VfGH G279/02 ua

VfGHG279/02 ua13.3.2004

Verfassungswidrigkeit der Neuorganisation der Krankenkassenfinanzierung; Gleichheitswidrigkeit der Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Bauern, der öffentlich Bediensteten und der österreichischen Eisenbahnen in den Ausgleichsfonds; Unzulässigkeit einer "Quersubventionierung";

bloßes Bestehen eines Überschusses keine sachliche Rechtfertigung für die Bildung einer trägerübergreifenden Riskengemeinschaft;

Unsachlichkeit der angeordneten Bedachtnahme auf die Kassenlage bei Verteilung von Strukturausgleichs-Zuschüssen; mangelnde Bestimmtheit des für die Beurteilung von Strukturnachteilen weiters heranzuziehenden Kriteriums "Großstadtfaktor"; Unbestimmtheit sowohl der Rechtsform als auch des möglichen Inhaltes der sogenannten "Zielvereinbarungen"; Unsachlichkeit der Bestimmungen über "Zielerreichungs-Zuschüsse", die Erhöhung der Beitragspflicht für die Jahre 2003 und 2004 und die Verpflichtung einzelner Krankenversicherungsträger zur Gewährung von Darlehen an den Ausgleichsfonds

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs4
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
ASVG §32a
ASVG §416
ASVG §447a Abs1, Abs3, Abs5
ASVG §447b Abs2
ASVG §447c
ASVG §600 Abs10, Abs11
VfGG §65a
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs4
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
ASVG §32a
ASVG §416
ASVG §447a Abs1, Abs3, Abs5
ASVG §447b Abs2
ASVG §447c
ASVG §600 Abs10, Abs11
VfGG §65a

 

Spruch:

I. Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, werden als verfassungswidrig aufgehoben:

1.1. §32a Abs1 und 2 ASVG in der Fassung des Art1 Z1c des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 - SRÄG 2000, BGBl. I Nr. 92/2000, des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 99/2001, Z17a, sowie des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (60. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 140/2002, Z11;

1.2. die Wortfolge ", der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter" in §447a Abs1 ASVG in der Fassung des ArtV Z36 lita des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (32. Novelle zum ASVG), BGBl. Nr. 704/1976, des SRÄG 2000, Z49e, sowie der 60. Novelle zum ASVG, Z61;

1.3. die Wortfolgen ", die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter" und ", der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter" in §447a Abs3 erster Satz ASVG in der Fassung des SRÄG 2000, Z49h, sowie der 60. Novelle zum ASVG, Z63;

1.4. die Wortfolgen "45 % der" und "Z 1" sowie "; die restlichen Einnahmen sind für Zielerreichungs-Zuschüsse (§447c) heranzuziehen" in §447a Abs5 erster Satz ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z67;

1.5. die Wortfolgen "und ein Großstadtfaktor" und "sowie die Kassenlage" in §447b Abs2 erster Satz ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z69;

1.6. §447c ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z70, zur Gänze;

1.7. §600 Abs10 erster Satz ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z83;

1.8. §600 Abs11 ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z83.

2. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

3. Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Der Antrag der Vorarlberger Landesregierung zu G279/02 wird abgewiesen, soweit er sich gegen die Wortfolge ", die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt" in §447b Abs2 erster Satz ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, Z69, richtet.

III. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

IV. Der Bund (Bundesministerin für Gesundheit und Frauen) ist schuldig, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit EUR 1962,-- sowie der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit EUR 490,50 bestimmten Prozesskosten jeweils binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem Bundesgesetz vom 6. April 1960, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) geändert wird (6. Novelle zum ASVG), BGBl. Nr. 87/1960, wurde - mit 1. Jänner 1961 - der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger errichtet.

§447a Abs1 ASVG idF des genannten Gesetzes lautete auszugsweise:

"Um eine ausgeglichene Gebarung der Gebiets-, Landwirtschafts- und Betriebskrankenkassen zu gewährleisten, wird beim Hauptverband ein Ausgleichsfonds errichtet. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten. ..."

Mit der 8. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 294/1960, wurden nähere Bestimmungen über den Ausgleichsfonds getroffen (vgl. GP IX 112/A): So wurde etwa festgelegt, dass die Mittel des Fonds durch Beiträge des Bundes, Beiträge der Krankenversicherungsträger (0,5 vH der Beitragseinnahmen) und sonstige Einnahmen aufgebracht werden; der Bundesbeitrag war betraglich festgelegt (§447a Abs2 und 3 ASVG; zunächst 50 Millionen Schilling jährlich). Gleichzeitig wurde geregelt, unter welchen Voraussetzungen den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds gewährt wurden (§447b ASVG; zB zur gänzlichen oder teilweisen Behebung einer ungünstigen Kassenlage). Zuwendungen durften nicht gewährt werden, wenn die ungünstige Kassenlage vorwiegend dadurch verursacht worden war, dass die Kasse Verwaltungsgebäude oder eigene Einrichtungen nach dem 31. Dezember 1960 erworben, errichtet oder erweitert hatte; ebenso wenn der allgemeine Beitrag zur Krankenversicherung in der Satzung nicht mit dem Höchstbeitragssatz festgesetzt war oder die satzungsmäßigen Mehrleistungen den Bundesdurchschnitt der beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger "erheblich" überstiegen (§447b Abs2 ASVG). Von den Jahreseinnahmen des Ausgleichsfonds waren 30 vH zur Bildung einer Rücklage zu verwenden, die nur zur Deckung eines "außerordentlichen Aufwandes" (auf Grund eines "unvorhergesehenen Ereignisses", etwa einer Epidemie oder einer Naturkatastrophe) herangezogen werden durfte (§447b Abs6 ASVG).

Mit der 14. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 301/1964, schieden die Betriebskrankenkassen rückwirkend mit 1. Jänner 1961 aus dem Ausgleichsfonds aus. Die Begründung des dieser Novelle zugrunde liegenden Initiativantrages bemerkt dazu (GP X 134/A, 19):

"Wird ... in Betracht gezogen, dass für die Betriebskrankenkassen auf Grund der Sondervorschriften des §445 ASVG. eine sehr umfassende Ausfallhaftung des Betriebsunternehmers besteht, so ergibt sich, dass der Ausgleichsfonds für die Betriebskrankenkassen, die im Falle finanzieller Schwierigkeiten vom Gesetz an den Betriebsunternehmer verwiesen sind, kaum ein geeignetes und notwendiges Instrument zur Behebung dieser Schwierigkeiten darstellt. Die Betriebskrankenkassen sollen daher rückwirkend ab dem Beginn ihrer Beitragspflicht zum Ausgleichsfonds dieser Beitragspflicht enthoben werden und auch keine Zuwendungen aus diesem Fonds erhalten können."

Art IV Abs8 des genannten Bundesgesetzes schloss den Beitrag des Bundes zum Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger für das Geschäftsjahr 1965 aus.

Mit der 19. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 67/1967, wurde die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues in den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger einbezogen. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage heißt es dazu auszugsweise (286 BlgNR XI. GP, 18 f):

"Um eine ausgeglichene Gebarung der Gebiets- und Landwirtschaftskassen zu gewährleisten, besteht seit dem 1. Jänner 1961 beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein Ausgleichsfonds, der durch Beiträge der angeschlossenen Krankenversicherungsträger gespeist wird. Aus diesem Ausgleichsfonds können den beitragspflichtigen Krankenkassen aus den im §447b angeführten Gründen Zuwendungen gewährt werden. Die Gewährung von Zuwendungen ist ausgeschlossen, wenn die ungünstige Kassenlage vorwiegend durch Bauführungen nach dem 31. Dezember 1960 verursacht wurde, wenn der allgemeine Beitrag in der Satzung nicht mit dem Höchstbeitragssatz festgesetzt ist und schließlich auch dann nicht, wenn die satzungsmäßigen Mehrleistungen den Bundesdurchschnitt der beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger erheblich übersteigen. Dieser letztgenannte Ausschließungsgrund war mitbestimmend dafür, die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, soweit sie Träger der Krankenversicherung ist, nicht in die Ausgleichsfondsregelung einzubeziehen, weil ihre satzungsmäßigen Mehrleistungen im Hinblick auf die besondere gesundheitliche Gefährdung der dort Versicherten den Bundesdurchschnitt übersteigen. Außerdem war zur Zeit der Schaffung der in Rede stehenden Bestimmungen die finanzielle Situation der von der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues durchgeführten Krankenversicherung durchaus günstig. Auch im Jahre 1961, dem ersten Jahr des Bestandes des Ausgleichsfonds, schloß die Gebarung noch mit einem Überschuß von 1,4 Millionen Schilling. Seither hat die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues in der Sparte Krankenversicherung nur mehr negative Gebarungsergebnisse. ... Da strukturell bedingt eine Besserung der finanziellen Lage nicht zu erwarten ist, scheint eine Hilfe des Gesetzgebers dringend geboten.

...

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues wird im Jahre 1967 Beiträge zum Ausgleichsfonds in der Höhe von rund 600.000 S zu leisten haben. Dem steht die Möglichkeit gegenüber, sofort nach Inkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen eine Zuwendung aus dem Ausgleichsfonds ... zu beantragen."

Der Ausschlussgrund der satzungsmäßigen Mehrleistungen (§447b ASVG) wurde daher auf die Gebiets- und Landwirtschaftskrankenkassen beschränkt.

Mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 6/1968 (21. Novelle zum ASVG) erhielt §447b ASVG die Bezeichnung 447c. §447b ASVG sah nunmehr "Zuschüsse" aus dem Ausgleichsfonds vor, die den - beitragspflichtigen - Krankenversicherungsträgern gebührten, wenn die durchschnittliche Beitragseinnahme je Pflichtversicherten den bei allen beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern nachgewiesenen Durchschnittswert nicht erreichte. Den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern konnten weiters - aus den Mitteln der gemäß §447a Abs5 ASVG zu bildenden Rücklage des Ausgleichsfonds - "Darlehen" aus dem Ausgleichsfonds gewährt werden (§447d ASVG). Der Beitrag des Bundes zum Ausgleichsfonds wurde - abweichend von §447a Abs3 ASVG - für das Geschäftsjahr 1968 mit 10 Millionen Schilling bestimmt (vgl. ArtIV Abs4 des genannten Bundesgesetzes).

Mit 1. Jänner 1974 wurden die Landwirtschaftskassen in die jeweils in Betracht kommenden Gebietskrankenkassen "eingegliedert" (ArtVII Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 31/1973 - 29. Novelle zum ASVG). Die Landwirtschaftskassen schieden daher aus dem Ausgleichsfonds aus.

Nach der 31. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 775/1974, wurde §447a Abs1 ASVG dahin geändert, dass der Ausgleichsfonds künftig nicht bloß eine "ausgeglichene Gebarung", sondern auch eine "ausreichende Liquidität" der einbezogenen Krankenversicherungsträger zu gewährleisten hatte. Auf Grund des rückwirkend mit 1. Jänner 1974 erlassenen §447e ASVG konnten den dem Ausgleichsfonds angeschlossenen Versicherungsträgern "Zweckzuschüsse" für die Errichtung oder Erweiterung bestimmter Einrichtungen (zB zur Krankenbehandlung) gewährt werden. Zur Aufbringung der hiezu erforderlichen Mittel wurde - ebenfalls rückwirkend mit 1. Jänner 1974 (vgl. ArtIV Abs2 lita dieser ASVG-Novelle) - der Beitragssatz zum Ausgleichsfonds von 0,5 auf 1 vH der Beitragseinnahmen erhöht (siehe auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieser ASVG-Novelle, 1286 BlgNR XIII. GP, 20).

Mit 1. Jänner 1977 wurde die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger angeschlossen (vgl. §447a Abs1 ASVG idF der 32. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 704/1976). Von der Gewährung von Zweckzuschüssen sowie von bestimmten Zuwendungen blieb die Anstalt jedoch ausgeschlossen. Ferner wurde der Bundesbeitrag zum Ausgleichsfonds erhöht (80 Millionen Schilling jährlich ab 1. Jänner 1977).

Mit 1. Jänner 1978 wurde dieser Bundesbeitrag auf 100 Millionen Schilling erhöht (§447a Abs3 ASVG idF des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 648/1977).

Mit der 33. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 684/1978, wurde der Beitrag zum Ausgleichsfonds von 1 auf 1,4 vH der Beitragseinnahmen erhöht.

Beginnend mit dieser Novelle zum ASVG (vgl. ArtXXI Abs10 des genannten Bundesgesetzes) wurde - jeweils in den Schlussbestimmungen einer ASVG-Novelle (ArtVII Abs5 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 530/1979; ArtIX Abs6 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 585/1980; ArtVIII Abs4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 588/1981; ArtIX Abs4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 647/1982; ArtV Abs3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 590/1983; ArtV Abs9 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 484/1984; ArtVII Abs7 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 111/1986; schließlich ArtV Abs2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 158/1987) - die Leistung des Bundesbeitrages zum Ausgleichsfonds jeweils für ein Geschäftsjahr ausgeschlossen. Mit der 44. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 609/1987, wurde die Verpflichtung des Bundes zur Beitragsleistung an den Ausgleichsfonds überhaupt aufgehoben.

Seit der Novelle BGBl. Nr. 335/1993 (51. Novelle zum ASVG) konnten Zuwendungen des Ausgleichsfonds auch zur gänzlichen oder teilweisen Bedeckung einer erhöhten Belastung aus dem Betrieb einer eigenen Krankenanstalt gewährt werden (§447c Abs1 lite ASVG idF dieser Novelle; später §447b Abs8 ASVG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994).

Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 - SRÄG 2000, BGBl. I Nr. 92/2000, wurden - jeweils mit 1. Jänner 2001 - der Beitragssatz zum Ausgleichsfonds von 1,4 auf 2 vH der Beitragseinnahmen erhöht und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern in den Ausgleichsfonds einbezogen.

Im entsprechenden Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales heißt es zur letztgenannten Änderung (254 BlgNR XXI. GP, 7):

"Die Aufnahme der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in den Ausgleichsfonds scheint deshalb gerechtfertigt, da es infolge der Einführung der Mehrfachversicherung zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Leistungen aus der bäuerlichen Krankenversicherung kommt, denen derzeit nur eine unzureichende Beitragsdeckung gegenübersteht".

Mit Art3 des genannten Bundesgesetzes wurde der bisherige - ziffernmäßig festgelegte - Beitrag des Bundes zur Krankenversicherung der Bauern (§31 Abs1 BSVG aF) abgeschafft. Begründend heißt es dazu in den Materialien (GP XXI AB 254, 10):

"Alle Krankenversicherungsträger erhalten indirekt Mittel des Bundes im Wege der Krankenversicherung der Pensionisten. Die Krankenversicherung der Bauern erhält daneben als einziger Krankenversicherungsträger einen direkten Beitrag des Bundes in Höhe von derzeit rund 670 Millionen Schilling pro Jahr.

Diese Differenzierung im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherung soll aus verwaltungstechnischen Gründen und im Sinne einer besseren Vergleichbarkeit beseitigt werden, indem der derzeit als direkter Beitrag des Bundes geleistete Betrag wegfällt und durch eine Aufstockung der Mittel im Bereich der Krankenversicherung der Pensionisten kompensiert wird."

2. Die §§447a - 447e ASVG idF vor der 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, lauteten somit - jeweils samt Überschrift - wie folgt:

"Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger

§447a. (1) Der beim Hauptverband errichtete Ausgleichsfonds hat eine ausgeglichene Gebarung bzw. eine ausreichende Liquidität der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung zu gewährleisten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten. Für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluß zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlußbilanz zum Ende des Jahres bestehen muß. Weiters ist zum Abschluß eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluß dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorzulegen.

(2) Die Mittel des Ausgleichsfonds werden aufgebracht durch:

  1. 1. die Beiträge der Krankenversicherungsträger (Abs3);
  2. 2. [aufgehoben]
  3. 3. sonstige Einnahmen.

(3) Die Gebietskrankenkassen, die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung haben einen Beitrag im Ausmaß von 2,0 % ihrer Beitragseinnahmen zu entrichten; bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ist hiebei nur von den Beitragseinnahmen des Versicherungsträgers als Träger der Krankenversicherung auszugehen. Dieser Beitrag ist von der Summe der für das vorhergehende Kalenderjahr fällig gewordenen Beiträge zu ermitteln; er ist in zwei gleichen Teilbeträgen jeweils am 1. April und am 1. Oktober eines jeden Kalenderjahres dem Hauptverband zu überweisen.

(4) Von den Jahreseinnahmen (Abs2) sind 10 vH zur Bildung einer Rücklage zu verwenden, die nur zur Deckung eines außerordentlichen Aufwandes aus den im §447c Abs1 lita angeführten Gründen herangezogen werden darf. Erreicht diese Rücklage die Höhe von 1 vH der Summe der Beitragseinnahmen der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung im vorangegangenen Kalenderjahr, dann ist die Rücklage nicht weiter zu erhöhen. Die Rücklage ist zinsbringend in mündelsicheren inländischen Wertpapieren oder in Einlagen bei Kreditunternehmen anzulegen, auf welche die Voraussetzungen des §446 Abs1 Z. 4 zutreffen.

(5) Zur Deckung einer erhöhten Belastung einer Gebietskrankenkasse aus den im §447b Abs8 angeführten Gründen ist eine besondere Rücklage zu bilden. Dieser Rücklage sind zuzuführen:

1. die Vermögenserträgnisse eines Geschäftsjahres des Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung (§447f),

2. 10 vH der Jahreseinnahmen (Abs2) des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger, erstmals für das Geschäftsjahr 1994,

3. ein Betrag von jährlich 14 534 566,83 Euro, erstmals für das Geschäftsjahr 1994. Dieser Betrag wird durch Überweisungen aller dem Hauptverband angehörenden Krankenversicherungsträger nach einem Schlüssel aufgebracht, der nach dem Verhältnis der Zusatzbeiträge der einzelnen Krankenversicherungsträger berechnet wird. Der Betrag ist entsprechend der Veränderung der Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung gegenüber dem Jahr 1994 jährlich aufzuwerten;

4. ein Betrag von jährlich 7 267 283,42 Euro, erstmals für das Geschäftsjahr 2001, aus Mitteln nach Abs4.

Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds

§447b. (1) Den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern (§447a Abs3) gebühren nach Maßgabe der Abs2 bis 7 für ein Geschäftsjahr Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds, wenn in diesem Geschäftsjahr die durchschnittliche Beitragseinnahme je Pflichtversicherten die Ausgleichsgrenze (Abs2) nicht erreicht.

(2) Ausgleichsgrenze ist der Durchschnitt aller Beitragseinnahmen je Pflichtversicherten, die im Rechnungsabschluß des betreffenden Geschäftsjahres bei allen beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern nachgewiesen sind.

(3) Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Beitragseinnahme je Pflichtversicherten gemäß Abs1 und Abs2 ist der sich aus der monatlichen Zählung der Pflichtversicherten ergebende Jahresdurchschnitt heranzuziehen.

(4) In den Fällen des Abs1 gebührt der Zuschuß - unbeschadet der Bestimmungen der Abs5 und 7 - in der Höhe des Betrages, der sich durch Vervielfachung des Unterschiedsbetrages zwischen der Ausgleichsgrenze und der durchschnittlichen Beitragseinnahme je Pflichtversicherten des in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgers mit der Zahl der bei diesem im Jahresdurchschnitt pflichtversicherten Personen ergibt.

(5) Der Zuschuß gebührt für ein Geschäftsjahr höchstens in dem Ausmaß, das erforderlich ist, um die bei dem Krankenversicherungsträger am Ende des Geschäftsjahres vorhandenen liquiden Mittel auf ein Zwölftel der Jahresaufwendungen dieses Versicherungsträgers zu erhöhen. Er gebührt überdies höchstens im Ausmaß des Betrages, um den bei dem in Betracht kommenden Krankenversicherungsträger 101 v. H. der Aufwendungen des betreffenden Geschäftsjahres die Einnahmen - ausgenommen allfällige Zuschüsse und Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds - übersteigen.

(6) Als liquide Mittel im Sinne des Abs5 gelten die Barbestände zuzüglich der Einlagen bei Geldinstituten und der Bilanzwert der Wertpapiere abzüglich der noch nicht abgeführten, für fremde Rechnung eingehobenen Beiträge sowie der am Ende des Geschäftsjahres buchmäßig fälligen unberichtigten Versicherungsleistungen und sonstigen Verbindlichkeiten.

(7) Die sich aus der Anwendung der Abs4 und 5 für ein Geschäftsjahr ergebenden Zuschüsse dürfen zusammen 20 vH der am Ende dieses Geschäftsjahres frei verfügbaren Mittel des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nicht überschreiten und sind innerhalb dieses Höchstausmaßes verhältnismäßig zu kürzen.

(8) Darüber hinaus gebührt Gebietskrankenkassen, die gemäß §23 Abs6 zum Betrieb einer Krankenanstalt im Sinne des §2 Abs1 Z1 des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, verpflichtet sind, ein Zuschuß, um diese erhöhte Belastung ganz oder teilweise zu decken.

(9) Der Hauptverband hat die gemäß Abs1 bzw. Abs8 gebührenden Zuschüsse nach Vorliegen der zu ihrer Ermittlung notwendigen Unterlagen den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern zu überweisen.

(10) Erreichen die liquiden Mittel nach Abs6 bei einem der beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger am Ende eines Geschäftsjahres nicht ein Zwölftel der Jahresaufwendungen, so hat dieser Krankenversicherungsträger Anspruch auf einen Zuschuss in der Höhe von 30% der Beiträge nach §447a Abs3.

Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds

§447c. (1) Aus dem Ausgleichsfonds können Zuwendungen an die beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger (§447a Abs3) unter Bedachtnahme auf ihre Vermögenslage gewährt werden:

a) um einen außerordentlichen Aufwand infolge unvorhergesehener Ereignisse (zum Beispiel Epidemien, Naturkatastrophen) ganz oder teilweise zu decken,

b) um eine unterschiedliche Belastung aus der Gewährung von Sachleistungen, von Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit und zur Krankheitsverhütung sowie aus dem Betrieb eigener Gesundheitseinrichtungen ganz oder teilweise auszugleichen; eine unterschiedliche Belastung, die sich dadurch ergibt, daß mit Vertragspartnern erheblich über dem Bundesdurchschnitt liegende Honorare (Tarife) vereinbart wurden, hat hiebei außer Betracht zu bleiben,

c) um eine ungünstige Kassenlage ganz oder teilweise zu beheben oder

d) um einen Beitrag zur Erwerbung, Errichtung oder Erweiterung von Einrichtungen zur Früherkennung von Krankheiten (§§132a und 132b), zur Krankheitsverhütung, zur Krankenbehandlung, Zahnbehandlung, Anstaltspflege und Durchführung von Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit zu leisten, wenn diese Einrichtungen zur Erfüllung der Aufgaben der Krankenversicherungsträger erforderlich sind.

e) [aufgehoben]

(2) Zuwendungen dürfen an Krankenversicherungsträger nicht gewährt werden, wenn

a) die ungünstige Kassenlage (Abs1 litc) durch Außerachtlassung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Verwaltung (zum Beispiel Errichtung von Verwaltungsgebäuden oder von eigenen Einrichtungen (§23 Abs6 dieses Bundesgesetzes, §15 Abs2 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) bei ungünstiger Vermögenslage und ohne dringenden Bedarf) vom Versicherungsträger herbeigeführt oder vorwiegend dadurch verursacht wurde, daß Verwaltungsgebäude oder eigene Einrichtungen innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung einer Zuwendung erworben, errichtet oder erweitert wurden oder

b) die Vermögenslage des Krankenversicherungsträgers so günstig ist, daß seine finanzielle Leistungsfähigkeit auch ohne Zuwendung gesichert ist.

