4, KG A, die im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde als Einkaufszentrum II (EZ. II) ausgewiesen sind, urgierte mit Schreiben vom 7. Jänner 1988 die Durchführung eines Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich dieser Grundstücke in EZ. I (Berechtigung auch zum Führen des Warensortiments Lebensmittel).
Laut Auszug aus dem Sitzungsprotokoll beschloß der Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 16. Jänner 1988, dem Antrag auf Einleitung des Verfahrens gemäß den §§ 29, 30 und 31 des Stmk. Raumordnungsgesetzes (ROG) zur Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend die Ausweisung der genannten Grundstücke als EZ. I stattzugeben und die Ankündigung sowie den Entwurf der Flächenwidmungsplanänderung 1988 in der Zeit vom 27. Jänner 1988 bis 23. März 1988 im Gemeindeamt aufzulegen. Dies erfolgte mit Kundmachung vom 27. Jänner 1988, wobei in der Begründung darauf verwiesen wurde, daß die Umwidmung von EZ. II in EZ. I im wirtschaftlichen Interesse der Gemeinde gelegen sei, um die Nahversorgung zu sichern und auszubauen. Weiters wurde auf die Möglichkeit der Erhebung schriftlicher Einwendungen innerhalb der Auflagefrist hingewiesen. Von der Kundmachung wurden insbesondere die im § 29 Abs. 1 ROG genannten Stellen verständigt. Die Rechtsabteilung der belangten Behörde sprach sich mit Schreiben vom 17. Februar 1988, ebenso die Fachabteilung für Landes-, Regional- und Ortsplanung am 16. März 1988 gegen die Änderung aus, wobei auch die Meinung vertreten wurde, es liege kein "kleines Änderungsverfahren" im Fall einer Baugebietsänderung von EZ. II in EZ. I vor, da nicht nur Auswirkungen auf die benachbarten Grundstücke gegeben seien. Deshalb hätte von der Gemeinde mit der Bekanntgabe der Änderungsabsicht allein, ohne Auflage des Änderungsentwurfes, begonnen werden müssen. Auch die Handelskammer Steiermark trat mit Schreiben vom 17. März 1988 der Änderung entgegen.
Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin beschloß am 26. März 1988 die Änderung des Flächenwidmungsplanes laut aufgelegtem Entwurf und berücksichtigte die Einwendungen nicht.
Mit Schreiben vom 25. April 1988, eingelangt bei der belangten Behörde am 27. April 1988, legte die Beschwerdeführerin die beschlossene Flächenwidmungsplanänderung 1988 unter Anschluß der bezughabenden Unterlagen zur Genehmigung vor.
Die belangte Behörde eröffnete mit Schreiben vom 12. Oktober 1988 der Beschwerdeführerin, daß beabsichtigt sei, die Genehmigung gemäß § 29 Abs. 9 ROG zu versagen, da die Gemeinde kein zentraler Ort gemäß dem Landesentwicklungsprogramm 1977 sei und das Vorhaben dem Entwicklungsprogramm zur Versorgungs-Infrastruktur (Verordnung vom 6. Juni 1988, LGBl. Nr. 35, in Kraft seit 14. Juli 1988) widerspreche. Weiters seien die Voraussetzungen für die Durchführung des sogenannten "kleinen Änderungsverfahrens nach § 31 ROG" nicht gegeben.
Dem entgegnete die Beschwerdeführerin am 5. Dezember 1988, daß der Gemeinderat am 4. Dezember 1988 einen Beharrungsbeschluß gefaßt habe.
Die belangte Behörde trat dem mit Schreiben vom 23. Dezember 1988 neuerlich entgegen, indem sie abermals auf die Verordnung vom 6. Juni 1988, LGBl. Nr. 35, verwies, wonach zwar die bestehende Flächenwidmung Baugebiet für EZ. II, aber nicht für EZ. I zulässig sei. Auch wurde auf die schon oben genannten formellen Fehler Bezug genommen.
