European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00099.24H.1009.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im den Angeklagten * A* betreffenden Konfiskations‑ und Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Dem Angeklagten A* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * A* und * L* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und hierfür – unter Bedachtnahme unter anderem auf § 39a Abs 1 Z 4 und 5, Abs 2 Z 4 StGB – nach § 143 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt.
[2] Danach haben sie am 8. April 2024 in G* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) * V* fremde bewegliche Sachen unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz weggenommen, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem A* der genannten Trafikangestellten ein 20 cm langes Messer drohend entgegenhielt, die Kassenlade öffnete und daraus Bargeld im Wert von etwa 2.210 Euro entnahm, welches L* einsteckte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die Sanktionsrüge zeigt an sich mit Recht auf, dass eine Anhebung der Mindeststrafe nach § 39a Abs 1 Z 4 StGB nicht in Betracht kommt, wenn die Verwendung der Waffe bereits für die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) unter die Waffenqualifikation nach § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB maßgeblich war (Flora in WK² StGB § 39a Rz 14). Mit Blick auf das zutreffend bejahte Vorliegen auch der Voraussetzungen des § 39a Abs 1 Z 5 StGB (US 4 f) legt sie jedoch nicht dar, weswegen die Annahme einer Mindeststrafdrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe (§ 39a Abs 2 Z 4 StGB) im Ergebnis unrichtig (vgl 11 Os 73/21a [Rz 4]) oder inwieweit der Rechtsmittelwerber dadurch sonst beim Vorgang der Straffestsetzung beschwert sein sollte.
[5] Die Tatbegehung mit mindestens einer weiteren Person in verabredeter Verbindung ist fallbezogen nicht schon für die Subsumtion, sondern erst für die nachgelagerte Anwendung der bezeichneten (reinen) Strafrahmenvorschrift (vgl 11 Os 134/23z [Rz 15]) von Bedeutung. Deshalb begründet – der Rüge zuwider – die (ebenso erst) auf Ebene der Strafbemessung erfolgte erschwerende Wertung der „Tatbegehung in Gemeinschaft“ (US 9) keinen mit Nichtigkeit (Z 11 zweiter Fall) sanktionierten Verstoß gegen § 32 Abs 2 erster Satz oder § 39a Abs 1 letzter Teilsatz StGB (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 668/4; Riffel in WK² StGB § 32 Rz 67 und § 33 Rz 34; aA Flora in WK² StGB § 39a Rz 15; Bauer‑Raschhofer, ÖJZ 2019, 965 [B.3.c.]).
[6] Soweit der Beschwerdeführer die Abwägung der einzelnen Strafbemessungsgründe kritisiert und das Strafmaß als „nicht tat-, täter- und schuldangemessen“ bezeichnet, erstattet er ein Berufungsvorbringen (vgl RIS‑Justiz RS0099869 [T12, T15]).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[8] Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass die unbekämpften (vgl RIS‑Justiz RS0130617) Aussprüche der Konfiskation und der Einziehung betreffend A* (der – anders als der Mitangeklagte [vgl RIS‑Justiz RS0088201 {T14}] – der Vernichtung betroffener Gegenstände nicht umfassend zustimmte) mit von Amts wegen aufzugreifender Nichtigkeit (Z 11) behaftet sind (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
[9] Hinsichtlich des Konfiskationsausspruchs sind keine Feststellungen auszumachen, nach denen die konfiszierten Gegenstände zur – und nicht bloß anlässlich der – Tatbegehung verwendet wurden (vgl 14 Os 14/22y [Rz 21]; Salimi, SbgK § 19a Rz 28 f, 36). Bleibt ferner anzumerken, dass Gegenstände, die mit der Raubbeute angeschafft wurden (US 5, 10), nicht der Konfiskation (§ 19a Abs 1 oder 1a StGB), sondern – als Ersatzwerte der durch die Tat erlangten (nicht hervorgebrachten) Vermögenswerte – dem Verfall nach § 20 Abs 2 StGB unterliegen können (vgl Fuchs/Tipold in WK² StGB § 19a Rz 20, 58).
[10] Dem Einziehungserkenntnis (§ 26 StGB) fehlen Urteilsannahmen mit Sachverhaltsbezug zur (nur mit den verba legalia beschriebenen; US 10) besonderen Beschaffenheit des bei der Tatbegehung verwendeten „Küchenmessers“ (RIS‑Justiz RS0121298 [T10]).
[11] Das angefochtene Urteil war daher – ebenso (weitgehend) in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort wie im Spruch ersichtlich aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zu verweisen (§ 285e StPO; zur Zuständigkeit des Einzelrichters vgl RIS‑Justiz RS0100271 [T16]).
[12] Vorerst hat das Oberlandesgericht über die Berufung zu entscheiden (§ 285i StPO).
[13] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)