OGH 3Ob1/23b

OGH3Ob1/23b15.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, 1040 Wien, Prinz‑Eugen-Straße 20–22, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F* GmbH, *, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revisionen beider Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2022, GZ 4 R 46/22x‑24, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 16. Dezember 2021, GZ 11 Cg 70/21p‑14, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Dezember 2021, GZ 11 Cg 70/21p‑16, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00001.23B.0315.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Klauselentscheidungen

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise, der Revision der beklagten Partei hingegen nicht Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der bestätigten Teile als Teilurteil lauten:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind:

„Aktivierungsgebühr € 29,90“

„Der Mitgliedschaftsvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jeder der Parteien erstmals unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ablauf des ersten Jahres nach Vertragsbeginn beendet werden (12 Monate Mindestvertragsdauer). Nach Ablauf der Mindestvertragsdauer kann jede der Parteien den Mitgliedschaftsvertrag zum Ablauf jeweils eines halben Jahres beenden, wobei ebenfalls eine einmonatige Kündigungsfrist zu beachten ist.“

„Kündigungen können über das Kontaktformular erfolgen und müssen jedenfalls eine eigenhändige Unterschrift enthalten.“

„Sollte es wegen Nichtbeachtung der empfohlenen Besonnungszeiten zu Verbrennungen oder sonstigen Schäden kommen, entfällt jegliche Haftung von F*.“

„Für die Aktivierung der Mitgliedskarte ist die vereinbarte Aktivierungsgebühr zu bezahlen.“

„Bei verschuldetem Zahlungsverzug wird pro Zahlungserinnerung bzw Mahnung eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von € 5,- verrechnet.“

„[…] oder ist eine Mahnung an die vom Mitglied angegebene Post‑ oder E‑Mailadresse nicht zustellbar, ist F* berechtigt, den Vertrag aufzulösen sowie allfällige, im Zusammenhang mit einem vom Mitglied verschuldeten Verzug entstandenen und notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in angemessener Höhe in Rechnung zu stellen.“

„Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie mittels einer eindeutigen Erklärung (zB ein mit der Post versandter Brief oder per E‑Mail an widerruf@f*.at) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“

Die Leistungsfrist wird mit drei Monaten festgesetzt.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind:

„Gerät das Mitglied trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen mit der Zahlung in Verzug [...], ist F* berechtigt, den Vertrag aufzulösen sowie allfällige, im Zusammenhang mit einem vom Mitglied verschuldeten Verzug entstandenen und notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in angemessener Höhe in Rechnung zu stellen.“

„F* übernimmt eine Haftung für das Abhandenkommen von im Spind belassenen Gegenständen nur bei grobem Verschulden.“

wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein klageberechtigter Verband nach § 29 KSchG. Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „F*“ Fitnessstudios. Sie schließt als Unternehmerin regelmäßig mit Verbrauchern (auch im Wege des Fernabsatzes) Mitgliedsverträge ab. Dabei verwendet sie zum Vertragsabschluss ein Vertragsformblatt, welches die – in diesem Urteil noch genannten – Klauseln 1 bis 3 enthält. Sie legt zudem den Verträgen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu Grunde, die die – in diesem Urteil noch genannten – Klauseln 4 bis 9 enthalten.

[2] Die Klägerin begehrt von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, in AGB und Vertragsformblättern die neun Klauseln sowie auch sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der Beklagten mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind. Des weiteren stellt sie ein Urteilsveröffentlichungsbegehren.

[3] Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen.

[4] Das Erstgericht entschied – ausgehend vom eingangs genannten, unstrittigen Sachverhalt – mit seinen (berichtigten) Urteil über das Unterlassungsbegehren teilweise im klagestattgebenden, teilweise im klageabweisenden Sinn, und verurteilte die Beklagte in Hinsicht auf den klagestattgebenden Teil zur Urteilsveröffentlichung.

[5] Das Berufungsgericht hob das Ersturteil in Hinsicht auf das Urteilsveröffentlichungsbegehren auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Im Übrigen änderte es das Urteil dahin ab, dass es dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich des dritten Satzes der Klausel 2, den Klauseln 3, 4 und 6, der Klausel 7 ab dem Wort „oder“ und der Klausel 9 stattgab und im Übrigen das Unterlassungsbegehren abwies. Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und ließ die ordentliche Revision zu.

