VwGH 90/08/0050

VwGH90/08/005019.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der B-Baugesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Jänner 1989, Zl. SV - 667/10 - 1989 (richtig: 1990), betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §110;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs3 idF vor 1985/205;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 lita;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 litc;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwRallg;
ASVG §110;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs3 idF vor 1985/205;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 lita;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 litc;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 12. Oktober 1988 wurden der Beschwerdeführerin als Dienstgeber gemäß § 58 Abs. 2 ASVG nachverrechnete Beiträge und Sonderbeiträge u.a. für den Dienstnehmer F vorgeschrieben. Nur hinsichtlich der Nachverrechnung für diesen Dienstnehmer erhob die Beschwerdeführerin mit der Begründung Einspruch, daß von der mitbeteiligten Partei unrichtigerweise die Einstufung dieses Dienstnehmers in A3 anstelle von A2 (damit sind die Beschäftigungsgruppen des Kollektivvertrages für Angestellte im Baugewerbe gemeint) angenommen worden sei. In einer weiteren Stellungnahme vom 12. Dezember 1988 zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Partei führt die Beschwerdeführerin dazu unter Vorlage einer (Teil-)Ablichtung des Kollektivvertrages für Angestellte im Baugewerbe weiter aus, daß gemäß § 8 Z. 2 lit. a und c des Kollektivvertrages (KV) die Einstufung in A2 richtig sei. Es komme nicht darauf an, wie ein Arbeitnehmer in den Firmenunterlagen bezeichnet werde, sondern darauf, welche Qualifikation er habe und welche Beschäftigung er überwiegend ausübe. In der Gruppe A2 fänden sich an technischen Kategorien die Berufe des bautechnischen Gehilfen und des Bauzeichners, wobei auf den Arbeitnehmer das erste Gruppenbeispiel zutreffe; dieser habe nach Hauptschule und Maurerlehre eine dreisemestrige "Bauhandwerkerschule" absolviert; seit ca. 1980 werde er im Büro der Beschwerdeführerin eingesetzt. Er sei dabei unmittelbar dem Geschäftsführer Ing. K als Baumeister unterstellt, unter dessen Aufsicht er Pläne zeichne, Unterlagen für die Abrechnung erstelle, sowie Materialberechnungen, Materialbestellungen und Preisberechnungen durchführe. Tätigkeiten eines Bautechnikers könnten ihm nicht übertragen werden, weil er die erforderlichen Kenntnisse für Entwürfe, Statik und Vermessungen nicht habe. Lediglich bei einfachen baulichen Anlagen ("Häuslbaueraufträge") führe er Bauzeichnungen selbständig durch. Zum Beweis beantrage der Geschäftsführer seine "Parteivernehmung".

Die mitbeteiligte Partei hielt dem in ihrer Stellungnahme vom 10. Jänner 1989 entgegen, daß bereits anläßlich einer Beitragsprüfung vom 4. Juli 1984 festgestellt worden sei, daß dieser Dienstnehmer in Beschäftigungsgruppe A3 eingereiht gewesen sei und darüber hinaus noch eine freiwillige Gehaltszulage erhalten habe. Überdies seien von den für die Einreihung in A3 (Fachkräfte) des Kollektivvertrages maßgebenden Tätigkeitsmerkmalen der erfolgreiche Abschluß der Maurerlehre und die Absolvierung einer Fachschule "Bauhandwerkerschule - 3 Semester" erfüllt. Der Dienstnehmer habe Arbeiten im Sinne der Beschäftigungsgruppe A3 verrichtet, wie Vorarbeiten und Aufstellung der Bauabrechnung, also Aufmessen, zeichnerisches Festhalten bzw. bautechnisches Entwerfen einfacher baulicher Anlagen, Ausfertigung von Bauplänen und die Führung von Unterlagen über Baupreisbildung.

Der Dienstnehmer gab anläßlich einer von der belangten Behörde am 28. Februar 1989 mit ihm aufgenommenen Niederschrift betreffend seine Tätigkeit an, daß er überwiegend Bauabrechnungen anfertige und Baupläne für private Bauherrn ("Häuslbauer") herstelle; er fahre auch auf Baustellen und bespreche die Bauarbeiten mit dem jeweiligen Bauleiter und kontrolliere auch den Baufortschritt. Die Baupläne fertige er nach den Wünschen der Auftraggeber und nach Rücksprache mit seinem "Chef" (womit der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gemeint ist) an. Die Pläne zeichne er selbständig. Er berechne auch den Materialbedarf und den Zeitaufwand für den geplanten Bau. Diese Berechnungen würden ebenfalls von seinem "Chef", bevor sie (gemeint: die Berechnungen) hinausgingen, kontrolliert. Statische Berechnungen und Vermessungen mache er überhaupt nicht. Für Pläne, wie er sie verfasse, werde kein Statiker benötigt. Er mache seine Arbeiten selbständig, unterliege jedoch der Kontrolle des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin.