(3) Die Zuwendungen nach Abs1 sind von den Krankenversicherungsträgern beim Hauptverband unter Vorlage der erforderlichen Nachweise zu beantragen; dem Antrag ist ein Plan über die beabsichtigte Verwendung der beantragten Zuwendung beizuschließen.

(4) Über den Antrag entscheidet die Geschäftsführung mit Zustimmung des Verwaltungsrates (§442a Abs3). Die Entscheidung der Geschäftsführung für innerhalb eines Kalenderjahres eingelangte Anträge ist bis spätestens 30. Juni des folgenden Kalenderjahres dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur Genehmigung vorzulegen.

(5) Auf die Gewährung einer Zuwendung besteht kein Rechtsanspruch.

(6) [aufgehoben]

Darlehen aus dem Ausgleichsfonds

§447d. (1) Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds können den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern auch Darlehen gewährt werden. Die Bestimmungen des §447c Abs3 bis 5 gelten entsprechend.

(2) Darüber hinaus können aus den Mitteln des Ausgleichsfonds den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern kurzfristige Darlehen zur (teilweisen) Behebung einer ungünstigen Kassenlage gewährt werden. Auf die Gewährung eines solchen Darlehens besteht kein Rechtsanspruch.

Zweckzuschüsse aus dem Ausgleichsfonds

§447e. (1) Um die Errichtung oder Erweiterung der im §447c Abs1 litd genannten Einrichtungen zu erleichtern, sind aus dem Ausgleichsfonds Zweckzuschüsse zu leisten. Die Höhe der Zweckzuschüsse beträgt jeweils 25 v.H. des notwendigen Aufwandes für die Errichtung oder Erweiterung dieser Einrichtungen. Darüber hinausgehende Zweckzuschüsse können unter Bedachtnahme auf die Vermögenslage des in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgers gewährt werden. Die Leistung von Zweckzuschüssen schließt die Gewährung von Zuwendungen nach §447c Abs1 litd nicht aus.

(2) Zu den Gesamtkosten (Abs1) zählen die Bau- und Baunebenkosten (ausgenommen Liegenschaftskosten) und die Kosten für das medizinische und das nichtmedizinische Mobiliar.

(3) Die Zweckzuschüsse sind von den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern beim Hauptverband zu beantragen. Dem Antrag sind alle zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Insbesondere sind vorzulegen:

a) Baubescheide, Baubeschreibungen, Baupläne;

b) eine gegliederte Darstellung der Gesamtkosten auf Grund von Kostenvoranschlägen oder Rechnungen;

c) Nachweise darüber, daß bei der Ermittlung der Gesamtkosten die 'Richtlinien über die Vergebung von Leistungen durch Sozialversicherungsträger und den Hauptverband' eingehalten wurden;

d) Nachweise darüber, daß die in den §§23 Abs6 und 339 geforderten Voraussetzungen für die Errichtung oder Erweiterung der dort genannten Einrichtungen erfüllt sind.

(4) Der Zweckzuschuß wird in Teilbeträgen ausgezahlt. Der erste Teilbetrag ist frühestens nach Inangriffnahme der Errichtungs- oder Erweiterungsarbeiten fällig. Die weiteren Beträge sind nach Maßgabe des Fortschrittes der Errichtungs- oder Erweiterungsarbeiten anzuweisen.

(5) [aufgehoben]

(6) Die sich aus der Anwendung des Abs1 für ein Geschäftsjahr ergebenden Zweckzuschüsse dürfen zusammen höchstens 60 v.H. der am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres frei verfügbaren Mittel des Ausgleichsfonds betragen. Wird diese Grenze überschritten, so sind die Zweckzuschüsse innerhalb des Höchstausmaßes verhältnismäßig zu kürzen.

(7) Nach Vollendung des Vorhabens ist ohne Verzug, längstens jedoch ein Jahr nach Erteilung der Benützungsbewilligung, eine Endabrechnung über die Gesamtkosten vorzulegen.

(8) Die Bestimmungen des §447c Abs4 gelten entsprechend."

3. Mit der 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, wurden die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen sowie die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in den Ausgleichsfonds einbezogen. Unter einem wurden die §§447b und 447c ASVG zur Gänze neu erlassen, die §§447d und 447e ASVG jedoch aufgehoben.

3.1. Die §§447a, 447b und 447c ASVG lauten seit 1. Jänner 2003 somit wie folgt:

"Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger

§447a. (1) Der beim Hauptverband errichtete Ausgleichsfonds hat eine ausgeglichene Gebarung bzw. eine ausreichende Liquidität der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Träger der Krankenversicherung zu gewährleisten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten. Für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluß zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlußbilanz zum Ende des Jahres bestehen muß. Weiters ist zum Abschluß eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluß dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorzulegen.

(2) Die Mittel des Ausgleichsfonds werden aufgebracht durch:

  1. 1. die Beiträge der Krankenversicherungsträger (Abs3);
  2. 2. das Mehraufkommen an Tabaksteuer des Jahres 2002, das sich aus Preiserhöhungen zwischen 1. Juli 2002 und 31. Dezember 2002 ergibt.
  3. 3. sonstige Einnahmen.

(3) Die Gebietskrankenkassen, die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Träger der Krankenversicherung haben einen Beitrag im Ausmaß von 2,0 % ihrer Beitragseinnahmen zu entrichten; bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ist hiebei nur von den Beitragseinnahmen des Versicherungsträgers als Träger der Krankenversicherung auszugehen. Dieser Beitrag ist von der Summe der für das vorhergehende Kalenderjahr fällig gewordenen Beiträge zu ermitteln; er ist in zwei gleichen Teilbeträgen jeweils am 1. April und am 1. Oktober eines jeden Kalenderjahres dem Hauptverband zu überweisen. Der Betrag nach Abs2 Z2 ist monatlich bis zum 25. des Folgemonats vom Bundesminister für Finanzen an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger zu überweisen.

(4) Von den Jahreseinnahmen (Abs2) sind 10 % zur Bildung einer Rücklage zu verwenden, die nur zur Deckung eines außerordentlichen Aufwandes herangezogen werden darf. Erreicht diese Rücklage die Höhe von 0,5 % der Summe der Beitragseinnahmen aller am Fonds beteiligten Krankenversicherungsträger im vorangegangenen Kalenderjahr, dann ist sie nicht weiter zu erhöhen. Die Rücklage ist zinsenbringend im Sinne des §446 Abs1 Z1 bis 4 anzulegen.

(5) 45 % der Einnahmen des Fonds nach Abs2 Z1 sind zum Ausgleich von Strukturnachteilen (§447b) zu verwenden; die restlichen Einnahmen sind für Zielerreichungs-Zuschüsse (§447c) heranzuziehen. Mittel, die für die Erfüllung der Aufgaben des Fonds in einem Geschäftsjahr nicht benötigt wurden, sind einer allgemeinen Rücklage zuzuweisen. Diese Rücklage ist zinsenbringend im Sinne des §446 Abs1 Z1 bis 4 anzulegen.

(6) Leistungen aus dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger gebühren nicht, wenn der Krankenversicherungsträger eine ungünstige Kassenlage durch Außerachtlassung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Verwaltung selbst herbeigeführt hat.

Strukturausgleich

§447b. (1) Zum Ausgleich von Strukturnachteilen gebühren den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern (§447a Abs3) nach Maßgabe der Abs2 bis 5 für ein Geschäftsjahr Strukturausgleichs-Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds.

(2) Für die Beurteilung, ob Strukturnachteile bestehen, sind insbesondere die Beitragseinnahmen je pflichtversicherter Person, der Aufwand für beitragsfrei anspruchsberechtigte Angehörige, die Beiträge zur Krankenanstaltenfinanzierung je pflichtversicherter Person, der Aufwand für PensionsbezieherInnen, die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt und ein Großstadtfaktor sowie die Kassenlage, jeweils im betreffenden Geschäftsjahr, zu berücksichtigen. Das Nähere ist durch Richtlinien des Hauptverbandes festzulegen. Diese Richtlinien bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Verwaltungsrates und der Genehmigung durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen. Sie sind im Internet zu verlautbaren.

(3) Die Strukturausgleichs-Zuschüsse sind entsprechend den Strukturnachteilen nach Maßgabe der vorhandenen Mittel verhältnismäßig aufzuteilen.

(4) Der Hauptverband hat die Strukturausgleichs-Zuschüsse nach Vorliegen der zu ihrer Ermittlung notwendigen Unterlagen den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern bis zum 1. Oktober des Folgegeschäftsjahres zu überweisen.

Zielerreichung

§447c. (1) Den beitragspflichtigen Krankenversicherungsträgern (§447a Abs3) gebühren nach Maßgabe der Abs2 bis 5 für ein Geschäftsjahr Zielerreichungs-Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds, wenn sie in diesem Geschäftsjahr

1. alle Richtlinien und Beschlüsse im Sinne des §31 Abs6 und

2. die Zielvereinbarungen nach §32a auf der Grundlage der Kennzahlen nach §31 Abs3 Z13 und 14

eingehalten haben.

Ob die Voraussetzungen nach Z2 für den jeweiligen Krankenversicherungsträger gegeben sind, ist vom Verwaltungsrat auf Grund eines Berichtes der Controllinggruppe festzustellen (§32b Abs3). Weiters ist die Zuerkennung von Mitteln an defizitäre Krankenversicherungsträger nur unter den Voraussetzungen zulässig, das diese - nicht betriebsnotwendige Vermögensbestandteile zur Finanzierung des Gebarungsabganges veräußern und - kurzfristig nicht veräußerbare Vermögensbestandteile zur Besicherung der von ihnen zur Finanzierung des Gebarungsabganges aufgenommenen Darlehen heranziehen und - die im Rahmen der Zielvereinbarungen nach Z2 festzulegenden Einsparungen im Bereich der Verwaltungskosten und der eigenen Einrichtungen einhalten; darüber hinaus hat der betreffende defizitäre Krankenversicherungsträger alle ihm zur Verfügung stehenden betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten zur Sanierung seiner finanziellen Lage zu nützen und dies durch einen Finanzplan nachzuweisen.

(2) Wurden die Zielvereinbarungen nach Abs1 Z2 nicht zur Gänze eingehalten oder waren sie nachweislich und unbeeinflussbar nicht einhaltbar, so kann die Geschäftsführung mit Zustimmung des Verwaltungsrates dennoch, allerdings gekürzte Zielerreichungs-Zuschüsse zusprechen.

(3) Die Zielerreichungs-Zuschüsse sind im Folgegeschäftsjahr zunächst für die aliquote Abdeckung der negativen allgemeinen Rücklage und sodann zur aliquoten Auffüllung der untergedeckten Leistungssicherungsrücklage bis zu einem Ausmaß von 50% des Sollbetrages heranzuziehen.

(4) Die Höhe der jährlich zu erbringenden Zielerreichungs-Zuschüsse legt der Verwaltungsrat auf Vorschlag der Geschäftsführung im Rahmen der vorhandenen und der nach Abs3 erforderlichen Mittel mit Zustimmung der Hauptversammlung fest. Stimmt die Hauptversammlung nicht zu, so sind für das betreffende Geschäftsjahr keine Zielerreichungs-Zuschüsse auszuzahlen.

(5) Auf begründeten Antrag können bei nachgewiesenen Liquiditätsproblemen Vorauszahlungen geleistet werden. Falls die Hauptversammlung der Gewährung von Zielerreichungs-Zuschüssen nicht zustimmt, sind diese Vorauszahlungen verzinst zurückzuzahlen. Über Anträge und Rückzahlung entscheidet der Verwaltungsrat auf Vorschlag der Geschäftsführung. Die Höhe der Verzinsung berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr nach der von der Oesterreichischen Nationalbank verlautbarten Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen im Oktober des dem Kalenderjahr vorangegangenen Jahres abzüglich

1,5 Prozentpunkten."

3.2. Der in §447c Abs1 ASVG verwiesene §32a ASVG ist im

6. Unterabschnitt ("Zielvereinbarungen und Controlling in der Sozialversicherung") des Abschnitts III des Ersten Teiles des ASVG enthalten und regelt die dem Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in diesem Zusammenhang zukommenden Befugnisse; diese Bestimmung lautet - idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 - SRÄG 2000, BGBl. I Nr. 92/2000, der 58. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 99/2001, sowie der 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002 - samt Überschrift:

"Zielvereinbarungen

§32a. (1) Der Verwaltungsrat hat zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger Zielvereinbarungen zu treffen. Er hat sich dabei eines Zielsteuerungssystems zu bedienen.

(2) Der Verwaltungsrat hat spätestens im Dezember eines jeden Jahres auf der Grundlage des Monitorings nach §32b

1. die gesundheits- und sozialpolitischen Ziele für das Verwaltungshandeln der Versicherungsträger im folgenden Kalenderjahr und

2. einen Plan der mittelfristigen gesundheits- und sozialpolitischen Ziele

zu beschließen.

(3) Die Geschäftsführung hat die nach Abs2 beschlossenen Ziele mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen abzustimmen."

Diese Bestimmung geht im Wesentlichen auf das SRÄG 2000 zurück. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über diese Ergänzung der Regierungsvorlage des SRÄG 2000 heißt es dazu (254 BlgNR XXI. GP, 4):

"Im Rahmen eines neu einzufügenden 6. Unterabschnittes im Abschnitt III des Ersten Teiles des ASVG sollen entsprechend dem Auftrag der Bundesregierung zur Sicherung des österreichischen Gesundheitssystems durch sanierte Krankenkassen sowie zur Konkretisierung des bereits bestehenden gesetzlichen Auftrages zur Einrichtung eines versicherungsträgerübergreifenden Controlling (§31 Abs3 Z2 ASVG) nähere Regelungen über Zielvereinbarungen und Controlling in der Sozialversicherung getroffen werden.

Dadurch sollen die Führungskräfte der österreichischen Sozialversicherung bei der Wahrnehmung ihrer zentralen Verantwortungen, wie zB effizienter Ressourceneinsatz (Personal und Sachmittel), Effizienz der Organisation (Abläufe, Hilfsmittel, Struktur, Aufgabenverteilung), laufende Entwicklung zukunftsorientierter Strategien und Qualitätssicherung von Leistungen, unterstützt werden. Die Wahrnehmung dieser Verantwortungen setzt Zielvereinbarungen, die Ausarbeitung konkreter Pläne, das Messen der tatsächlichen Ergebnisse, die Feststellung von Abweichungen von den Plänen sowie die Ableitung von Entscheidungen daraus bzw. das Setzen neuer Ziele voraus.

Im Rahmen des §32a ASVG wird die Verbandskonferenz verpflichtet, zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Sozialversicherungsträger Zielvereinbarungen zu treffen. Diese Zielvereinbarungen sind mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen abzustimmen."

Mit der 58. Novelle zum ASVG wurden der an zwei Stellen vorkommende Ausdruck "Verbandskonferenz" jeweils durch "Verwaltungsrat" und der Ausdruck "Verbandspräsidium" in Abs3 durch "Geschäftsführung" ersetzt; mit der 60. Novelle zum ASVG wurde schließlich §32a Abs1 letzter Satz angefügt.

3.3. Die Abs10 und 11 des mit "Schlussbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. 140/2002 (60. Novelle)" überschriebenen §600 ASVG lauten wie folgt:

"(10) §447a Abs3 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 ist für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 so anzuwenden, dass an die Stelle von 2,0 % der Prozentsatz von 4,0 % tritt. Im Geschäftsjahr 2002 sind der Rücklage zur Deckung eines außerordentlichen Aufwandes aus den in §447c Abs1 lita angeführten Gründen keine Mittel nach §447a Abs4 zuzuführen. Werden in einem Geschäftsjahr die Mittel der besonderen Rücklage nach §447a Abs5 nicht ausgeschöpft, so ist der Rest dieser Mittel der allgemeinen Rücklage des Ausgleichsfonds zuzuführen.

(11) Folgende am Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nach §447a beteiligte Träger haben dem Ausgleichsfonds ein verzinsliches Darlehen in folgender Höhe zu gewähren:

1. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse

................................. 29 Millionen Euro

2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse

................................. 37 Millionen Euro

3. Salzburger Gebietskrankenkasse .. 17 Millionen Euro

4. Vorarlberger Gebietskrankenkasse 12 Millionen Euro

5. Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues

................................. 5 Millionen Euro

6. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen

Wirtschaft ...................... 72 Millionen Euro

7. Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen

................................. 17 Millionen Euro

8. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter

................................. 26 Millionen Euro.

Das Darlehen ist von den in den Z1 bis 6 genannten Trägern längstens bis 1. Oktober 2002, von den in den Z7 und 8 genannten Trägern längstens bis 31. Dezember 2003 zuzuzählen. Ab dem Jahr 2005 bis zum Ablauf des Jahres 2009 sind das als Darlehen überlassene Geld sowie die zusätzlichen Einnahmen aus der Beitragserhöhung nach Abs10 samt Verzinsung vom Ausgleichsfonds an den jeweiligen Träger zurückzuzahlen. Die Verzinsung ist nach dem jeweils von der Europäischen Zentralbank für die Einlagefazilität erstellten Zinssatz, erhöht um 0,8 Prozentpunkte, zu berechnen. Auf Vorschlag der Controllinggruppe beschließt der Verwaltungsrat bis 31. Oktober 2003 einen für die gesamte Laufzeit geltenden Plan zur Tilgung des Darlehenskapitals (Tilgungsplan), der die vollständige Rückzahlung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 sicherstellt. Die Tilgungen beginnen im Jahr 2005; bis 31. Dezember 2007 sind jedenfalls 50 % des als Darlehen überlassenen Geldes sowie der zusätzlichen Einnahmen aus der Beitragserhöhung nach Abs10 zu tilgen. Die Tilgungszahlungen an die einzelnen darlehensgewährenden Versicherungsträger sind im Verhältnis der jeweils aushaftenden Darlehenssumme vorzunehmen. Sollte der Tilgungsplan nicht eingehalten werden, so sind die darlehensgewährenden Versicherungsträger berechtigt, ihre laut Tilgungsplan jeweils ausständigen Rückzahlungs- und Zinsenraten gegen die Beitragsforderung des Ausgleichsfonds nach §447a Abs3 aufzurechnen."

4. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales heißt es zur - bereits in der Regierungsvorlage der 60. Novelle zum ASVG vorgesehenen - Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (vgl. AB 1193 BlgNR XXI. GP):

"Der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger wurde im Rahmen der 6. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 87/1960, eingerichtet. Im diesbezüglichen Ausschussbericht (vgl. 188 Blg. NR IX. GP) wurde ausgeführt: 'Die im Ausschuss vertretenen Parteien kamen (...) überein, dass mit 1. Jänner 1961 für die Gebiets-, Landwirtschafts- und Betriebskrankenkassen beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein Ausgleichsfonds errichtet werden soll. Die Mittel des Fonds sollen durch Beiträge der dem Fonds angeschlossenen Versicherungsträger und im Wege der Tabaksteuer aufgebracht werden. Aus dem Ausgleichsfonds selbst sollen finanziell schwachen Krankenversicherungsträgern Mittel zugewendet werden können.'

Die Weiterentwicklung dieses Ausgleichsfonds führte zur Aufnahme der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues in den Fonds mit 1. Jänner 1967. Mit 1. Jänner 1977 wurde die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in ihrer Funktion als Träger der Krankenversicherung in den Ausgleichsfonds aufgenommen.

In der Folge wurde auch die Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung ebenfalls Mitglied des Fonds.

Zur Funktion des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung im Jahre 1994 Folgendes grundsätzlich ausgeführt:

'Der Fonds ist ein krankenversicherungsinternes Strukturausgleichsinstrument, dessen Mittel ausschließlich von den Krankenversicherungsträgern selbst aufgebracht werden. Das formal einheitliche Beitragsrecht in der Krankenversicherung verschafft den einzelnen Krankenversicherungsträgern überaus unterschiedlich hohe Beitragseinnahmen pro Kopf der Versicherten. Diese Tendenz zur Entwicklung finanziell gut dotierter Krankenversicherungsträger zu weniger gut dotierten Krankenversicherungsträgern erklärt sich durch starke Strukturveränderungen. Aus diesem Grund ist ein Ausgleichsfonds als Instrument des sozialversicherungsinternen Finanzausgleichs unbedingt erforderlich.'

Der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger entspricht auch dem immer wieder geäußerten - vom Verfassungsgerichtshof in Erkenntnissen abgestützten - Solidargedanken in der Sozialversicherung. Die österreichische Sozialversicherung ist nicht rein dem Versicherungsprinzip verpflichtet, sondern im Rahmen der Sozialpflichtigkeit auch dem solidarischen Lastenausgleich innerhalb von gesamtösterreichischen Riskengemeinschaften. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Grundsatz der österreichischen Bundesverfassung verwiesen, wonach gemäß Artikel 4 Abs1 B-VG das Bundesgebiet ein einheitliches Wirtschaftsgebiet darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Einbeziehung eines Sozialversicherungsträgers in einen Ausgleichsfonds dann gerechtfertigt, wenn es sich beim Personenkreis des begünstigten Sozialversicherungsträgers um einen solchen handelt, der auch - wenn auch nur indirekt - Beiträge für den belasteten Sozialversicherungsträger zu leisten hat. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger hat somit eine Versicherungsriskengemeinschaft im weiteren Sinn zu bestehen (VfSlg. 6039/1969). Diese Voraussetzung ist mit der Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in den Ausgleichsfonds gegeben. Die vom Ausgleichsfonds erfassten Krankenversicherungsträger haben nämlich nicht nur einen Beitrag bzw. Darlehen für den Ausgleichsfonds zu leisten, in gleicher Weise gebühren den erfassten Krankenversicherungsträgern gleichermaßen Leistungen des Ausgleichsfonds, wenn sie die dafür festgesetzten Voraussetzungen erfüllen. Alle in den Ausgleichsfonds einbezogenen Krankenversicherungsträger haben somit gleichermaßen Ansprüche auf Leistungen, wie sie auch Beiträge und Darlehen an den Fonds entrichten bzw. gewähren müssen.

Die Neuregelung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger ist auch deshalb als verfassungskonform zu qualifizieren, als eine Belastung einzelner Krankenversicherungsträger nur dann als unsachlich zu qualifizieren wäre, wenn die Gebietskrankenkassen und die anderen betroffenen Krankenversicherungsträger durch diese Maßnahme nicht mehr in der Lage wären, ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen mit ihren eigenen Mitteln und mit den Mitteln des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nachzukommen. Dies ist mit der Neuregelung der Ausgleichsfondsfinanzierung nicht der Fall, die langfristige Finanzierung aller österreichischen Krankenversicherungsträger wird mit dieser Maßnahme nachhaltig gesichert.