[6] Gegen dieses Teilurteil richten sich die Revisionen beider Parteien, mit der sie eine gänzliche Stattgebung bzw Abweisung des Unterlassungsbegehrens anstreben. Als Revisionsgrund wird jeweils unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

[7] In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin die Zurückweisung der Revision der Beklagten, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Klägerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[8] Beide Revisionen sind zur Wahrung der Rechtssicherheit sowie im Hinblick auf die verbreitete Verwendung gleicher oder ähnlicher Klauseln durch viele Fitnessstudios zulässig. Die Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt, die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

[9] Zu den nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Verbandsprozess zu beachtenden Grundsätzen kann auf die Ausführungen in der jüngst ergangenen, eine andere Fitnessstudiobetreiberin betreffenden Entscheidung (4 Ob 59/22p Pkt 1. bis 1.4) verwiesen werden.

Zu den Klauseln 1 und 5:

Aktivierungsgebühr € 29,90“ (Klausel 1)

Für die Aktivierung der Mitgliedskarte ist die vereinbarte Aktivierungsgebühr zu bezahlen.“ (Klausel 5)

[10] Die Klägerin beanstandete in erster Instanz die Klauseln unter anderem als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[11] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.

[12] Das Erstgericht beurteilte die Klausel als nicht gesetzwidrig.

[13] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin hinsichtlich dieser Klausel nicht Folge. Es verstehe sich von selbst, ohne dass es dazu weiterer Feststellungen bedürfte, dass mit der „Aktivierung der Mitgliedskarte“ ein Verwaltungsaufwand bei Aufnahme der Vertragsbeziehung gemeint sei (Anlegung einer Kundendatei, Stammdatenerfassung, Freischaltung des Zugangs zu Einrichtungen für die Mitgliedskarte). In diesem Sinn bestehe zwischen Aktivierung der Mitgliedschaft und Aktivierung der Mitgliedskarte auch aus der Sicht des Kunden (Verbrauchers) kein relevanter Unterschied und sei daher auch diesem der von der Gebühr erfasste Leistungsumfang ohne Weiteres erkennbar.

[14] In der Revision der Klägerin wird insbesondere gerügt, dass die Urteile der Vorinstanzen der – erst nach dem Berufungsurteil ergangenen – Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 59/22p widersprächen.

[15] In der Revisionsbeantwortung der Beklagten wird der Standpunkt vertreten, dass die Entscheidung 4 Ob 59/22p mangels einer Feststellung zur Unverhältnismäßigkeit der verrechneten Gebühr für die vom Berufungsgericht angenommenen, durch die Gebühr abgegoltenen Leistungen nicht einschlägig sei. Die Beklagte habe gerade zu Beginn der Mitgliedschaft auch umfangreiche Aufklärungspflichten. Es wäre widersprüchlich, ihr den damit verbundenen Aufwand nicht abzugelten. Es sei sachgerecht, diese Kosten im Rahmen der Aktivierungsgebühr einmalig zu verrechnen.

[16] Die Revision der Klägerin ist insofern berechtigt.

[17] Der Oberste Gerichtshof hat mit Urteil vom 18. 10. 2022, 4 Ob 59/22p, in einem gegen eine andere Fitnessstudiobetreiberin geführten Verbandsprozess eine Klausel (Nr 5), mit der den Kunden zu Beginn der Mitgliedschaft eine „einmalige Pauschale von 19,90 EUR für die Verwaltung“ und ebenfalls eine Gebühr von 19,90 EUR für das Eintrittsmedium (Karte oder Chipband) abverlangt wurden, für unzulässig erkannt. Der 4. Senat begründete seine Entscheidung wie folgt (Rz 47 f):

„Ebenso ist vorab allgemein zu beiden Revisionen festzuhalten, dass in AGB enthaltene Entgeltklauseln, die ein Zusatzentgelt nicht zur Abgeltung einer nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung, sondern zur Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, es verändern oder aushöhlen und damit der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen (RS0016908 [T5, T6; vgl auch T8, T16, T32]).