In einer dazu erstatteten Stellungnahme wies der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin darauf hin, daß der Dienstnehmer die meisten Tätigkeiten unter seiner Aufsicht durchführe und selbst die erforderlichen Besprechungen und die Kontrolle durch ihn (den Geschäftsführer) bestätige. Im übrigen beziehe sich die niederschriftliche Aussage auf die zugestandene Selbständigkeit bei "Häuslbaueraufträgen". Diese Tätigkeit mache jedoch höchstens 20 % der gesamten Arbeit aus und es handle sich dabei um einfache, die Qualifikation nach A2 keinesfalls übersteigende Tätigkeit.

Ausweislich der darüber angefertigten Niederschrift gab der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin am 8. August 1989 betreffend die Tätigkeit des Dienstnehmers bei der Beschwerdeführerin folgendes an:

"Mit (dem Dienstnehmer) ... liegt kein schriftlicher Dienstvertrag vor. Er war stets unter meiner Anleitung und meiner Kontrolle tätig. Die von ihm selbständig erstellten Pläne wurden aufgrund von gemeinsam erarbeiteten Skizzen vorgenommen, welche nicht ohne meine Kontrolle erstellt wurden. Diese Tätigkeit fällt unter die Gruppe A2, Bauzeichner letzter Satz. Ferner fertigte er Auszüge aus Bewehrungsplänen für die Eisenbieger an und stellt einfache technische Übersichten, wie Bauprogramme her, und kontrolliert die Baufortschritte. Er war auch mit den Vorarbeiten für Abrechnung und Kalkulation befaßt. Diese wurden von mir überprüft und gemeinsam fertiggestellt.

(Der Dienstnehmer) ... war in allen seinen Tätigkeiten mir

unterstellt bzw. kontrollierte ich den Großteil seiner

Tätigkeiten. Es trifft somit der Umstand der Gruppe A2

bautechnischer Gehilfe, letzte Zeile, zu, daß er einem in

Gruppe A3 bis A5 Tätigen als Gehilfe zur Seite steht. Es trifft

zu, daß ... (der Dienstnehmer) ... auch Tätigkeiten

durchführte, die in die Gruppe A3 fallen. Überwiegend war seine

Tätigkeit jedoch in die Gruppe A2 einzuordnen. Wesentliche

Voraussetzungen für die Gruppe für die Einstufung in A3

fehlen ... (dem Dienstnehmer) ... er führte keine statischen

Berechnungen und Vermessungen durch, obwohl dies in meinem Betrieb nötig wäre und er führte keine Kalkulationen in schwierigeren Bereichen durch."

Nach Einholung weiterer Stellungnahmen der mitbeteiligten Partei und der Beschwerdeführerin erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 18. Jänner 1989 (richtig: 18. Jänner 1990), womit dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben wurde. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründet die belangte Behörde diesen Bescheid wie folgt:

"Der Dienstnehmer ... hat die Maurerlehre erfolgreich

abgeschlossen und drei Semester eine Bauhandwerkerschule

besucht. Er ist seit 1972 bei der ... (Beschwerdeführerin) ...

beschäftigt. Zumindest seit 1980 ist er beim Dienstgeber einschlägig tätig. Der Dienstnehmer erfüllt somit die Grundvoraussetzungen sowohl für die Einstufung in die Gruppe A2 als auch jene der Gruppe A3 des Kollektivvertrages für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie. Hinsichtlich der Tätigkeit gehören in die Gruppe A2 u.a. die bautechnischen Gehilfen und Bauzeichner. Bautechnische Gehilfen sind hiebei jene Angestellte, die unter Aufsicht eines Bautechnikers, Bauingenieurs oder Bauleiters, Baubeschreibungen und Auszüge aus Bewehrungsplänen für die Eisenbieger anfertigen, statische Berechnungen abschreiben, einfache technische Übersichten, wie Bauprogramme, Tafeln, die den Baufortschritt erkennen lassen und dergleichen herstellen, die Bautageberichte schreiben, Hilfsdienste bei Vermessungs- und Abrechnungsarbeiten leisten, Materialuntersuchungen vorbereiten und einfache Materialprüfungen vornehmen, kurz, den bautechnischen Angestellten der Gruppe A3 bis A5 als Gehilfen zur Seite stehen. Bautechniker ist ein Angestellter, welcher unter Aufsicht eines bautechnischen Angestellten Pläne abzeichnet, Maßskizzen durchzeichnet, Zeichnungen auszieht und anlegt, Pläne beschriftet, Zeichnungen in andere Maßstäbe überträgt, einfache Schalungszeichnungen und einfache grafische Darstellungen anfertigt, Baupläne nach Skizzen ohne besondere Anleitung aufträgt und kotiert.