Daraufhin faßte der Gemeinderat am 12. Februar 1989 neuerlich einen Beharrungsbeschluß, der bei der belangten Behörde am 20. Februar 1989 einlangte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 1989, der Beschwerdeführerin zugestellt am 13. Juli 1989, versagte die belangte Behörde gemäß § 29 Abs. 8 (richtig: Abs. 9) lit. a und b ROG 1974, in der Fassung LGBl. Nr. 15/1989, die Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Beschwerdeführerin in der am 26. März 1988 bzw. 4. Dezember 1988 und 12. Februar 1989 vom Gemeinderat beschlossenen Fassung. Zur Begründung heißt es, gemäß § 29 Abs. 7 ROG sei ein beschlossener Flächenwidmungsplan der Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen und habe diese mit Bescheid zu entscheiden. Gemäß § 29 Abs. 9 lit. a und b ROG dürfe ein Flächenwidmungsplan landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere dem Raumordnungsgesetz sowie den Raumordnungsgrundsätzen bzw. einem Entwicklungsprogramm nicht widersprechen. Die rechtliche Prüfung habe ergeben, daß bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes das im Raumordnungsgesetz vorgesehene Verfahren nicht durchgeführt worden sei und auch vom fachlichen Standpunkt Mängel, die gemäß § 29 Abs. 9 ROG eine Versagung nach sich ziehen, vorlägen. Es sei ein Verfahren nach § 31 Abs. 3 ROG durchgeführt worden, obwohl die Auswirkungen von dem Änderungsbereich über die anrainenden Grundstücke in Anbetracht des Einzugsbereiches eines Einkaufszentrums schon begrifflich hinausgingen. Allein schon dieser Widerspruch zu § 31 Abs. 3 ROG führe zu einer Versagung. Die fachlichen Mängel seien im Widerspruch zu § 3 ROG und zur Verordnung betreffend das Entwicklungsprogramm zur Versorgungs-Infrastruktur LGBl. Nr. 35/1988 gelegen. Die Versagungsgründe seien der Gemeinde zweimal mitgeteilt worden, jedoch habe der Gemeinderat am 4. Dezember 1988 und 12. Februar 1989 Beharrungsbeschlüsse gefaßt. Die Verordnung sei am 14. Juli 1988 in Kraft getreten. Danach sei ein EZ. I im gegebenen Standort ex lege auszuschließen. Der Ausschuß des Raumordnungsbeirates habe in seiner Sitzung vom 16. März 1989 die Empfehlung gegeben, der Flächenwidmungsplanänderung die Genehmigung zu versagen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 24. September 1990, B 965/89, deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Entscheidung ab.
In der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erblickt im wesentlichen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde mit einer Versagung der Genehmigung vorgegangen ist, obwohl die Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 29 Abs. 10 ROG als genehmigt gelte, da die Versagung nicht binnen 12 Monaten nach Vorlage an die belangte Behörde zur Genehmigung erfolgt sei. Überdies sei die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gemeinderates vom 16. Jänner 1988 maßgebend, während die belangte Behörde von der im Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebenden Rechtslage ausgegangen sei. Die Unterlassung der im § 29 Abs. 1 ROG vorgesehenen Absichtserklärung, eine Änderung des Flächenwidmungsplanes vorzunehmen, bewirke des weiteren keinen Verfahrensmangel.
Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, in der Fassung LGBl. Nr. 39/1986 (also vor der Novelle LGBl. Nr. 15/1989, welche mit 1. März 1989 in Kraft getreten ist), von Bedeutung:
"§ 29
.....
(7) Der beschlossene Flächenwidmungsplan ist mit den dazugehörigen Unterlagen und dem örtlichen Entwicklungskonzept unter Anschluß einer Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderates der Landesregierung in zweifacher Ausfertigung unverzüglich zur Genehmigung vorzulegen.
(8) Die Landesregierung hat über die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes nach Prüfung der vorgebrachten Einwendungen mit Bescheid zu entscheiden.
(9) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn
- a) der Flächenwidmungsplan landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Bestimmungen dieses Gesetzes wie den darin enthaltenen Raumordnungsgrundsätzen widerspricht;
- b) der Flächenwidmungsplan einem Entwicklungsprogramm widerspricht; ......
(10) Im Falle der beabsichtigten Versagung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen, jedoch mindestens acht Wochen betragenden Frist zu geben. Wird nicht binnen zwölf Monaten nach Vorlage des beschlossenen Flächenwidmungsplanes und der dazugehörigen Unterlagen (Abs. 7) die Genehmigung versagt, so gilt der Flächenwidmungsplan unbeschadet des § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1965, BGBl. Nr. 2, mit Ablauf dieser Frist als genehmigt."
"§ 31
(1) Für das Verfahren zur Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne (§ 30) gelten, ausgenommen die Aufhebung der Festlegung von Bauland als Aufschließungsgebiet (§ 23 Abs. 3) und soweit in den Abs. 2 bis 4 nicht etwas anderes bestimmt wird, die Bestimmungen des § 29 sinngemäß.
(2) Die Kundmachung im Sinne des § 29 Abs. 1 hat die wesentlichen Änderungsgründe und die lageplanmäßige Kennzeichnung des beabsichtigten Änderungsbereiches zu enthalten.
(3) Hat die beabsichtigte Änderung nur auf die anrainenden Grundstücke Auswirkungen, dann kann das Verfahren im Sinne des § 29 Abs. 1 durch Anhörung der betroffenen Grundeigentümer ersetzt werden. Die im § 29 Abs. 1 angeführten Stellen sind von der Änderung schriftlich zu benachrichtigen.
(4) Die Aufforderung gemäß § 30 Abs. 2 hat durch Kundmachung im Sinne des § 29 Abs. 1 zu erfolgen. Nach Ablauf der Frist hat der Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen, ob die Voraussetzungen für eine Änderung gegeben sind. Ist dies der Fall, so gelten für das weitere Verfahren die Bestimmungen des § 29 Abs. 2 bis 15 sinngemäß."
