VwGH 86/08/0239

VwGH86/08/023919.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puch und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. September 1986, Zl. SV-774/7-1986, betreffend Behebung eines Bescheides in einer Beitragsangelegenheit nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: MB, R), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §357;
ASVG §409 Satz1;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §410 Abs1;
ASVG §410;
ASVG §412 Abs2;
ASVG §413;
ASVG §54 Abs1;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
BSVG §182;
BSVG;
GSVG 1978 §194;
ASVG §357;
ASVG §409 Satz1;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §410 Abs1;
ASVG §410;
ASVG §412 Abs2;
ASVG §413;
ASVG §54 Abs1;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
BSVG §182;
BSVG;
GSVG 1978 §194;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Oktober 1984 gewährte die Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten ab 1. November 1984 eine Alterspension von monatlich S 2.607,50, deren Bemessung nach der Begründung des Bescheides 298 Versicherungsmonate und eine Bemessungsgrundlage von S 5.085,-- zugrunde gelegt wurden.

Mit Bescheid vom 21. April 1986 stellte die Beschwerdeführerin fest, daß für die Mitbeteiligte gemäß § 23 BSVG in der Zeit vom 1. Juni 1983 bis 31. Dezember 1983 als Grundlage für die Bemessung der Beiträge zur Pensions- (Betriebshilfe) und zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung der Versicherungswert (monatlich Beitragsgrundlage) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes von S 6.240,-- und vom 1. Jänner 1984 bis 31. Oktober 1984 von S 6.490,-- heranzuziehen gewesen sei. Nach Bescheidbegründung habe die Beschwerdeführerin erst nach Zuerkennung der Pension an die Mitbeteiligte davon Kenntnis erhalten, daß schon mit Kaufverträgen vom 3. Mai 1983 zum Betrieb der Mitbeteiligten und ihres Ehegatten gehörige land(forst)wirtschaftliche Flächen im Gesamtausmaß von 7,63 ha verkauft worden seien. Für die Zeit vom 1. Juni 1983 bis 31. Oktober 1984 sei daher für die Berechnung der Beitragsgrundlage gemäß § 23 BSVG ein Einheitswert von S 85.000,-- heranzuziehen gewesen.

