Normen
StVO 1960 §5 Abs1 idF 1986/105;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
StVO 1960 §5 Abs1 idF 1986/105;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. März 1991 wurde die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft, weil sie am 6. November 1989 um 17.45 Uhr in Zwentendorf, auf der Kreuzung der LH 112 mit der LH 115 auf der Höhe des Hauses Hauptstraße 6, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt habe, obwohl sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.
Aus der in der Begründung des Berufungsbescheides wiedergegebenen Gendarmerieanzeige ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin anläßlich der in Rede stehenden Fahrt eine "in die gleiche Richtung fahrende Radfahrerin" niedergestoßen hat, wobei diese dabei schwer verletzt worden ist. Der um
18.40 Uhr des Tattages durchgeführte Alkotest (mit einem Gerät im Sinne des § 5 Abs. 2a lit. a StVO 1960) verlief positiv, wobei die Ringmarke des Teströhrchens um ca. 2 mm überschritten worden ist. Die Untersuchung des um 20.10 Uhr des Tattages abgenommenen Blutes ergab einen Blutalkoholwert von 0,55 Promille. Auf Grund der klinischen Untersuchung Dris. W. sowie des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen vom 14. September 1990 kam die Berufungsbehörde zu dem Ergebnis, daß sich die Beschwerdeführerin zur Tatzeit in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand (im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz StVO 1960) befunden habe.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, darf zufolge § 5 Abs. 1 StVO 1960 ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.
Die Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist auch dann als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 StVO 1960 zu werten, wenn der Blutalkoholgehalt des Fahrers einen Wert von 0,8 Promille nicht erreicht hat. Der zweite Satz des § 5 Abs. 1 leg. cit. drückt nicht aus, daß eine Beeinträchtigung durch Alkohol erst bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille einträte, es handelt sich vielmehr um eine unwiderlegbare Rechtsvermutung, wonach der Zustand einer Person bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille und darüber auf jeden Fall als beeinträchtigt gilt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1973, Slg. N.F. Nr. 8477/A). Eine Beeinträchtigung durch Alkohol liegt unabhängig vom Blutalkoholgehalt auch dann vor, wenn sich eine Person infolge Alkoholgenusses in einem fahruntüchtigen Zustand befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1973, Zl. 2129/71).
Der Gerichtshof kann sich daher der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, daß eine Fahruntüchtigkeit nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 bei einem unter 0,8 Promille liegenden Blutalkoholgehalt nur "bei Hinzutreten besonderer Umstände" anzunehmen ist, weil im Falle der Nichterreichung des Grenzwertes von 0,8 Promille im Sinne des zitierten hg. Erkenntnisses eines verstärkten Senates entscheidend ist, ob der Lenker auf Grund der Alkoholeinwirkung infolge seiner körperlichen und geistigen Verfassung ein Fahrzeug nicht zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beobachtenden Rechtsvorschriften nicht zu befolgen vermag. Das im Anschluß an die klinische Untersuchung der Beschwerdeführerin erstattete ärztliche Gutachten hat ergeben, daß sich die Beschwerdeführerin zur Tatzeit in einem derartigen Zustand befunden hat, wobei "diese Fahruntüchtigkeit durch Alkohol verursacht war". Wäre diese Fahruntüchtigkeit der Beschwerdeführerin nicht allein durch die Alkoholmenge, sondern überwiegend durch andere Umstände (wie z.B. Ermüdung) verursacht worden, so wäre damit für ihren Standpunkt nichts gewonnen, weil der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO 1960 auch unter solchen Umständen gegeben ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1984, Zl. 83/02/0251).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die im Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 14. September 1990 vertretene Auffassung zutrifft, daß Beeinträchtigungen der kraftfahrspezifischen Leistungsparameter "bei Frauen stets stärker auftreten als bei Männern", weil der Gerichtshof im Rahmen seiner eingeschränkten Befugnis zur Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden kann, daß die Auffassung dieses Sachverständigen, wonach "trotz eines allenfalls geringeren Blutalkoholgehaltes als 0,8 Promille Fahruntüchtigkeit vorlag", unschlüssig wäre, zumal nicht übersehen werden darf, daß die Rückrechnung aus der Blutprobe nach Ansicht dieses Sachverständigen für den Tatzeitpunkt einen "Wert von ca. 0,79 bis 0,80 Promille" ergeben hat, womit die für eine unwiderlegbare Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung relevante Grenze im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 nur minimal unterschritten worden ist. Da die klinische Untersuchung für die Alkoholisierung typische Symptome ergeben hat, ist es unter diesen Umständen ohne Belang, daß einzelne Ergebnisse der Untersuchung nicht auch für eine Alkoholisierung sprechen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1979, Zlen. 1086/78, 130/79), weshalb aus dem Umstand, daß die Pupillenreaktion der Beschwerdeführerin bei der erwähnten klinischen Untersuchung prompt war, nicht geschlossen werden muß, daß sie sich zur Tatzeit nicht in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand (im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz leg. cit.) befunden hat.
Im übrigen wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, der Auffassung des erwähnten Sachverständigen, daß "ein Blutalkoholgehalt von mehr als 0,4 Promille zur Einengung des Sehfeldes mit verspäteter Wahrnehmung seitlicher Objekte, verzögerter Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeitsverminderung, Fehleinschätzung von Geschwindigkeiten und Entfernungen und zu Fahrfehlern allgemein führt", und daß "in der Dunkelheit die Wahrnehmung bewegter Lichtquellen gestört ist", auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten und damit dessen Auffassung zu widerlegen, daß "alle angeführten Punkte in irgendeiner Form für den verursachten Unfall kausal sind".
Es zeigt sich also, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht gegeben ist, weshalb die sohin unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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