Normen
AVG §8
BauO Stmk 1968 §1
BauO Stmk 1968 §1 Abs2
BauO Stmk 1968 §44 Abs1
BauO Stmk 1968 §69
BauO Stmk 1968 §69 Abs3
BauRallg
VwGG §42 Abs2 litc
VwGG §42 Abs2 Z3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986060262.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zunächst sei, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Vorgeschichte auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1985, Zlen. 82/06/0133, 82/06/0142 und 82/06/0166, verwiesen.
Der Beschwerde und ihrer Ergänzung ist im Zusammenhalt mit dem in Ablichtung vorgelegten Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz (belangte Behörde) vom 6. Februar 1986 zu entnehmen:
Mit Bescheid vom 11. März 1985 erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den mitbeteiligten Parteien die Bewilligung zur Benützung eines auf den Liegenschaften Grundstücke Nr. 473, 474 der KG X errichteten Hauses mit Nebengebäude.
(Das diese Liegenschaften betreffende Widmungsverfahren sowie das diese Bauführung betreffende Baubewilligungsverfahren waren nach Aufhebung der Berufungsbescheide durch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1985, Zlen. 82/06/0166 und 82/06/0142, zumindest noch am 12. März 1986 im Berufungsstadium anhängig und somit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.)
Da nach Ansicht des Beschwerdeführers wesentliche, vom - wenn auch nicht rechtskräftig erteilten - Widmungs- und Baukonsens abweichende Änderungen bei der Bauausführung vorgenommenen wurden, stellte der Beschwerdeführer am 3. April 1985 bei der Baubehörde erster Instanz den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren zur Bewilligung der Benützung dieser Bauwerke und auf Zustellung des Bescheides vom 11. März 1985. Diesen Antrag wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 8. August 1985 ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, ihm komme als Nachbar Parteistellung deshalb zu, weil mit dem Benützungsbewilligungsbesch eid Änderungen gegenüber dem Widmungs- bzw. Baukonsens genehmigt worden seien; seine subjektiven öffentlichen Nachbarrechte seien dadurch berührt, daß die tatsächlich durchgeführte Abwasserbeseitigungsanlage - eine provisorische Senkgrube - eine technisch und hygienisch einwandfreie Abwasserentsorgung (im Sinne des § 44 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968) nicht gewährleiste und die Gefahr in sich berge, das Grundwasser - insbesonders auch des Brunnens des Beschwerdeführers - zu verunreinigen. Durch den Bau eines neuen Schachtbrunnens sei darüber hinaus eine Veränderung des Wasserhaushaltes im Hang in mehrerlei Hinsicht zu befürchten; es wurden nämlich einerseits die wasserführenden Schichten derart verändert, daß der tiefer liegende Brunnen des Beschwerdeführers keine entsprechende Wasserschüttung und Qualität mehr erreichen könne und andererseits wiederum die Rutschungsgefährdung im Hang vergrößert werde. Eine Erhöhung der Rutschungsgefahr werde zudem durch wesentliche Niveauänderungen bewirkt. Damit sei sein Grundstück von Vermurung und Versumpfung bedroht.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz (belangte Behörde) vom 6. Februar 1986 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der ersten Instanz bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß einem Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren nur ausnahmsweise dann Parteistellung zukomme, wenn sich die Benützungsbewilligung gleichzeitig als Bewilligung von Änderungen des ursprünglich konsentierten Bauvorhabens erweise und diese Änderungen Umstände betrafen, welche in subjektiv-öffentliche Rechte des Nachbarn eingriffen. Verfahrensentscheidend sei für die Zuerkennung der Parteistellung die Beantwortung der Frage, ob die erteile Benützungsbewilligung vom Inhalt des hier zugrundeliegenden Widmungs- bzw. Baubewilligungsbescheides abweiche. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 8. Oktober 1986, B 275/86-6, ablehnte und sie auf Antrag des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und verdeutlichte, daß bereits zum Zeitpunkt der Endbeschau am 21. Februar 1985 wesentliche Abweichungen vom ursprünglichen Widmungs- bzw. Baukonsens ersichtlich gewesen seien. So sei anstelle der konsentierten zwei Senkgruben eine andere als "Provisorium" errichtet worden. Anstatt die Wasserversorgung - wie genehmigt - durch Zuleitung von einem Nachbargrundstück zu bewerkstelligen, sei auf dem eigenen Grundstück ein Brunnen geschlagen worden. Diese Abweichungen seien von der Baubehörde erster Instanz als "Provisorien akzeptiert" worden.