Ebenso ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 5241 im Zusammenhang mit der Erklärung des Begriffes Sozialversicherung ausdrücklich auch Sozialversicherungsgemeinschaften als solche ohne Differenzierung nach einer berufsständischen Zugehörigkeit anerkennt. Ebenso verletzt die Neuregelung der Finanzierung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nicht das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Dies deshalb, weil die neuen Bestimmungen dem öffentlichen Interesse an einer ausgeglichenen Gebarung der Krankenversicherungsträger dienen, damit diese die ihnen übertragenen Aufgaben wirksam erfüllen können. Die Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt des öffentlichen Dienstes in den Ausgleichsfonds stellt eine dafür durchaus geeignete Maßnahme dar, weil dies hilft, zu einer ausgeglichenen Gebarung der österreichischen Krankenversicherungsträger zu kommen. Das öffentliche Interesse am Funktionieren jedes einzelnen Krankenversicherungsträgers rechtfertigt daher einen diesbezüglichen Eingriff.

Da die Gliederung der Sozialversicherung in verschiedene Träger nach Gesichtspunkten der Personenverbundenheit erfolgte, ist es unausweichlich, dass die Riskenauslese innerhalb dieser Träger sehr unterschiedlich ist. Hat sich der Gesetzgeber - wie in Österreich - dafür entschieden, das Leistungsrecht für alle Versichertengruppen in etwa gleich auszugestalten, so bedeutet dies, dass es damit finanziell begünstigte und finanziell benachteiligte Versicherungsgemeinschaften gibt. Geht man davon aus, dass die in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten eine Risikogemeinschaft im weiteren Sinn darstellen, so ist ein finanzieller Ausgleich zwischen defizitären und positiv bilanzierenden Krankenversicherungsträgern nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern geradezu geboten."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 60. Novelle zum ASVG führen zur Verwendung der Mittel des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (vgl. 1183 BlgNR XXI. GP, zu den §§447a Abs5 und 447b bis 447e ASVG) Folgendes aus:

"Für den neu gestalteten Ausgleichsfonds sollen zwei 'Töpfe' geschaffen werden, von denen der eine dem Strukturausgleich, der andere der Honorierung der Zielerreichung dient.

Der dem Strukturausgleich gewidmete Topf soll als objektive Kriterien all jene Strukturparameter beinhalten, die von den einzelnen Krankenversicherungsträgern kurz- bis mittelfristig nicht beeinflussbar sind. Als Rechengröße soll dieser Strukturtopf veranschaulichen, wie die Struktur ist und welcher Ausgleichsbedarf auf Grund der gegebenen Strukturunterschiede besteht. Folgende Strukturparameter sind dabei insbesondere zu beachten:

Einnahmenstruktur (Beiträge), Versichertenstruktur (Angehörige), demografische Struktur (Pensionisten), Belastung im Rahmen der Krankenanstaltenfinanzierung, Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt, Großstadtfaktor (Versorgungsdichte in städtischen Ballungsräumen) und Kassenlage; das Nähere ist in Richtlinien des Hauptverbandes zu regeln.

Der Strukturausgleich löst die bisherigen Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds ab. Auf die Leistungen unter dem Titel 'Strukturausgleich' besteht ein Rechtsanspruch. Für den Strukturausgleich stehen 45% der jährlichen Einnahmen des Fonds aus Beiträgen der Krankenversicherungsträger zur Verfügung. Der Zielerreichungstopf soll an einen Zielkatalog anbinden, der mit einem Steuermechanismus verknüpft ist; dabei wird das Modell der Balanced Score Card anzuwenden sein. Auch auf die Zielerreichungs-Zuschüsse besteht ein Rechtsanspruch, wenn die Voraussetzungen (Einhaltung der vom Hauptverband zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und einheitlichen Vollzugspraxis erlassenen Richtlinien, Einhaltung der vom Verwaltungsrat erlassenen Zielvereinbarungen nach §32a ASVG) erfüllt werden.

Wurden die Zielvereinbarungen nicht vollständig eingehalten, so können entsprechend gekürzte Zuschüsse erbracht werden."

Zur Erhöhung der Beiträge zum Ausgleichsfonds für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 und zur Verpflichtung der in §600 Abs11 ASVG bezeichneten Gebietskrankenkassen sowie der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zur Gewährung eines Darlehens heißt es in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (aaO, zu den §§447a Abs2 Z2 und Abs3 sowie 600 Abs10 und 11 ASVG):

"Um einen wirkungsvollen Finanzausgleich über den Fonds durchzuführen, sollen diesem zusätzliche Mittel zugeführt werden. ... Für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 soll von den beteiligten Krankenversicherungsträgern das Doppelte der sonst vorgesehenen Beiträge an den Ausgleichsfonds entrichtet werden. Darüber hinaus haben bestimmte am Ausgleichsfonds beteiligte Krankenversicherungsträger diesem nach ihrer Finanzkraft Darlehensgelder zu gewähren, die vom Fonds - ebenso wie die Mehreinnahmen aus der erhöhten Beitragsentrichtung - in den Jahren 2005 bis 2010 verzinst zurückzuzahlen sind. Die angeführten Beträge bilden rund 20 % der voraussichtlichen allgemeinen Rücklage und Leistungssicherungsrücklage zum 31. Dezember 2002. Die Beträge wurden auf Grund der Jahresvoranschläge 2002 der genannten Träger ermittelt."

Die in §600 Abs11 Z7 und 8 ASVG vorgesehene Verpflichtung auch der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger ein Darlehen zu gewähren, geht auf einen vom Ausschuss für Arbeit und Soziales mehrheitlich angenommenen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage der 60. Novelle zum ASVG zurück.

Begründend heißt es zu dieser Änderung (vgl. AB 1193 BlgNR XXI. GP):

"Die Bundesregierung hat im Zuge der Beschlussfassung des einschlägigen Ministerratsmaterials am 13. Juni 2002 folgende Anmerkung zu Protokoll nehmen lassen: 'Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für das Jahr 2002 in die Dotierung des Ausgleichsfonds aus Rücklagen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten einbezogen wird.'

Im Sinne dieser Protokollanmerkung sollen die genannten Versicherungsträger aus Gleichheitsgründen nach ihrer Finanzkraft auch in das Darlehensmodell zur Dotierung des neugeordneten Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger einbezogen werden. Da die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter erst mit 1. Jänner 2003 am Ausgleichsfonds beteiligt sein werden, soll die Zuzählung der Darlehen erst bis längstens 31. Dezember 2003 erfolgen."

II. 1. Die Vorarlberger Landesregierung stellt auf Grund ihres Beschlusses vom 27. August 2002 den Antrag, folgende Bestimmungen bzw. Teile des ASVG (idF der 60. Novelle) als verfassungswidrig aufzuheben:

Dieser Antrag ist hg. zu G279/02 protokolliert worden.

2.1. Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter beantragt zu G294/02, näher bezeichnete Teile der §§447a, 447b und 447c ASVG, weiters §600 Abs10 und §600 Abs11 Z8 sowie die Worte "und 8" in §600 Abs11 zweiter Satz ASVG als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu auch die Bestimmung des §416 ASVG.

2.2. Mit einem weiteren - zu G23/03 protokollierten - Antrag wendet sich die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zunächst ("aus prozessualer Vorsicht" im Hinblick auf die Einbringung des Antrages zu G294/02 noch vor Inkrafttreten der §§447a, 447b, 447c und 600 Abs10 ASVG idF der 60. Novelle mit 1. Jänner 2003) neuerlich gegen die soeben genannten Bestimmungen des ASVG, weiters jedoch auch gegen die Vorschriften des ASVG über die Bestellung und den Wirkungskreis des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung sowie der Controllinggruppe des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (§§32b, 441, 441b, 441c, 441e, 442a und 442b ASVG idF der 58. bzw. 60. Novelle).

3. Mit Antrag vom 16. Oktober 2002 (protokolliert zu G333/02) begehrt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Aufhebung der Wortfolge "6. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ... 72 Millionen Euro" in §600 Abs11 ASVG, in eventu des §600 Abs11 ASVG zur Gänze.

4. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 beantragen 64 Abgeordnete zum Nationalrat, die die Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (VAöE) in den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger betreffenden Wortfolgen in §447a Abs1 und 3 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben, weiters §600 Abs11 Z7 ASVG und die Wortfolge "7 und" im dritten Absatz des §600 Abs11 ASVG. Das Verfahren über diesen Antrag ist hg. zu G335/02 geführt worden.

5. Mit Antrag vom 30. Jänner 2003 (protokolliert zu G13/03) begehrt die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (VAöE) die Aufhebung der Wortfolgen "7. Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen ... 17 Millionen Euro" sowie "7 und" in §600 Abs11 ASVG idF BGBl. I Nr. 140/2002.

6. Die Bundesregierung hat in allen Verfahren eine schriftliche Äußerung zum Gegenstand erstattet, in der sie einerseits die Zulässigkeit der Anträge [mit Ausnahme jener der Vorarlberger Landesregierung (G279/02), der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (G333/02) sowie der Nationalratsabgeordneten (G335/02)] bestreitet, andererseits die angefochtenen Bestimmungen als verfassungsmäßig verteidigt.

III. Der Verfassungsgerichthof hat über die - gemäß §§463 Abs1 und 404 iVm §187 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen - Anträge erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Zum Antrag der Vorarlberger Landesregierung (G279/02):

1.1. Der Antrag ist, soweit er sich gegen §32a ASVG (idF der 60. Novelle) richtet, nur zum Teil zulässig:

Wie sich aus Art140 Abs4 B-VG ergibt, ist ein Antrag einer Landesregierung als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen bei Fällung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch geltende, nicht aber gegen in diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretene Normen zulässig (zB VfSlg. 14.802/1997).

Mit Art73 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, ausgegeben am 20. August 2003, ist ua. §32a in seinem Abs3 - rückwirkend mit 1. Mai 2003 - neu erlassen worden und lautet nunmehr:

"(3) Die Geschäftsführung hat die nach Abs2 beschlossenen Ziele mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen abzustimmen."

Die Neufassung soll den Bestimmungen des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 76 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/2003, über den Wirkungskreis des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz sowie des (mit 1. Mai 2003 neu errichteten) Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen Rechnung tragen.

Der Antrag, (auch) §32a Abs3 ASVG idF der 60. Novelle zum ASVG aufzuheben, richtet sich somit insoweit gegen eine nicht mehr in Kraft stehende Bestimmung und war daher zurückzuweisen.

1.2. Da es entsprechend der vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 6460/1971 vertretenen Auffassung einen Gesetzesprüfungsantrag im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nicht unzulässig macht, wenn eine angefochtene Gesetzesbestimmung erst nach dem Zeitpunkt der Antragstellung in Kraft tritt, und auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, ist der Antrag der Vorarlberger Landesregierung im Übrigen zulässig.

2. Zum Antrag der Abgeordneten zum Nationalrat (G335/02):

2.1. Gemäß Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG ist ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates berechtigt, die Verfassungswidrigkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Die einschreitenden 64 Abgeordneten zum Nationalrat verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates. Daher ist die in Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG normierte Antragsvoraussetzung gegeben.

Wie sich aus dem Erkenntnis VfSlg. 8644/1979 (S 109 ff) ergibt, wurde der Antrag auch nicht dadurch unzulässig, dass der Nationalrat nach Einbringung des vorliegenden Antrages seine Auflösung beschlossen hat (BGBl. I Nr. 154/2002), Wahlen zum Nationalrat stattgefunden haben und sich ein neuer Nationalrat konstituiert hat.

2.2. Wie vorhin - zum Antrag der Vorarlberger Landesregierung - ausgeführt, ändert es schließlich nichts an der Zulässigkeit des Antrages, dass einige der angefochtenen Bestimmungen erst nach Antragstellung in Kraft getreten sind.

Der Antrag erweist sich daher zur Gänze als zulässig.

3. Zu den Anträgen der Krankenversicherungsträger:

3.1. Gemäß Art140 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen - auch - auf Antrag von Personen, die behaupten, unmittelbar durch eine Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung bzw. ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10.511/1985, 11.726/1988).

3.2. Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) erachtet sich in beiden (in diesem Punkt im Wesentlichen übereinstimmenden) Anträgen aus nachstehenden Gründen für antragsberechtigt:

"... §447a Abs1 ASVG sieht einen beim Hauptverband eingerichteten Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger vor. Mit der 60. ASVG-Novelle wird auch die Antragstellerin in diesen Fonds einbezogen, sodass sich durch diese Novelle auch der Kreis der beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger erweitert. Nach §447a Abs3 ASVG idF der 60. ASVG-Novelle hat die Antragstellerin einen Beitrag im Ausmaß von 2 % ihrer Beitragseinnahmen als Trägerin der Krankenversicherung unter Zugrundelegung der für das vorhergehende Kalenderjahr fällig gewordenen Beträge an den Ausgleichsfond[s] zu entrichten. Für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 erhöht sich dieser Prozentsatz auf 4,0 %. Überdies ordnet die Übergangsbestimmung des §600 Abs11 ASVG an, dass die Antragstellerin dem Ausgleichsfonds ein verzinsliches Darlehen in der erwähnten Höhe zu gewähren hat, das bis zu einem gesetzlich bestimmten Termin zuzuzählen ist.

Es handelt sich hiebei um Leistungspflichten, welche der Antragstellerin unmittelbar durch das Gesetz auferlegt werden.

...

... Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in mehreren Erkenntnissen (VfSlg. 10.451/1985, 10.779/1986) in ähnlich gelagerten Fällen die Antragslegitimation der Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter im Hinblick auf unmittelbar durch das Gesetz geschaffene Leistungspflichten bejaht. In jenem dem Erkenntnis VfSlg. 10.451/1985 zugrundeliegenden Sachverhalt wurde die Antragstellerin durch ArtIII der 11. Novelle zum B-KUVG, BGBl 592/1981, verpflichtet, näher bestimmte Beträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger zu überweisen. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass durch diese gesetzlichen Bestimmungen in die Rechtssphäre der antragstellenden Versicherungsanstalt offensichtlich eingegriffen wird.

Aus diesem Grund steht daher für die Antragstellerin außer Frage, dass in concreto jedenfalls die Antragslegitimation hinsichtlich der Bekämpfung der Bestimmung des §600 Abs11 ASVG, der sie zur Gewährung eines Darlehens von € 26 Millionen an den Ausgleichsfonds bis längstens 31. Dezember 2003 verpflichtet, vorliegt. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 13.12.2001, G300/01 u.a., darauf hingewiesen, dass ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtsposition des Antragstellers jedenfalls dann vorliegt, wenn die Zahlungsverpflichtung ziffernmäßig konkretisiert ist. Hinsichtlich der angefochtenen Bestimmung des §600 Abs11 ASVG ist dies augenscheinlich der Fall, wobei nicht nur das Ausmaß der Zahlungsverpflichtung, sondern auch der Zeitpunkt, bis zu dem die Zuzählung der Darlehensvaluta zu erfolgen hat, im Gesetz selbst eindeutig festgelegt ist.

§600 Abs11 ASVG ist an dem der Kundmachung folgenden Tag (21.8.2002) in Kraft getreten, weshalb die Antragstellerin bereits aktuell betroffen ist.

... Die Antragstellerin ist jedoch überzeugt, dass ihr auch hinsichtlich der mittels Prozentsatz festgelegten Beitragsverpflichtungen in §447a Abs3 ASVG und in §600 Abs10 ASVG Antragslegitimation zukommt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Die angeführten Leistungspflichten, welche die Antragstellerin unmittelbar kraft Gesetzes treffen, werden ohne irgendwelche Vollzugsakte, etwa der bescheidförmigen Feststellung oder Vorschreibung durch den BMSG oder den Hauptverband wirksam. Tatsächlich ist im vorliegenden Zusammenhang gegenüber der Antragstellerin auch kein Bescheid ergangen. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von jenem, der vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 14.598/1996 und 14.645/1996 zu entscheiden war: Im Rahmen des Ausgleichssystems nach §447g ASVG waren und sind Konkretisierungen im Wege der Vollziehung vorgesehen. Dementsprechend ist der 'Umweg' über die Bekämpfung administrativer Entscheidungen in diesem Zusammenhang zum Teil als zumutbar anzusehen. Im Kontext des Ausgleichssystems nach den §§447a ff ASVG sind solche Schritte administrativer Konkretisierung jedoch nicht vorgesehen.

Die Antragstellerin verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Verfassungsgerichtshof im erwähnten Beschluss G300/01 die Antragslegitimation der antragstellenden Gebietskrankenkassen hinsichtlich der in den §§447a ff ASVG auferlegten Zahlungsverpflichtung von 2 % der jeweiligen Beitragseinnahmen mit dem Argument verneint hat, dass den Antragstellern die Möglichkeit offen stehe, einen Bescheid gemäß §416 ASVG beim Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge zu erwirken.

§416 ASVG normiert, dass der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen über Streitigkeiten zwischen Hauptverband und den Versicherungsträgern entscheidet. Durch die Einleitung eines Verfahrens zur Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen betreffende Streitigkeiten werden diese Zahlungsverpflichtungen nicht gehemmt. Der Entfall der Hemmung der Zahlungsverpflichtung bei Streitigkeiten wurde durch das 2. Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996, BGBl 764/1996, verfügt. Wie sich aus den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (394 BlgNR, XX. GP) ergibt, wollte der Gesetzgeber damit sicherstellen, dass der Hauptverband seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Landesfonds nachkommen kann. Die historische Interpretation spricht daher dafür, dass sich das Verfahren gemäß §416 ASVG ausschließlich auf Streitigkeiten über die Beitragshöhe jener Beiträge erfasst, welche die Träger der Sozialversicherung an die Länder (Landesfonds) gemäß §447f ASVG zu leisten haben.

Im Gegensatz zum erwähnten Beschluss G300/01 kann es bei der Anwendung der in §447a Abs3 sowie §600 Abs10 und Abs11 Z8 ASVG normierten Zahlungsverpflichtungen auch zu keinen 'Streitigkeiten' iSd §416 ASVG kommen. Die in den genannten Gesetzesbestimmungen angeführten Zahlungsverpflichtungen sind der Höhe nach eindeutig bestimmt bzw. bestimmbar und legen präzise die Fälligkeit der entsprechenden Zahlungen fest. Im genannten Beschluss war hingegen die Höhe der an den Fonds abzuführenden Beiträge nicht unmittelbar konkretisiert.

§447a Abs2 Z2 ASVG idF des Art1 Z47f SRÄG 2000 BGBl I 92/2000 bestimmte nämlich, dass als weitere Beitragskomponente zum Ausgleichsfonds der Behandlungsbeitrag nach §135a dieses Bundesgesetzes, soweit er nicht von der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und von den Betriebskrankenkassen einzuheben ist, nach §91a GSVG und nach §85a BSVG, jeweils abzüglich der Einhebungskosten hiefür, heranzuziehen ist. Diese Bestimmung wurde aber durch BGBl I 101/2000 wieder aufgehoben. Im Gegensatz dazu lässt sich ein bestimmter Prozentsatz von den Einnahmen der Antragstellerin ohne Schwierigkeiten berechnen. Streitigkeiten hierüber sind daher geradezu denkunmöglich.

Zu dem Ergebnis, dass §416 ASVG zumindest für die Antragstellerin keinen zumutbaren Weg eröffnet, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken an den VfGH heranzutragen, gelangte der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 10.451/1985, auf das er auch im Erkenntnis VfSlg. 10.779/1986 verwies. Es gibt keinen Grund, warum der VfGH von dieser ständigen Judikatur abgehen sollte.

... Selbst wenn man jedoch davon ausgehen sollte, dass §416 ASVG sämtliche Streitigkeiten in Bezug auf Beiträge zu Ausgleichsfonds (Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger - §447[g] ASVG und Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger - §447a ASVG) erfassen sollte, ergibt sich jedenfalls im konkreten Fall, dass der 'Umweg' über dieses Verfahren für die Antragstellerin unzumutbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen (VfSlg. 12.950, 14.535, 14.591 uva) ausgesprochen, dass die Möglichkeit der Erlangung eines Feststellungsbescheides der Zulässigkeit eines Individualantrages dann nicht entgegengehalten werden kann, wenn dies dem einzigen Zweck dienen würde, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen eine Norm bestehenden Bedenken an den VfGH heranzutragen.

Nichts anderes wäre jedoch im vorliegenden Fall zu erwarten. Die Antragstellerin müsste einzig aus dem Grund, einen im Wege der Beschwerde nach Art144 B-VG bekämpfbaren Bescheid zu erlangen, eine 'Streitigkeit' mit dem Hauptverband provozieren, um solcherart einen Bescheid des BMSG zu erwirken. Anders als im Fall G300/01, in dem die Antragsteller nicht die mit der fehlenden Hemmung während des Verfahrens nach §416 ASVG möglicherweise eintretenden wirtschaftlichen Belastung vorbrachten, hätte der aufgezeichnete 'Umweg' für die Antragstellerin zur Folge, dass sie ihren gesetzlich normierten Leistungspflichten nicht mehr nachkommen könnte.

Die Antragstellerin erlaubt sich, als Beilage die Erfolgsrechnung KV für den Zeitraum 1999-2003 vorzulegen, aus der ersichtlich ist, dass der geplante Abgang 2003 ohne Ausgleichsfonds € 9.618.295, mit Ausgleichsfonds aber € 27.846.064 beträgt. Diese Zahlungen an den Ausgleichsfonds würden in absehbarer Zukunft dazu führen, dass die Antragstellerin ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte.

...

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass das Beschreiten des Verwaltungsweges auch dann unzumutbar ist, wenn dies eine außergewöhnliche Härte (VfSlg. 8.432, 8.433, 8.464), im Besonderen eine außergewöhnliche wirtschaftliche Härte (VfSlg. 8.433 ...) mit sich bringen würde. Die Antragstellerin wäre somit vor die Alternative gestellt, ihren Zahlungsverpflichtungen zu den gesetzlich bestimmten Zeitpunkten nachzukommen und ihre übrigen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen zu können oder die gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen zu ignorieren.

Beides würde dazu führen, dass die Antragstellerin mit ihrer Auflösung unter Einsetzung eines staatlichen Verwalters (§156 B-KUVG) bedroht wäre. Ein solcher 'Umweg' ist daher nicht zumutbar.

... In diesem Sinne ist die Antragstellerin im Sinne der Eventualanträge legitimiert, da sie der letzte Satz des §416 ASVG idF BGBl 764/1996 unmittelbar und aktuell beeinträchtigt, indem die Antragstellerin zu einem ruinösen Verfahren gezwungen wird, da die - solcherart als Rechtschutzeinrichtung zu qualifizierende - Bestimmung des §416 ASVG nicht das vom VfGH in ständiger Judikatur geforderte 'Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber' bewirkt (VfSlg. 11.196, 12.683, 13.003 uva) und daher verfassungswidrig ist."

3.2.1. Die BVA geht davon aus, dass sie hinsichtlich der mittels Prozentsatz festgelegten Beitragsverpflichtungen in §447a Abs3 ASVG und §600 Abs10 ASVG bzw. auf Grund des untrennbaren Zusammenhanges des "Verteilungsregimes" (§§447b und 447c ASVG) mit diesen beitragsrechtlichen Bestimmungen antragslegitimiert sei.

