VwGH 81/08/0211

VwGH81/08/021126.1.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Waldner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde der NN Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Hansjoachim Scheibner, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Oktober 1981, Zl. MA 14-T 14/74 , betreffend Beitragsnachzahlung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wien X, Wienerbergstraße 15- 19), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs2;
ASVG §49 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 7. Mai 1974 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 und 3 leg. cit. in Verbindung mit den §§ 49 und 54 leg. cit. sowie § 62 Abs. 2 AlVG 1958 verpflichtet sei, für Sonderzahlungen, die für dreizehn im Bescheidspruch genannte Dienstnehmer in den Jahren 1971 und 1972 nicht in gebührender Höhe gemeldet worden seien, Sonderbeiträge in der Gesamthöhe von S 5.576,42 an die mitbeteiligte Partei zu entrichten. Begründet wurde der Bescheid unter Bezug auf die Bestimmungen des Kollektivvertrages für Handelsangestellte Österreichs, wonach alle Angestellten und Lehrlinge jährlich eine Weihnachtsremuneration in der Höhe von 100 % des Novembergehaltes bzw. der im November ausgezahlten Lehrlingsentschädigung erhielten, damit, dass anlässlich der am 8. November 1973 bei der Beschwerdeführerin und deren Steuerberater durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin die Weihnachtsremuneration der im Spruch genannten Dienstnehmer in den Jahren 1971 und 1972 der mitbeteiligten Partei nicht in der tatsächlich gebührenden Höhe bekannt gegeben habe.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wandte die Beschwerdeführerin ein, die Bezüge der in Betracht kommenden Angestellten setzten sich aus zwei Komponenten zusammen, nämlich einem Fixum und einer Verkaufsprovision. Während die Höhe des Fixums in den einschlägigen Vorschriften des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs begründet sei, betrage die Verkaufsprovision 1 % des vom einzelnen Angestellten getätigten Verkaufsumsatzes. Der zitierte Kollektivvertrag enthalte für diese Form der Provision keine Bestimmungen im Zusammenhang mit der Bemessung der Sonderzahlungen, sondern treffe nur eine diesbezügliche Regelung für Platzvertreter mit Provision und Reisende mit Provision, wobei Abschnitt D lit. a des Kollektivvertrages jene Fälle behandle, in denen neben dem Bezug einer Provision auch der eines Fixums vorgesehen sei. Die Grundsätze dieser Regelung müssten in Ermangelung einer anders lautenden kollektivvertraglichen Anordnung per analogiam auch für die Angestellten des Betriebes der Beschwerdeführerin zur Anwendung gelangen. Dies bedeute, dass nur das Fixum als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Sonderzahlungen herangezogen werden dürfe. Eine andere Konstruktion würde auch zu gänzlich unvertretbaren Ergebnissen führen, da es dem Zufall überlassen bliebe, in welcher Höhe die Sonderzahlungen zur Auszahlung zu bringen wären. Der in den einzelnen Kalendermonaten schwankende Verkaufsumsatz könnte je nach seiner Höhe im relevanten, d.h. in dem den Umfang der Sonderzahlung bestimmenden Kalendermonat, sowohl zu Härten für den Dienstnehmer als auch zu nicht gerechtfertigter Belastung des Dienstgebers führen. Solange der Kollektivvertrag keine Regelung, wie etwa die Berücksichtigung der während eines ganzen Kalenderjahres auf den einzelnen Monat entfallenden durchschnittlichen Provisionshöhe enthalte, müssten die Provisionen, wie dies folgerichtig auch in der angeführten Kollektivvertragsvorschrift geschehen sei, bei der Bemessung der Sonderzahlungen außer Betracht bleiben. Anders lägen die Dinge zweifellos dann, wenn das neben der Provision vereinbarte Fixum nicht mindestens das kollektivvertraglich gesicherte monatliche Entgelt betrage. In einem solchen Fall müsste die Sonderzahlung auf der Basis des kollektivvertraglichen Gehaltes gezahlt werden. Im gegenständlichen Fall sei jedoch das im Kollektivvertrag normierte Entgelt, das die Weihnachtsremuneration in ihrer Höhe bestimmt habe, nicht unterschritten worden. Die Sonderzahlungen seien auf Basis dieses Entgeltes und somit in richtiger Höhe berechnet worden.