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (C‑224/19 , C‑259/19 , Caixabank SA ua) kann eine in einem Darlehensvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Finanzinstitut enthaltene Klausel, nach der der Verbraucher eine Bereitstellungsprovision zu zahlen hat, entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursachen, wenn das Finanzinstitut nicht nachweist, dass diese Provision tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und ihm entstandenen Kosten entspricht, was vom nationalen Richter zu beurteilen ist.

Die vor dieser Entscheidung ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach alles, was der Kreditnehmer über die Rückgabe der Valuta hinaus für den Erhalt der Leistung des Kreditgebers zu geben hat, und daher auch laufzeitunabhängige „Bearbeitungs-“ oder „Manipulationsgebühren“ Entgelt und daher nicht kontrollunterworfen sei (vgl RS0130662), ist daher in unionsrechtlichem Lichte neu zu bewerten.

Vor diesem Hintergrund ist nicht nur für einen Vertrag zwischen Verbraucher und Kreditunternehmung, für den vielfältige sonstige rechtliche Rahmenbedingungen bestehen (vgl 6 Ob 13/16d), sondern umso mehr für einen Vertrag über die Benützung eines Fitnessstudios ein konkreter Konnex zwischen dem ausgewiesenen Sonderentgelt und den tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und dem Unternehmer entstandenen Kosten gefordert. Wenn auch eine Pauschalierung von Entgelten nicht von vornherein unzulässig ist, solange damit die konkreten Kosten nicht grob überschritten werden (vgl RS0123253), ist die Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten als unzulässig anzusehen.

[…]

Der Verwaltungspauschale entsprechen keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen, die nach den Feststellungen über das übliche, mit jeder Vertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen. Insbesondere hat die Beklagte weder vorgebracht noch ist festgestellt oder sonst im Verfahren hervorgekommen, dass sie den im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung entstehenden Aufwand nicht durch die in den Fitnessstudios ohnehin anwesenden Trainer erledigen würde, oder ihr ein konkret bezifferbarer (oder auch nur plausibel pauschalierbarer) Mehraufwand entstünde, der durch die von ihr sonst eingesetzten Trainer nicht bewältigbar wäre. Die Klausel ist daher im Lichte des eingangs Gesagten gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[18] Dies gilt umso mehr für die Chipgebühr, da […] die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios zu den Vertragspflichten der Beklagten gehört und schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist, warum ihre Kunden dafür ein zusätzliches Entgelt […] leisten sollten. […] Auch diese Klausel hat im Lichte des § 879 Abs 3 ABGB keinen Bestand.“

[19] Dieser Beurteilung des 4. Senats schlossen sich – jeweils zu vergleichbaren Klauseln in AGB oder Vertragsformblättern von Fitnessstudiobetreibern – bereits der 2. Senat (zu 2 Ob 139/22p [siehe dort Rz 20]), der 6. Senat (zu 6 Ob 44/22x [siehe dort Rz 13] und zu 6 Ob 62/22v [siehe dort Rz 18]), der 9. Senat (zu 9 Ob 88/22i [siehe dort Rz 35]) sowie auch der erkennende Senat (zu 3 Ob 155/22y [siehe dort Rz 58]) an.

[20] Die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der Beklagten geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung:

[21] Voranzustellen ist, dass die Klausel 1 und die Klausel 5 dieselbe „Aktivierungsgebühr“ betreffen. Aus der Klausel 5 ergibt sich, dass diese Gebühr für die Aktivierung der Mitgliedskarte verlangt wird. Die Aktivierungsgebühr entspricht damit der „Chipgebühr“ ([Aktivierungs‑]Gebühr für das Eintrittsmedium Karte oder Chipband) in den genannten Vorentscheidungen.

[22] Wie bereits in 4 Ob 59/22p (Rz 60) ausgeführt, gehört die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios zu den Vertragspflichten eines Fitnessstudiobetreibers und ist schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar, warum dessen Kunden dafür ein zusätzliches Entgelt leisten sollten. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Statuierung einer automationsgestützten Eintrittskontrolle (sei es mittels Mitgliedskarte, sei es mittels Chip) in erster Linie dem Interesse des Unternehmers dient, nicht berechtigte und damit nicht zahlende Personen von der Benützung seiner Einrichtung auszuschließen.

