VwGH 86/03/0198

VwGH86/03/019818.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely über die Beschwerde des Dr. -F S Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. August 1986, Zl. IIb2- V-5116/3-1986, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §55 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art7 Abs1;
PO §133;
PO §150;
StGG Art2;
StVO 1960 §11 Abs2;
StVO 1960 §2 Z27;
StVO 1960 §23 Abs2;
StVO 1960 §52 Z1;
StVO 1960 §62 Abs1;
StVO 1960 §62 Abs4;
VStG §40 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
ZustG §21;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §55 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art7 Abs1;
PO §133;
PO §150;
StGG Art2;
StVO 1960 §11 Abs2;
StVO 1960 §2 Z27;
StVO 1960 §23 Abs2;
StVO 1960 §52 Z1;
StVO 1960 §62 Abs1;
StVO 1960 §62 Abs4;
VStG §40 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
ZustG §21;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Innsbruck erstattete am 7. November 1985 die Anzeige, er habe während seines Funkstreifendienstes festgestellt, daß ein dem Kennzeichen nach bestimmter Pkw am 5. November 1985 um 23.55 Uhr in der Anichstraße in Innsbruck vor dem Haus Nr. n in der Mitte der Fahrbahn abgestellt gewesen sei. Erst nach 5 Minuten sei der Lenker (Beschwerdeführer) weggefahren. Er sei in die Maria-Theresien-Straße eingebogen und dann in die Maximilian-Straße (ca. vor dem Haus Nr. 1) habe der Beschwerdeführer vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt, ohne diesen Vorgang anzuzeigen. Der Funkstreifenwagen habe sich kurz hinter dem Pkw befunden. In der Folge sei durch Nachfahren (ca. 200 m) festgestellt worden, daß der Pkw mit 70 km/h gefahren sei, also die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer in die Kaiser-Josef-Straße eingebogen, an deren Beginn das Vorschriftszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" mit der Zusatztafel "20.00 - 06.00 Uhr, ausgenommen Fahrräder" gut sichtbar angebracht sei. Vor dem Haus Nr. n1 (Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers) kontrolliert worden (am 6. November 1985 um 0.05 Uhr). Er sei zur Bezahlung von Organmandaten aufgefordert worden, habe jedoch dies verweigert. In einer Rechtfertigung habe er angegeben, deswegen in der Anichstraße sein Fahrzeug so abgestellt zu haben, weil er etwas aus seiner dort befindlichen Kanzlei habe holen müssen. Die Anzeige des Fahrstreifenwechsels habe er vergessen. Das Fahrverbot in der Kaiser-Josef-Straße habe er nicht beachtet, weil er dort wohne. Er sei nur 50 km/h gefahren. Der Beschwerdeführer sei von der Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt worden.

Gegen die von der Bundespolizeidirektion Innsbruck wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 23 Abs. 2, § 11 Abs. 2, § 20 Abs. 2 und § 52 Z. 1 StVO erlassene Strafverfügung vom 15. November 1985 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch.

Aufgrund eines Beschuldigten-Ladungsbescheides vom 10. Dezember 1985 führte der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 19. Dezember 1985 aus, er habe den Pkw deshalb in der Mitte der Anichstraße abgestellt, da sich dort vor meiner Kanzlei am Beginn der Anichstraße keine andere Möglichkeit biete, zumal sich an beiden Seiten der Fahrbahn Straßenbahngeleise befänden. Er habe eine Ladetätigkeit durchgeführt, nämlich Unterlagen aus der Kanzlei geholt, die er am nächsten Tag für eine Reise nach London benötigt habe. Das Abstellen sei somit erlaubt gewesen. Er habe nicht den Fahrstreifen gewechselt, ohne dies anzuzeigen. Deshalb habe ihm der Beamte eine Ermahnung erteilt. Auch bei der angeblichen Übertretung der Höchstgeschwindigkeit sei ihm vom Meldungsleder eine Ermahnung erteilt worden. Er sei in die Kaiser-Josef-Straße eingebogen, doch sei dies für Anrainer und Taxis gestattet. Auch diesbezüglich sei er vom Meldungsleger schon ermahnt worden.

Der Meldungsleger trat in seinem schriftlichen Bericht vom 18. Jänner 1986 den Angaben des Beschwerdeführers entgegen, wobei er betonte, daß der Beschwerdeführer in der Anichstraße keine Ladetätigkeit durchgeführt habe, die Einfahrt in die Kaiser-Josef-Straße für Taxi und Anrainer nicht gestattet sei und der Beschwerdeführer aufgefordert worden sei, je S 100,-- Organmandat zu bezahlen.