Dem ist nicht beizutreten:

Der Verfassungsgerichtshof hat vergleichbare Anträge von Gebietskrankenkassen auf Aufhebung der §§447a Abs1, 3 und 4 sowie §447b Abs10 und Abs5 ASVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 140/2002 zurückgewiesen (vgl. VfSlg. 16.406/2001):

Wie der Verfassungsgerichtshof in diesem Beschluss ausgeführt hat, kann für den Fall, dass das Ausmaß der Zahlungsverpflichtung sowie das Ausmaß der Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds von der Höhe der Beitragseinnahmen abhängt und für den Streitfall auch ein Verfahren (gemäß §416 ASVG) zur Verfügung steht, nicht gesagt werden, dass die angefochtenen Gesetzesbestimmungen unmittelbar in die rechtlich geschützte Interessensphäre der antragstellenden Gebietskrankenkassen eingriffen. Diese Bestimmung erfasst - ihrem Wortlaut nach - nicht nur Streitigkeiten im Zusammenhang mit §447f ASVG, sondern allgemein jede Art von Streitigkeit.

Auch im vorliegenden Fall ist der in der Beitragsverpflichtung liegende Eingriff nicht ziffernmäßig bestimmt, sondern abhängig von den Beitragseinnahmen der BVA, sodass es im Einzelfall erst der näheren Konkretisierung des Eingriffes bedarf, wofür im Streitfall auch das Verfahren gemäß §416 ASVG offensteht. Da somit der - behauptete - Eingriff nach Art und Umfang ohne Durchführung des dafür vorgesehenen Verfahrens nicht eindeutig bestimmt ist, mangelt es der antragstellenden BVA schon deshalb an der Antragslegitimation.

Soweit sich die BVA aber gegen ihre Einbeziehung in den Kreis der dem Ausgleichsfonds angeschlossenen Krankenversicherungsträger wendet, könnte sie diese Frage im Wege des genannten Verfahrens gemäß §416 ASVG an den Verfassungsgerichtshof herantragen, sodass ihr insoweit ein anderer zumutbarer Weg offenstünde (der sich freilich im Hinblick auf das Ergebnis dieses Verfahrens erübrigt).

3.2.2. Die BVA stellt weiters - wohl für den Fall der Zurückweisung ihrer Anträge wegen Zumutbarkeit des Verwaltungsweges gemäß §416 ASVG idF BGBl. Nr. 764/1996 - jeweils den Antrag, das Wort "nicht" in §416 letzter Satz ASVG, in eventu den ganzen letzten Satz des §416 ASVG ("Durch die Einleitung eines Verfahrens zur Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen betreffende Streitigkeiten werden diese Zahlungsverpflichtungen nicht gehemmt."), in eventu den gesamten §416 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu (Individual-)Anträgen nach den Art139 und 140 B-VG muss die Legitimation des Antragstellers nicht nur zur Zeit der Einbringung des Antrages, sondern auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gegeben und die angefochtene generelle Norm daher noch im Entscheidungszeitpunkt für den Antragsteller wirksam sein (vgl. VfSlg. 12.632/1991, 12.731/1991, 12.756/1991, 13.444/1993).

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, ist §416 ASVG - rückwirkend mit 1. Mai 2003 - zur Gänze neu erlassen worden. Soweit die Antragstellerin also die Verfassungswidrigkeit des §416 ASVG idF des 2. Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 764/1996, behauptet, bekämpft sie eine Bestimmung in einer nicht mehr in Geltung stehenden Fassung; sie hat auch nach Erlassung der erwähnten Novelle des §416 ASVG keine Begründung dafür nachgereicht, weshalb sie - ungeachtet der materiellen Derogation der angefochtenen Bestimmung - durch diese Norm in ihrer bisherigen Fassung (weiterhin) aktuell betroffen sei (vgl. VfSlg. 15.116/1998).

3.2.3. Zur Zulässigkeit des - lediglich im Antrag zu G23/03 enthaltenen - Begehrens, näher bezeichnete Bestimmungen des ASVG über die Bestellung und den Wirkungskreis dreier Verwaltungskörper des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, nämlich des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung sowie der Controllinggruppe, als verfassungswidrig aufzuheben, trägt die BVA Folgendes vor:

"[D]ie Festlegung der Richtlinien, Beschlüsse und Zielvereinbarungen zur Gewährung der Zielerreichungs-Zuschüsse iSd §447c ASVG und die Gewährung der Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds [obliegt] den mit der 58. ASVG-Novelle neu eingerichteten Verwaltungskörpern des Hauptverbandes. Die Antragstellerin hält - mit Ausnahme der Hauptversammlung - deren Zusammensetzung insoweit für verfassungswidrig, als ihnen Aufgaben zugewiesen werden, die im Wege der sozialen Selbstverwaltung, allenfalls durch staatliche Verwaltung, durchzuführen sind. Da die Umsetzung des Beitrags- und Verteilungsregimes durch die genannten Verwaltungskörper erfolgt, erachtet sich die Antragstellerin auch hinsichtlich deren Bestellung und Kompetenzzuweisungen für beschwert. Die den Ausgleichsfonds regelnden Normen stehen nach Ansicht der Antragstellerin in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Organisationsnormen betreffend die Verwaltungskörper. ..."

Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist, dass die angefochtene Norm nicht bloß faktische Wirkung zeitigt, sondern in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und sie im Fall der Rechtswidrigkeit verletzt. Das Anfechtungsrecht kann - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. zuletzt etwa VfGH 25. Juni 2003, G43/03 mwN) - von Vornherein nur einem Rechtsträger zukommen, an den oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat).

Mit dem soeben wiedergegebenen Vorbringen hat die Antragstellerin weder dargetan, dass die von ihr angefochtenen Bestimmungen über die Verwaltungskörper des Hauptverbandes überhaupt in ihre Rechtssphäre eingriffen, noch, dass diese Normen für sie unmittelbar wirksam geworden wären. Der Antrag leidet somit insoweit an einem inhaltlichen, einer Verbesserung nicht zugänglichen Mangel (vgl. insbesondere VfSlg. 15.224/1998 mwN).

3.2.4. Die Anträge der BVA, weiters §600 Abs11 Z8 ASVG sowie die Wortfolge "und 8" in §600 Abs11 zweiter Satz ASVG als verfassungswidrig zu erkennen, erweisen sich hingegen - vor dem Hintergrund der oben unter Pkt. 3.2. wiedergegebenen Rechtsprechung - als zulässig:

Angefochten ist jeweils eine die BVA unmittelbar und aktuell treffende, ziffernmäßig genau feststehende Zahlungsverpflichtung.

§600 Abs11 ASVG ist mangels gegenteiliger Anordnung mit 21. August 2002 in Kraft getreten und daher bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung zu G294/02 für die BVA wirksam geworden.

3.3. Nach dem soeben Gesagten sind auch die Anträge der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen auf Aufhebung des §600 Abs11 Z6 bzw. des §600 Abs11 Z7 und der Wortfolge "7 und" in §600 Abs11 zweiter Satz ASVG als zulässig zu beurteilen.

B. In der Sache:

1. Die antragstellenden Parteien erheben - jeweils auf das Wesentliche zusammengefasst - folgende Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen:

Bedenken gegen die Einbeziehung weiterer Versicherungsträger in den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (§447a Abs1 und 3 ASVG):

Die Vorarlberger Landesregierung stellt ihren Bedenken Ausführungen zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger voran: Es sei unzulässig, die historisch vorgefundene Autonomie der einzelnen Sozialversicherungsträger in einer Weise zu beeinträchtigen, die einer "grundlegenden Untergrabung" gleichkäme. Eine solche Untergrabung könne sich daraus ergeben, dass in die Entscheidungsmöglichkeiten einzelner Sozialversicherungsträger in finanzieller Hinsicht massiv eingegriffen werde.

Zwischen einigen im Ausgleichsfonds zusammengefassten Versichertengemeinschaften bestehe kein persönlicher oder sachlicher Zusammenhang, weil das Beitrags- und Leistungsrecht der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter erheblich von jenem der Gebietskrankenkassen und der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues abweiche. Nur im Rahmen gleicher Beitragssätze sei eine Versicherungsriskengemeinschaft anzunehmen. Es sei unsachlich, eine Umverteilung von Geldmitteln zwischen Krankenversicherungsträgern mit unterschiedlich hohen Beitragssätzen und unterschiedlichem Leistungsrecht vorzunehmen.

Die Bedenken der antragstellenden Abgeordneten zum Nationalrat stützen sich darauf, dass die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (VAöE) durch §447a Abs3 ASVG sowie die §§600 Abs10 iVm §600 Abs11 ASVG zu finanziellen Leistungen an den Ausgleichsfonds verpflichtet werde. Durch die damit bewirkte Umschichtung von Mitteln von finanziell besser gestellten Versicherungsträgern zu solchen Trägern, die sich in einer schlechten finanziellen Lage befinden, werde der VAöE ein finanzielles Sonderopfer abverlangt. Die "budgetäre Schonung der Allgemeinheit durch eine steuerneutrale Umschichtung von finanziellen Mitteln zwischen einzelnen Versicherungsträgern" könne den Eingriff in die Grundrechte der VAöE (Unversehrtheit des Eigentums, Gleichheit vor dem Gesetz) nicht rechtfertigen. Überdies liege keine Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn zwischen der VAöE und den anderen im Ausgleichsfonds zusammengefassten Krankenversicherungsträgern vor; die Versicherten der VAöE bezögen keine Leistungen der Gebietskrankenkassen; es bestehe überhaupt kein persönlicher oder sachlicher Zusammenhang, da der Beitragsleistung kein Leistungsanspruch gegenüberstehe. Die Regelung sei daher unsachlich und unverhältnismäßig; die bei der VAöE Versicherten zahlten höhere Krankenversicherungsbeiträge und einen Behandlungsbeitrag. Die Mittel der Versicherten der VAöE würden dazu verwendet, die finanziellen Schwierigkeiten anderer Versicherungsträger auszugleichen.

Die Einbeziehung der VAöE in den Ausgleichsfonds sei als unsachlicher und unverhältnismäßiger Eingriff in die finanzielle Selbständigkeit dieser Versicherungsanstalt zu werten. Der VAöE sei es nämlich in Zukunft nicht mehr möglich, eine ausgeglichene Gebarung zu erzielen: Die VAöE müsse im Jahr 2003 30,4 Millionen Euro an den Ausgleichsfonds überweisen; das Gebarungsvolumen ohne diese Zahlungen betrage aber bereits -6,05 Millionen Euro. Diese Belastung werde in den kommenden Jahren noch steigen. Der Erhalt von Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds sei aber ungewiss.

Bedenken gegen die Regelung der Verwendung der Mittel des Ausgleichsfonds (§§32a, 447a Abs5, 447b Abs2, 447c ASVG):

a) Nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung sei §447b ASVG so gefasst, dass einzelne Krankenversicherungsträger bei der Verteilung von Strukturausgleichs-Zuschüssen in der Regel bevorzugt und andere benachteiligt würden; dies sei unsachlich. Es sei unter dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebotes nicht zu rechtfertigen, die vorhandenen Mittel nach Kriterien ("Strukturnachteilen") zuzuerkennen, die von den begünstigten Krankenversicherungsträgern im Rahmen ihrer finanziellen Autonomie selbst verursacht worden seien. Dies bestätige auch §447a Abs6 ASVG, wonach keine Leistungen aus dem Ausgleichsfonds gebührten, wenn die ungünstige Kassenlage durch Außerachtlassung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Verwaltung selbst herbeigeführt worden sei.

b) Die Wortfolge ", die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt" sei unsachlich, da kein Krankenversicherungsträger gesetzlich gezwungen sei, selbst Krankenanstalten zu betreiben. Nach der alten Rechtslage in §447b Abs8 ASVG sei es aber auf die gesetzliche Verpflichtung angekommen.

c) Die Wortfolge "sowie die Kassenlage" sei unsachlich, da diese Kassenlage erst durch den Hauptverband näher zu bestimmen sei und daher nicht von Vornherein als Strukturnachteil gesetzlich festgelegt werden dürfe. Eine schlechte Kassenlage stehe auch nicht zwangsläufig mit nachteiligen Strukturen im Zusammenhang. Es seien damit jene Krankenversicherungsträger systematisch benachteiligt, die unabhängig von objektiven Strukturnachteilen sparsam wirtschafteten. Der Begriff "Kassenlage" sei im Hinblick auf die vom Hauptverband zu erlassenden Richtlinien auch nicht hinreichend bestimmt und damit mit Art18 B-VG unvereinbar. Es sei unklar, ob damit ein einziges defizitäres Geschäftsjahr gemeint sei oder ob die Kassenlage so schlecht sein müsse, dass innerhalb der nächsten Jahre keine wesentliche Verbesserung zu erwarten sei. Denkbar sei auch lediglich ein Vergleich mit anderen Krankenversicherungsträgern.

d) Die Wortfolge "und ein Großstadtfaktor" sei verfassungswidrig: Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit ein "Großstadtfaktor" einen objektiven Strukturnachteil darstellen solle. Sofern damit jene Mehrkosten abgegolten werden sollten, die durch die Inanspruchnahme städtischer Einrichtungen durch Personen aus ländlichen Gebieten entstünden, so sei dem die Berücksichtigung dieser Mehrkosten durch Festlegung von Landesquoten gemäß Art15 Abs1, 2 und 4 der Bund-Länder-Vereinbarung über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung, BGBl. I Nr. 60/2002, entgegenzuhalten. Der Terminus sei überdies zu unbestimmt.

e) Der Ausgleichsfonds sei ursprünglich dazu bestimmt gewesen, die strukturellen Einkommensunterschiede in der Krankenversicherung auszugleichen. Die Neugestaltung bewirke hingegen, dass künftig mehr als die Hälfte der Beiträge nicht mehr dem Ausgleich von Strukturnachteilen zur Verfügung stünden, sondern vielmehr für Zielerreichungs-Zuschüsse verwendet würden. §447c ASVG sehe vor, dass die Mittel zur Sanktionierung der Einhaltung der vom Hauptverband aufgestellten Richtlinien und Zielvereinbarungen gemäß §32a ASVG verwendet werden sollen. Durch diese Zielerreichungs-Zuschüsse würden die Gebietskrankenkassen zu "büromäßigen Organisationseinheiten eines zentral geführten Krankenversicherungsträgers degradiert, der Entscheidungsspielraum der Gebietskrankenkassen verkümmer[e] zu Lasten eines immer mächtiger werdenden Hauptverbandes". Es sei verfassungswidrig, die Verfügung über die Mittel aus dem Ausgleichsfonds Organen vorzubehalten, die nicht über jene Organisationsstrukturen verfügten, die für die Selbstverwaltung verfassungsrechtlich geboten seien. Die Zuschüsse griffen aber auch in unsachlicher Weise in die finanzielle Selbständigkeit der Krankenversicherungsträger ein. Die Krankenversicherungsträger hätten - als Selbstverwaltungskörper - ein Recht auf finanzielle Selbständigkeit; es widerspreche jedoch dem "grundlegenden Strukturmerkmal eines jeden Selbstverwaltungskörpers", diese zu verpflichten, einen Prozentsatz ihrer Beitragseinnahmen an einen zentral eingerichteten Fonds zu überweisen, aus dessen Mitteln der überwiegende Teil dafür verwendet werde, die "Einhaltung von Regelungen eines Dachverbandes" zu belohnen. Dies sei unsachlich und widerspreche daher dem Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit. Die Krankenversicherungsträger könnten an der Erlassung der Richtlinien nur eingeschränkt mitwirken und es bestehe auch kein Informationsanspruch hinsichtlich der mit anderen Krankenversicherungsträgern getroffenen Zielvereinbarungen. Auf die uneinheitliche Situation der Krankenversicherungsträger werde keine Rücksicht genommen, sodass vermutlich jene Krankenversicherungsträger "bestraft würden", die bereits vor Jahren wichtige Reformmaßnahmen eingeleitet hätten.

f) Es sei unklar, ob die Zielvereinbarungen gemäß §32a ASVG zwischen den Krankenversicherungsträgern und dem Hauptverband zu vereinbaren seien oder ob nur der Hauptverband diese Ziele beschließe. Auch sei die Rechtsnatur dieser "Vereinbarungen" völlig unklar. §32a ASVG stehe daher in Widerspruch zu dem aus Art18 B-VG abgeleiteten Bestimmtheitsgebot.

Bedenken gegen die Erhöhung der Beiträge zum Ausgleichsfonds (§600 Abs10 erster Satz ASVG):

Die Vorarlberger Landesregierung vertritt die Auffassung, dass durch die in §600 Abs10 ASVG vorgesehene Erhöhung der Beiträge von 2 auf 4 vH in den Jahren 2003 und 2004 in die finanzielle Selbständigkeit der Krankenversicherungsträger in unsachlicher Weise eingegriffen werde.

Wörtlich führt die Vorarlberger Landesregierung sodann aus:

"Nach den derzeitigen Prognosen erwartet etwa die Vorarlberger Gebietskrankenkasse laut aktueller Gebarungsvorschaurechnung im Jahr 2002 einen Abgang von 14,5 Millionen Euro, im Jahr 2003 einen Abgang von 17,1 Millionen Euro und im Jahr 2004 einen Abgang von 23,2 Millionen Euro, insgesamt somit 54,8 Millionen Euro. In diesen Berechnungen sind die erhöhten Beitragszahlungen in den Jahren 2003 und 2004 im Ausmaß von jeweils 6 Millionen Euro sowie das gemäß §600 Abs11 ASVG zu gewährende Darlehen an den Ausgleichsfonds ebensowenig berücksichtigt wie die Verringerung von Vermögenserträgnissen infolge der Auflösung von Rücklagen.

Wird den prognostizierten Abgängen (ohne Einrechnung der erhöhten Beitragszahlungen sowie des Darlehens an den Ausgleichsfonds) die Allgemeine Rücklage der Vora[r]lberger Gebietskrankenkasse, in der insbesondere der Buchwert sämtlicher Verwaltungsgebäude mitenthalten ist, in der Höhe von 56,3 Millionen Euro gegenübergestellt, so bedeutet dies, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse spätestens zu Beginn des Jahres 2005 keine Allgemeine Rücklage mehr haben wird; auch die Leistungssicherungsrücklage wird nicht mehr in der vorgeschriebenen Höhe zur Verfügung stehen.

Die Erhöhung der Beitragssätze an den Ausgleichsfonds in den Jahren 2003 und 2004 verschärft die finanzielle Situation der Vorarlberger Gebietskrankenkasse erheblich und bewirkt, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse noch früher ihre gesetzlichen Pflichtleistungen aus eigenen Mitteln nicht mehr erfüllen kann."

Es stelle sich daher die Frage, ob es dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeitsgebot sowie dem Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit der Krankenversicherungsträger entspreche, dass eine Verpflichtung zu Beitragszahlungen an den Ausgleichsfonds auch dann bestehe, wenn diese dazu führe, dass der Krankenversicherungsträger zur Sicherstellung seiner gesetzlichen Leistungsverpflichtung - und unter Umständen sogar zur Finanzierung der Beitragszahlungen an den Ausgleichsfonds selbst - Darlehen aufnehmen müsste.

Die Verdoppelung der Beitragszahlungen an den Ausgleichsfonds führe dazu, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse bereits kurzfristig mit ihren eigenen Mitteln ihre gesetzlichen Aufgaben nicht erfüllen könne. Der Erhalt von Mitteln aus dem Ausgleichsfonds sei aber ungewiss, vor allem, weil die für die Gewährung von Zuschüssen maßgeblichen Richtlinien noch nicht erlassen seien. Seit Bestehen des Ausgleichsfonds habe die Vorarlberger Gebietskrankenkasse 63,48 Millionen Euro in den Ausgleichsfonds einbezahlt, jedoch lediglich 13,95 Millionen Euro zurückerhalten.

Bedenken gegen die Verpflichtung zur Darlehensgewährung an den Ausgleichsfonds (§600 Abs11 ASVG):

a) Die Vorarlberger Landesregierung ist der Auffassung, dass die Verpflichtung zur Gewährung von Darlehen an den Ausgleichsfonds die finanzielle Selbständigkeit beeinträchtige, die ein Element des verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsbegriffes sei. Die Verpflichtung zur Darlehensgewährung im Ausmaß von 12 Millionen Euro führe dazu, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse bereits kurzfristig ihre gesetzlichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könne. Das Darlehen könne nur dann gewährt werden, wenn die Vorarlberger Gebietskrankenkasse ihre langfristig angelegten Wertpapiere unter erheblichen Zinsverlust auflöse oder selbst Darlehen aufnehme. Es liege keine Selbstverwaltung mehr vor, wenn die aus den Sozialversicherungsbeiträgen resultierenden Mittel in einem substantiellen Ausmaß auf andere Versicherungsträger umgeschichtet würden.

Eine "Absicherung" durch eine mögliche Aufrechnung der Darlehensgelder gegen Beitragsforderungen des Ausgleichsfonds sei nicht gegeben, weil der Gesetzgeber diese Rechtslage auch verändern könne. Die Darlehensgewährung sei unsachlich und unverhältnismäßig. Nicht bei allen vom Ausgleichsfonds erfassten Krankenversicherungsträgern seien die Beiträge gleich hoch, sodass "Strukturveränderungen" nicht zu deren Rechtfertigung herangezogen werden könnten. Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse habe kostengünstige Strukturen aufgebaut. Bezüglich der "Zwangsdarlehen" sei zu bedenken, dass die Krankenversicherungsbeiträge als "Sonderlasten" ihren "legitimierenden Erhebungsgrund" in der Abdeckung des Risikos einer bestimmten Versicherungsgemeinschaft, nämlich der jeweiligen Krankenkasse des Versicherten, fänden. Durch die Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens an den Ausgleichsfonds würden diese Beiträge nicht mehr für das Versichertenrisiko der jeweiligen Krankenkasse, für welche die Beiträge erhoben würden, verwendet, sondern für dritte Kassen. Dies sei angesichts der unterschiedlichen Beitragssätze und der damit verbundenen Subventionierung bedenklich. Überdies sei der Vertrauensschutz verletzt worden: §600 Abs11 ASVG sei am 11. Juli 2002 vom Nationalrat beschlossen, am 20. August 2002 kundgemacht worden und mangels gegenteiliger Anordnung mit 21. August 2002 in Kraft getreten. Die Darlehenszahlungen seien bereits zum 1. Oktober 2002 zu leisten, womit nur etwas mehr als ein Monat Zeit bleibe, einen erheblichen Teil der Rücklagen aufzulösen oder Darlehen zur Finanzierung eines Darlehens aufzunehmen. Die Krankenversicherungsträger seien daher in ihrem Vertrauen, mit ihrem Vermögen nachhaltig wirtschaften zu können, verletzt worden.