[23] Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, unterliegen ebenfalls der Inhaltskontrolle (RS0016908 [T8]). Mit der Aktivierungsgebühr wird die Hauptleistungspflicht der Beklagten – den Kunden das Trainieren im Studio zu ermöglichen – ausgehöhlt, weshalb die Klauseln 1 und 5 der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. Weil keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich ist, als solche bereits eintrittsberechtigten Mitgliedern zur Ermöglichung des Eintritts abermals ein Entgelt („Aktivierungsgebühr“) abzuverlangen, sind die Klauseln gröblich benachteiligend.

[24] Ob die Beklagte befugt wäre, für die Einschulung in die Benützung der Geräte oder ähnliche typischerweise zu Beginn der Mitgliedschaft notwendige Aufklärungen ein besonderes Entgelt vorzusehen, ist hier nicht zu entscheiden. Die Aktivierungsgebühr steht mit solchen Leistungen der Beklagten in keinem Zusammenhang. Sie stellt – entgegen der der Revisionsbeantwortung der Beklagten zugrundeliegenden Prämisse – keine Abgeltung einer Zusatzleistung dar. Die darauf aufbauenden Ausführungen in der Revisionsbeantwortung samt Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gehen daher ins Leere.

Zur Klausel 2:

„Der Mitgliedschaftsvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jeder der Parteien erstmals unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ablauf des ersten Jahres nach Vertragsbeginn beendet werden (12 Monate Mindestvertragsdauer). Nach Ablauf der Mindestvertragsdauer kann jede der Parteien den Mitgliedschaftsvertrag zum Ablauf jeweils eines halben Jahres beenden, wobei ebenfalls eine einmonatige Kündigungsfrist zu beachten ist.“

[25] Die Klägerin beanstandete in erster Instanz die Klausel unter anderem als unzulässig nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG.

[26] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.

[27] Das Erstgericht wies das diesbezügliche Unterlassungsbegehren ab.

[28] Das Berufungsgericht beurteilte den zweiten Satz der Klausel (Mindestvertragsdauer) als zulässig. Angesichts der für den Betrieb eines Fitnessstudios erforderlichen Investitionen habe die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen, sodass keine unangemessen lange Bindung bestehe. Auf eine Verschiebung der Kündigungsmöglichkeit bei Stilllegung der Mitgliedschaft nach Punkt 12 der AGB habe nicht Bedacht genommen werden können, weil diese Bestimmung nicht klagsgegenständlich sei. Den dritten Satz der Klausel (Anschlusskündigung nach Mindestvertragsdauer nur zum Ablauf eines halben Jahres mit einmonatiger Kündigungsfrist) beurteilte das Berufungsgericht hingegen als unzulässig. Mangels anderer Verfahrensergebnisse sei nicht davon auszugehen, dass Kunden der Beklagten einen Anspruch auf Beistellung eines persönlichen Trainers hätten, sodass sich der Personalbedarf vor allem nach der Anzahl und den Öffnungszeiten ihrer Fitnessstudios richte und weniger nach der Mitgliederanzahl. Der Wegfall von Mitgliedern habe daher keinen erkennbaren unmittelbaren Einfluss auf deren Personalbedarf, sodass sie sich auch nicht auf ein besonderes Bedürfnis nach Planungssicherheit berufen könne. Verbraucher könnten ihren Bedarf an Trainingsmöglichkeiten langfristig nicht verlässlich abschätzen. Nach Ablauf der Mindestvertragsdauer könne selbst ein günstiger Preis eine langfristige Vertragsbindung nicht rechtfertigen.

[29] In der Revision der Klägerin wird dem klageabweisenden Teil des Berufungsurteils unter anderem entgegengehalten, Punkt 12 der AGB schließe das außerordentliche Kündigungsrecht des Verbrauchers aus, was insgesamt zu einer massiven Einschränkung der Rechtsposition des Verbrauchers und damit zu einer unangemessen langen Bindungsfrist nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG führe.

[30] In der Revision der Beklagten wird dem klagestattgebenden Teil des Berufungsurteils entgegengehalten, Mindestvertragsdauer und Anschlussbindung seien aufgrund der bereits erheblichen Anfangsinvestitionskosten und der langfristigen Kapitalbindung zulässig. Der erhebliche Personalaufwand der Beklagten könne auch nicht kurzfristig auf unterschiedliches Kundenaufkommen angepasst werden. Aufgrund der niedrigen Mitgliedsgebühren müsse die Beklagte für eine gewisse Stabilität im Kundenaufkommen und Planbarkeit der Investitionen sorgen.