Einem weiteren Beschuldigten-Ladungsbescheid vom 31. Jänner 1986 (für 13. Februar 1986), der laut Rückschein von einem Postbevollmächtigten für RSa-Briefe übernommen wurde, leistete der Beschwerdeführer nicht Folge.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24. Februar 1986 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. November von ca. 23.55 Uhr bis 6. November 1985 ca. 00.05 Uhr als Lenker des genannten Pkws 1. diesen in der Anichstraße Nr. n in der Mitte der Fahrbahn gehalten, 2. in der Maximilian-Straße ca. vor dem Haus Nr. 1 den Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, 3. in der Maximilian-Straße auf einer Strecke von ca. 200 m die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um ca. 10 km/h überschritten und 4. die Kaiser-Josef-Straße befahren, obwohl dort ein Fahrverbot mit der Zusatztafel "20.00 - 06.00 Uhr - ausgenommen Fahrräder" bestehe. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 23 Abs. 2 StVO, zu 2. nach § 11 Abs. 2 StVO, zu 3. nach § 20 Abs. 2 StVO und zu 4. nach § 52 Z. 1 StVO begangen. Gemäß § 21 VStG wurde ihm zu 1. eine Ermahnung erteilt und weiters über ihn Geldstrafen gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO von zu 2. S 100,--, zu 3. S 100,-- und zu 4. S 200,-- (Ersatzarrest von zweimal 6 und einmal 10 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Sachverhalt durch die aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung des Meldungslegers erstattete Anzeige und dessen ergänzender Bericht erwiesen sei, zumal die Angaben widerspruchsfrei und schlüssig seien. Der Ladung für 13. Februar 1986 habe der Beschwerdeführer nicht Folge geleistet.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer Verletzung des Parteiengehörs, Unterlassung von weiteren Beweisaufnahmen und Konsumation des Strafanspruches hinsichtlich der Fakten 2. bis 4. (da ihn der Meldungsleger bereits ermahnt habe), ein.

Der Meldungsleger erhob am 8. Juli 1986 die Angaben in der Anzeige und im Bericht vom 18. Jänner 1986 zu seiner Zeugenaussage. Insbesondere betonte er auch, daß die Anzeige des Fahrstreifenwechsels aufgrund des Verkehrs erforderlich gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei nicht abgemahnt, sondern hinsichtlich jeder Übertretung zur Zahlung eines Organmandates aufgefordert worden. Dies habe er jedoch abgelehnt.

Hierauf wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt, wozu er nach Akteneinsicht am 19. August 1986 eine schriftliche Stellungnahme abgab.