Die angefochtene Regelung verletze die verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsfreiheit. Gemäß §447a Abs5 ASVG seien die Darlehensmittel nicht zum Ausgleich von Strukturnachteilen, sondern für Zielerreichungs-Zuschüsse zu verwenden. Die Verpflichtung zur Darlehensgewährung könne daher nicht mit dem Ziel einer ausgeglichenen Gebarung aller Krankenversicherungsträger begründet werden. Es liege auch kein konkreter Bedarf vor, da die Bestimmungen über die Zuschüsse erst mit 1. Jänner 2003 in Kraft treten und auch dann erst nach Zustimmung der Hauptversammlung auszuzahlen seien. Der Gesetzgeber habe auch nicht geprüft, ob gelindere Mittel ausreichten.

b) Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter sieht die Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens als "unsachlich" sowie als Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums an. Die Antragstellerin hegt insbesondere - wie sie zu G23/03 darlegt - Zweifel an der Einbringlichkeit ihrer aus der Darlehensgewährung entstehenden Forderung gegen den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger. Daran könne auch nichts ändern, dass die Rückzahlung dieses Darlehens gesetzlich vorgesehen sei: Dem Gesetz könne nämlich nicht entnommen werden, wie der - schon derzeit - überschuldete Fonds seinen Rückzahlungspflichten ab dem Jahr 2005 nachkommen solle. Wörtlich heißt es sodann:

"Da hinter dem für den Ausgleichsfonds haftenden Hauptverband wiederum auch die Antragstellerin steht, haftet sie im Ergebnis selbst für die Verbindlichkeiten des Fonds an sie. Entsprechend der schon heute prekären Vermögenslage des Ausgleichsfonds muss die Antragstellerin daher nicht nur die Darlehen bezahlen, sondern auch Rückstellungen bilden (zumindest aber Eventualverbindlichkeiten einbuchen), so sie die Rückzahlungsverpflichtung des Ausgleichsfonds an sie ernst nimmt."

c) Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erachtet sich in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt: Selbst wenn man davon ausginge, dass die Anordnung der Gewährung von Darlehen durch über Rücklagen verfügende Krankenversicherungsträger an andere Krankenversicherungsträger im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers liege, so müsse doch die entstehende Belastung die Darlehensgeber in annähernd gleicher Intensität treffen. Der Verfassungsgerichthof habe dies zur Auferlegung von Steuern judiziert; die Darlehen könnten fiskalischen Belastungen gleichgehalten werden, da vor allem die Rückzahlbarkeit nicht gewährleistet scheine. In den Gesetzesmaterialien werde davon ausgegangen, dass die Darlehensbeträge rund "20% der voraussichtlichen allgemeinen Rücklage und Leistungssicherungsrücklage zum 31. Dezember 2002" der Versicherungsträger entsprächen. Tatsächlich seien es aber, wie die Sozialversicherungsanstalt darlegt - bei ihr 23 vH und bei anderen Krankenversicherungsträgern weit weniger. Vor allem die Gebietskrankenkassen hätten Darlehenszahlungen nur in geringerem Umfang zu leisten. Dies könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass Gebietskrankenkassen nicht in der Lage seien, regionale Strukturen auszugleichen, da jeder Träger eine bestimmte Struktur aufweise, die nichts mit seiner regionalen oder überregionalen Zuständigkeit zu tun habe. Strukturunterschiede würden sich vielmehr aus Verhältniszahlen bei den einzelnen Trägern (zB Erwerbstätige zu Pensionisten) ergeben. Zweck des Ausgleichsfonds sei es, solche Unterschiede, die der Träger nicht aus eigenem überwinden könne, auszugleichen.

Wörtlich bringt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sodann Folgendes vor:

"Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber aber auch, Regelungen zu treffen, die schon in ihrem Ansatz generell unsachlich sind. So kann die Bemessung einer Zahlungsverpflichtung, die von ökonomischen Parametern, wie der Höhe vorhandener Rücklagen zu einem bestimmten Zeitpunkt, abhängig ist, sachgerecht nur unter Berücksichtigung aller Daten vorgenommen werden, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits vorliegen. Ungeachtet dieser vorliegenden 'Echtdaten' diesfalls jedoch von überholten Schätzungen maßgeblicher Parameter auszugehen, ist evident unsachlich und führt notwendigerweise immer zu einseitig verzerrten Ergebnissen, sollten sich die Schätzungen nicht (im Ausnahmefall) als exakt zutreffend erwiesen haben. Genau mit einer solchen Unsachlichkeit ist die angefochtene Bestimmung aber zusätzlich behaftet. Nach einer (möglichen) Berechnungsmethode ... könnte nämlich die Zugrundelegung der Werte laut den Jahresvoranschlägen 2002 rechnerisch in der Weise erfolgt sein, dass prognostizierte Werte, nämlich die vorläufigen Gebarungsergebnisse 2001 und somit die auf Grund dieser geschätzten Werte errechneten vorläufigen Rücklagen zu einem Zeitpunkt herangezogen wurden, in dem die endgültigen Werte für 2001 schon feststanden. Selbst der solcherart errechnete Betrag von 68,10 Mio. € liegt aber noch unter den der Antragstellerin zugemessenen 72 Mio. €.

Das Abweichen der angefochtenen Bestimmung von den verfassungsgesetzlichen Vorgaben und den Ausführungen in den Motivenberichten muss im Ergebnis als evident unsachlich und geradezu exzessiv 'willkürlich' erscheinen. Betrachtet man nämlich die Auswirkungen der letztlich in Kraft gesetzten Regelung, muss man zum Schluss kommen, dass letztendlich diese exzessive Mehrbelastung ausschließlich für die Antragstellerin normiert wurde. Die angefochtene Regelung stellt sich daher schlicht als (nicht einmal durch Motivenberichte 'verschleierte') 'Anlassgesetzgebung' zum Nachteil der Antragstellerin dar."

Die angefochtene Regelung verstoße auch gegen das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, da der Antragstellerin aus Krankenversicherungsbeiträgen ihrer Versicherten stammende Mittel in exzessiver Höhe entzogen würden, die sie für die Erfüllung ihrer sozialversicherungsrechtlichen Aufgaben sowie für die Deckung ihrer Kosten benötigen würde. Eingriffe in ihre Rücklagen seien daher als Enteignung zu qualifizieren. Es sei aber nicht geprüft worden, ob dies das gelindeste Mittel sei. Überdies sei die Gesamtbelastung der Antragstellerin durch die Darlehensgewährung sowie die erhöhten Beiträge zum Ausgleichsfonds so hoch bzw. exzessiv, dass ihre finanzielle Selbständigkeit eingeschränkt werde. Die Gesamthöhe der Belastungen betrage 95,6 Millionen Euro, was 26 vH der Beiträge der Krankenversicherten im Jahr 2001 entspreche.

Die dargestellte Intensität des gesetzgeberischen Eingriffes in die Vermögensverhältnisse der Antragstellerin stelle im Ergebnis die Eigenständigkeit der Versicherungsträger und damit die berufsständische Gliederung in der Selbstverwaltung der Sozialversicherung generell in Frage: Das österreichische Sozialversicherungssystem setze sich aus organisatorisch geschlossenen, einzelnen Versichertengemeinschaften zusammen. Die Verpflichtung zur Darlehensgewährung an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger sei geeignet, diese Differenzierung zu unterlaufen, indem sie die Folgen, nämlich individuelle Finanzierungserfordernisse und deren Anpassung im jeweiligen, berufsständisch organisierten System, aufhebe. Es würden vielmehr Krankenversicherungsbeiträge einer Versichertengemeinschaft für fremde Risken anderer Versichertengemeinschaften verwendet. Dies sei auch unsachlich, da die dem Ausgleichsfonds angeschlossenen Krankenversicherungsträger unterschiedliche Beitragssätze hätten.

d) Die antragstellenden Abgeordneten zum Nationalrat bringen vor, dass die Verpflichtung zur Darlehensgewährung - aus der Sicht der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen - sachlich nicht gerechtfertigt und überdies ein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff sei: Die Rückzahlung des Darlehens solle ab 2005 erfolgen; es sei jedoch unklar, woher der Ausgleichsfonds die dafür nötigen Mittel erhalten solle. Die Erfüllung der Verpflichtung sei daher nicht zu erwarten.

e) Die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen trägt vor, dass ihr ein finanzielles "Sonderopfer" auferlegt werde; die Darlehensverpflichtung entspreche weder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch dem Sachlichkeitsgebot; insbesondere seien die Versicherten der einzelnen Krankenversicherungsträger nicht als Versichertengemeinschaft im weiteren Sinne anzusehen.

2. Die Bundesregierung tritt den - verglichen mit den übrigen Anträgen - umfassendsten Bedenken der Vorarlberger Landesregierung wie folgt entgegen:

"... Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine angeordnete Überweisung von Geldern eines Sozialversicherungsträgers an einen anderen dann sachlich gerechtfertigt, wenn es sich beim Personenkreis des begünstigten Sozialversicherungsträgers um einen solchen handelt, der auch - wenn auch nur indirekt - Beiträge für den belasteten Sozialversicherungsträger zu leisten hat. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger hat somit eine Versicherungsriskengemeinschaft im weiteren Sinn zu bestehen (VfSlg. 6039/1969).

... Das Bestehen einer Riskengemeinschaft im weiteren Sinn wird vom Verfassungsgerichtshof auch im Erkenntnis VfSlg. 11.013/1986 als zentrales Argument für die sachliche Rechtfertigung der in diesem Verfahren gegenständlichen Überweisungen von Krankenversicherungsträgern an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger herangezogen. Dazu führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass daran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass die Krankenversicherungsträger gesetzlich zu einer Finanzierung der Pensionsversicherung verpflichtet werden und auf solche Art der Bundeshaushalt entlastet wird. Auch dass die Gruppen der Krankenversicherten und der Pensionsversicherten einander zwar zum Teil überschneiden, aber nicht deckungsgleich sind, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Weiters räumt der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ein, dass die Abschöpfung durch die bekämpften Bestimmungen 'nicht unbeträchtlich' ist, aber als unsachlich wäre eine solche Abschöpfung zu qualifizieren, wenn die Gebietskrankenkassen und die anderen betroffenen Krankenversicherungsträger durch die Überweisungen an die Pensionsversicherungsträger nicht mehr in der Lage wären, ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen mit ihren eigenen Mitteln und mit den Mitteln des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nachzukommen.

... Nach Auffassung der Bundesregierung ist das Kriterium der Versicherungsriskengemeinschaft im weiteren Sinn bei den Bestimmungen der §§447a ff ASVG aus folgenden Gründen gegeben:

Sämtliche in den Ausgleichsfonds einbezogene Krankenversicherungsträger haben gemäß §447a Abs3 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 einen Beitrag im Ausmaß von 2% ihrer Beitragseinnahmen zu entrichten. In gleicher Weise gebühren den erfassten Krankenversicherungsträgern zum einen gemäß §447b ASVG Strukturausgleichs-Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds. Zum anderen haben sämtliche erfassten beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger gemäß §447c ASVG Anspruch auf sogenannte Zielerreichungs-Zuschüsse aus dem Ausgleichsfonds. Da nach diesen Bestimmungen alle Krankenversicherungsträger aufgrund von einbezahlten Beiträgen Zuschüsse erhalten können, ist eine Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen nicht zu erkennen. Aus diesem Grund erscheint auch das von der Antrag[s]tellerin zitierte Erkenntnis VfSlg. 10.451/1985 nicht einschlägig, weil darin - wie oben dargestellt - jeglicher Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen Versicherungsgemeinschaft und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen Versicherungsgemeinschaft fehlte. Der Verfassungsgerichtshof unterstrich in diesem Erkenntnis, dass '(d)ie Versicherungsgemeinschaft in der Sozialversicherung ... jedenfalls nur soweit (reicht), als einer Beitragsverpflichtung im Prinzip ein Leistungsanspruch gegenübersteht. Gemäß §447g ASVG können aus dem Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger nur Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG Überweisungen erhalten.'

Unter diesen Umständen ließ sich jedenfalls nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine gesetzliche Anordnung der Überweisung von Geldbeträgen durch die BVA an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger sachlich nicht rechtfertigen.

Im vorliegenden Fall besteht jedoch eine Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn, weil sowohl die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Krankenversicherungsträger als auch die übrigen im Ausgleichsfonds miteinbezogenen Krankenversicherungsträger Beiträge an den Fonds entrichten und Ansprüche auf Gewährung von Zuschüssen haben.

... Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Krankenkassenausgleichsfonds daher insofern gleichheitskonform ausgestaltet, als alle beteiligten Versicherungsträger in gleichem Maße die Chance haben, in den Genuss der gesetzlich vorgesehenen Zuschüsse aus diesem Fonds zu gelangen. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass es aufgrund der in Rede stehenden Bestimmungen jedenfalls zu einer 'Überweisung von Geldmitteln eines Sozialversicherungsträgers an einen anderen' komme. Da die Höhe der zu gewährenden Zuschüsse von den in §§447b und 447c ASVG normierten Voraussetzungen abhängt, können Zuschüsse für einzelne Rechnungsjahre für jeden Krankenversicherungsträger in unterschiedlicher Höhe anfallen.

Der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger erbringt somit für alle beteiligten Träger bei entsprechendem Bedarf Leistungen, sodass zwischen ihnen sehr wohl eine 'Versicherungs(Risken)gemeinschaft im weiteren Sinn' besteht. Diese Versicherungsgemeinschaft besteht bereits seit Jahrzehnten zwischen Versicherungsträgern mit unterschiedlichem Beitrags- und Leistungsrecht; die Begründung des gegenständlichen Antrages ... weist selbst darauf hin, dass 'die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Finanzverbundes' vom Verfassungsgerichtshof anerkannt wird (VfSlg. 6039/1969).

Die Bundesregierung sieht die sachliche Rechtfertigung der in Prüfung stehenden gesetzlichen Maßnahmen auch in der Vorstellung eines alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips. Gesetzliche Maßnahmen zur Herstellung dieser Solidarität liegen nach Ansicht der Bundesregierung im rechtspolitischen Spielraum des Bundesgesetzgebers und bleiben - kompetenzrechtlich gesehen - im Rahmen des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG). Dies ergibt sich nach Ansicht der Bundesregierung bereits aus der grundlegenden Einsicht, dass bei allen Sozialversicherungszweigen der Schutz des einzelnen vor den Wechselfällen des Lebens in annähernd gleicher Weise im Vordergrund steht und die Schaffung von Vorsorgen, die ausreichende finanzielle Mittel für alle Versicherungszweige gewährleisten, daher eine zulässige Aufgabe des Bundesgesetzgebers im Rahmen des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' sein muss.

... Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter keineswegs als Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsträger von den Bestimmungen der §§447a ff ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 erfasst werden, vielmehr werden diese - wie sich explizit aus §447a Abs3 erster Satz ASVG ergibt ('... nur von den Beitragseinnahmen des Versicherungsträgers als Träger der Krankenversicherung auszugehen') - lediglich als Träger der Krankenversicherung von den genannten Bestimmungen erfasst (vgl. auch §§447b Abs1 und 447c Abs1 ASVG, die auf §447a Abs3 ASVG verweisen). Da somit ausschließlich Träger der Krankenversicherung Beiträge zu leisten haben (§447a Abs3 ASVG) und nur diese Ansprüche auf Zuschüsse geltend machen können (§§447b Abs1 und 447c Abs1 ASVG), ist eine Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen nach Auffassung der Bundesregierung zu verneinen.

... Demgegenüber betraf das Erkenntnis VfSlg. 10.451/1985 ... eine Regelung, die Zahlungen von Krankenversicherungsträgern an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger vorsah, sodass insofern ein wesentlicher Unterschied zu den Beiträgen der Krankenversicherungsträger zum Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger besteht. Es kann aus diesem Erkenntnis jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass das Verfassungsrecht innerhalb der Gemeinschaft der Krankenversicherungsträger einen Ausgleich der strukturell bedingten finanziellen Belastungen verwehrt, der die Erfüllung ihrer Aufgaben für manchen Versicherungsträger ermöglicht, ohne sie für andere zu vereiteln.

Dass mancher Versicherungsträger durch den Ausgleich zu sonst nicht erforderlichen Einschränkungen gezwungen wird und dass ein allfälliges späteres Angewiesen-Sein auf weitere Mittel eintritt, die - den Strukturunterschieden entsprechend - gleichmäßig verteilt werden, gehört zum Wesen dieser Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn.

Dem Argument, dass dadurch die 'finanzielle Selbständigkeit' verletzt würde, kann nicht beigepflichtet werden, insoweit diese Selbständigkeit das Recht meint, die Gebarung selbst als juristische Person zu gestalten. Soweit mit 'Selbständigkeit' aber 'Unabhängigkeit' gemeint ist, stellt sie lediglich ein anderes Wort für 'Autonomie' dar, auf die nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein unbeschränkter Anspruch besteht ...

... Insofern die Antragstellerin argumentiert, dass zwischen den einzelnen Krankenversicherungsträgern keine Riskengemeinschaft hinsichtlich finanzieller Ressourcen bestehe und es demgemäß unzulässig sei, alle Krankenversicherungsträger mit unterschiedlichen Problemen im Ausgleichsfonds zusammenzufassen, ist darauf hinzuweisen, dass die Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung - wie auch von Öhlinger (DRdA 2002, 200) angesprochen - der entscheidende Ansatz für eine trägerübergreifende Riskengemeinschaft ist. Der Antrag zielt auf die Aufhebung des §447a Abs1 und 3 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes der 60. ASVG-Novelle ab. Diese Aufhebung würde das Problem allerdings nicht lösen, da die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern und die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues schon vormals in den Fonds Aufnahme gefunden haben. Die Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erfolgte durch die 32. Novelle zum ASVG, BGBl. 704/1976, die Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 92.

... Darüber hinaus erfährt der Ausgleichsfonds - und im Besonderen auch die Darlehenslösung - die Rechtfertigung darin, dass ein objektives Kriterium für die Riskengemeinschaft in absehbarer Zeit jedenfalls alle Krankenversicherungsträger betreffen wird, allerdings aufgrund unterschiedlicher Strukturen bei den einzelnen Trägern zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich die Überalterung der Bevölkerung. Während zB bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern bereits jetzt mehr Pensionisten als Aktive in den Versicherungsschutz einbezogen sind, wird diese Entwicklung bei anderen Versicherungsträgern erst etwas zeitverzögert - aber mit Sicherheit, wie die demographische Entwicklung zeigt - eintreten.

Es besteht daher auch insofern eine Riskengemeinschaft, als alle Träger - mit gewissem zeitlichen Abstand - von diesem Problem getroffen werden und sich im Hinblick auf das Leistungsrecht und die Beitragsentwicklung darauf einzustellen haben. Der Ausgleichsfonds und die in dessen Rahmen vorgesehene Darlehensgewährung sind exakt jene Instrumente, die die Wirkungen dieser demographischen Entwicklung zwischen den einzelnen Sozialversicherungsträgern in einem überschaubaren Zeitraum (die Darlehen sind innerhalb der nächsten Jahre bis zum Ablauf des Jahres 2009 zurückzuzahlen) auszugleichen vermögen.

... Das Argument der Unzulässigkeit des Ausgleichs wegen unterschiedlicher Beitragssätze der 'einzelnen Versicherungsträger' (gemeint ist wohl: der einzelnen Versichertengruppen), das an verschiedenen Stellen des Antrages immer wieder angesprochen wird, ist in Frage zu stellen, weil die Höhe des Beitragssatzes über die konkrete finanzielle Belastung und die konkrete Höhe der Zahlungen nichts aussagt. Der Beitragssatz ist nur die eine Seite der Bemessung des Beitrages, ebenso große Bedeutung kommt den Beitragsgrundlagen zu, die naturgemäß für selbständig und für unselbständig Erwerbstätige unterschiedlich zu ermitteln und de facto auch nicht wirklich vergleichbar sind. Allein aus der unterschiedlichen Höhe der Beitragssätze Schlüsse zu ziehen, ist verfehlt, zumal das Leistungsrecht durchaus Mechanismen vorsieht, niedrigere Beitragssätze zu kompensieren (zB durch Selbstbehaltsysteme). Hier ist zu erwähnen, dass die Kopfquoten der Leistungsaufwendungen etwa durch die Sozialversicherungsanstalt der Bauern regelmäßig niedriger liegen als bei den meisten Gebietskrankenkassen.

Die Beiträge für die einzelnen Versichertengruppen sind (ebenso wie ein Großteil der Leistungen) gesetzlich fixiert und bundesweit gültig; um innerhalb einer Versichertengemeinschaft im weiteren Sinn gleiche Voraussetzungen zu schaffen, ist ein interner Ausgleich nötig.

... Zweifellos rechtfertigt die Tatsache, dass einzelne Krankenversicherungsträger aufgrund ihrer Mitgliederstruktur Probleme bei der Finanzierung der von ihnen zu erbringenden Leistungen haben, die in Prüfung gezogene Ausgleichsregelung. Es liegt letztlich im öffentlichen Interesse, dass alle in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogenen Versicherten und ihre Angehörigen, die im Großen und Ganzen österreichweit (!) Ansprüche auf gleiche Leistungen haben, eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten.

...

... Im ersten Satz des §447b Abs2 ASVG wird ua. die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt als Strukturnachteil qualifiziert. Wäre es den Krankenversicherungsträgern möglich, nach ihrem Belieben allgemeine Krankenanstalten zu betreiben, erschiene es nach dem - aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden - Sachlichkeitsgebot wohl tatsächlich nicht verfassungskonform, andere Krankenversicherungsträger (die keine allgemeinen Krankenanstalten betreiben) im Weg über den Strukturausgleich zur Mitfinanzierung des Betriebes von allgemeinen Krankenanstalten heranzuziehen.

... Tatsächlich besteht jedoch nach §23 Abs6 erster Satz zweiter Halbsatz ASVG für Gebietskrankenkassen, die am 30. Juni 1994 eine Krankenanstalt im Sinne des §2 Abs1 Z1 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes betreiben, ab diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Verpflichtung zum weiteren Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt.

Im Ergebnis trifft §23 Abs6 erster Satz zweiter Halbsatz ASVG nur auf die Wiener Gebietskrankenkasse als Rechtsträgerin des Hanusch-Krankenhauses zu. Die Bedarfsnotwendigkeit des Hanusch-Krankenhauses als Schwerpunktkrankenanstalt ist im verbindlichen Österreichischen Krankenanstaltenplan verankert. Als Motiv für die gesetzliche Betriebspflicht ist nicht zuletzt der Umstand zu sehen, dass es sich dabei um die einzige allgemeine Akutkrankenanstalt eines Krankenversicherungsträgers und daher um eine unverzichtbare Referenzeinrichtung der gesetzlichen Krankenversicherung im Hinblick auf die Finanzierungsverhandlungen im Spitalsbereich handelt. Durch den Betrieb des Hanusch-Krankenhauses hat die gesetzliche Krankenversicherung, ja die gesamte Sozialversicherung in Österreich, die Möglichkeit, auf einschlägige Erfahrungen beim Betrieb einer Akutkrankenanstalt zurückzugreifen. Es ist somit keineswegs unsachlich, wenn der Gesetzgeber den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt, für die eine Betriebspflicht vorliegt, als Strukturnachteil qualifiziert und die aus diesem Betrieb im Vergleich zu anderen Trägern resultierende Mehrbelastung durch Gewährung eines Strukturausgleichs-Zuschusses aus dem Ausgleichsfonds abgilt.