[31] In den Revisionsbeantwortungen wird jeweils die Richtigkeit des von der Gegnerin angefochtenen Urteilsteils verteidigt.

[32] Die Revision der Klägerin ist insofern berechtigt, die Revision der Beklagten hingegen nicht.

[33] Punkt 12 der als Beilage ./C im Akt erliegenden AGB der Beklagten lautet wie folgt:

„12. Liegen wichtige persönliche oder gesundheitliche Gründe vor, aus denen das Mitglied an der Benützung des Studios für mindestens ein Monat oder länger verhindert ist, kann die Mitgliedschaft gegen Vorlage einer amtlichen bzw fachärztlichen Bescheinigung für einen entsprechenden Zeitraum stillgelegt werden. In diesem Fall verschiebt sich die nächste Kündigungsmöglichkeit um die Dauer der Stilllegung.“

[34] Diese Regelung wurde zwar vom Erstgericht nicht festgestellt, die Klägerin hat sich auf sie aber in erster Instanz zur Untermauerung ihres Standpunkts, die Klausel 2 sei insgesamt unzulässig, berufen (ON 7, 5). Eine Neuerung liegt daher nicht vor. Der Inhalt dieser Regelung bzw ihre Verwendung wurde von der Beklagten in erster Instanz nicht substantiiert bestritten; in zweiter Instanz berief sich die Beklagte sogar selbst auf sie (ON 21 Rz 52 bei und in FN 19). Eine im Verfahren vorgelegte Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, ist der Entscheidung des Revisionsgerichts ohne weiteres zugrunde zu legen (RS0121557 [T3]).

[35] Nach § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen iSd § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen er während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist. Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung gemäß § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG vorliegt, ist eine Gesamtbewertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen und dabei auch zu berücksichtigen, ob neben der Vertragsbindung auch ein Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts vorliegt (zu einem Fitnessstudio‑Vertrag 9 Ob 69/11d [Pkt 3.1., 3.5.3. und 3.5.5.] mwN).

[36] Damit stellt sich die Frage, ob Pkt 12 der AGB zu einem Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts führt. Pkt 12 der AGB zielt auf eine „Stilllegung“ der Mitgliedschaft ab; „die nächste Kündigungsmöglichkeit“ wird ausdrücklich um die Dauer der Stilllegung verschoben. Hieraus ergibt sich zumindest bei der im Verbandsverfahren gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung, dass selbst bei wichtigen persönlichen oder gesundheitlichen Gründen nur eine Stilllegung der Mitgliedschaft samt Verschiebung der nächsten Kündigungsmöglichkeit um die Dauer der Stilllegung, aber eben keine außerordentliche Kündigung möglich ist.

[37] Bei Berücksichtigung des Ausschlusses des außerordentlichen Kündigungsrechts verstößt die Klausel 2 schon wegen der beträchtlichen Mindestvertragsbindung von zwölf Monaten im Sinne der Entscheidung 9 Ob 69/11d gegen § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG. Weil Satz 3 der Klausel durch die Worte „Nach Ablauf der Mindestvertragsdauer“ an den die Mindestvertragsdauer regelnden, unzulässigen Satz 2 anknüpft, erfasst die Unzulässigkeit die gesamte Klausel. Die Revision der Klägerin erweist sich folglich als berechtigt und ist dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich der gesamten Klausel stattzugeben, die Revision der Beklagten hingegen als nicht berechtigt.

Zur Klausel 3:

„Kündigungen können über das Kontaktformular erfolgen und müssen jedenfalls eine eigenhändige Unterschrift enthalten.“

[38] Die Klägerin beanstandete in erster Instanz die Klausel nach § 864a ABGB, weil ein Verbraucher nicht damit rechne, dass für die Beendigung eines online abgeschlossenen Vertrags eine „unterschriftliche“ Kündigung erforderlich sei. Weiters wurde eine Verletzung von § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG gerügt.

[39] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.

[40] Das Erstgericht wies das diesbezügliche Unterlassungsbegehren ab.