Die mitbeteiligte Partei teilte in ihrer Stellungnahme zum Einspruch diese Rechtsauffassung nicht. Anlässlich der bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Beitragsprüfung sei nämlich festgestellt worden, dass an die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Verkäuferinnen des Betriebes regelmäßig monatlich eine Prämie in der Höhe von 1 bis 5 % des monatlich getätigten Umsatzes zur Auszahlung gelange. Diese Prämien seien durch ihre Zurechnung zum monatlichen Fixum als laufender Bestandteil desselben anzusehen, was auch dadurch zum Ausdruck komme, dass von der Beschwerdeführerin Fixum und Prämien zusammen der allgemeinen Beitragsgrundlage unterworfen würden. Somit bilden beide Bestandteile das zustehende Entgelt der jeweiligen Dienstnehmerin und damit auch das monatliche Gehalt, die im Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs hervorgehobenen 100 %. Vom Entgelt, somit dem zu 100 % zustehenden Gehalt unter Einschluss aller eventuellen Zulagen und Prämien, gehe auch § 49 Abs. 2 ASVG grundsätzlich aus, wenn dort von Bezügen im Sinne des § 49 Abs. 1 leg. cit. die Rede sei, die in größeren als den Beitragszeiträumen zur Auszahlung gelangten. Nach den Bestimmungen des ASVG seien Sonderzahlungen Bezüge, die im Falle der Weihnachtsremuneration sämtliche Teile des normalen Entgelts umfassten, auf das ein Anspruch seitens des Dienstnehmers bestehe. Für den gegebenen Fall bedeute dies, dass die strittigen Umsatzprämien, die monatlich wiederkehrende Bezüge seien, auch in die Sonderzahlungen eingerechnet und der Beitragsgrundlage derselben zugerechnet werden müssten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab. In der Begründung wurde nach kurzer Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides sowie des Vorbringens der Parteien des Einspruchsverfahrens ausgeführt, es hätten in Gutachten der Hauptverband der Sozialversicherungsträger den Rechtsstandpunkt der Kasse, die Wiener Handelskammer, Sektion Handel, und die Gewerkschaft der Privatangestellten hingegen den Standpunkt vertreten, dass der Entgeltsbegriff wohl auch Provisionen umfasse, was jedoch nicht für den Monatsgehalt gelten könne, wenn Anspruch auf Fixum und monatlich wechselnde Provision bestehe. Fixum sei festes Grundgehalt. Die Gehaltsordnung der Handelsangestellten treffe eine dreifache Unterscheidung in Angestellte mit Fixum und Provision, Angestellte mit Gehalt und Angestellte, die nur Provision bekämen, was zum Schluss führe, dass das Provisionseinkommen des Angestellten dem Monatsgehalt nicht zuzurechnen und daher bei den Sonderzahlungen nicht zu berücksichtigen sei. Zur Stützung dieser Ansicht habe die Beschwerdeführerin mehrere arbeitsgerichtliche und "obergerichtliche" Entscheidungen vorgelegt. Nach Zitierung der §§ 49 Abs. 1 und 2 ASVG sowie 54 leg. cit. begründete die belangte Behörde ihren Rechtsstandpunkt wie folgt: Gehe man bei der rechtlichen Betrachtung davon aus, dass es die Beschwerdeführerin selbst gewesen sei, die die strittigen Verkaufsprovisionen in die allgemeine Beitragsgrundlage einbezogen und schon damit zum Ausdruck gebracht habe, dass sie diesen Verkaufsprovisionen den Charakter eines Entgeltteiles beigelegt habe, so könne daraus nur geschlossen werden, dass dem nunmehrigen Einspruchsvorbringen, das sich im wesentlichen nur mit arbeitsrechtlichen Zurechnungsproblemen und damit beschäftige, aus welchen Teilen sich die Weihnachtsremuneration der Angestellten zusammensetze, keine rechtliche Bedeutung mehr zukommen könne, da die vorgelegten Entscheidungen ebenfalls nur Zurechnungsprobleme beinhalteten, auf den sozialversicherungsrechtlichen Bereich jedoch nicht eingingen. Für den im strittigen Fall allein relevanten sozialversicherungsrechtlichen Bereich bestimme § 49 Abs. 1 ASVG in verbindlicher Form, dass beitragspflichtiges Entgelt grundsätzlich alle Beträge zu sein hätten, die dem Beschäftigten aus dem Dienstverhältnis vom Dienstgeber oder sogar von einem Dritten zukämen. Auf die gleiche Weise seien nach § 49 Abs. 2 leg, cit. auch die Sonderzahlungen zu betrachten. Es sei hiebei völlig gleichgültig, wie der Geldbetrag, den der Dienstnehmer ins Verdienen bringe, betitelt werde; maßgeblich sei eben nur, dass dieser Geldbetrag aus dem Dienstverhältnis selbst stamme. Im Gegenstand sei jedoch völlig unbestritten, dass die in Rede stehenden Verkaufsprovisionen aus dem Dienstverhältnis stammten. Dies werde auch noch durch deren Einbeziehung in die allgemeine Beitragsgrundlage bekräftigt. Zuordnungsprobleme hätten in diesem Zusammenhang für das Beitragsrecht keinen Belang, sondern es seien vielmehr diejenigen Entgeltteile, die der Gesetzgeber nicht der Beitragspflicht habe unterworfen wissen wollen, in der Bestimmung des § 49 Abs. 3 ASVG taxativ aufgezählt. Die in Rede stehenden Verkaufsprovisionen, die den genannten Dienstnehmern regelmäßig, wenn auch in wechselnder Höhe zugekommen seien, fänden sich in dieser Aufzählung nicht. Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen könne daher der Entscheidung der mitbeteiligten Partei nicht mehr entgegengetreten werden, insbesondere deswegen nicht, weil, würde man der Ansicht der Beschwerdeführerin, formale Zuordnungsprobleme seien für die Beitragspflicht maßgeblich, folgen, letztlich der Zustand eintrete, dass es den Dienstgebern im Wege eigener Zuordnung überlassen bliebe, welche Entgeltteile sie überhaupt der Beitragspflicht unterwerfen wollten. Eine derartige Auslegung würde jedoch unhaltbarerweise dem Geist des ASVG und dem Schutz der Versichertengemeinschaft zuwiderlaufen. Auf Grund dieser klaren Sach- und Rechtslage habe die belangte Behörde auch von der Einholung einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführerin absehen können, weil, wie schon ausgeführt worden sei, die zuletzt eingeholten Gutachten nur auf arbeitsrechtliche Zuordnungsbelange im Entlohnungsschema der Handelsangestellten, nicht jedoch auf sozialversicherungsrechtliche und vor allem beitragsrechtliche Belange eingegangen seien und eine weitere Stellungnahme der Beschwerdeführerin neue Aspekte relevanter Art daher nicht hätte erbringen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Es sei völlig richtig, dass die Provisionen, die die betroffenen Dienstnehmer allmonatlich neben ihrem Fixum erhalten hätten, als versicherungspflichtiges Entgelt anzusehen seien. Dies sei jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens. Zu klären sei vielmehr, ob die Beschwerdeführerin den genannten Dienstnehmern zu Recht nur eine Weihnachtsremuneration in der Höhe des Fixums ausbezahlt habe, oder ob ihnen eine Weihnachtsremuneration auch von den Provisionen zustehe. Diese Frage hätte die belangte Behörde nach den jeweiligen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, im konkreten Fall nach dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte Österreichs und dem Angestelltengesetz, zu prüfen gehabt. Nach diesem Kollektivvertrag erhielten die Angestellten mit Fixum und Provision eine Weihnachtsremuneration in der Höhe des Novemberfixums. Die im November erzielten Provisionen seien, wie der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Oktober 1978, 4 Ob 97/78, sowie die Wiener Handelskammer in ihrem Gutachten ausgeführt hätten, bei der Berechnung der Weihnachtsremuneration nicht zu berücksichtigen gewesen. Die belangte Behörde vermeine aber völlig zu Unrecht, bei der Prüfung der Frage, auf welches Entgelt ein Dienstnehmer Anspruch habe, nicht an arbeitsrechtliche Bestimmungen gebunden zu sein, sondern frei beurteilen zu dürfen, welche Ansprüche einem Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis zukommen müssten. Sie könne daher auch dann Beiträge vorschreiben, wenn die Arbeitsgerichte einen Entgeltanspruch verneinten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 29. Novelle, BGBl. Nr. 31/1973, ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Nach § 49 Abs. 2 leg. cit. sind Sonderzahlungen, das sind Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen.