... Zutreffend ist, dass §447b Abs2 ASVG nicht explizit darauf abstellt, dass die begünstigte Gebietskrankenkasse zum Betrieb dieser Krankenanstalt gesetzlich verpflichtet ist. Dies ist allerdings angesichts der krankenanstaltenrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bewilligungserfordernisse für Errichtung und Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt in der Praxis auch nicht erforderlich.

... Dem Argument der Antragstellerin, das Kriterium des Betriebes einer allgemeinen Krankenanstalt sei unsachlich, weil die Krankenversicherungsträger gesetzlich nicht gezwungen seien, selbst Krankenanstalten zu betreiben, ist überdies zu entgegnen, dass die Inanspruchnahme solcher Krankenanstalten auch Versicherten möglich ist, die nicht beim Betreiber der Krankenanstalt pflichtversichert sind. Durch die Möglichkeit der allgemeinen Inanspruchnahme medizinischer Versorgung in diesen Krankenanstalten erscheint es auch sachgerecht, den Betrieb einer solchen Krankenanstalt als Kriterium für die Gewährung eines Zuschusses gemäß §447b ASVG heranzuziehen.

... Auch das Argument der Antragstellerin, das Kriterium der Kassenlage sei unsachlich, weil dadurch jene Krankenversicherungsträger systematisch benachteiligt werden, die sparsam wirtschaften, vermag nach Auffassung der Bundesregierung keine Gleichheitswidrigkeit bewirken. Diesbezüglich ist auf die Bestimmung des §447a Abs6 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 zu verweisen, wonach Leistungen aus dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger dann nicht gebühren, wenn der Krankenversicherungsträger eine ungünstige Kassenlage durch Außerachtlassung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Verwaltung selbst herbeigeführt hat. Durch diese Ausnahmeregelung ist sicher gestellt, dass für eine selbstverschuldete schlechte Kassenlage kein Strukturausgleich gebührt.

... Insoweit also die Antragstellerin vorbringt, das Kriterium der 'Kassenlage' würde mangels ausreichender inhaltlicher Bestimmtheit gegen Art18 Abs1 B-VG verstoßen, ist ihr zu entgegnen, dass dieses Kriterium dem Sinn des Gesetzes entsprechend, der sowohl durch §447a Abs6 als auch durch §447b ASVG hinreichend klar zum Ausdruck gebracht wird, durch die Richtlinien des Hauptverbandes präzisiert wird. Was die behauptete 'formalgesetzliche Delegation' bezüglich der Richtlinienkompetenz des Hauptverbandes betrifft, so ist festzuhalten, dass auch die Normsetzungsbefugnis (Erlassung von Richtlinien mit Verordnungscharakter) ein typisches Element der Selbstverwaltung ist. Es ist gerade Sache der Selbstverwaltung, den internen Ausgleich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung näher auszugestalten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die einschlägigen Richtlinien der Zustimmung des Verwaltungsrates und der Genehmigung durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen bedürfen.

...

... Die Bedenken der Antragstellerin bezüglich der Verwendung des Begriffes 'Großstadtfaktor' werden nicht geteilt. §447b Abs2 zweiter und dritter Satz ASVG ordnen an, dass das Nähere zu den Ausführungen des ersten Satzes der angeführten Bestimmungen durch Richtlinien des Hauptverbandes festzulegen ist, welche zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Verwaltungsrates und der Genehmigung durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen bedürfen.

Auch wenn die Verwendung des Begriffes 'Großstadtfaktor' einen gewissen Spielraum zulässt, so bleibt es - entgegen den Behauptungen der Antragstellerin - nicht dem freien Ermessen des Hauptverbandes überlassen festzulegen, wann dieser Strukturnachteil als erfüllt anzusehen ist. Durch Studien ist belegt, dass die Ärztedichte in den Städten prinzipiell höher als auf dem Land ist. Dies gilt nicht nur für Österreich, auch international gesehen weisen Ballungsräume eine signifikant höhere Ärztedichte auf als ländliche Gebiete. Bei Festlegung der konkreten Ausprägungen des Begriffes 'Großstadtfaktor' wird der Hauptverband auf die Inanspruchnahme von Fachärzten und ärztlichen Instituten in Relation zur Inanspruchnahme von Allgemeinmedizinern sowie auf den erhöhten Aufwand für ärztliche Hilfe und Heilmittel in städtischen Ballungsräumen und die Erkenntnisse diesbezüglicher Studien (zuletzt IHS-Studie 'Ärztedichte in urbanem Umfeld') Bedacht zu nehmen haben.

... Wenn die Antragstellerin ausführt, dass in den Erläuterungen mit dem Hinweis auf die Versorgungsdichte in städtischen Ballungsräumen lediglich ein tautologischer Begriff zum Großstadtfaktor enthalten ist, so übersieht sie den Begriff 'Versorgungsdichte' - womit nur die Versorgung mit medizinischen Leistungen im niedergelassenen Bereich gemeint sein kann (schließt sie doch selbst den Anstaltsbereich aus). Von einer mangelhaften Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Begriffes 'Großstadtfaktor' kann somit nicht die Rede sein.

...

... Die Träger der Sozialversicherung haben die Sozialversicherungsgesetze zu vollziehen und zählen angesichts dieser Aufgabenbetrauung zu den Behörden des Bundes (vgl. VfSlg. 4591/1963). Wenn auch die Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper eingerichtet und als solche weisungsfrei sind, so ändert dies nichts daran, dass sich die Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben nach den für sie geltenden Gesetzesbestimmungen zu richten hat. Nach ihrem Ermessen zu verfahren, ist den Sozialversicherungsträgern nur in den Fällen gestattet, in denen der Gesetzgeber eine solche Vorgangsweise ausdrücklich zulässt.

... Die strenge Bindung der Sozialversicherungsträger an das Gesetz gilt insbesondere hinsichtlich der Verwendung der Mittel und der Vermögensverwaltung. So dürfen gemäß §81 ASVG die Mittel der Sozialversicherung nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden; für die Verwaltung des Vermögens der Versicherungsträger, insbesondere hinsichtlich der Vermögensanlage, treffen die Bestimmungen im Abschnitt V des VIII. Teiles des ASVG die näheren Anordnungen. §444 Abs6 ASVG enthält überdies eine Ermächtigung an den Bundesminister für soziale Verwaltung, Weisungen für die Rechnungsführung, Rechnungslegung, für die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes sowie für die statistischen Nachweisungen zu erlassen, von der auch entsprechender Gebrauch gemacht wurde.

... Die Finanzplanung jedes Sozialversicherungsträgers wird damit in einem entscheidenden Maß durch den Gesetzgeber bestimmt. Autonom ist ein Versicherungsträger nur in den Fällen, in denen der Gesetzgeber einen Spielraum ausdrücklich offen lässt. Beispiele für Bereiche, in denen eine autonome Finanzplanung eines Sozialversicherungsträgers bis zu einem gewissen Grad möglich ist, sind etwa die Errichtung, der Erwerb und der Betrieb der im §23 Abs6 ASVG genannten Einrichtungen, die Dotierung des Unterstützungsfonds (§84 Abs2 ASVG) und die Gewährung freiwilliger Leistungen. Eine autonome Gebarung der Versicherungsträger ist somit nur mit den obgenannten Einschränkungen verwirklicht. Ist die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Sozialversicherungsträgers in Frage gestellt, d.h. übersteigen in einem Zweig der Sozialversicherung die Aufwendungen die Erträge nicht nur kurzfristig, so hat der Gesetzgeber - und nicht die Selbstverwaltung - entsprechende Maßnahmen zu setzen, um eine ausgeglichene Gebarung zu ermöglichen.

... Mit der Frage der Verfassungskonformität der Verwendung von finanziellen Mitteln eines Sozialversicherungsträgers zur Herbeiführung eines Ausgleichs innerhalb der Sozialversicherung hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach auseinander gesetzt. So hat er die gesetzlich angeordnete Überweisung von Geldmitteln von den Trägern der Krankenversicherung an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger angesichts des Umstandes, dass die Gebarung eines Versicherungszweiges (der Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG) im Vergleich zu anderen (Pensionsversicherung) finanziell günstig gewesen ist, sodass es möglich war, Mittel für einen anderen Versicherungszweig zu verwenden, für verfassungskonform angesehen (VfSlg. 11.013/1986). Im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, es sei nicht unsachlich, solange sich ein Überschuss ergebe, diesen zur Herbeiführung eines gewissen finanziellen Ausgleichs innerhalb der Sozialversicherung zu verwenden. Auch im damaligen Beschwerdefall sah das Gesetz die Überweisung von Mitteln eines Versicherungsträgers (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt - AUVA) an andere Versicherungsträger der Pensionsversicherung vor, wobei sich der Personenkreis der in der AUVA Versicherten nicht gänzlich mit dem Personenkreis der begünstigten Pensionsversicherungsträger deckte.

... Als unsachlich ist eine solche Abschöpfung nach der Rechtsprechung dann zu qualifizieren, wenn die betroffenen Versicherungsträger durch die Überweisungen an andere Versicherungsträger nicht mehr in der Lage wären, ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen mit ihren eigenen Mitteln und mit den Mitteln des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nachzukommen (VfSlg. 11.013/1986). Nach Auffassung der Bundesregierung ergeben sich für einen derartigen Sachverhalt aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin keine Anhaltspunkte. Insbesondere lässt die Antragstellerin gänzlich unberücksichtigt, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse auch in den Genuss von Zuschüssen gemäß §§447b und 447c ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 kommen kann und dadurch ihre Gebarung beeinflusst werden kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind aber jedenfalls finanzielle Mittel aus dem Ausgleichsfonds in die diesbezügliche Beurteilung aufzunehmen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass allein aus dem Umstand, dass voraussichtlich ab dem Jahr 2005 aufgrund der prognostizierten Abgänge die allgemeine Rücklage nicht mehr existieren wird, nicht geschlossen werden kann, die Vorarlberger Gebietskrankenkasse werde ihre gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Aus den Ausführungen der Antragstellerin geht somit hervor, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse zur Zeit und auch in naher Zukunft durchaus in der Lage ist, ihren Aufgaben nachzukommen.

... Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beitragserhöhung lediglich für die Jahre 2003 und 2004 vorgesehen wurde und überdies gemäß §600 Abs11 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 die Einnahmen des Ausgleichsfonds aus dieser Beitragserhöhung samt Verzinsung an den jeweiligen Träger ab dem Jahr 2005 zurückzuzahlen sind. Sollte der Tilgungsplan nicht eingehalten werden, so sind die darlehensgewährenden Versicherungsträger berechtigt, ihre laut Tilgungsplan jeweils ausständigen Rückzahlungs- und Zinsenraten gegen die Beitragsforderung des Ausgleichsfonds nach §447a Abs3 ASVG aufzurechnen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist damit gewährleistet, dass den Krankenversicherungsträgern die aufgrund der Beitragserhöhung aufzubringenden Mittel jedenfalls rückerstattet werden.

... Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass der Bundesverfassung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine verfassungsrechtliche Gewährleistung einer vollständig autonomen Gebarung der Selbstverwaltungskörper in der Sozialversicherung nicht zu entnehmen ist (VfSlg. 11.013/1986). Insoweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang behauptet, es sei zwar nicht die 'vollständige autonome Gebarung' verfassungsrechtlich gewährleistet, die 'finanzielle Selbständigkeit' der Sozialversicherungsträger sei in der Rechtsprechung (unter Hinweis auf VfSlg. 10.279/1984, 10.519/1985) jedoch nie bezweifelt worden, ist dem entgegenzuhalten, dass die bisherige Judikatur - und die von der Antragstellerin zitierten Erkenntnisse - für diese Differenzierung keine Anhaltspunkte liefert. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass die behauptete finanzielle Selbständigkeit der Sozialversicherungsträger kein konstitutives Element der Einrichtung eines solchen Selbstverwaltungskörpers darstellt (VfSlg. 8215/1977). Wie oben ausgeführt, wurden vom Verfassungsgerichtshof finanzielle Aspekte von Krankenversicherungsträgern bislang unter dem Blickpunkt des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes geprüft (VfSlg. 11.013/1986).

... Dem Argument der Antragstellerin, [die Vorarlberger Gebietskrankenkasse] habe bisher aus dem Ausgleichsfonds weniger Mittel erhalten als von [dieser] eingezahlt wurden, ist folgendes zu entgegnen: Wäre die grundsätzliche Legitimation eines Ausgleichsfonds davon abhängig, dass - bezogen auf den einzelnen Versicherungsträger - Zahlungen an den Fonds und Mittelrückfluss in einem ausgewogenen Verhältnis stehen müssen, so wäre jegliche Ausgleichsregelung von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger erbringt demgegenüber für alle beteiligten Träger bei entsprechendem Bedarf Leistungen, sodass zwischen ihnen sehr wohl eine 'Versicherungs(Risken)gemeinschaft im weiteren Sinn' besteht. Diese Versicherungsgemeinschaft besteht bereits seit Jahrzehnten zwischen Versicherungsträgern mit unterschiedlichem Beitrags- und Leistungsrecht; die Begründung des gegenständlichen Antrages weist selbst darauf hin, dass 'die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Finanzverbundes' vom Verfassungsgerichtshof anerkannt wird (VfSlg. 6039/1969).

... An diesem grundsätzlichen Charakter des Ausgleichsfonds wurde durch seine Reform mit der 60. ASVG-Novelle nichts geändert. Die Vorarlberger Landesregierung meint jedoch, dass mit der Erhöhung der Beiträge die 'Grenze des Zulässigen überschritten und in die finanzielle Selbständigkeit der Krankenversicherungsträger ... eingegriffen' werde. Die Feststellung des Verfassungsgerichtshofes, dass die Bundesverfassung keine Gewährleistung einer vollständig autonomen Gebarung der Selbstverwaltungskörper enthält, gewinnt unter den sich seither gewandelten finanziellen Verhältnissen der Krankenversicherungen besondere Bedeutung: Nachdem sich die Möglichkeiten des Ausgleichsfonds hinsichtlich seiner primären Aufgabe, Strukturunterschiede zwischen den Versicherungsträgern auszugleichen und so ausgeglichene Gebarungen zu ermöglichen, in letzter Zeit als unzureichend erwiesen haben, war eine Verstärkung seiner Mittel geboten. Diese Verstärkung des finanziellen Ausgleiches und damit die Intensivierung des Zusammenwirkens der Versicherungsgemeinschaft der Krankenversicherungsträger wurde durch die in letzter Zeit zunehmend angespannte finanzielle Situation der Krankenversicherungsträger, die einzelne Versicherungsträger in besonderem Maße betrifft, dringend notwendig. Unter diesen Umständen ist ein Entziehen aus dem Zusammenhalt dieser Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn mit dem Wunsch nach einer größeren Autonomie der Gebarung nicht gerechtfertigt.

... Gemäß §600 Abs11 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 haben mehrere am Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nach §447a beteiligte Träger dem Ausgleichsfonds ein verzinsliches Darlehen in bestimmter Höhe zu gewähren. Gegen diese Bestimmung wendet die Antragstellerin zunächst ein, die Gewährung dieses Darlehens durch die Vorarlberger Gebietskrankenkasse an den Ausgleichsfonds beeinträchtige deren finanzielle Selbständigkeit, da sie ihre gesetzlichen Leistungsverpflichtungen aus eigenen Mitteln nicht mehr erbringen könne. Dies erscheine auch deshalb bedenklich, weil die zu gewährenden finanziellen Mittel überwiegend aus den Sozialversicherungsbeiträgen resultieren.

... Wenn die Antragstellerin ausführt, dass die Vornahme der gesetzlich normierten Darlehensrückzahlungen nicht zu erwarten ist, so legt sie ihren Annahmen unzulässigerweise zugrunde, dass das Gesetz nichtordnungsgemäß vollzogen wird. Aber auch die Annahmen bezüglich der Absicherung der Darlehensrückzahlung nach §600 Abs11 ASVG sind entschieden zurückzuweisen: Weder für die Erstreckung der Rückzahlungsfristen noch für ein Zurückgreifen auf einen im Gesetzgebungsverfahren verworfenen Passus (Rückzahlung 'nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten') noch für eine Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten gibt es irgendein Indiz. Im Gegenteil: Die in der letzten Phase der Gesetzwerdung in das Gesetz aufgenommenen Sicherungsbestimmungen werden einzuhalten sein; alles andere sind Vermutungen, für die der Wille des einfachen Gesetzgebers in keiner Weise einen Anhaltspunkt bietet.

... Auch diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass für den Fall, dass der Tilgungsplan nicht eingehalten wird, die darlehensgewährenden Versicherungsträger berechtigt sind, ihre laut Tilgungsplan jeweils ausständigen Rückzahlungs- und Zinsenraten gegen die Beitragsforderung des Ausgleichsfonds nach §447a Abs3 ASVG aufzurechnen. Überdies kann die von der Antragstellerin behauptete Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen der geltenden Rechtslage nicht mit allfälligen künftigen Gesetzesänderungen begründet werden.

... Zur Begründung der Verfassungswidrigkeit des §600 Abs11 ASVG bringt die Antragstellerin weiters vor, näher genannte Ausführungen im Ausschussbericht der 60. Novelle zum ASVG (1193 der Beilagen, 21. GP) würden bestimmte Gründe der unterschiedlichen Rücklagenbildung der einzelnen Träger unberücksichtigt lassen. Diesbezüglich ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nicht die Motive des Gesetzgebers ausschlaggebend sind, vielmehr kommt es auf das objektive Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens an (VfSlg. 8350/1978, 11.707/1988). Es ist somit unabhängig von der Motivation des Gesetzgebers zu prüfen, ob die geschaffene Regelung derzeit als unsachlich gewertet werden muss (VfSlg. 11.641/1988).

... Wenn darüber hinaus das Honorarsystem bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse ins Treffen geführt wird, so ist zu sagen, dass die Möglichkeit der einzelnen Träger, ihr Leistungsrecht unterschiedlich zu gestalten, äußerst marginal ist. Abgesehen vom Krankengeld im Bereich der Gebietskrankenkassen und der Finanzierung der Spitals-Sonderklasse durch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter gibt es faktisch keine Unterschiede im Leistungsrecht, auch wenn dies die Vorarlberger Landesregierung an verschiedenen Stellen ihres Antrages darzustellen versucht. Auch das Argument, dass das Vorarlberger Honorarsystem besonders günstig sei, bedürfte einer näheren Analyse, zumal besonders in Vorarlberg eine gänzliche Aufspaltung der ärztlichen Leistungen in einzelne Tarifpositionen erfolgt ist, sodass selbst für einzelne kleinere Handgriffe oft mehrere Tarifpositionen zur Anwendung gelangen. Seitdem die Sozialversicherungsanstalt der Bauern Leistungen auf Krankenschein erbringt, fallen auch praktisch alle Unterschiede zu den Gebietskrankenkassen hinsichtlich der ärztlichen Hilfe weg.

... Das Abstellen der Antragstellerin auf organisatorisch geschlossene einzelne Versicherungsgemeinschaften, die mit ihren Beiträgen ihre eigenen Risken abdecken, übersieht, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sehr wohl Versichertengemeinschaften im weiteren Sinn zulässig sind. Gerade um eine solche Versichertengemeinschaft handelt es sich aber bei den im Ausgleichsfonds zusammengefassten Trägern. Es besteht nämlich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Beiträgen an den Ausgleichsfonds und den Leistungen, die jeder einzelne Versicherte der am Ausgleichsfonds beteiligten Krankenversicherungsträger erhält:

Jeder in den Ausgleichsfonds einbezogene Versicherungsträger kann nämlich in die Situation kommen, das gesetzlich geforderte Leistungsniveau nur mit Hilfe von Zuschüssen aus dem Ausgleichsfonds aufrecht erhalten zu können. Der Beitragsverpflichtung steht somit prinzipiell ein Leistungsanspruch gegenüber, sodass die Ausgestaltung des Ausgleichsfonds mit dem Erkenntnis VfSlg. 10.451/1985 im Einklang steht. Die Verpflichtung zur Gewährung von Darlehen entspringt somit dem Solidargedanken und ist weder als unsachlich noch als unverhältnismäßig anzusehen.

Den Ausführungen, dass Wertpapiere unter erheblichem Zinsenverlust aufgelöst werden müssten, ist zu entgegnen, dass das Darlehen an den Ausgleichsfonds ebenfalls verzinst wird, weshalb von einem 'erheblichen Zinsenverlust' nicht gesprochen werden kann. Beim Verkauf von hochverzinslichen Wertpapieren kommt eine marktkonforme Abgeltung durch einen entsprechenden Kursgewinn zustande.

...

... Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg. 11.665/1988 sowie 14.846/1997) dargetan, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. In dieser Rechtsprechung kommt jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein muss. Weiters wird darin die Auffassung vertreten, dass auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, die an sich sachlich gerechtfertigt sind, nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen können (VfSlg. 11.309/1987). Dabei hat der Verfassungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann verletzt, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte und auch nicht besondere Umstände vorliegen, die den Eingriff rechtfertigen (vgl. zB VfSlg. 11.288/1987, 12.186/1989, 12.568/1990, 13.461/1993).

Im vorliegenden Fall ist die Frage zu beantworten, inwiefern die Krankenversicherungsträger aufgrund der von ihnen eingehobenen Beiträge und der damit getroffenen Dispositionen eine zu schützende Rechtsposition erworben haben, die sodann - aufgrund der Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens - enttäuscht wurde.

Der Verfassungsgerichtshof sieht als wesentliche Voraussetzung für das Bestehen eines verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes an, dass die Betroffenen 'in einem Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht werden, auf das sie sich berechtigterweise berufen konnten' (VfSlg. 12.241/1989, 12.322/1990, 12.186/1989). Hinsichtlich des Vertrauens der Normunterworfenen auf die bestehende Rechtslage stellt der Verfassungsgerichtshof auf eine Durchschnittsbetrachtung ab. Danach kommt es nicht darauf an, ob die Normunterworfenen tatsächlich - subjektiv - auf die Rechtslage vertraut haben, sondern vielmehr darauf, dass sie - objektiv - darauf vertrauen durften (VfSlg. 11.308/1987, 11.665/1988).

Hinsichtlich der Frage, ob es im vorliegenden Fall zu einem verfassungswidrigen Eingriff in eine schützenswerte Rechtsposition gekommen ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Bundesregierung aufgrund der von den Versicherungsträgern eingehobenen Beiträge und deren weiteren Disposition nicht vom Vorliegen eines durch die Verfassung geschützten Vertrauenstatbestandes gesprochen werden kann. Die Auffassung, dass eine allfällige Vertrauensposition deshalb entstanden sei, weil erwartete Dispositionen nicht getätigt werden konnten, kann aus folgenden Gründen nicht geteilt werden:

Zunächst ist darauf hin zu weisen, dass sich im gegebenen Zusammenhang eine allfällige Vertrauensposition nicht auf den Schutz von Anwartschaften bezieht, sondern allenfalls den Schutz von wohlbegründeten Erwartungen zum Gegenstand haben kann, weshalb insofern von einem weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auszugehen ist (vgl zu dieser Differenzierung Berka, Art7 B-VG, in Rill/Schäffer, BVR Kommentar Rz. 103f). Dies ist damit zu begründen, dass das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt; dies würde auf eine weit gehende Beseitigung des dem Gesetzgeber eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes hinaus laufen (VfSlg. 13.461/1993, 13.657/1993). Auch kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber durch vorheriges Handeln einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der über das allgemeine Vertrauen hinausgeht, das die Bürger allgemein in den Bestand der Rechtsordnung setzen dürfen.