In dem dagegen erhobenen Einspruch wandte die Mitbeteiligte ein, daß der Einheitswert des derzeit verpachteten Betriebes (der Mitbeteiligten und ihres Ehegatten) nicht wie im angefochtenen Bescheid angegeben S 85.000,--, sondern S 98.000,-- bzw. S 102.000,-- betrage, wofür heute noch Steuern und Abgaben berechnet würden. Die Sozialversicherungsbeiträge an die Beschwerdeführerin seien bis November 1984 nach den richtiggestellten Einheitswerten bezahlt worden. Da sie auch nach diesen berechnet worden seien, sehe sie eine Änderung des Einheitswertes, wie sie im Bescheid durchgeführt worden sei, als ungerecht an.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch Folge und hob den Bescheid der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 auf. Nach dem Einheitswertbescheid vom 8. April 1981 betrage die Gesamtgröße des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes der Mitbeteiligten und ihres Ehegatten 45,95 ha. Mit Kaufvertrag vom 3. Mai 1983 hätten die Mitbeteiligte und ihr Ehegatte land(forst)wirtschaftliche Gründe im Gesamtausmaß von 7,63 ha verkauft. Die Mitbeteiligte habe in ihrem Antrag auf Alterspension vom 1. Oktober 1984 ausdrücklich und wahrheitsgemäß vermerkt, daß das Ausmaß ihres Betriebes am 1. November 1984 (nun mehr) 38 ha betrage. Mit Bescheid vom 30. Oktober 1984 habe die Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten ab 1. November 1984 eine Alterspension von monatlich S 2.607,50 gewährt, deren Berechnung 298 Versicherungsmonate und eine Bemessungsgrundlage gemäß § 113 BSVG von S 5.085,-- zugrunde gelegt worden seien. Dieser Bescheid inkludiere also auch eine Entscheidung über die Beitrags- und Bemessungsgrundlage, auf der die Höhe der Pension beruhe. Der in § 68 Abs. 1 AVG enthaltene Grundsatz, daß über ein und dieselbe Sache nur einmal entschieden werden dürfe, schließe aus, nach Erlassung des Pensionsbescheides die Pensionsgrundlagen neu festzustellen bzw. herabzusetzen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne der Umstand, daß im § 357 ASVG der § 68 AVG nicht angeführt sei, den Versicherungsträger keinesfalls der Verpflichtung entheben, auch in seinen Entscheidungen dem die österreichische Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz der Rechtskraft behördlicher Entscheidungen zum Durchbruch zu verhelfen, deren Wesen in der Bindung der Behörden und der Parteien an den behördlichen Ausspruch und deren Wirkung in der Endgültigkeit und der Unanfechtbarkeit der Entscheidung bestehe. Der angefochtene Bescheid verstoße gegen den Grundsatz der Rechtskraft und sei somit ohne Grund von Amts wegen erlassen worden. Die belangte Behörde habe daher lediglich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verfügen. Er sei aber auch mit dem gemäß § 182 BSVG für den Bereich dieses Gesetzes geltenden § 410 Abs. 1 ASVG nicht vereinbar. Nach dieser Gesetzesstelle habe der Versicherungsträger in Verwaltungssachen einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststelle. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Feststellung von Rechten und Pflichten der Mitbeteiligten. Unter den Ziffern 1 bis 7 des § 410 Abs. 1 ASVG seien bestimmte Verwaltungssachen (Fälle) umschrieben bzw. angeführt, in denen der Versicherungsträger einen Bescheid zu erlassen habe. Keiner dieser Fälle erfasse die vorliegende Angelegenheit. Auch daraus folge die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Der Bescheid lasse außer acht, daß der seinerzeitige Pensionsbescheid im Spruch nicht über die Höhe der Beitragsgrundlage abgesprochen habe. Die Feststellung der Höhe der Beitragsgrundlage stelle sich daher im Leistungsverfahren nur als eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Die Annahme, daß bereits entschiedene Rechtssache vorliege, sei somit nicht richtig, da auch vor dem Bescheid der Beschwerdeführerin vom 21. April 1986 kein Bescheid über die Beitragsgrundlage erlassen worden sei. Die weitere Begründung, wonach die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 410 Abs. 1 ASVG gar keine Legitimation zur Erlassung des Bescheides vom 21. April 1986 gehabt habe, sei nicht haltbar. Dies sei bereits daraus erkennbar, daß die in den Ziffern 1 bis 7 der genannten Gesetzesstelle angeführten Verwaltungssachen nicht taxativ aufgezählt seien. Die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Erlassung des Bescheides ergebe sich daraus, daß sie in ihren Verwaltungssachen die richtige Höhe der Beitragsgrundlagen, insbesondere auch für die Zwecke der Pensionsversicherung, auf deren materiellen Wahrheit zu überprüfen habe. Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahren ergebe, sei die von der Mitbeteiligten vorgenommene Flächenänderung durch Verkauf der Liegenschaften im Mai 1983 entgegen der ausdrücklichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 BSVG nicht rechtzeitig gemeldet worden. Die Tatsache, daß im Antrag auf Alterspension das allenfalls richtige Ausmaß des nun übergebenen Betriebes rein flächenmäßig angegeben worden sei, vermöge daran nichts zu ändern, da für die Feststellung der Pensionshöhe vorerst nur die im Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit maßgeblichen Beitragsgrundlagen heranzuziehen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe erst im Zuge anderweitiger Erhebungen Kenntnis von der Änderung der Verhältnisse erhalten und habe daher zwangsläufig erst nachträglich die Bemessungsgrundlage den richtigen Verhältnissen anpassen können.

Zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides sei die Beschwerdeführerin auch deshalb verpflichtet gewesen da sie gemäß § 72 BSVG die allenfalls zu Unrecht ausbezahlten Leistungen zurückzufordern habe, die sich aus unrichtigen Bemessungsgrundlagen ergäben. Vor Feststellung des Rückforderungsbetrages sei es daher notwendig gewesen, die Beitragsgrundlage entsprechend neu zu bemessen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Mitbeteiligte hat keine Gegenschrift erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, daß die Beschwerdeführerin trotz Nichtanführung des § 68 AVG 1950 in der nach § 182 BSVG anwendbaren Bestimmung des § 357 ASVG nicht der Verpflichtung enthoben ist, in ihren Entscheidungen dem die österreichische Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz der Rechtskraft behördlicher Entscheidungen zum Durchbruch zu verhelfen, deren Wesen in der Bindung der Behörden und Parteien an den behördlichen Ausspruch und deren Wirkung in der Endgültigkeit und Unanfechtbarkeit der Entscheidung besteht; andernfalls wären die in § 357 ASVG verwiesenen Institute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unverständlich (vgl. unter anderem Erkenntnis vom 7. November 1980, Zl. 1682/78).

Ob der Feststellung monatlicher Beitragsgrundlagen der Mitbeteiligten für die Zeit vom 1. Juni 1983 bis 31. Oktober 1984 mit Bescheid vom 21. April 1986 der Leistungsbescheid vom 30. Oktober 1984 entgegenstand, hängt davon ab, ob mit dem zuletzt genannten Bescheid auch über diese Beitragsgrundlagen rechtskräftig abgesprochen wurde und daher auch insofern "entschiedene Sache" vorlag.

"Sache" in einer rechtskräftigen Entscheidung ist der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit (§ 59 Abs. 1 AVG 1950), die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar auf Grund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde bei dem Bescheid gestützt hat (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts3, 159; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1980, Zl. 2260/78). Die Begründung des Bescheides spielt für die Festlegung seiner objektiven Grenzen lediglich insoweit eine Rolle, als sie zur Auslegung des Spruches heranzuziehen ist. Die getroffenen Tatsachenfeststellungen und deren rechtliche Qualifikation sind für sich allein ebensowenig relevant wie die in der Begründung beantworteten Vorfragen (Walter-Mayer, Grundriß 159).

"Sache" des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 30. Oktober 1984 war - unter anderem auf Grund der Annahme von 298 Versicherungsmonaten und einer Bemessungsgrundlage von S 5.085,-- -

die Gewährung einer Alterspension gemäß § 121 BSVG an die Mitbeteiligte ab 1. November 1984 in der Höhe von S 2.607,50. Obwohl nun für die Höhe der Alterspension gemäß § 130 BSVG unter anderem die Bemessungsgrundlage nach § 113 BSVG mitbestimmend ist und diese wiederum nach Maßgabe des § 118 BSVG aus Beitragsgrundlagen, unter anderem jener des § 23 BSVG (§ 118 Abs. 4 Z. 1 lit. a leg. cit.), zu ermitteln ist, stellt die Höhe der in rechtlicher Hinsicht als maßgeblich erachteten Beitragsgrundlagen (der Bemessung der Beiträge in der Pensionsversicherung) für diese Ermittlung lediglich eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG 1950 dar, deren Beurteilung in der Begründung des Leistungsbescheides (§ 354 Z. 1 ASVG, § 182 BSVG) kein rechtliches Hindernis dafür bildet, daß der zur Entscheidung über die Verwaltungssache der Angelegenheiten der Beiträge des Versicherten (§ 355 Z. 3 ASVG, § 182 BSVG) zuständige Versicherungsträger diese Frage nach Maßgabe der §§ 409, 410 ASVG (§ 182 BSVG) als Hauptfrage löst (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1982, Slg. Nr. 10.800/A). Daß - anders als in dem eben zitierten Erkenntnis - im vorliegenden Fall derselbe Sozialversicherungsträger sowohl zur Entscheidung der Leistungs- als auch der Verwaltungssache zuständig war, ändert daran nichts. Denn unter einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 ist eine solche zu verstehen, die möglicher Gegenstand eines rechtsfeststellenden oder rechtsgestaltenden Abspruches als Hauptfrage durch eine andere Behörde oder dieselbe Behörde in einem anderen Verfahren ist (vgl. dazu unter anderem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1984, Zl. 83/08/0321, mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Bescheid der Beschwerdeführerin vom 30. Oktober 1984 stand somit nicht der Feststellung der Beitragsgrundlagen der Mitbeteiligten für die Zeit vom 1. Juni 1983 bis 31. Oktober 1984 mit Bescheid vom 21. April 1986 entgegen.

