VwGH 83/08/0118

VwGH83/08/011813.12.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Waldner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Linz, vertreten durch Dr. Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, Goethestraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. April 1983, Zl. SV-972/3-1983, betreffend Entgelt gemäß § 49 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Stadt Steyr, vertreten durch den Bürgermeister in Steyr, Stadtplatz 27), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §410 Abs1 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde Steyr richtete an die Beschwerdeführerin das Schreiben vom 15. Oktober 1982. Danach zahle die mitbeteiligte Stadtgemeinde Steyr an die Kinder von Bediensteten unter gewissen Voraussetzungen als freiwillige Sozialleistung eine Schulbeihilfe. Diese Schulbeihilfe werde in Anlehnung an bestehende Landesrichtlinien festgelegt. Anläßlich einer Überprüfung und einer Schlußbesprechung sei die mitbeteiligte Stadtgemeinde Steyr unter Hinweis auf ein Mitteilungsblatt der Beschwerdeführerin aufgefordert worden, diese Schulbeihilfen als Entgelte im Sinne des § 49 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) ASVG zu behandeln und daher auch der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde Steyr teile diesen Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht und sehe diese Schulbeihilfen nicht als Entgelte im vorstehenden Sinn an, da die Schulbeihilfen nicht an die Bediensteten, sondern an die jeweiligen Kinder des Bediensteten gewährt würden. Eben aus diesem Grund müßten die Schulbeihilfen auch nicht der Lohnsteuer unterworfen werden. Schließlich heißt es in diesem Schreiben vom 15. Oktober 1982, daß um nochmalige Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Auftrages aus dem Schlußprotokoll der letztmaligen Besprechung bzw. um entsprechende bescheidmäßige Absprachen gebeten werde.

Im Bescheid der Beschwerdeführerin vom 29. November 1982, der nach seinem Einleitungssatz ausdrücklich gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG ergangen sei, wurde ausgesprochen, daß die von der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG an die Kinder ihrer Dienstnehmer gewährten Schulbeihilfen Entgelt der bei der Stadtgemeinde Steyr als Dienstnehmer beschäftigten Eltern der Kinder gemäß § 49 Abs. 2 ASVG darstellten und hievon nach § 54 Abs. 1 ASVG Sonderbeiträge zu entrichten seien.

Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dahingehend Folge, daß der Bescheid der Beschwerdeführerin vom 29. November 1982 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 aufgehoben wurde. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe nach § 59 Abs. 1 AVG 1950 der Spruch eines Bescheides die Hauptfrage in der Regel zur Gänze zu erledigen. Die Erlassung eines Zwischenbescheides - etwa erst über die Verpflichtung zur Erbringung einer Geldleistung dem Grunde nach, dann über die Höhe - sei mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe der Spruch eines Sozialversicherungsbeitragsbescheides erkennen zu lassen, welche allgemeinen Beiträge und welche Sonderbeiträge dem Dienstgeber vorgeschrieben würden. Im vorliegenden Fall seien die zu entrichtenden Beiträge nicht ziffernmäßig bestimmt. Weder aus dem Bescheid der Beschwerdeführerin vom 29. November 1982 noch aus den der belangten Behörde vorliegenden Akten könne errechnet werden, in welcher Höhe Sonderbeiträge allenfalls zu zahlen wären. Die Namen jener Versicherten, für deren Schulbeihilfen nach Auffassung der Beschwerdeführerin Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten wären, seien aus dem beeinspruchten Bescheid nicht ersichtlich. Der wäre auch nicht vollstreckbar. Die von der Beschwerdeführerin getroffene Entscheidung hätte daher, so wie sie sei, nicht Gegenstand eines Bescheides sein dürfen. Die belangte Behörde habe daher als Einspruchsbehörde lediglich die Aufhebung des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 29. November 1982 auszusprechen.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach den Beschwerdeausführungen habe die Beschwerdeführerin einen Feststellungsbescheid erlassen. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde Steyr habe mit ihrem Schreiben vom 15. Oktober 1982 eine bescheidmäßige Absprache darüber verlangt, ob die gewährten Schulbeihilfen nach Ansicht der Beschwerdeführerin als beitragspflichtiges Entgelt in der Sozialversicherung zu gelten hätten oder nicht. Die Beschwerdeführerin sei daher auf Grund des § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG zur Erlassung eines Feststellungsbescheides berechtigt und verpflichtet gewesen. Dies deswegen, weil im vorliegenden Fall ein rechtliches Interesse der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr an der Erlassung eines Feststellungsbescheides gegeben sei. Sie habe ein Interesse an der rechtskräftigen Feststellung der Beitragspflicht oder der Beitragsfreiheit der Schulbeihilfen gehabt, um zu wissen, ob Sozialversicherungsbeiträge von den Schulbeihilfen zu entrichten seien, um eventuelle Rechtsfolgen im Falle der Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge zu verhindern. Die belangte Behörde treffe im angefochtenen Bescheid keine hinreichende Unterscheidung zwischen Leistungsbescheid und Feststellungsbescheid. Sie gehe offenbar davon aus, daß die Beschwerdeführerin nur einen Leistungsbescheid hätte erlassen dürfen. Nur für Leistungsbescheide gelte der Grundsatz, daß sie im Gesetz vorgesehene Verpflichtungen individualisierten und allenfalls präzisierten, weshalb der Spruch des Leistungsbescheides anders lauten werde als beim Feststellungsbescheid. In den Spruch des von der Beschwerdeführerin erlassenen Feststellungsbescheides seien daher die Sonderbeiträge und die Namen der betroffenen Versicherten nicht aufzunehmen gewesen. Es handle sich bei diesem Feststellungsbescheid auch nicht um einen Zwischenbescheid. Wenn rechtskräftig festgestellt werde, daß von den in Rede stehenden Schulbeihilfen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien, so könne dieser Bescheid nicht als Zwischenbescheid angesehen werden. Ein weiterer Bescheid bzw. eine Absprache über die Höhe einer Geldleistung sei weder verlangt worden noch sei dies erforderlich, weshalb der Feststellungsbescheid ein Endbescheid sei. Daher spiele die Vollstreckbarkeit keine Rolle. Ein Feststellungsbescheid sei zwar nicht vollstreckbar, wohl aber verbindlich. Die Beschwerdeführerin sei daher der Auffassung, daß die von ihr getroffene Entscheidung Gegenstand eines Feststellungsbescheides habe sein dürfen. Es ergebe sich schon aus der Sache her die Notwendigkeit, daß die Versicherungsträger Feststellungsbescheide gemäß § 410 ASVG erlassen könnten. Dies sei z. B. der Fall, wenn gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG ein Bescheid verlangt werde und die Beiträge zufolge des § 58 Abs. 1 ASVG noch nicht fällig seien. Würde man der Auffassung der belangten Behörde folgen, könnte in solchen Fällen ein Leistungsbescheid erst frühestens mit der Fälligkeit der Beiträge und damit ihrer Einforderbarkeit erlassen werden. Auch gebe es Fälle, in denen die Gebietskrankenkassen gezwungen seien, Feststellungsbescheide z. B. über die Höhe der Beitragsgrundlage für Zwecke der Bemessungsgrundlage in der Pensionsversicherung zu erlassen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 410 Abs. 1 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten vom Versicherten und deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu

erlassen: .......... 7. wenn der Versicherte oder der Dienstgeber

die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt.

Nach dem oben wiedergegebenen Inhalt des Schreibens der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr vom 15. Oktober 1982 wurde damit um die nochmalige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des bei der Schlußbesprechung erteilten Auftrages bzw. um eine entsprechende bescheidmäßige Absprache ersucht. Dieses sich auf ein konkretes Ergebnis bei der Schlußbesprechung beziehende Begehren ist ein Antrag auf die Erlassung eines Leistungsbescheides. Darüber erließ die Beschwerdeführerin unter Zitierung des § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG ihren Feststellungsbescheid vom 29. November 1982, der der Sache nach ein Rechtsgutachten darstellt.

Diese Vorgangsweise der Beschwerdeführerin war schon im Hinblick auf den Antrag der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr unrichtig. Wenn die belangte Behörde unter Beachtung des Begriffes "Sache" gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Aufhebung des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 29. November 1982 vorging, dann belastete sie damit den angefochtenen Bescheid nicht mit der ihr von der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, daß der Antrag der mitbeteiligten Stadtgemeinde Steyr vom 15. Oktober 1982 auf Erlassung eines Leistungsbescheides noch unerledigt ist und darüber im fortgesetzten Verfahren von der Beschwerdeführerin bescheidmäßig abzusprechen sein wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 13. Dezember 1984

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