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß die Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebend sei. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen.
Ein bezüglich Flächenwidmungsplänen in der Gesetzgebung der Länder üblicher Genehmigungsvorbehalt findet seine verfassungsrechtliche Deckung im Art. 119 a Abs. 8 B-VG (vgl. Hauer, Stmk. Baurecht, Anm. 6 zu § 29 ROG, S. 359). Bei einer solchen Genehmigung handelt es sich also um die Handhabung eines Aufsichtsrechtes. Es ist von der Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob die Gemeindeorgane rechtmäßig gehandelt haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach zu den verschiedenen Raumordnungsgesetzen der Länder dargelegt hat, ist für diese Prüfung die zur Zeit der Beschlußfassung in der Gemeinde geltende Rechtslage maßgebend, es sei denn, daß Übergangsbestimmungen oder sonstige gesetzliche Regelungen in der Richtung bestehen, es sei für die aufsichtsbehördliche Genehmigung die zur Zeit der Entscheidung der Aufsichtsbehörde bestehende Rechtslage bestimmend (vgl. z.B. die
hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1990, Zl. 86/05/0130, und vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0127). Da letzteres nicht zutrifft, hatte daher die belangte Behörde die Rechtslage im Zeitpunkt des Beschlusses des Gemeinderates vom 26. März 1988, womit die Änderung des Flächenwidmungsplanes beschlossen wurde, anzuwenden. Auch die Ansicht der Beschwerdeführerin, es sei der Zeitpunkt des Beschlusses ihres Gemeinderates vom 16. Jänner 1988 maßgebend, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen, da es sich dabei erst um die Auflage des Entwurfes über die Änderung des Flächenwidmungsplanes handelte. Der belangten Behörde war es daher verwehrt, die Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 6. Juni 1988, mit welcher ein Entwicklungsprogramm zur Versorgungs-Infrastruktur erlassen wurde, als einen Versagungsgrund heranzuziehen, bzw. sich auf die Novelle zum Raumordnungsgesetz LGBl. Nr. 15/1989 zu berufen.
Entscheidend für den Beschwerdefall ist aber vor allem, ob der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Umstand, es gelte die Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 29 Abs. 10 ROG als genehmigt, zutrifft. Bemerkt wird, daß die belangte Behörde in der Gegenschrift dem diesbezüglich in der Beschwerde eingehend dargelegten Vorbringen nicht entgegengetreten ist.
Die am 26. März 1988 beschlossene Flächenwidmungsplanänderung langte bereits am 27. April 1988 bei der belangten Behörde ein, wobei der Aktenlage nach die zur beschlossenen Planänderung gehörenden Unterlagen vollständig angeschlossen waren. Dies zeigt auch der Umstand, daß die belangte Behörde sich in der Folge nicht veranlaßt sah, die Beschwerdeführerin zur Vorlage etwa fehlender Unterlagen aufzufordern. Da somit von einer für die Flächenwidmungsplanänderung vollständigen Vorlage vom Datum 27. April 1988 auszugehen ist, endete die Frist von zwölf Monaten, innerhalb derer eine Versagung hätte erfolgen können, mit Ablauf des 27. April 1989. Wegen der mit Ablauf dieses Tages eingetretenen gesetzlichen Fiktion des § 29 Abs. 10 ROG war daher die belangte Behörde in der Folge nicht mehr zu einer Versagung der Genehmigung mittels des angefochtenen Bescheides vom 7. Juli 1989 berechtigt. Der Umstand, daß der Gemeinderat der Beschwerdeführerin nach Mitteilung von Versagungsgründen durch die belangte Behörde am 4. Dezember 1988 und 12. Februar 1989 Beharrungsbeschlüsse faßte, vermag daran nichts zu ändern, da dadurch die Frist von zwölf Monaten nicht jeweils neu zu laufen begann.
Da somit die Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Ablauf des 27. April 1989 gemäß § 29 Abs. 10 ROG als genehmigt galt, hatte daher ein Eingehen darauf, ob ein allfälliger formeller Versagungsgrund in dem von der belangten Behörde angezogenen Umstand zu erblicken gewesen wäre, es sei nur ein "kleines Änderungsverfahren nach § 31 Abs. 3 ROG erfolgt", es hätte aber schon vor der Auflage der Änderung des Flächenwidmungsplanes einer allgemeinen Bekanntgabe der Änderungsabsicht bedurft, zu unterbleiben.
Da die belangte Behörde die Rechtslage, wie bereits oben dargelegt wurde, verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im Hinblick auf diese Entscheidung hatte ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entfallen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, beschränkt durch die von der Beschwerdeführerin beantragte Höhe. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren, von deren Entrichtung die Beschwerdeführerin zufolge § 2 des Gebührengesetzes befreit ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)