Bei der sohin zu prüfenden Frage, ob die ersatzlose Behebung dieses Bescheides nicht doch deshalb rechtmäßig war, weil, wie die belangte Behörde meint, dieser Bescheid mit § 410 Abs. 1 ASVG (§ 182 BSVG) nicht vereinbar sei, ist von den Bestimmungen der §§ 182 BSVG in Verbindung mit den §§ 355, 409 und 410 Abs. 1 ASVG auszugehen. Demnach ist die Beschwerdeführerin - sofern ihr Bescheidrecht nicht ausgeschlossen ist (ein solcher Fall liegt nicht vor) - gemäß den §§ 410 Abs. 1 erster Satz ASVG, § 182 BSVG immer berechtigt, in Verwaltungssachen (zu denen die Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten zählen) die sich aus dem Gesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten der Versicherten mit Bescheid festzustellen; verpflichtet ist sie hingegen zur Bescheiderlassung in den in den Ziffern 1 bis 7 des § 410 Abs. 1 zweiter Satz aufgezählten Fällen, sofern sie für das BSVG überhaupt in Betracht kommen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1985, Zl. 84/08/0147, und vom 14. November 1985, Zl. 85/08/0100). Darnach ist es für die Beurteilung der Berechtigung der Beschwerdeführerin zur amtswegigen Erlassung ihres Bescheides vom 21. April 1986 unmaßgeblich, ob in den demonstrativ aufgezählten Fällen des § 410 Abs. 1 zweiter Satz diese "Angelegenheit" genannt ist; entscheidend ist nur, ob es sich hiebei um eine Feststellung der sich aus dem BSVG in Beitragsangelegenheiten ergebenden "Rechte und Pflichten" der Mitbeteiligten gehandelt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner bisherigen Rechtsprechung (ohne dies in den Entscheidungsgründen explizit auszuführen) immer von der Zulässigkeit derartiger Bescheide ausgegangen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, und vom 18. Dezember 1986, Zl. 82/08/0033 und Zl. 82/08/0113; zum ähnlichen Problem im GSVG: die Erkenntnisse vom 20. Juni 1985, Zl. 84/08/0035, und Zl. 84/08/0257, vom 10. Oktober 1985, Zl. 85/08/0111, und vom 21. April 1986, Zl. 82/08/0080; zum ASVG: Erkenntnis vom 10. September 1982, Slg. Nr. 10.800/A). Er hält daran aus folgenden Gründen fest: Der Bescheid, mit dem für einen bestimmten Zeitraum die Höhe von Beitragsgrundlagen eines Versicherten festgestellt wird, steht zwischen einem Bescheid, mit dem die Verpflichtung zur Zahlung ziffernmäßig bestimmter Beiträge "festgestellt" oder die unmittelbare Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen ausgesprochen wird (daß auf Grund des § 410 Abs. 1 ASVG auch Leistungsgebote ausgesprochen werden dürfen: vgl. Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Zl. 84/08/0192), und einem Bescheid, mit dem abstrakt die Beitragspflicht eines Versicherten für einen bestimmten Zeitraum festgestellt wird. Mit dem letzteren hat er das Fehlen einer unmittelbaren Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen in bestimmter Höhe durch und auf Grund dieses Bescheides gemeinsam, er unterscheidet sich aber von ihm dadurch, daß mit ihm nicht nur abstrakt die Beitragspflicht für einen bestimmten Zeitraum, sondern auch die Grundlage für die Bemessung von Beiträgen in diesem Zeitraum - bindend für einen Rückstandausweis und einen Bescheid im erstgenannten Sinn - festgestellt wird (vgl. Erkenntnis vom 20. Juni 1980, Slg. Nr. 10.172/A). Gegenstand eines solchen Bescheides ist daher die Feststellung (noch nicht unmittelbar vollstreckbarer) "Pflichten", aber auch von "Rechten" des Versicherten, in einem bestimmten Zeitraum Beiträge (nur) ausgehend von einer bestimmten Beitragsgrundlage zahlen zu müssen. Die