In die Gruppe A3 gehören u.a. Bautechniker für Abrechnungen, Bauführung, Entwurf, Kalkulation, Konstruktion (Statik) und Vermessung. Bautechniker sind Angestellte, die für einzelne bzw. mehrere dieser Aufgaben Verwendung finden und je nach Umfang ihres Aufgabenbereiches alle oder einen Teil der folgenden Arbeiten verrichten: Vorarbeiten und Aufstellung der Bauabrechnung, also zum Beispiel aufmessen, zeichnerisches Festhalten, ausrechnen und auswerten der Bauleistung, Anfertigung von Bauabrechnungen aufgrund durch andere Personen gelieferten Baustellenausmaße, Überwachung von Bauausführungen nach Weisungen des Dienstgebers oder eines Beauftragten, Anfertigung von Bauberichten, etc. Ferner bautechnisches Entwerfen einfacher baulicher Anlagen, anfertigen der Pläne hiezu, verfassen einfacher Baubeschreibungen und ausarbeiten bautechnischer Einzelheiten, ermitteln von Preisen für Bauausführungen, ausarbeiten von Stundenkalkulationen, führen aller notwendigen Aufzeichnungen für die Baupreisbildung.

Sowohl laut den Angaben des Einspruchswerbers als auch des Dienstnehmers fallen die einzelnen angegebenen Tätigkeiten des Dienstnehmers ... überwiegend in das Tätigkeitsbild nach der Beschäftigungsgruppe A3. Der Dienstgeber führt als wesentliches Kriterium für die Einreihung in A2 an, daß die Tätigkeit nur aufgrund seiner Weisung und Kontrolle durchgeführt werden und bestimmte Tätigkeiten (Statik, Vermessung) vom Dienstnehmer überhaupt nicht durchgeführt werden.

Der Umstand einer Kontrolle durch den Dienstgeber schließt

eine Einreihung in die Gruppe A3 nicht aus, wenn die

Tätigkeiten selbst, wie im vorliegenden Fall - solche der

Gruppe A3 sind. Ferner gibt der Dienstnehmer eindeutig an, die

Arbeiten selbständig durchzuführen. Es kann somit keinesfalls

davon gesprochen werden - wie zu A2 angeführt - daß ... (der

Dienstnehmer) ... einem Angestellten der Gruppe A3 bis A5 als

Gehilfe zur Seite stehe.

Ein Indiz dafür, daß der Einspruchswerber selbst früher eine Einstufung und somit eine Qualifikation in Gruppe A3 vornahm, ist der Umstand, daß z.B. der Dienstnehmer im Jahre 1982 unbestrittenermaßen S 10.300,-- + S 2.000,-- freiwillige Zulage vom Dienstgeber erhielt, wobei das Kollektivvertragsgehalt per 1.4.1982 S 10.310,-- betrug. Der Dienstnehmer wurde somit bereits im Jahre 1982 vom Dienstgeber genau mit dem Kollektivvertragsgehalt in A3 (S 10.310,--) + S 2.000,-- Gehaltszulage entlohnt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß es für die Frage der Höhe der im Sinne des § 49 ASVG zu entrichtenden Beiträge auf den "Anspruchslohn" oder das "höhere" tatsächlich geleistete Entgelt ankommt. Unter dem "Anspruchslohn" wird jenes Entgelt verstanden, auf das der einzelne Dienstnehmer Anspruch hat, wobei in denjenigen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge zu bilden hat. Dies ohne Beachtung des Umstandes, daß ein Lohnteil, der dem einzelnen Dienstnehmer zusteht, allenfalls tatsächlich nicht ausbezahlt wird (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1984, Zl. 81/08/0211, und vom 25. April 1985, Zl. 85/08/0003, uva.).