Zwar mag es zutreffen, dass die in Betracht kommenden Versicherungsträger faktisch damit gerechnet haben, aufgrund der damals maßgeblichen Rechtslage über finanzielle Mittel in bestimmter Höhe zu verfügen und dass sie in dieser Erwartung durch die Verpflichtung zur Darlehensgewährung enttäuscht wurden. Eine solche Enttäuschung kann aber jede Änderung der Rechtslage bewirken. Es steht dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten. Nur unter besonderen Umständen muss zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (vgl. VfSlg. 13.657/1993, 11.288/1987). Solche Umstände liegen aber - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - hier nicht vor.

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu bedenken, dass die Versicherungsträger zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen konnten, dass die maßgeblichen Bestimmungen der Gebarung keiner Novellierung unterzogen werden würden. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die angespannte Finanzsituation der Krankenversicherungsträger allgemein, und im besonderen den Versicherungsträgern, bekannt war.

Aus diesem Grund können Regelungen, durch die die Höhe der Beiträge bzw. die Gewährung von Darlehen angeordnet werden, nicht als Eingriff in eine zu schützende Vertrauensposition angesehen werden.

Auch ist ein Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip in der verpflichtenden Darlehensgewährung deshalb nicht zu erblicken, weil aus den einfachgesetzlichen Bestimmungen über die Vermögensveranlagung kein verfassungsrechtlicher Vertrauenstatbestand, wonach die Krankenversicherungsträger mit ihrem Vermögen unbeeinflusst wirtschaften können, ableitbar ist. Woraus die verfassungsrechtlich normierte Pflicht, das Kassenvermögen sicher anzulegen, abgeleitet wird, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus sehen die Veranlagungsvorschriften vor, dass die Versicherungsträger ihre Beiträge ua. zinsenbringend in Darlehen anlegen können. Dass die nunmehr ebenfalls einfachgesetzlich normierte verpflichtende Gewährung von (auch zu verzinsenden) Darlehen verfassungswidrig sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Das dabei vorgebrachte Argument, die Rückzahlung dieser Darlehen sei äußerst unsicher, ist eine bloße Unterstellung, zumal die Rückzahlungsverpflichtung sogar ausdrücklich gesetzlich abgesichert ist.

Aus diesen Erwägungen kann nach Auffassung der Bundesregierung von einem auf guten Gründen basierenden - somit schutzwürdigen - Vertrauen in eine bestehende Rechtslage in den vorliegenden Fällen nicht gesprochen werden. Eine Verletzung wohlerworbener Rechtspositionen ist daher schon aus diesen Gründen zu verneinen.

Sollte der Verfassungsgerichtshof dessen ungeachtet eine schutzwürdige Vertrauensposition der Versicherungsträger bejahen, ist nach Auffassung der Bundesregierung die Verfassungskonformität der angefochtenen Bestimmungen schon deshalb gegeben, weil diese mangels Intensität des bewirkten Eingriffes die Verfassungssphäre nicht berühren.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob ein schwerer oder ein geringfügiger Eingriff vorliegt; diesbezüglich kann die Grenze auch in Abhängigkeit von den Eingriffszielen zu ermitteln sein. Bei der Prüfung der Intensität kann es auch darauf ankommen, ob eine Maßnahme plötzlich eingeführt wird und den Normadressaten wesentlich in seinem Vermögen oder seiner Lebensplanung beeinträchtigt. Das Prinzip der Sachlichkeit gebietet die Vermeidung von willkürlichen und unbegründeten Belastungen. Schließlich verlangt der Verfassungsgerichtshof, dass Belastungen nicht überproportional auf eine punktuell kleine Gruppe verteilt werden (VfSlg. 11.665/1989).

Im Folgenden ist daher zu zeigen, dass im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die in Rede stehende Maßnahme eine im Hinblick auf den Gleichheitssatz maßgebliche Intensität erreicht, die ihre Verfassungswidrigkeit begründen würde:

Der Verfassungsgerichtshof nahm bereits in einigen Fällen im Hinblick auf die fehlende Intensität des Eingriffs die Verfassungskonformität der geprüften gesetzlichen Bestimmung an (siehe etwa VfSlg. 14.846/1997, 14.867/1997, 14.888/1997). Ausgehend von der Feststellung, dass die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen in jedem Fall geeignet waren, die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen (ua. Entlastung des Bundeshaushaltes) und keinerlei Anzeichen dafür vorlagen, dass die Neuregelung 'punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe' von Personen getroffen hätte, verneinte der Verfassungsgerichtshof mangels Intensität in den zitierten Fällen das Vorliegen einer gleichheitswidrigen Regelung.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der durch die Darlehensgewährung bewirkte Eingriff deshalb nicht als intensiv zu qualifizieren, weil zum einen - wie oben dargelegt - die betroffenen Krankenversicherungsträger nicht an der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gehindert werden. Zum anderen ist zu bedenken, dass ab dem Jahr 2005 bis zum Ablauf des Jahres 2009 die Darlehen - sowie die zusätzlichen Einnahmen aus der Beitragserhöhung nach Abs10 - samt Verzinsung vom Ausgleichsfonds an den jeweiligen Träger zurückzuzahlen sind. Sollte der Tilgungsplan nicht eingehalten werden, so sind die darlehensgewährenden Versicherungsträger berechtigt, ihre laut Tilgungsplan jeweils ausständigen Rückzahlungs- und Zinsenraten gegen die Beitragsforderung des Ausgleichsfonds nach §447a Abs3 ASVG aufzurechnen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist damit gewährleistet, dass den Krankenversicherungsträgern die aufgrund der Beitragserhöhung bzw. Darlehensgewährung aufzubringenden Mittel jedenfalls rückerstattet werden, weshalb nicht von einem im Sinne der Rechtsprechung intensiven Eingriff ausgegangen werden kann.

Hervorzuheben ist, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm eingeräumten Gestaltungsfreiheit den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einzuhalten hat (vgl. VfSlg. 15.739/2000). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz will verhindern, dass der Gesetzgeber den Bürgern unzumutbare Lasten auferlegt. Die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes setzt daher eine Abwägung zwischen der gesetzgeberischen Zielsetzung und der Betroffenheit der Normunterworfenen voraus. Diese Judikatur zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber bei der rechtspolitischen Zielsetzung relativ ungebunden, bei der Auswahl der Mittel jedoch an die Prüfung der Belastbarkeit (Intensität), der Sachlichkeit, der Verhältnismäßigkeit und Gesamtbetroffenheit eines möglichst großen Kreises von Normunterworfenen gebunden ist.

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehenden Regelungen zwecks weiterer Finanzierbarkeit der Leistungen der Krankenversicherungsträger im öffentlichen Interesse gelegen sind. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der oben dargestellten mangelnden Intensität eines Eingriffes in eine allenfalls geschützte Vertrauensposition erscheinen die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen der 60. Novelle zum ASVG im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch verhältnismäßig.

Die Neuregelung der Finanzierung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger verletzt auch nicht das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums.

... Die genannten Bestimmungen erscheinen verfassungskonform, weil sie dem öffentlichen Interesse an einer ausgeglichenen Gebarung der Krankenversicherungsträger dienen, damit diese die ihnen übertragenen Aufgaben wirksam erfüllen können. Die Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt des öffentlichen Dienstes in den Ausgleichsfonds stellt eine dafür durchaus geeignete Maßnahme dar, weil dies dazu beiträgt, eine ausgeglichene Gebarung der österreichischen Krankenversicherungsträger zu erreichen. Das öffentliche Interesse am Funktionieren jedes einzelnen Krankenversicherungsträgers rechtfertigt daher einen diesbezüglichen Eingriff.

... Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Darlehensmittel dem Ausgleich von Strukturnachteilen oder der Honorierung der Zielerreichung dienen, da auch die Zielerreichungs-Zuschüsse der Herstellung einer effizienten Vollziehung dienen und letztlich zu einer Ausgeglichenheit der Gebarung beitragen sollen. Der Versuch, einen Gegensatz zwischen den Intentionen des Strukturausgleichs und der Zielerreichung zu konstruieren, geht somit ins Leere. ... Bei der in Rede stehenden Maßnahme kann keineswegs von einer exzessiven Geldleistungspflicht oder von einer grundsätzlichen Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse gesprochen werden.

..."

3. Die hier zu erörternden, im Wesentlichen mit der 60. Novelle zum ASVG bewirkten Änderungen im Recht des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger sind

4.1. Der Verfassungsgerichtshof war in seiner bisherigen Rechtsprechung zwar noch nicht mit dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (§447a ASVG), wohl aber mit vergleichbaren Fragen eines "sozialversicherungsrechtlichen Finanzausgleiches" befasst:

4.1.1. Im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 hat er es als nicht unsachlich erachtet, einen Beitragsüberschuss in der Unfallversicherung nicht zu einer Beitragsreduktion in diesem Versicherungszweig zu nutzen, sondern diesen Überschuss im Rahmen eines "internen Lastenausgleichs zwischen den Sozialversicherungsinstituten" in anderen Versicherungszweigen (nach dem ASVG bzw. den Vorgängergesetzen) zu verwenden, dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Unfallversicherungsbeiträge nur vom Arbeitgeber entrichtet würden; die finanzielle Entwicklung der Unfallversicherung lasse sich nicht so genau vorhersehen, und es wäre in den anderen Versicherungszweigen (an Stelle der hälftigen Beitragsteilung zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern) auch eine andere Aufteilung "möglich".

4.1.2. Unter Hinweis auf dieses Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 11.013/1986 die Verpflichtung der Krankenversicherungsträger, Beiträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) zu leisten, ebenfalls als aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich erachtet: Solange sich in einem Zweig der Sozialversicherung ein Überschuss ergebe, sei es nicht unsachlich, diesen zur Herbeiführung eines "gewissen finanziellen Ausgleichs innerhalb der Sozialversicherung" zu verwenden. Im Falle des Erkenntnisses VfSlg. 6039/1969 sei die Begründung darin gelegen, dass die Dienstgeber an der Finanzierung sowohl der Unfall- als auch der Pensionsversicherung beteiligt gewesen seien, sodass zwischen "den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger ... eine Versicherungs(Risken-)gemeinschaft im weiteren Sinn" bestanden habe. Ein ebensolcher Zusammenhang bestehe im ASVG zwischen den Kranken- und den Pensionsversicherten, und zwar auch zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen Versicherungsgemeinschaft und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen Versicherungsgemeinschaft. Der weitaus überwiegende Teil der nach dem ASVG Krankenversicherten erhalte auch Leistungen aus der Pensionsversicherung.

4.1.3. Hingegen beurteilte der Verfassungsgerichtshof die Übertragung von Mitteln der Krankenversicherung der öffentlich Bediensteten an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) mangels eines solchen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges als unsachlich und daher dem Gleichheitssatz widersprechend (VfSlg. 10.451/1985; ebenso VfSlg. 10.779/1986): Auf Grund des Ausschlusses der Beamten von der gesetzlichen Pensionsversicherung fehle jeder Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen Versichertengemeinschaft und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen Versichertengemeinschaft.

4.2. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich aber auch mit dem Problem der unterschiedlichen Höhe der Beitragssätze für Gruppen von Versicherten desselben Versicherungsträgers zu beschäftigen:

4.2.1. So erachtete der Verfassungsgerichtshof unterschiedlich hohe Beiträge zur Pensionsversicherung innerhalb einer Versichertengemeinschaft nur bei Vorliegen besonderer sachlicher Gründe für gleichheitskonform: so bei spürbaren Unterschieden im Leistungsrecht (VfSlg. 9365/1982 - höhere Beitragssätze für freiberuflich Erwerbstätige im Verhältnis zu Gewerbetreibenden) oder unter Berücksichtigung der Zustimmung der Berufsgruppe zur Einbeziehung in die gesetzliche Sozialversicherung sowie ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wobei je gesonderte Rechnungskreise vorausgesetzt waren (VfSlg. 16.492/2002 - Sachlichkeit höherer Beitragssätze für Ärzte und Apotheker im Verhältnis zu Gewerbetreibenden trotz einheitlichen Leistungsrechts).

4.2.2. Als unsachlich erachtete es der Verfassungsgerichtshof jedoch, die sozial Schwächsten wegen der relativ größeren Vorteile, die sie aus der Einbeziehung in die gesetzliche Sozialversicherung ziehen, stärker zu belasten als andere Versicherte. In der gesetzlichen Sozialversicherung sei es dem Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt, innerhalb derselben Riskengemeinschaft zwischen "guten" und "schlechten" Risken wie in der privatrechtlichen Versicherung zu unterscheiden (so schon VfSlg. 3721/1960). Es sei vielmehr ein Charakteristikum der gesetzlichen Sozialversicherung, dass in ihr alle Risken zu einer Riskengemeinschaft zusammengefasst und einem einheitlichen Beitragsrecht unterstellt werden (VfSlg. 15.859/2000 - Unsachlichkeit höherer Beitragssätze für "neue Selbständige" - unter Hinweis auf VfSlg. 12.739/1991; ebenso VfSlg. 16.492/2002).

4.2.3. Im soeben erwähnten Erkenntnis VfSlg. 15.859/2000 hat der Verfassungsgerichtshof aber auch ausgesprochen (aaO, S 1001 f), dass sogenannte "Wanderversicherungsverluste" (das sind Mehrbelastungen, die einem Pensionsversicherungsträger dadurch entstehen, dass er bei Gewährung von Leistungen gesetzlich verhalten ist, auch Versicherungszeiten aus einer Pensionsversicherung nach einem anderen Gesetz ohne entsprechende Beitragseinnahmen leistungserhöhend anzurechnen) zwar unterschiedliche Beitragssätze nicht zu rechtfertigen vermögen, es jedoch Sache des Gesetzgebers sei, entweder die in der derzeitigen Wanderversicherung liegenden möglichen Nachteile für kleinere Versichertengemeinschaften durch geeignete - sachliche - Maßnahmen (wie zB einen Ausgleich der "Wanderversicherungsverluste" durch Überweisungen von einem gesetzlichen Sozialversicherungsträger an den anderen) zu neutralisieren oder die "Wanderversicherung" auf eine andere, diese Nachteile mildernde Weise zu regeln.

4.3. Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich für die hier zu entscheidenden verfassungsrechtlichen Fragen zwei Konsequenzen:

4.3.1. Es ist (erstens) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unzulässig, Beitragseinnahmen, und seien es auch Überschüsse oder Rücklagen, einer Versichertengemeinschaft an eine andere Versichertengemeinschaft zu übertragen, sofern zwischen diesen beiden Versichertengemeinschaften kein persönlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.

4.3.2. Es ist aber (zweitens) aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht schlechthin unzulässig, besondere Nachteile, die einem Versicherungsträger (einer Versichertengemeinschaft) auf Grund einer bestimmten Gestaltung des Gesamtsystems, insbesondere also durch Bestimmungen entstehen, die Wirkungen (wie etwa die soeben genannten "Wanderversicherungsverluste") erzeugen, welche die Grenzen der in Selbstverwaltung organisierten Versichertengemeinschaften überschreiten, durch Zahlungen zwischen den Versicherungsträgern auszugleichen.

4.4. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was einer Übertragung dieser (im Wesentlichen zur Pensionsversicherung bzw. zum Verhältnis Kranken- und Unfallversicherung zur Pensionsversicherung entwickelten) Grundsätze auf das Verhältnis der Krankenversicherungsträger untereinander entgegenstünde.

4.4.1. Eine die einzelnen Versichertengemeinschaften übergreifende "Quersubventionierung" ist somit grundsätzlich als unzulässig zu qualifizieren, wobei die vom Verfassungsgerichtshof zur Rechtfertigung unterschiedlicher Beitragssätze im Verhältnis zum Leistungsrecht entwickelten Grundsätze umso mehr für das Verhältnis ganz unterschiedlicher Versichertengruppen mit unterschiedlichen Beitragssätzen zueinander gelten.

4.4.2. Zulässig wäre es hingegen, systembedingte Nachteile, wie sie zB in der Pensionsversicherung als "Wanderversicherungsverluste" in Erscheinung treten, aber auch in der Krankenversicherung zB auf Grund der - den Grundsatz der Mehrfachversicherung einschränkenden - gemeinsamen Höchstbeitragsgrundlage in Verbindung mit den in den einzelnen Gesetzen geregelten Verpflichtungen zur "Differenzvorschreibung" (vgl. §35b GSVG, §33b BSVG), jedenfalls aber zur Beitragserstattung (vgl. §70a ASVG, §36 GSVG, §33c BSVG, §24b B-KUVG), nicht auszuschließen sind, im Wege einer trägerübergreifenden Solidargemeinschaft auszugleichen und zu diesem Zweck auch Beitragseinnahmen zu anderen Versichertengemeinschaften umzuleiten.

4.5. Beitragsverluste, die - wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung vorgetragen hat - den einzelnen Versicherungsträgern aus der gemeinsamen Höchstbeitragsgrundlage entstehen, mögen zwar nicht allzusehr ins Gewicht fallen (nach einer vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in diesem Zusammenhang im verfassungsgerichtlichen Verfahren erbetenen Stellungnahme waren zum Auswertungsstichtag 23. Juli 2003 von insgesamt 5.591.050 Personen mit Ansprüchen aus der Krankenversicherung 181.977 Personen mehrfachversichert, die Mehrzahl in den Kombinationen ASVG/B-KUVG [52.854], ASVG/BSVG [49.029] und ASVG/GSVG [33.320]), die das jeweilige System der Krankenversicherung bedrohenden Strukturnachteile erschöpfen sich jedoch keineswegs in dieser Problematik, wie auch die Bundesregierung in ihrer Äußerung der Sache nach dargelegt hat:

Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber in der sozialen Krankenversicherung nicht zwischen "guten" und "schlechten" Risken unterscheiden und daran etwa beitragsrechtliche Konsequenzen knüpfen darf (siehe oben Pkt. 4.2.2.), kann dazu führen, dass manche Krankenversicherungsträger in Abhängigkeit von der Wirtschaftsentwicklung, aber auch von strukturellen Umständen in der Schichtung der Versichertengemeinschaft, von solchen nicht steuerbaren Risken stärker betroffen sind als andere, sodass die einen - insoweit "ungerechtfertigte" - Nachteile erleiden, während anderen ebensolche "Vorteile" entstehen.

4.5.1. Wenn der Gesetzgeber solche systembedingten Strukturprobleme zum Anlass nimmt, trägerübergreifende Ausgleichsmaßnahmen zu setzen, ist jedoch das bloße Bestehen eines "Überschusses" bei einem Versicherungsträger allein nicht geeignet, die Bildung einer "trägerübergreifenden Riskengemeinschaft" sachlich zu rechtfertigen.

4.5.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.598/1996 ausgeführt hat, muss ein solches Ausgleichssystem so gestaltet sein, dass weder einzelne Krankenversicherungsträger systematisch benachteiligt noch andere Versicherungsträger systemimmanent privilegiert werden.

4.5.3. Weiters hat sich die Beitragsleistung der einzelnen Versicherungsträger zu einem solchen Ausgleich - auch in diesem Bereich einer sozialen Riskengemeinschaft entsprechend - am Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit zu orientieren. Dies erfordert es insbesondere, die Beiträge nach Kriterien zu bemessen, die zwischen den Versicherungsträgern vergleichbar sind, wobei sichergestellt sein muss, dass die Beitragsleistungen die Gebarung des Versicherungsträgers nicht so belasten, dass die Erfüllung seiner Aufgaben gefährdet wäre (vgl. VfSlg. 11.013/1986, S 191).

4.5.4. Schließlich hat der Gesetzgeber den für die Mittelzuteilung maßgeblichen Begriff des Strukturnachteils in einer dem Gleichheitssatz Rechnung tragenden Weise zu gestalten.

5. Aus den unter 4. angestellten Erwägungen ergibt sich für die auf Grund der zulässigen Gesetzesprüfungsanträge unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu beantwortenden Fragen Folgendes:

5.1. Die mit der 60. Novelle zum ASVG in einigen Punkten veränderten Bestimmungen über den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger sollen nach dem Willen des Gesetzgebers den Ausgleich von Strukturnachteilen von Krankenversicherungsträgern bewirken.

Die von der Vorarlberger Landesregierung bekämpfte Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in diesen Fonds erweist sich aus nachstehenden Gründen als verfassungswidrig:

5.1.1. Die Vorarlberger Landesregierung erhebt das Bedenken, dass "die Umverteilung von Krankenversicherungsbeiträgen zwischen Krankenversicherungsträgern mit unterschiedlicher Beitragsbemessung und unterschiedlichem Leistungsrecht ... unsachlich" sei, weil "folglich die Versicherten eines Krankenversicherungsträgers mit höheren Beitragssätzen die Versicherten eines Krankenversicherungsträgers mit niedrigeren Beitragssätzen" subventionierten.

Die - oben wiedergegebenen - Einwände der Bundesregierung beruhen (zusammengefasst) zum einen auf der These des Bestehens einer alle Versicherungsträger umfassenden Riskengemeinschaft, zum anderen aber auf der Behauptung, dass alle Versicherungsträger "die gleiche Chance" hätten, in den Genuss von Zuschüssen aus dem Fonds zu kommen.