Da § 49 Abs. 2 leg. cit. auf den ersten Absatz dieser Gesetzesbestimmung verweist (arg. "Sonderzahlungen, das sind Bezüge im Sinne des Abs. 1"), sind trotz der Wendung "gewährt werden" unter Sonderzahlungen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht nur solche Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem pflichtversicherten Dienstnehmer (Lehrling) in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen tatsächlich "zukommen", sondern entweder Geld- und Sachbezüge, auf die er aus dem Dienst(Lehr)verhältnis "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen" (vgl. dazu Erkenntnisse vom 4. Juni 1958, Slg. N. F. Nr. 4693/A, 296/57 und vom 11. Mai 1960, 2228/59, Slg. N. F. Nr. 5295/A) Anspruch hat, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihm überhaupt oder in der gebührenden Höhe zukommen, oder die er darüber hinaus in diesen "Zeiträumen" auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten tatsächlich erhält (vgl. Erkenntnis vom 8. April 1959, 402/57, Slg. N. F. Nr. 4930/A, vom 15. Juli 1959, 981/58, Slg. N. F. Nr. 5032/A, vom 22. Jänner 1969, Zl. 971/68, vom 27. November 1981, Zl. 08/1859/79, und vom 18. Juni 1982, Zl. 81/08/0191).