In der im vorliegenden Beschwerdefall daher allein strittigen Frage der Einstufung des Dienstnehmers in die Beschäftigungsgruppeneinteilung des anzuwendenden Kollektivvertrages beruft sich die Beschwerdeführerin - wie schon im Verwaltungsverfahren - u.a. auf die Bestimmungen der §§ 8 und 9 des Kollektivvertrages, während die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift auf den Inhalt der Tätigkeit des Dienstnehmers und die ihrer Meinung nach gegebenen Merkmale der Beschäftigungsgruppe A3 verweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Beitragsgrundlagen nach § 49 ASVG nach der Rechtslage zu ermitteln, die in den Zeiträumen in Geltung stand, für welche die Beitragsgrundlagen zu ermitteln sind (vgl. die Erkenntnisse vom 26. März 1987, Zl. 86/08/0175, und vom 14. April 1988, Zl. 87/08/0052).

Es ist daher im Beschwerdefall von entscheidender Bedeutung, welcher Kollektivvertrag auf das Dienstverhältnis des Dienstnehmers zur Beschwerdeführerin anzuwenden ist (nach dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin bzw. der Begründung des angefochtenen Bescheides ist vom

Kollektivvertrag für Angestellte im Baugewerbe bzw. vom

Kollektivvertrag für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie die Rede) und welchen Inhalt die für die Einstufung von Dienstnehmern in Beschäftigungsgruppen maßgebenden Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages im hier maßgebenden Zeitraum (nach dem im Akt der mitbeteiligten Partei enthaltenen Beitragsrechnungen handelt es sich um eine Nachverrechnung für den Zeitraum vom 1. April 1985 bis 31. August 1988) hatte.

Aus dem Akt der belangten Behörde ergibt sich zwar, daß die Beschwerdeführerin die ihrer Meinung nach maßgebende Fassung dieses Kollektivvertrages in einer Teilablichtung vorgelegt hat, jedoch wurde dieser Kollektivvertrag offenbar nicht zu den Verwaltungsakten genommen; er ist jedenfalls in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht enthalten. Aus dem oben wiedergegebenen Begründungsteil des angefochtenen Bescheides ist nun weder zweifelsfrei zu entnehmen, von welchem Kollektivvertrag die belangte Behörde konkret ausgegangen ist, noch, ob die belangte Behörde in ihren Ausführungen über den Inhalt der hier maßgebenden Beschäftigungsgruppen A2 und A3 eigene Schlußfolgerungen oder den Inhalt des Kollektivvertrages wiedergegeben hat. Auch ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, welchen Inhalt die Bestimmung des § 8 des Kollektivvertrages hat, auf welchen sich die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren und auch in ihrer Beschwerde berufen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Grundsatz der richterlichen Rechtskenntnis ("iura novit curia") auf einen Kollektivvertrag nicht anzuwenden, sodaß Tatsachenfeststellungen über dessen genauen Inhalt unerläßlich sind, um die Rechtmäßigkeit eines auf solche Kollektivvertragsbestimmungen gestützten Bescheides prüfen zu können (vgl. das Erkenntnis vom 8. Oktober 1987, Zl. 87/08/0126, und vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0161, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur und vom 27. März 1990, Zlen. 89/08/0250, 0278).

Da die belangte Behörde somit gerade im entscheidungswesentlichen Zusammenhang eindeutige und nachvollziehbare Feststellungen über den anzuwendenden Kollektivvertrag und dessen Inhalt in den maßgebenden Beitragszeiträumen nicht getroffen hat, bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Aus verfahrensökonomischen Gründen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß es sich in Einstufungsfragen in der Regel als zweckmäßig erweist, den gesamten in Betracht kommenden Text des Kollektivvertrages zumindest aktenkundig zu machen, um eine Auslegung der einzelnen Einstufungskriterien gegebenenfalls auch aus deren Gesamtzusammenhang vornehmen bzw. die vorgenommene Auslegung auf ihre rechtliche Stichhaltigkeit überprüfen zu können. Der Verwaltungsgerichtshof weist ferner darauf hin, daß die belangte Behörde - sollte es nach dem Inhalt des Kollektivvertrages auf die überwiegend ausgeübte Tätigkeit ankommen - im fortgesetzten Verfahren auch festzustellen haben wird, in welchem zeitlichen Ausmaß der Dienstnehmer die einzelnen Tätigkeiten verrichtet hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, jedoch begrenzt durch das - hinter den in der Verordnung enthaltenen Pauschalsätzen zurückbleibende - Kostenbegehren, welches die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift gestellt hat. Das auf den Ersatz von Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren mußte im Hinblick auf die gemäß § 110 ASVG im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende sachliche Abgabenfreiheit abgewiesen werden.

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