[41] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel hingegen als (nach § 6 Abs 3 KSchG) intransparent in Zusammenschau mit Pkt 15 der AGB, der unter der Überschrift: „SONDERBESTIMMUNGEN FÜR ONLINE‑ANMELDUNGEN“ wie folgt lautet:

„Das Mitglied ist verpflichtet, bei Vertragsschluss eine aktuelle E-Mail-Adresse zur Verfügung zu stellen, über die die Kommunikation mit dem Mitglied erfolgen kann. Schriftlichkeit ist auch bei Übermittlung von Mitteilungen in elektronischer Form (zB mittels E‑Mail) gewährleistet. Das Mitglied erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, dass rechtlich bedeutsame Erklärungen (zB Mahnungen, Erklärungen zu Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen) entweder schriftlich per Post an die von ihm zuletzt genannte Postanschrift oder elektronisch per Email an die von ihm zuletzt genannte Emailadresse zugestellt werden können.“

[42] Es sei unklar, ob das Schriftlichkeitsgebot der Klausel 3 für online abgeschlossene Verträge gelte, weil in Pkt 15 der AGB unter anderem auch die Übermittlung in elektronischer Form als Gewährleistung der Schriftlichkeit genannt werde. Pkt 15 selbst, der unabhängig von der Klausel 3 bestehen könne, sei hingegen weder Teil des Unterlassungsbegehrens noch für sich allein intransparent.

[43] In der Revision der Beklagten wird ins Treffen geführt, dass die Klausel § 6 Abs 1 Z 4 KSchG entspreche. Das Berufungsgericht leite die Intransparenz lediglich aus dem Zusammenspiel mit Pkt 15 der AGB ab, verbiete der Beklagten aber überschießend die generelle Verwendung der Klausel 3 ohne Bezugnahme auf Pkt 15, was weder vom Vorbringen der Klägerin noch von der Begründung des Berufungsgerichts gedeckt sei. Pkt 15 halte außerdem nur klarstellend fest, dass ein vertraglich vorgesehenes Schriftformgebot auch gewahrt sei, wenn die schriftliche Erklärung als E‑Mail‑Anhang übersendet werde.

[44] In der Revisionsbeantwortung der Klägerin wird im Wesentlichen eingewendet, dass sich schon aus den unterschiedlichen Auslegungsvarianten der Beklagten und des Erstgerichts die Intransparenz der Klausel ergebe. Bei kundenfeindlichster Auslegung gehe das Unterschriftserfordernis auch den Sonderbestimmungen für Online‑Anmeldungen vor. Während ein Vertrag auch online über das Betätigen einer Schaltfläche zustande kommen könne, werde durch das Unterschriftserfordernis bei Kündigungen ein Ungleichgewicht bewirkt, sodass ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vorliege. Eine eigenhändige Unterschrift sei bei online abgeschlossenen Verträgen eine leicht zu übersehende Formvorschrift. Zudem sei diese überraschend und unverständlich, weil die restliche Kommunikation elektronisch erfolgen und nach Klausel 9 das Widerrufsrecht auch per E‑Mail ausgeübt werden könne. Aus der Nichtbeachtung dieser Formvorschrift könne dem Verbraucher ein Rechtsnachteil von 179,40 EUR (Beitrag für weitere sechs Monate) erwachsen, was unverhältnismäßig sei. Selbst wenn das Unterlassungsbegehren nur gemeinsam mit Pkt 15 der AGB berechtigt wäre, scheide eine Abweisung des Begehrens aufgrund der diesbezüglichen Anleitungspflicht jedenfalls aus.

[45] Die Revision der Beklagten ist insofern nicht berechtigt.

[46] Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB vor (RS0037089). Sofern eine AGB‑Bestimmung bereits nach § 864a ABGB nicht zum Inhalt des Vertrags gehört, erübrigt es sich gleichfalls, auf das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG einzugehen, weshalb auch diesfalls ein Anwendungsvorrang von § 864a ABGB besteht (idS 6 Ob 57/08p [Pkt 6.]; Laimer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 864a ABGB Rz 13).

[47] Objektiv ungewöhnlich nach § 864a ABGB ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen (RS0014646 [T1]). Die Bestimmung darf, um § 864a ABGB nicht zu verletzten, auch nicht im Text derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner nicht dort vermutet, wo sie sich befindet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14]).