Im Beschwerdefall geht es nun, wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, nicht um die beitragsrechtliche Bewertung von Geld- und Sachbezügen im Sinne des § 49 Abs. 1 oder 2 ASVG, die die Beschwerdeführerin den im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannten Angestellten in den Jahren 1971 und 1972 tatsächlich bezahlt hat (nämlich um die monatlich bezahlten Gehälter und Verkaufsprämien sowie um die im Jahre 1972 freiwillig gezahlten erhöhten Weihnachtsremunerationen), sondern ausschließlich darum, ob diese Angestellten in den genannten Jahren auf eine höhere als die ihnen tatsächlich gezahlte Weihnachtsremuneration Anspruch hatten und ob deshalb höhere Beiträge zu entrichten waren.

Ob aber ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug, sowie auch auf eine Weihnachtsremuneration in einer bestimmten Höhe besteht, ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. unter anderem Erkenntnisse vom 18. September 1963, Zl. 872/63, vom 22. April 1964, 963/63, Slg. N. F. Nr. 6315/A, und vom 22. Dezember 1975, Zl. 703/75), nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Darnach bleibt aber die Regelung der Frage, ob ein Angestellter überhaupt einen solchen Anspruch hat, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen und in welchem Umfang er besteht und wann er fällig ist, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht (§ 16 Angestelltengesetz allein reicht dazu nicht aus), einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen (vgl. Oberster Gerichtshof ArbSlg. 10.086) dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. Oberster Gerichtshof ArbSlg. 8.898 = ZAS 1971, Seite 142, mit Entscheidungsanmerkung von Winkler; ArbSlg. 9.781 sowie unter Bezug darauf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1980, Zlen. 2079/78, 2080/78, vom 24. November 1981, Zl. 3090/80, und vom 12. April 1983, Zl. 82/11/0224, aber auch das schon zitierte Erkenntnis vom 22. April 1964, Slg. N. F. Nr. 6315/A).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist es zunächst für die allein streitentscheidende Frage, ob die in den erstinstanzlichen Bescheiden genannten Angestellten in den Jahren 1971 und 1972 Anspruch auf eine (die ihnen monatlich bezahlten Verkaufsprovisionen berücksichtigende) erhöhte Weihnachtsremuneration hatten, ohne jegliche Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin die "strittigen Verkaufsprovisionen in die allgemeine Beitragsgrundlage einbezogen hat". Denn aus dem Umstand allein, dass die Beschwerdeführerin die monatlich bezahlten Verkaufsprovisionen selbst als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG bewertete und daher als zur allgemeinen Beitragsgrundlage im Sinne des § 44 Abs. 1 leg. cit. zugehörig erachtete (nur damit befasste sich das "Gutachten" des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger), kann keineswegs geschlossen werden, dass deshalb den mehrfach genannten Angestellten auch ein Anspruch auf irgendeine Berücksichtigung dieser Provision bei der Berechnung der Weihnachtsremuneration zustand. Ob ein solcher Anspruch bestand, hängt vielmehr - entgegen der Auffassung der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei - doch von "arbeitsrechtlichen Zurechnungsproblemen" nämlich, wie die Beschwerdeführerin mit Recht betont, von der Auslegung jener Rechtsgrundlagen ab, auf die sich die Ansprüche der mehrfach genannten Angestellten auf Weihnachtsremuneration in den Jahren 1971 und 1972 stützten. Nach dem insofern unbestrittenen Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und im Einklang mit der Aktenlage war dies der für die Jahre 1971 und 1972 geltende Kollektivvertrag (die Kollektivverträge) für Handelsangestellte. Eine den oben dargelegten Grundsätzen entsprechende Bewertung der strittigen Rechtsfrage hätte daher einerseits eines Ausweises jener Bestimmungen des (der) maßgebenden Kollektivvertrages (Kollektivverträge) bedurft, die eine Beantwortung dieser Rechtsfrage ermöglichen, und andererseits der darnach allenfalls notwendigen konkreten Feststellungen über die an die mehrfach genannten Angestellten in den Jahren 1971 und 1972 bezahlten (und/oder gebührenden) monatlichen Gehälter und Verkaufsprovisionen. Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene und als solche von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene Feststellung, es gebühre nach den Bestimmungen des (im Beschwerdefall anzuwendenden) Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs allen Angestellten und Lehrlingen jährlich eine Weihnachtsremuneration in der Höhe von 100 % des Novembergehaltes bzw. der im November ausgezahlten Lehrlingsentschädigung, genügte für eine ausreichende rechtliche Beurteilung der strittigen Rechtsfrage nicht. Denn einerseits impliziert die richtige Erkenntnis, dass die an die mehrfach genannten Angestellten in den Jahren 1971 und 1972 bezahlten Verkaufsprovisionen als Bestandteile des Entgeltes im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG (sowie des § 1152 ABGB: vgl. dazu Oberster Gerichtshof ArbSlg. 9.798 und 9.430) zu werten sind, nicht ohne weiteres, dass sie damit auch unter den Begriff des "Novembergehaltes" im Sinne der oben genannten Kollektivvertragsbestimmung subsumiert werden durften. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, hätte vielmehr aus dieser Kollektivvertragsbestimmung im Zusammenhang mit anderen, die Weihnachtsremuneration von Angestellten betreffenden Regelungen dieses Kollektivvertrages geklärt werden müssen. Andererseits genügte gerade im Hinblick darauf, dass nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin der im Beschwerdefall anzuwendende Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs auch andere Bestimmungen über die Weihnachtsremuneration als die von der erstinstanzlichen Behörde festgestellten enthalten soll, diese Feststellung nicht (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 24. Oktober 1978, 4 Ob 97/78, in dem eine ähnliche Frage nach dem in den Jahren 1974 bis 1977 geltenden Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs zu beurteilen war).

