OGH 4Ob117/23v

OGH4Ob117/23v17.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, *, vertreten durch Mag. Heinrich Luchner, Rechtsanwalt in Mayrhofen, gegen die beklagte Partei B* KG, *, vertreten durch die Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 257.858,81 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. März 2023, GZ 4 R 9/23i‑79, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00117.23V.1017.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB gebührt dem Werkunternehmer trotz Unterbleiben der Ausführung des Werke gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände daran verhindert worden ist, die auf Seite des Bestellers liegen; er muss sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.

[2] 1.2. Ein Auftragnehmer, der Werklohn begehrt, hat den Nachweis für die tatsächliche Verrichtung der Werkleistung, die Erforderlichkeit der Maßnahmen und die Ortsüblichkeit der dafür verrechneten Preise zu erbringen, weil grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat, also die Behauptungs- und Beweislast denjenigen trifft, der aus einem bestimmten Tatumstand für seinen Standpunkt etwas abzuleiten gedenkt (vgl 1 Ob 161/14d; RS0037797). Bei Unterbleiben der Werkausführung im Sinne des § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB muss daher der klagende Werkunternehmer seine Leistungsbereitschaft, das Unterbleiben infolge von Umständen auf Seiten des Bestellers und die Höhe seines Anspruchs behaupten und beweisen (RS0021904 [insb T2]; RS0021768).

[3] 1.3. Die ein Hotel betreibende Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Planung der Erweiterung des bestehenden Hotelbetriebs, wobei der Klägerin vorgegeben wurde, dass die Erweiterung 25 Doppelzimmer zu je ca 30 bis 35 m² sowie einen Wellnessbereich mit 350 m² umfassen sollte und die Nettoherstellungskosten hierfür vorerst nicht mehr als 3,5 Mio EUR betragen sollten. Später trafen die Parteien eine „Vereinbarung – Planungsleistungen“, in der als Bemessungsgrundlage für das Honorar 8,7 % der Nettoherstellungskosten (exkl MwSt) und als Nettoherstellungskosten die gesamten Herstellungskosten exklusive Planungskosten, Erschließungskosten, Nebenkosten, Einrichtungs- und Finanzierungskosten festgelegt wurden; handschriftlich von der Klägerin hinzugefügt und von der Beklagten unterfertigt wurde die Wortfolge „derzeitige Grundlage 4,0 Mio Nettobaukosten“, wobei die Parteien mit diesem Betrag tatsächlich die Summe der Baukosten meinten, die die Beklagte investieren wollte, und nicht etwa einen Betrag, der nur als Bemessungsgrundlage für das Honorar der Klägerin herangezogen werden sollte. In der Folge erstellte die Klägerin über einen Zeitraum von zwei Jahren jedoch mehrere Pläne, welche entweder weniger Zimmer oder – mit bis zu zuletzt 6,5 Mio EUR – höhere Baukosten als vorgegeben vorgesehen hätten. Alle Kostenschätzungen der Klägerin ließen auch außer Acht, dass zahlreiche Maßnahmen im Bestand für den Zubau der Erweiterung an den bisherigen Bestand sowie Kosten für zu erwartende Mehrleistungen erforderlich gewesen wären; insgesamt waren die Kostenschätzungen der Klägerin nicht sachgerecht und nicht planungs- und leistungsphasenkonform.

[4] 1.4. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, der Klägerin sei schon der ihr obliegende Nachweis ihres (begehrten restlichen) Entgeltanspruchs nicht gelungen, weil die Werkausführung zwar deshalb unterblieben sei, weil die Beklagte einen neuen Planer bestellt habe, der Grund aber darin gelegen sei, dass die Klägerin schon keinen Planstand habe liefern können, der den vereinbarten Vorgaben hinsichtlich Zimmeranzahl und Baukostendeckelung entsprochen hätte.

[5] Diese Einschätzung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung und des den Gerichten im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraums.

[6] 1.5. Die sich nur auf § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB stützende Revision zeigt dagegen keine erheblichen Rechtsfragen auf:

[7] Soweit sie behauptet, „die Planungsleistungen“ tatsächlich erbracht zu haben, geht sie nicht von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen aus. Dasselbe gilt auch für die Darlegungen der Revision, wonach der Klägerin keine Baukostendeckelung vorgegeben worden wäre: Zufolge der gegenteiligen Feststellung ist aus der Entscheidung 9 Ob 98/09s = RS0125737 für die Klägerin nichts zu gewinnen; ein rechtlicher Feststellungsmangel dahin, dass keine Baukostenobergrenze vereinbart worden sei, liegt schon angesichts der konträren Feststellung der Tatsacheninstanzen nicht vor.

[8] Eine als fehlend gerügte Feststellung, dass die Klägerin nicht schuldhaft und rechtswidrig gehandelt habe, wäre nicht dem Tatsachenbereich zuzuordnen.

[9] Warum ein weiterer rechtlicher Feststellungsmangel in Bezug auf ein sich aus der Baukostenobergrenze von 4 Mio EUR ergebendes, der Klägerin zustehendes Honorar ergeben sollte, ist angesichts der Feststellungen, wonach die Klägerin den Vorgaben entsprechende Planungen nicht abgeliefert hat, nicht nachvollziehbar.

[10] 2. Soweit die Revision vermeint, in der Darlegung des Berufungsgerichts, von der Klägerin in ihrer Berufung angefochtene Tatsachenfeststellungen seien nicht korrekturbedürftig, liege eine aufzugreifende Fehlbeurteilung, genügt der Hinweis, dass die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen vor dem Obersten Gerichtshof als reine Rechtsinstanz (RS0123663) nicht mehr bekämpft werden kann (vgl RS0042903 [T5, T7, T8, T10]).

[11] 3. Vom Gericht zweiter Instanz verneinte angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens können in der Revision ebenfalls nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963; RS0106371). Dies gilt auch dann, wenn sich das Berufungsgericht – wie hier – mit behaupteten Verfahrensmängeln auseinandergesetzt und diese verneint hat, und dieselben Umstände nunmehr auch als schwerer Verstoß gegen die „Fairness des Verfahrens“ und damit als Nichtigkeitsgrund releviert werden (vgl RS0042925 [T5, T6, T8, T9, T12, T14, T15).

[12] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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