Darüber hinaus - so führte der Beschwerdeführer aus - umfasse ein Geschoß des Hauses tatsächlich 310 m2, womit die zulässige Bebauungsdichte überschritten werde. Diese Umstände verletzten die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte des Beschwerdeführers, weshalb ihm auch im Benützungsbewilligungsverfahren Parteistellung einzuräumen gewesen sei. Damit habe aber die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine Benützungsbewilligung, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Erlaubnis zur Benützung des Bauwerkes bildet, kann den Baukonsens nicht abändern. Daher kommt dem Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung zu (vgl. Erkenntnis vom 27. Jänner 1983, Zl. 82/06/0198; Erkenntnis vom 30. November 1955, Verwaltungsgerichtshof Slg. N. F. Nr. 3902/A). Die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1967, Zl. 438/67, verlangte Voraussetzung einer "Abänderung des Baubewilligungsbescheides, soweit darin ein Verzicht auf die konsensgemäße Herstellung der Bauführung gelegen ist," trifft allerdings dann zu, wenn die Benützungsbewilligung auch Elemente einer Baubewilligung enthält. Dies ist dort der Fall, wo die Baubehörde eine Benützungsbewilligung erteilt, obwohl offensichtlich Abweichungen vom Baukonsens vorliegen. Eine solche Benützungsbewilligung weist, und zwar ohne daß dies in ihrer Form zum Ausdruck kommen muß, Merkmale einer Baubewilligung auf. Betrifft die Änderung des Bauvorhabens Umstände, durch welche in die sich aus dem Gesetz oder dem Baubewilligungsbescheid ergebenden Rechte des Nachbarn eingegriffen wird, kommt diesem auch im Benützungsbewilligungsverfahren die Parteistellung zu (vgl. Erkenntnis vom 14. Mai 1974, Zl. 121/74).
Im vorliegenden Falle kann es dahingestellt bleiben, ob die Bauführung tatsächlich von jenen - im Zeitpunkt der Kollaudierung noch nicht in Rechtskraft erwachsenen - Baukonsensen abweicht oder nicht, zumal - wie im folgenden dargelegt werden wird - die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände entweder subjektivöffentliche Nachbarrechte nicht berühren oder sich als im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässiges Vorbringen darstellen:
Der Beschwerdeführer führte - auch schon im Verwaltungsverfahren - ins Treffen, die vom Widmungs- und Baubescheid abweichende, tatsächlich errichtete und im Benützungsbewilligungsverfahren "mit" - bewilligte Senkgrube gefährde auch jenes Wasser, welches er auf seiner Liegenschaft durch seinen Brunnen schöpfe. Sie stelle mithin keine in technischer und hygienischer Hinsicht einwandfreie Abwasserbeseitigungsanlage dar, weshalb ihre Genehmigung den §§ 1 Abs. 2 und 44 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 widerstreite. Gerade diese Bestimmungen jedoch - so muß aus dem umfänglichen Vorbringen des Beschwerdeführers abgeleitet werden - stellten ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf technisch und hygienisch einwandfreie, das Wasser des Nachbarn nicht verunreinigende Abwasserentsorgung dar.
Dem ist entgegenzuhalten, daß das Interesse an der Reinhaltung von Grund- und Quellwassern ein ausschließlich öffentliches ist; seine Wahrung obliegt der Behörde (vgl. etwa §§ 30, 105 WRG). Daher ist es nur konsequent, daß die Steiermärkische Bauordnung 1968, insbesonders auch die §§ 1 Abs. 2 und 44 Abs. 1 leg. cit., dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz des von ihm bezogenen Wassers einräumt (vgl. Korinek-Krejci "Handbuch" Slg. II., Nr. 12; Hauer "Der Nachbar im Baurecht", Seite 198; zuletzt: hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 84/06/0041).
Auch das Vorbringen, der tatsächlich errichtete Schachtbrunnen beeinträchtige die Wasserversorgung des Beschwerdeführers sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht, geht ins Leere, zumal ihm als Nachbarn durch die Steiermärkische Bauordnung 1968 kein Recht auf Schutz seiner Wasserversorgung und Wasserqualität eingeräumt ist (vgl. Hauer a. a.O.; Erkenntnis vom 13. März 1973, Verwaltungsgerichtshof Slg. N. F. Nr. 8381/A). Was nun die behauptete Rutschungsgefahr anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß aus § 1 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 kein Recht des Nachbarn abzuleiten ist, daß nur statisch die Liegenschaft und sonstige Interessen des Nachbarn nicht gefährdende Grundstücke bebaut werden dürften (vgl. etwa Erkenntnis vom 14. November 1978, Zlen. 241/78 und 1080/78; Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 84/06/0041). Daher gehen auch die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere.
Der Beschwerdeführer stellt erstmals in seinem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz die Behauptung auf, die Geschoßfläche des tatsächlich ausgeführten Bauwerkes bewirke eine Überschreitung der zulässigen Bebauungsdichte, zumal sie 310 m2 anstelle von genehmigten 245 m2 betrage. Dieses neue Tatsachenvorbringen verstößt gegen das sich aus § 41 VwGG ergebende Neuerungsverbot und ist daher im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtlich.
Da somit die Darlegungen des Beschwerdeführers nicht davon zu überzeugen vermochten, daß die von ihm behaupteten Abweichungen der Bauausführung von den Konsensen ihn in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen, kann schon aus diesem Grunde eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht erkannt werden.
Der Beschwerdeführer erhebt zwar den Vorwurf, die belangte Behörde habe ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, enthält sich hiezu jedoch jeder Ausführung. Seine umfängliche Auflistung von Verletzung von Verfahrensrechten bezieht sich nämlich ausschließlich auf Rechte, die dem Beschwerdeführer - nach seiner Ansicht - im Kollaudierungsverfahren zugekommen wären, nicht jedoch auf das Verfahren über die Berufung gegen den seine Parteistellung in diesem Verfahren verneinenden Bescheid. Verfahrensmängel können nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn in der Beschwerde ihre Wesentlichkeit dargetan wird. Diesen Grunderfordernissen ist der Beschwerdeführer in keiner Weise nachgekommen.
Da unter Zugrundelegung dieser Erwägungen schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei auf den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr einzugehen war.
Wien, am 5. März 1987
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