VwGH 91/02/0127

VwGH91/02/012729.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. August 1991, Zl. VerkR-15.131/8-1991-II/Bi, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 25. Juni 1990 gegen 16.10 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Linz einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Einen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde im Anschluß an die Ausführungen des Gerichtssachverständigen Dr. S (welchen die Amtssachverständige Dr. K folgte) einen Blutalkoholgehalt des Beschwerdeführers im Unfallszeitpunkt von 0,3 Promille angenommen habe, obwohl sich aus diesem Gutachten ein Blutalkoholgehalt von 0,25 Promille ergebe. Weiters nehme die belangte Behörde eine stündliche Abbaurate von 0,1 Promille an, obwohl dies nach dem Gutachten den ungünstigsten Wert darstelle und sich bei der vom Sachverständigen angeführten mittleren Abbaurate von 0,15 Promille pro Stunde, ja bereits bei einer in der Judikatur genannten Abbaurate von 0,12 Promille pro Stunde ergebe, daß der Beschwerdeführer im Unfallszeitpunkt überhaupt nicht mehr alkoholisiert gewesen sei. Auch unter Berücksichtigung der körperlichen Anstrengungen eines Malergesellen sei ein größerer Verbrennungswert heranzuziehen als lediglich von 0,1 Promille.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG führen könnte:

Der Sachverständige Dr. S hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß seine Rückrechnung auf den nicht mehr exakt memorierten Trinkangaben des Beschwerdeführers (am Vortag bei einer Feier zwischen 14.00 Uhr und 22.00 Uhr 4/2 Liter Bier, 2/2 Liter Most, 2 kleine Schnäpse; zu Mittag des Unfallstages 1/2 Liter Bier) basiere, wobei das Ergebnis keineswegs verbindlich sei. Er hat weiters ausgeführt, daß bei letztmaligem Alkoholkonsum zwischen 12.00 und 13.00 Uhr des Unfallstages der bei der polizeiärztlichen Untersuchung um

18.30 Uhr festgestellte Alkoholgeruch nicht mehr in Erscheinung getreten wäre. Schließlich hat der Sachverständige festgehalten, daß der Beschwerdeführer anläßlich einer Nachuntersuchung beteuerte, nur mehr alkoholfreies Bier zu trinken, dennoch aber bereits um 9.00 Uhr morgens noch (oder schon) 0,55 Promille Blutalkoholgehalt aufwies. Aus dem von den Beschwerdevertretern eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. J ist hervorzuheben, daß der Beschwerdeführer nicht mehr genau wußte, wieviel er bei der Feier am Tag vor dem Unfall getrunken hatte. Auch dieser Sachverständige hat bezweifelt, daß der um 18.30 Uhr festgestellte deutliche Alkoholgeruch von einem mittags konsumierten halben Liter Bier herrühren könne. Er gelangte zum Ergebnis, daß eine Alkoholisierung noch vorlag, deren Grad sich nicht mehr genau bestimmen lasse. Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Vernehmung um 18.16 Uhr des Unfallstages über die genauen Mengen des am Vortag konsumierten Bieres und Mostes keine Angaben machen können. Dies tat er erst später (mit ca.-Werten) gegenüber den Sachverständigen. Was Schnapskonsum anlangt, hatte er zunächst von einem Schnaps, später von zwei und auch von drei Schnäpsen gesprochen.

Wegen somit völlig ungesicherter Prämissen kommt den in der Beschwerde angeführten Berechnungen eines bestimmten Blutalkoholgehaltes im Unfallszeitpunkt keine Bedeutung zu. Im übrigen hat der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0068, ausgesprochen, daß auf eigene Trinkangaben, die im Widerspruch zum Ergebnis der klinischen Untersuchung stehen, nicht Bedacht genommen werden muß. Der hiebei vom Polizeiarzt Dr. W ermittelte Nystagmus von 11 bzw. 13 Sekunden ist zwar nach den Gutachtensergebnissen im Falle des Beschwerdeführers nicht aussagekräftig. Dr. W hat aber auch einen deutlichen Alkoholgeruch des Atems, gerötete Augenbindehäute und eine träge Pupillenreaktion festgestellt. Allein letztere bildet ein eindeutiges Alkoholisierungsmerkmal, das in der Regel erst bei mindestens einem Promille Blutalkoholgehalt gegeben ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1990, Zl. 90/02/0008, vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/03/0048, und vom 22. März 1991, Zl. 87/18/0145; weiters auch vom 15. Februar 1991, Zl. 85/18/0323). Die klinische Untersuchung des Beschwerdeführers hat schließlich seine Alkoholbeeinträchtigung und seine hiedurch verursachte Fahruntüchtigkeit ergeben. Lediglich als weiteren, die Reaktionsfähigkeit des Beschwerdeführers vermindernden Faktor wurde eine mögliche Krankheit bezeichnet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist einem Amtsarzt auf Grund seiner wissenschaftlichen Studien und vor allem seiner Berufserfahrung die nötige Sachkenntnis zuzutrauen, daß er auf Grund von Symptomen zu beurteilen vermag, ob der Untersuchte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und ob er infolge Alkoholbeeinträchtigung fahruntüchtig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 89/03/0152, weiters die bereits zitierten Erkenntnisse vom 23. Jänner 1991 und vom 15. Februar 1991). Bemerkt sei auch, daß der Beschwerdeführer trotz dringender ärztlicher Empfehlung in Kenntnis des Ergebnisses der klinischen Untersuchung eine Blutabnahme abgelehnt hat. Hiedurch hat er sich selbst eines zur Widerlegung des Ergebnisses der klinischen Untersuchung an sich geeigneten Beweismittels begeben (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse vom 20. Juni 1990 und vom 15. Februar 1991). Im gerichtlichen Strafverfahren hat er im übrigen seine Weigerung damit begründet, daß er nicht genau gewußt habe, ob er "über 0,8 Promille" sei.

Wenn die belangte Behörde unter den gegebenen Umtänden (bloß) einen Blutalkoholgehalt des Beschwerdeführers im Unfallszeitpunkt von 0,3 Promille als erwiesen angenommen hat und von seiner Fahruntüchtigkeit auf Grund seines Gesundheitszustandes in Verbindung mit Restalkohol und neuerlichem Alkoholkonsum ausgegangen ist, so ist der Beschwerdeführer hiedurch in seinen Rechten nicht verletzt worden.

Es entsprach dann aber der hg. Rechtsprechung, daß eine Person, die ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, obwohl sie vorher Alkohol getrunken hat, den Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO auch dann verantwortet, wenn ihre Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten eingetreten ist. Die Strafbarkeit ist also auch dann gegeben, wenn die genossene Alkoholmenge für sich allein noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1991, Zl. 91/18/0175), ja selbst bei Überwiegen anderer Ursachen (vgl. wiederum das bereits zitierte Erkenntnis vom 15. Februar 1991, sowie das Erkenntnis vom 13. September 1991, Zl. 91/18/0086). Der Beschwerdeführer wäre nur dann im Recht, wenn seine Fahruntüchtigkeit ausschließlich durch andere Komponenten, nicht aber (auch) durch Alkohol verursacht worden wäre (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse vom 20. Juni 1990 und vom 4. Oktober 1991). Hievon kann aber - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers - nach den oben angeführten Ergebnissen der klinischen Untersuchung keine Rede sein.

Was den Verjährungseinwand anlangt, so genügt es darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer bereits im Ladungsbescheid vom 1. Oktober der im von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnis angeführte Sachverhalt zur Last gelegt wurde; damit wurde eine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt. Zu einer Auswechslung der Tat ist es im angefochtenen Bescheid nicht gekommen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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