Zulässigkeit einer solchen Feststellung von "Rechten und Pflichten" des Versicherten (die von der unzulässigen Feststellung bloßer Elemente der Ermittlung der Höhe der Beitragsgrundlage zu unterscheiden ist: vgl. das Erkenntnis vom 11. Dezember 1986, Zl. 86/08/0147, das schon deshalb nicht im Widerspruch zum Erkenntnis vom 10. September 1982, Slg. Nr. 10.800/A, steht) ist trotz der rechtlichen Möglichkeit, einen Bescheid zu erlassen, mit dem die Verpflichtung zur Bezahlung ziffernmäßig bestimmter Beiträge festgestellt wird, angesichts der grundsätzlichen Berechtigung des Sozialversicherungsträgers, nach § 410 Abs. 1 erster Satz ASVG, § 182 BSVG über "Rechte und Pflichten" des Versicherten zu entscheiden, und aus der Erwägung, daß im Fall einer bindenden Feststellung der Beitragsgrundlagen im allgemeinen die Errechnung der Beiträge keine Streitpunkte auslösen wird, zu bejahen, wenn nicht der Versicherte nach § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG, § 182 BSVG einen Beitragsbescheid im eben genannten Sinn begehrt. Das von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom E 15. Oktober 1984, Zl. 84/08/0153, steht dieser Rechtsauffassung nicht entgegen. In diesem Erkenntnis sowie in weiteren Erkenntnissen (vom 5. Juni 1981, Zl. 08/0085/80, vom 27. Oktober 1983, Zl. 83/08/0099, 0112, vom 26. Jänner 1984, Zl. 82/08/0031, vom 9. Mai 1985, Zl. 85/08/0008, und vom 28. November 1985, Zl. 85/08/0132) ging es nicht um das im Beschwerdefall zu lösende Problem, sondern um Fragen des Spruchinhaltes von Einspruchsbescheiden nach den §§ 59, 67 AVG 1950 in Beachtung der "Sache" nach § 66 Abs. 4 leg. cit. Mit diesen Erkenntnissen wurden die damals angefochtenen Bescheide, die über Einsprüche gegen Bescheide eines Sozialversicherungsträgers ergingen, mit denen Beitragszahlungen und Beitragszuschläge in bestimmter Höhe auferlegt wurden, deshalb wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben, weil sich aus den Sprüchen dieser Bescheide nicht erkennen ließ, welche Beiträge nun in Abänderung der Bescheide der Sozialversicherungsträger betragsmäßig geschuldet würden. Die Erkenntnisse vom 13. Dezember 1984, Zl. 83/08/0118, vom 20. Juni 1985, Zl. 85/08/0015, und vom 11. Dezember 1986, Zl. 86/08/0147, in denen sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Vereinbarkeit von Sprüchen von Bescheiden eines Sozialversicherungsträgers mit § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG zu befassen hatte, stehen mit der vom Gerichtshof nunmehr ausdrücklich vertretenen Rechtsauffassung zur Zulässigkeit eines Beitragsgrundlagenbescheides schon deshalb nicht im Widerspruch, weil in den damaligen Beschwerdefällen von einer berechtigten Partei ausdrücklich nach § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG Bescheide über die Verpflichtung zur Zahlung konkreter Beiträge begehrt wurde.

Da somit die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte ersatzlose Behebung des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 21. April 1986 rechtsirrig ist, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ob der Inhalt des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 21. April 1986 der Bestimmung des § 23 BSVG entspricht und ob und welche Auswirkungen dieser Bescheid im Falle seiner Rechtmäßigkeit auf den Leistungsbescheid vom 30. Oktober 1984 hat, ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr 243/1985.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am 19. März 1987

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