5.1.2. Die Zusammenfassung aller Krankenversicherungsträger zu einer Riskengemeinschaft bzw. die daraus resultierende Beitragspflicht der Krankenversicherungsträger kann - wie auch im Verfahren nicht in Zweifel gezogen wurde - dazu führen, dass Mittel, die sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen einer Versichertengemeinschaft speisen, zugunsten anderer Versichertengemeinschaften verwendet werden, sofern diese in höherem Ausmaß als jene von Umständen betroffen sind, die in §447b ASVG als Strukturnachteile bezeichnet werden.

a) Das System dieses Ausgleichsfonds, wie es sich aus den angefochtenen Bestimmungen ergibt, führt - dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entsprechend - unvermeidlich zu Mittelüberweisungen von Krankenversicherungsträgern mit günstiger Finanzlage zu solchen mit ungünstiger Gebarung, wobei der Kreis jener Versicherten, denen die Beiträge aus dem Ausgleichsfonds (im Ergebnis) zugute kommen, sich nicht mit dem Kreis der beitragspflichtigen Versicherten deckt, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere Krankenversicherungsträger in den Genuss von Zahlungen aus dem Ausgleichsfonds kommen.

b) Wie der Verfassungsgerichtshof jedoch im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit unterschiedlicher Beitragshöhen innerhalb einer Versichertengemeinschaft (oben Pkt. 4.2.2.) bereits ausgesprochen hat, vermag auch im Falle der Bildung einer Solidargemeinschaft aller Krankenversicherungsträger nicht schon der Umstand, dass ein Versicherungsträger Überschüsse besitzt, während ein anderer Versicherungsträger defizitär ist, solche Überweisungen sachlich zu rechtfertigen.

c) Auch ist es unzulässig, dass schon durch die (unbestrittenen und zum Teil beträchtlichen) Unterschiede im Beitragsrecht oder Leistungsrecht (unter Einschluss der unterschiedlichen Honorierung leistungserbringender Dritter) solche Vor- oder Nachteile entstehen können, welche den Mitteltransfer mit beeinflussen. Eine solche Regelung könnte daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nur dann als zulässig beurteilt werden, wenn durch entsprechende Vorkehrungen sichergestellt wäre, dass die durch die Einbeziehung in einen solchen Strukturausgleich entstehenden finanziellen Nachteile oder Vorteile der einzelnen Krankenversicherungsträger allein den (günstigen oder ungünstigen) Strukturen, die nach dem Willen des Gesetzgebers zur Bildung der Riskengemeinschaft führen, zuzuschreiben sind.

d) Solche Vorkehrungen können den hier zu beurteilenden gesetzlichen Bestimmungen aber nicht entnommen werden; im Gegenteil:

Die unterschiedlich hohen Beitragssätze in der Krankenversicherung wirken sich zum einen zwangsläufig bei der Beitragslast aus, zumal diese an das nominelle Beitragsaufkommen anknüpft (vgl. §447a Abs3 ASVG); zum anderen kommen sie aber auch in den Beurteilungskriterien für das Vorliegen der Strukturmerkmale "Beitragseinnahmen je pflichtversicherter Person" sowie "Kassenlage" (welches Strukturmerkmal - wie die mündliche Verhandlung ergeben hat - im Sinne des Bestandes an liquiden Mitteln zu verstehen ist) zum Tragen und benachteiligen dort (ein weiteres Mal) tendenziell die mit höheren Beitragsleistungen belasteten Versichertengemeinschaften. Ähnliche Auswirkungen auf die Kassenlage ergeben sich jedoch auch aus zusätzlichen Eigenleistungen der Versicherten wie den bei einzelnen Krankenversicherungsträgern vorgesehenen, von den Versicherten bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners zu leistenden Behandlungsbeiträgen ("Selbstbehalten"). Die unterschiedlichen Beitragssätze verzerren zudem die Unterschiede im beitragspflichtigen Einkommen pro Kopf der Versicherten, die durchaus ein Strukturmerkmal darstellen können.

e) Auch hat der Gesetzgeber in keiner Weise berücksichtigt, dass jene Krankenversicherungsträger, deren Einbeziehung in den Ausgleichsfonds in diesem Verfahren zu beurteilen ist, regional nicht gegliedert, sondern bundesweit tätig sind, sodass Strukturnachteile, die sich aus der regionalen Gliederung ergeben, innerhalb der in diesen Krankenversicherungsträgern verkörperten Riskengemeinschaften bereits zum Ausgleich gebracht worden sind.

f) Was schließlich die Sozialversicherungsanstalt der Bauern anlangt, so mangelt es aber auch in anderer Hinsicht an der Vergleichbarkeit der Beitragsbemessung mit den anderen Sozialversicherungsträgern: Nach dem BSVG ist als monatliche Beitragsgrundlage nämlich nicht das Einkommen des Versicherten, sondern der "Versicherungswert" seines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes - es ist dies ein degressiv gestaffelter Hundertsatz des steuerrechtlichen Einheitswertes des Betriebes (vgl. §23 Abs2 BSVG) - heranzuziehen.

Die Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger - unter gleichzeitiger Streichung des in §31 Abs1 BSVG bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 vorgesehenen Bundeszuschusses - hat zur Konsequenz, dass dieser (der Sache nach einer Subvention gleichkommende) Beitrag zu einer ausgeglichenen Gebarung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern nunmehr im Ergebnis von allen anderen Versichertengemeinschaften zu tragen ist; darin ist jedoch eine systematische Begünstigung dieser Sozialversicherungsanstalt zu deren Lasten zu erblicken.

5.1.3. Die in Prüfung stehende Neuregelung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger durch Einbeziehung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der Versicherungsanstalt der vsterreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter führt daher - entgegen den Ausführungen der Bundesregierung - zu systemimmanenten Benachteiligungen von Krankenversicherungsträgern auf der einen und ebensolchen Begünstigungen auf der anderen Seite und verstößt daher insoweit gegen den Gleichheitssatz (vgl. VfSlg. 14.598/1996). Dabei ist unerheblich, ob im Zeitablauf immer dieselben oder auch je verschiedene Versichertengemeinschaften von diesen Vor- und Nachteilen betroffen sind, weil selbst ein "Ausgleich" in dieser Hinsicht nichts an der Unsachlichkeit des Systems ändern könnte.

Die aus dem Spruch dieses Erkenntnisses ersichtlichen Wortfolgen in §447a Abs1 und Abs3 ASVG waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

5.2.1. §447b Abs2 ASVG zählt die für die Verteilung der Mittel des Ausgleichsfonds zu veranschlagenden Strukturnachteile demonstrativ auf. Vom vorstehend dargelegten, den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügenden Begriffsverständnis eines Strukturnachteils ausgehend, kann der Verfassungsgerichtshof zunächst nicht finden, dass es unsachlich wäre, die Verpflichtung zum Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt als ein Element des Strukturausgleichs vorzusehen:

a) Die Krankenversicherung trifft gemäß §116 Abs1 Z2 ASVG Vorsorge für den Versicherungsfall der Krankheit; aus diesem Versicherungsfall gebührt dem Versicherten Anstaltspflege (§117 Z2 ASVG). Gemäß §23 Abs6 ASVG sind die Träger der sozialen Krankenversicherung berechtigt, Krankenanstalten zu errichten, zu erwerben und zu betreiben oder sich an solchen Einrichtungen zu beteiligen. Gebietskrankenkassen, die am 30. Juni 1994 eine Allgemeine Krankenanstalt im Sinne des §2 Abs1 Z1 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957 idgF, betrieben haben, sind ab diesem Zeitpunkt zu deren Betrieb verpflichtet (§23 Abs6 erster Satz zweiter Halbsatz ASVG).

b) Das Bedenken der Vorarlberger Landesregierung erweist sich daher als unbegründet, weshalb der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge ", die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt" in §447b Abs2 erster Satz ASVG abzuweisen war.

5.2.2. Hingegen erweist sich die gesetzlich angeordnete Bedachtnahme auf die "Kassenlage" des Krankenversicherungsträgers im Zusammenhalt mit den übrigen Kriterien der Mittelaufbringung und -verteilung schon aus den oben (Pkt. 5.1.2.d) genannten Gründen als unsachlich. Die Wortfolge "sowie die Kassenlage" in §447b Abs2 erster Satz ASVG war daher ebenfalls als verfassungswidrig aufzuheben.

5.2.3. Auch das Bedenken ob der mangelnden Bestimmtheit des gemäß §447b Abs2 erster Satz ASVG zur Beurteilung von Strukturnachteilen ua. heranzuziehenden Kriteriums "Großstadtfaktor" trifft zu:

a) Der Begriff einer Großstadt, mögen ihm auch im Hinblick auf den jeweiligen Regelungszusammenhang und den Zweck des Gesetzes je verschiedene Bedeutungen zukommen, wäre einer Auslegung im jeweiligen normativen Zusammenhang zumindest zugänglich und deshalb für sich nicht unbestimmt.

b) Der Vorarlberger Landesregierung ist jedoch darin zuzustimmen, dass die Verwendung dieses Begriffs nicht deutlich macht, inwiefern die "Großstadt" einen Krankenversicherungsträger mit "Strukturnachteilen" belastet und welche der Gesetzgeber dabei vor Augen gehabt haben könnte.

c) Wenn die Bundesregierung dazu nur vorbringt, dass die Ärztedichte in Städten größer sei als in ländlichen Regionen, sodass Krankenversicherungsträgern, die Versicherte in städtischen Ballungszentren zu versorgen haben, durch vermehrte Inanspruchnahme auch höhere Ausgaben zu tätigen hätten, so mag dies durchaus zutreffen (wie insbesondere die in SoSi 2002, H 6, Beiheft, veröffentlichte Untersuchung "Schwerpunktthema: Ärzt/innen und Großstadt: ein dichter Verband" zeigt). Es ist nachvollziehbar, dass daraus im Ergebnis auch höhere Ausgaben für Kosten der Krankenbehandlung pro Versichertem entstehen können. Damit wäre aber nur ein möglicher Strukturnachteil dargetan, der mit dem Begriff "Großstadtfaktor" allein noch nicht mit hinreichender Deutlichkeit umschrieben ist.

d) Dies erweist auch der in der mündlichen Verhandlung erstattete Bericht des Vertreters des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über die tatsächliche Handhabung dieses Begriffs, nämlich die Anwendung eines "Großstadtfaktors" auf Städte mit mehr als 40.000 Einwohnern: Wie dabei eingeräumt wurde, steht nicht fest, in welchem Ausmaß sich die Ausgaben schon in Städten mit mehr als 40.000 Einwohnern (hinsichtlich derer weder die Zahl an niedergelassenen Fachärzten noch die Art der jeweils vorhandenen Krankenanstalten feststeht) erhöhen.

e) Auch lässt das Gesetz kein Kriterium für den "Faktor" erkennen, dh. für jene Messgröße, nach welcher sich in diesem Zusammenhang das Ausmaß eines Zuschusses aus dem Ausgleichsfonds nach objektiven Gesichtspunkten bestimmen ließe. Die mittlerweile vom Hauptverband verlautbarten "Richtlinien für die Beurteilung von Strukturnachteilen von Krankenversicherungsträgern", www.avsv.at , Amtliche Verlautbarung Nr. 82/2003, bestätigen dies: Sie sehen zwar in ihrem §3 vor, dass ein Sechstel des Betrages, der für den Ausgleich von Strukturnachteilen abzüglich der Zahlungen für den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt zur Verfügung steht, nach einem näher bezeichneten Schlüssel unter insgesamt dreizehn Krankenversicherungsträgern zu verteilen ist; dies wird in den Erläuterungen aber damit "begründet", dass es "keine Bestimmung [gibt], in welchem Ausmaß der Großstadtfaktor zu berücksichtigen ist".

f) Die Verwendung des Begriffs "Großstadtfaktor" ist daher insoweit zu unbestimmt, als er nicht hinreichend zum Ausdruck bringt, welche konkreten Strukturnachteile zulässigerweise Grundlage von Ausgleichszahlungen sein dürfen und in welchem Ausmaß ein "Großstadtfaktor" - im Verhältnis zu anderen Strukturnachteilen - die Höhe der Ausgleichszahlungen beeinflusst.

g) Die Wortfolge "und ein Großstadtfaktor" in §447b Abs2 erster Satz ASVG war daher als verfassungswidrig aufzuheben.

5.3. Das Bedenken der Vorarlberger Landesregierung ob der Verfassungsmäßigkeit des §32a ASVG trifft ebenfalls zu:

Der antragstellenden Landesregierung ist darin zuzustimmen, dass §32a ASVG keine Klarheit darüber verschafft, welche Rechtsnatur den "Zielvereinbarungen" beizumessen ist und unter Mitwirkung welcher Institutionen sie zustande kommen [in diesem Sinne auch schon Korinek, in: Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts (Stand: 14. Erg.-Lfg., 2001), Pkt. 4.1.6., 511]: §32a Abs2 ASVG sieht vor, dass der Verwaltungsrat des Hauptverbandes - näher umschriebene - "Ziele" zu beschließen hat, gemäß §32a Abs1 ASVG obliegt es ihm, "zur Koordinierung des Verwaltungshandelns" der Versicherungsträger "Zielvereinbarungen" zu "treffen", wobei diese Bestimmung schon insofern unverständlich ist, als sie einem Organ aufträgt, einseitig eine "Vereinbarung" zu "treffen".

5.3.1. Diese Regelung lässt nun aber auch einerseits offen, in welchem Verhältnis die beschlossenen "Ziele" zu den "Zielvereinbarungen" stehen. Andererseits bleibt unklar, ob eine "Zielvereinbarung" - wie ihre Bezeichnung nahelegt - dennoch als privatrechtlicher Vertrag anzusehen ist, der im Einvernehmen zwischen dem Hauptverband (vertreten durch den Verwaltungsrat) und den einzelnen Krankenversicherungsträgern geschlossen wird, oder aber ob es sich um eine vom Verwaltungsrat des Hauptverbandes ohne Mitwirkung der Krankenversicherungsträger erlassene Zielvorgabe handelt, die insoweit den in §31 ASVG vorgesehenen "Richtlinien" des Hauptverbandes entspräche und - so wie diese - als Verordnung zu qualifizieren wäre (zum Verordnungscharakter der Richtlinien des Hauptverbandes vgl. zuletzt VfGH 10. Oktober 2003, G222/02, G1/03, Pkt. II.5.3. mwN).

5.3.2. Ginge man im Sinne des (insoweit mit dem Vorbringen der Antragsteller übereinstimmenden) Vortrages der Vertreterin der (nunmehr für die Angelegenheiten der Krankenversicherung zuständigen) Bundesministerin für Gesundheit und Frauen in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass der Inhalt der zu "treffenden" "Zielvereinbarung" durch entsprechende Beschlüsse des Verwaltungsrates des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger vorgegeben wird, so mangelte es in einer Art18 B-VG widersprechenden Weise an der Klarstellung sowohl der Rechtsform als auch der möglichen Inhalte solcher Beschlüsse (sieht man vom Ziel der Rückführung des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwands auf das Niveau des Jahres 1999 im Sinne des §588 Abs14 ASVG ab), sind diese Beschlüsse doch für die Verwendung der an den Ausgleichsfonds entrichteten Beiträge maßgeblich. Es liegt auf der Hand, dass damit in der Praxis gleichsam nach Gutdünken ganz unterschiedliche Ziele verfolgt werden könnten, wie auch die Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung ergeben hat.

5.3.3. In diesem Zusammenhang sei - auch mit Blick auf die in den Gesetzesmaterialien, insbesondere im Ausschussbericht zum SRÄG 2000, für die Einrichtung von "Zielvereinbarungen" gegebenen Begründungen - daran erinnert, dass die Bundesverfassung zur Steuerung der Vollziehung im Bereich der Hoheitsverwaltung (wozu auch die Sozialversicherungsträger und der Hauptverband in Selbstverwaltung berufen sind) Gesetz und Verordnung (Art18 B-VG), die Weisung demokratisch legitimierter oberster Organe der Staats- oder Selbstverwaltung (Art20 Abs1 B-VG; vgl. zum Hauptverband das vorhin genannte hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2003) sowie im Falle der Selbstverwaltung überdies das Instrumentarium der staatlichen Aufsicht bereitstellt und dass zur Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit der Vollziehung ein umfassendes Rechtsschutzinstrumentarium vorgesehen ist, das an diese Rechtsinstitute anknüpft. Der Inhalt verschiedener Vorgaben mag zwar durchaus unter Verwendung von im Wirtschaftsleben etablierten Techniken erarbeitet werden, die verbindliche Anordnung selbst muss jedoch in der Form eines bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmittels getroffen werden.

5.3.4. Die somit in mehrfacher Hinsicht bestehende Unbestimmtheit der Regelung setzt die zulässigerweise angefochtenen Teile des §32a ASVG in Widerspruch zu Art18 Abs1 B-VG. §32a Abs1 und 2 ASVG (idF der 60. Novelle) war daher aufzuheben.

5.4. §447c ASVG erweist sich schon nach dem soeben zum Institut der "Zielvereinbarungen" Gesagten als verfassungswidrig.

5.4.1. Die Vorarlberger Landesregierung ist aber auch mit ihrem Vorwurf im Recht, dass es unsachlich sei, Beitragsleistungen einer Versichertengemeinschaft zu einem anderen Krankenversicherungsträger ausschließlich im Hinblick darauf umzuschichten, dass dieser andere Krankenversicherungsträger Zielvorgaben eingehalten hat. Die "Zielerreichung" durch einen Versicherungsträger steht mit den Beitragseinnahmen eines anderen Versicherungsträgers in keinem Sachzusammenhang, der unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (vgl. oben Pkt. 4.) jedoch erforderlich wäre.

5.4.2. §447c, dessen einzelne Absätze in untrennbarem Zusammenhang stehen, war daher zur Gänze aufzuheben. Mit dieser Bestimmung hängen auch die von der Vorarlberger Landesregierung angefochtenen Teile des §447a Abs5 ASVG untrennbar zusammen, sodass auch diese aufzuheben waren.

5.5. Die Vorarlberger Landesregierung bekämpft weiters die (wenn auch rückzahlbare - vgl. §600 Abs11 dritter Satz ASVG) allgemeine Erhöhung der Beiträge zum Ausgleichsfonds in den Jahren 2003 und 2004 (§600 Abs10 erster Satz ASVG) als unsachlich, wobei sie dies - nach Herstellung eines Zusammenhanges mit der gesetzlich vorgesehenen Verwendung dieser Mittel für "Zielerreichungs-Zuschüsse" - im Einzelnen begründet.

5.5.1. Gemäß §447a Abs5 erster Satz ASVG sind die Einnahmen des Fonds "nach Abs2 Z1" (das sind die Beiträge der Krankenversicherungsträger) zu 45 vH zum Ausgleich von Strukturproblemen, hingegen "die restlichen Einnahmen" (dh. 55 vH der Beiträge der Krankenversicherungsträger, die in §447a Abs2 Z2 und 3 ASVG genannten weiteren Einnahmen, aber auch die Einnahmen aus den Darlehen gemäß §600 Abs11 ASVG) für "Zielerreichungs-Zuschüsse" zu verwenden. Daraus ergibt sich, dass ein Betrag, der jedenfalls die Beitragserhöhung für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 übersteigt, nach dem Willen des Gesetzgebers als "Zielerreichungs-Zuschüsse" zu verteilen gewesen wäre.

5.5.2. Es kann daher offenbleiben, ob auch die weiteren Bedenken ob der Sachlichkeit des §600 Abs10 erster Satz ASVG zutreffen, da die Erhöhung der Beitragspflicht für die Jahre 2003 und 2004 auf Grund der Aufhebung der Bestimmungen über die Zielvereinbarungen und über die Zielerreichungs-Zuschüsse nunmehr jedenfalls einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt.

5.5.3. Dem Antrag der Vorarlberger Landesregierung auf Aufhebung des §600 Abs10 erster Satz ASVG war daher stattzugeben.

5.6. Gemäß §600 Abs11 ASVG sind die dort genannten Krankenversicherungsträger verpflichtet, dem Ausgleichsfonds über die gemäß §600 Abs10 erster Satz ASVG zu entrichtenden allgemeinen Beiträge in der Höhe eines Prozentsatzes des Beitragsaufkommens hinaus verzinsliche Darlehen in jeweils betragsmäßig fixierter Höhe zu gewähren.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Vorarlberger Landesregierung gegen diese Regelung erweisen sich vor dem oben (Pkt. 4.) dargelegten verfassungsrechtlichen Hintergrund ebenfalls als begründet:

5.6.1. Vorausgeschickt sei, dass der in der gesetzlichen Verpflichtung zur Darlehensgewährung liegende Eingriff - selbst unter der Annahme einer marktkonformen Verzinsung des zu gewährenden Darlehens - eines sachlichen Grundes bedürfte und nicht schon deshalb als gleichheitsrechtlich unbedenklich erachtet werden kann, weil es sich nur um ein Darlehen, also um eine Belastung handelt, die in einigen Jahren wieder rückgängig gemacht werden soll (vgl. die Wiedergabe des Prüfungsbeschlusses in VfSlg. 16.590/2002, S 1201, zu Einkommensteuer-Vorauszahlungen).

5.6.2. Die Bundesregierung tritt in ihrer Äußerung den Bedenken der Vorarlberger Landesregierung in diesem Punkt nur mit ihrer allgemeinen Argumentation der "Riskengemeinschaft im weiteren Sinn" entgegen. Demgegenüber zeigt aber schon die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Übertragung von Überschüssen an andere Sozialversicherungsträger, dass eine "Riskengemeinschaft" im Sinne des Vorbringens der Bundesregierung aus verfassungsrechtlicher Sicht bestimmten Anforderungen eines persönlichen und sachlichen Zusammenhanges genügen muss (vgl. wiederum oben Pkt. 4.), die hier nicht vorliegen.

5.6.3. Gleiches muss umsomehr gelten, wenn es sich um Zahlungen handelt, zu denen nur einzelne Sozialversicherungsträger mit Blick auf prognostizierte Rücklagen verpflichtet werden. Die Regelung kann daher auch nicht damit sachlich gerechtfertigt werden, dass eine Verzinsung des Darlehens bis zur Rückzahlung vorgesehen ist; sowohl die Frage der Bonität des zur Rückzahlung allein verpflichteten Hauptverbandes als auch die der Angemessenheit der Verzinsung können somit unerörtert bleiben.

Für ein solches "Sonderopfer" ist daher der von der Bundesregierung ins Treffen geführte Gesichtspunkt nicht tragfähig, ein anderer sachlicher Grund ist aber weder behauptet worden noch dem Verfassungsgerichtshof sonst erkennbar.

5.6.4. Die in §600 Abs11 ASVG normierte Verpflichtung einzelner Krankenversicherungsträger zur Gewährung eines Darlehens an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger entbehrt damit der sachlichen Rechtfertigung. §600 Abs11 ASVG war daher - in Stattgebung des Antrages der Vorarlberger Landesregierung - schon aus diesem Grund zur Gänze aufzuheben, sodass sich ein Eingehen auf die weiteren Bedenken dieser Partei sowie der anderen Antragsteller, die Teile dieser Bestimmung zulässigerweise angefochten haben, erübrigt.

6.1. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, stützt sich auf Art140 Abs6 erster Satz

B-VG.

6.2. Die Bundesregierung hat in ihrer Äußerung angeregt, die als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen unter Fristsetzung aufzuheben. Diese Frist sei erforderlich, "da angesichts der finanziellen Auswirkungen einer solchen Aufhebung auf den finanziellen Ausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern entsprechende Ersatzregelungen zu erlassen wären".

Da die Bundesregierung nicht dartun konnte, dass eine zeitlich unmittelbar anschließende Neuregelung erforderlich ist, und eine Fristsetzung die als verfassungswidrig erkannte Zahlungsverpflichtung der Krankenversicherungsträger weiter bestehen ließe, war diese Anregung jedoch nicht aufzugreifen.

6.3. Der Verfassungsgerichtshof sah sich aber aus den zuletzt genannten Gründen veranlasst, - den Anregungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und der Abgeordneten zum Nationalrat folgend - gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG auszusprechen, dass die aufgehobenen Bestimmungen auch auf vor der Aufhebung verwirklichte Tatbestände nicht mehr anzuwenden sind.

6.4. Die Kundmachungspflicht des Bundeskanzlers ergibt sich aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG iVm §64 Abs2 VfGG und §3 Z3 BGBlG (Art4 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2003).

7. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §65a VfGG. Da die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zu G294/02 keinen Kostenersatz beantragt, zu G23/03 jedoch nur mit einem (geringen) Teil ihres Aufhebungsbegehrens obsiegt hat, war ihr nur ein Viertel des Pauschalsatzes zuzusprechen (vgl. VfGH 12. Dezember 2002, G151,152/02 mwN). Die zugesprochenen Kosten enthalten Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- bzw. EUR 81,75. Die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen hat kein Kostenersatzbegehren gestellt.

Stichworte