Die belangte Behörde erhob in der Folge beim Stadtmagistrat Innsbruck (Anfrage vom 28. August 1986), daß die Angaben des Meldungslegers betreffend das Fahrverbot in der Kaiser-Josef-Straße mit der von ihm genannten Ausnahme den Tatsachen entsprechen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. August 1986 wurde der Berufung gegen Punkt 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses Folge gegeben und das Verfahren (wegen § 20 Abs. 2 StVO) gemäß § 45 VStG eingestellt, hingegen die Berufung im übrigen als unbegründet abgewiesen und der Spruch zu Punkt 2 insofern ergänzt, als nach den Worten "obwohl dies" die Worte "aufgrund des nachfolgenden Gendarmeriefahrzeugs" eingefügt wurden. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des Erstbescheides sowie des Berufungsvorbringens und der weiteren Beweisaufnahmen im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sein Fahrzeug in der Mitte der Fahrbahn der Anichstraße abgestellt gehabt. Gemäß § 23 Abs. 2 StVO sei ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen, sofern sich aus Bodenmarkierungen und Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergebe, zum Halten am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen. Selbst wenn sich an beiden Seiten der Anichstraße im gegebenen Bereich Straßenbahngeleise befinden, sei das Halten in der Mitte der Fahrbahn rechtswidrig. Da der Beschwerdeführer behauptet habe, eine Ladetätigkeit durchgeführt zu haben, sei ihm, zumal keine Behinderung erfolgt sei, nur eine Ermahnung erteilt worden. Aufgrund der Zeugenaussage des Meldungslegers sei auch die Nichtanzeige des Fahrstreifenwechsels erwiesen. Nach § 11 Abs. 2 StVO müsse der Lenker den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzeigen, daß sich die anderen Straßenbenützer auf diesen Vorgang einstellen können. Da der Meldungsleger dem Fahrzeug des Beschwerdeführers in geringer Entfernung nachgefahren sei, wäre eine Anzeige des Fahrstreifenwechsels erforderlich gewesen. Die Einfahrt in die Kaiser-Josef-Straße sei zur Tatzeit nicht erlaubt gewesen, wie das Verkehrszeichen nach § 52 Z. 1 StVO mit der genannten Zusatztafel beweise. Dies habe auch eine Anfrage beim Magistrat bestätigt. Auch Anrainer und Taxi dürfen von 20.00 - 06.00 Uhr nicht in die Straße einfahren. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweise, daß ihm der Ladungsbescheid vom 31. Jänner 1986 nicht persönlich zugestellt worden sei, sei zu bemerken, daß die Zustellung zu eigenen Handen erfolgt sei, wobei auch Zustellungen zu eigenen Handen an Postbevollmächtigte geschehen können. Laut Rückschein sei die Postsendung von einem Postbevollmächtigten (für RSa Briefe) übernommen worden. Eine mündliche Verhandlung sei im Verwaltungsstrafverfahren nicht zwingend vorgeschrieben. Auch eines Lokalaugenscheines habe es nicht bedurft. Beweisaufnahmen könnten auch durch ersuchte Behörden durchgeführt werden. Die Zeugenaussage des Meldungslegers habe auch klar ergeben, daß der Beschwerdeführer nicht ermahnt, sondern vielmehr aufgefordert worden sei, für jede Übertretung ein Organmandat von S 100,-- zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid, und zwar nur im abweisenden Teil, richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegündet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 62 Abs. 1 und 4 StVO die Meinung vertritt, er habe sein Fahrzeug in der Mitte der Fahrbahn der Anichstraße abstellen dürfen, um eine Ladetätigkeit durchführen zu können, zumal sich in diesem Bereich die Straßenbahngeleise direkt an den Fahrbahnrändern unmittelbar neben den Gehsteigen befinden und die Anichstraße für den Fließverkehr genügend breit sei, auch wenn in der Straßenmitte Fahrzeuge stehen, so verkennt er die Rechtslage. Auch die Durchführung einer Ladetätigkeit berechtigt einen Lenker nicht, sein Fahrzeug entgegen der Regelung des § 23 Abs. 2 StVO zum Halten für die Ladetätigkeit (siehe § 2 Z. 27 StVO) abzustellen. Die Bezugnahme auf Abs. 4 des § 62 StVO geht schon deshalb ins Leere, weil mit dieser Bestimmung lediglich die Erteilung einer Bewilligung für eine Ladetätigkeit an Straßenstellen, wo das Halten verboten ist, und auf Gehsteigen geregelt wird

Die von der belangten Behörde bezüglich der Übertretung nach § 11 Abs. 2 StVO vorgenommene Einfügung der Wortfolge "aufgrund des nachfahrenden Gendarmeriefahrzeugs" stellt keine Erweiterung des Tatbestandes, geschweige denn eine "reformatio in peius" dar, sondern bedeutet bloß eine zulässige Konkretisierung. Es trifft zwar zu, daß es sich tatsächlich um ein Polizei- und kein Gendarmeriefahrzeug gehandelt hat, doch kann diese Aktenwidrigkeit nicht als wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG angesehen werden zumal dem Beschwerdeführer ja von Anfang an klar war, daß es sich bei dem ihm nachfahrenden Fahrzeug um ein Polizeifahrzeug handelte, da er nach der Tat von den Polizeibeamten zugleich (auch) diesbezüglich beanstandet wurde, wobei er nach dem Inhalt der Anzeige sogar das Nichtanzeigen des Fahrstreifenwechsels zugegeben hat. Daß es einer Anzeige des Fahrstreifenwechsels gar nicht bedurft hätte, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

In der Beschwerde bleibt unbestritten, daß an der Einfahrt von der Maximilian-Straße in die Kaiser-Josef-Straße ein allgemeines Fahrverbot mit dem Zusatz "20.00 - 06.00 Uhr ausgenommen Fahrräder" besteht, wie dies der Meldungsleger angegeben hat und das vom Magistrat Innsbruck bestätigt wurde. Ebenso unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer in der Zeit des Fahrverbotes in die Kaiser-Josef-Straße eingefahren ist. Er hat daher die Übertretung nach § 52 Z. 1 StVO zu verantworten, vermag auch seine Behauptung nichts zu ändern, daß entgegen dem bestehenden Verbot vielfach geduldet werde, daß insbesondere Bewohner der Straße, wozu auch er gehöre, dennoch dort einfahren.