Zum oben wiedergegebenen allgemeinen Einwand der belangten Behörde gegen die Relevanz arbeitsrechtlicher "Zuordnung" von Entgeltbestandteilen für die Beitragspflicht sei abschließend folgendes bemerkt: Dadurch, dass das Gesetz, wie ausgeführt wurde, die Beitragspflicht unter anderem an das Bestehen zivilrechtlicher (arbeitsrechtlicher) Entgeltansprüche eines Versicherten knüpft, folgt keineswegs "dass es den Dienstgebern im Wege eigener Zuordnung überlassen bliebe, welche Entgeltteile sie überhaupt der Beitragspflicht unterwerfen wollten". Steht nämlich einmal auf Grund einer zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Bewertung fest, dass ein Versicherter Ansprüche auf "Entgeltteile" hat (auch dies ist keineswegs schlechthin der Gestaltungsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien oder gar allein des Dienstgebers überlassen), so ist die sozialversicherungsrechtliche Bewertung nach den sozialversicherungsrechtlichen Normen vorzunehmen, die freilich wieder im Einzelfall an zivilrechtliche Gestaltungen anknüpfen können, nicht aber dem Belieben des Dienstgebers.

Da die belangte Behörde, ausgehend von der unrichtigen Rechtsauffassung, es gebührte den mehrfach genannten Angestellten in den Jahren 1971 und 1972 schon deshalb eine höhere Weihnachtsremuneration, weil sie monatliche Verkaufsprovisionen erhielten, keine Feststellungen über die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des Kollektivvertrages für Handelsangestellte Österreichs (der betreffenden Kollektivverträge) getroffen hat, und dadurch eine hinreichende rechtliche Beurteilung der Frage, ob die nach § 54 ASVG sowie die nach § 61 Abs. 2 in Verbindung mit § 62 Abs. 2 AVG 1958, BGBl. Nr. 199, vorgeschriebenen Sonderbeiträge zu entrichten sind, nicht möglich ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Kostenmehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 ASVG abzuweisen.

Wien, am 26. Jänner 1984

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