Eines Lokalaugenscheins bedurfte es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht, zumal die belangte Behörde in Ansehung der Übertretungen nach § 23 Abs. 2 und § 52 Z. 1 StVO ohnehin von den Angaben des Beschwerdeführers ausgegangen ist, der ja den maßgebenden Sachverhalt gar nicht bestreitet. Für die Frage, ob der Beschwerdeführer den Fahrstreifenwechsel angezeigt hat oder nicht, kann durch einen Lokalaugenschein nichts gewonnen werden. Wenn die belangte Behörde diesbezüglich den Angaben des Meldungslegers gefolgt ist, so mag der Verwaltungsgerichtshof ihr nicht entgegenzutreten, zumal die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige mit denen im schriftlichen Bericht und der Zeugenaussage im wesentlichen übereinstimmen, widerspruchsfrei und schlüssig sind.

Mit der Frage des Zustellvorganges betreffend den Ladungsbescheid vom 31. Jänner 1986 hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, gestützt auf die Aktenlage, ausreichend auseinandergesetzt und zutreffend bemerkt, daß im Falle des Bestehens einer Postvollmacht für RSa-Briefe zu eigenen Handen zuzustellende Postsendungen auch an solche Postbevollmächtigte abgegeben werden dürfen.(vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. März 1972, Zlen. 1009, 1010/71, vom 22. März 1982, Z1. 3635/80, und vom 11. März 1987, Zl. 86/03/0228). Bei der erstmals der Beschwerde aufgestellten Behauptung, er habe niemandem Postvollmacht erteilt, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung. Dies gilt auch für die Behauptung, am 31. Jänner 1986 seine Kanzlei nach Wien übersiedelt und in Innsbruck keine Kanzleiadresse mehr unterhalten zu haben. Im übrigen wurde dem Beschwerdeführer, wie die Aktenlage beweist, im Berufungsverfahren ohnehin Parteiengehör gewährt und hatte er nach Akteneinsicht Gelegenheit, eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, sodaß der Verfahrensrüge keine Berechtigung zukommt.

Wenn der Beschwerdeführer die Meinung vertritt, es hätte der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurft, um es ihm zu ermöglichen, bei dieser Fragen an den Meldungsleger zu stellen, ist ihm zu entgegnen, daß dem Beschuldigten weder ein Recht auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung noch ein Rechtsanspruch auf mündliche Verhandlung in Gegenwart von Zeugen zusteht, es sei denn, eine Gegenüberstellung ist wegen Notwendigkeit, z.B. für eine Identifizierung, erforderlich (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1979, Zl. 2781/78, und vom 30. September 1981, Zl. 637/80. Es besteht kein Rechtsanspruch, bei einer Beweisaufnahme selbst anwesend zu sein und Fragen zu stellen (siehe die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens abgedruckten Entscheidungen, Seite 475). Ebenso kann darin, daß die Berufungsbehörde die Erstbehörde um Durchführung einer ergänzenden Beweisaufnahme ersucht, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, sodaß auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen sich als nicht durchschlagend erweist. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß sich ersuchende und ersuchte Behörde in derselben Gemeinde befinden.

Mit der Behauptung des Beschwerdeführers, es sei ihm bezüglich der Übertretungen nach § 11 Abs. 2 und § 52 Z. 1 StVO vom Meldungsleger eine Ermahnung erteilt worden (offensichtlich in Bezug auf § 21 Abs. 2 VStG), weshalb der Strafanspruch verwirkt sei, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ebenfalls ausreichend auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer übersieht auch, daß für den Meldungsleger gar keine Veranlassung bestanden hätte, eine Anzeige auch wegen dieser Delikte zu erstatten, wenn er nach § 21 Abs. 2 VStG vorgegangen wäre. Vor allem aber hat der Meldungsleger auch als Zeuge klar deponiert, daß er den Beschwerdeführer lediglich zur Bezahlung von Organmandaten aufgefordert habe, was dieser aber abgelehnt habe.

Da somit die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 18. März 1987

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