[48] Nach den in den AGB der Klägerin enthaltenen „Sonderbestimmungen für Online‑Anmeldungen“ muss das Mitglied bei Vertragsschluss eine aktuelle E‑Mail‑Adresse zur Verfügung stellen, über die die Kommunikation mit ihm erfolgen kann, und ist Schriftlichkeit „auch bei Übermittlung von Mitteilungen in elektronischer Form (zB mittels E‑Mail) gewährleistet“. Ein Kunde, der sich bei der Beklagten „online angemeldet“ hat, das heißt, auf diesem Weg bei ihr Mitglied wurde, muss aufgrund dieser Klausel – sowie auch der Klausel 9 – davon ausgehen, mit der Beklagten über die von ihm bekannt gegebene E‑Mail‑Adresse „kommunizieren“, somit auch per E‑Mail an die Beklagte den Vertrag aufkündigen zu dürfen. Zumal es sich explizit um „Sonderbestimmungen“ handelt, braucht der Kunde nicht damit zu rechnen, dass die AGB an anderer Stelle eine divergierende Regelung beinhalten. Dass nach der Klausel 3 eine Kündigung „jedenfalls“ eine Unterschrift aufweisen muss, ist demnach für einen solchen Kunden überraschend. Weil das Unterschrifterfordernis im Vergleich zu einer E‑Mail von Nachteil ist, ist die Klausel 3 bereits nach § 864a ABGB unzulässig. Das Berufungsurteil ist im Ergebnis zu bestätigen.

Zur Klausel 4:

„Sollte es wegen Nichtbeachtung der empfohlenen Besonnungszeiten zu Verbrennungen oder sonstigen Schäden kommen, entfällt jegliche Haftung von F*.“

[49] Die Klägerin vertrat in erster Instanz die Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, weil sie die Haftung der Beklagten für Personenschäden des Verbrauchers auch bei einem Mitverschulden der Beklagten pauschal ausschließe. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 864a ABGB vor, da ein Verbraucher mit einer Haftungsfreizeichnung der Beklagten durch die Klausel nicht rechne, finde sie sich doch überraschend in dem die Leistungen der Beklagten bloß „definierenden“ Abschnitt.

[50] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.

[51] Das Erstgericht beurteilte die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[52] Das Berufungsgericht bestätigte dies. Bei kundenfeindlichster Auslegung würde jede Missachtung der empfohlenen Besonnungszeiten die Beklagte von jeglicher (Mit‑)Haftung befreien, selbst wenn sie ein Mitverschulden treffe. Das Argument der Beklagten, bei einem vom Kunden kausal verursachten Schaden könne die Beklagte nicht kausal für den Schaden sein, übersehe, dass auch konkurrierende Schadensursachen vorliegen können, die in der Regel zu einer Schadensteilung führten, was die Klausel aber ausschließe.

[53] In der Revision der Beklagten wird die Ansicht aufrechterhalten, die Beklagte könne nicht kausal für einen Schaden sein, den der Kunde kausal verursacht habe. Wenn ein Verschulden der Beklagten vorliege, seien Schäden, die Kunden erleiden, nicht „wegen Nichtbeachtung der empfohlenen Besonnungszeiten“ entstanden.

[54] In der Revisionsbeantwortung der Klägerin wird der eigene Standpunkt aufrechterhalten.

[55] Die Revision der Beklagten ist insofern nicht berechtigt.

[56] Die Klausel 4 findet sich in dem mit Leistung „Solarium“ überschriebenen Abschnitt der AGB. Dass sich hierin auch eine die Haftung für Schäden aus der Benützung des Solariums regelnde Klausel findet, kann nicht als überraschend iSd § 864a ABGB angesehen werden.

[57] Nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ist für den Verbraucher eine Vertragsbestimmung iSd § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach der „eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz eines Schadens an der Person ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz sonstiger Schäden für den Fall ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, dass er oder eine Person, für die er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat“.

[58] Die gegenständliche Klausel schließt bei kundenfeindlichster Auslegung generell jegliche Haftung für Personenschäden bei Nichtbeachtung der empfohlenen Besonnungszeiten aus, somit auch in dem Fall, dass die Beklagte ein qualifiziertes Mitverschulden iSd § 6 Abs 1 Z 9 KSchG trifft. Zieht die Beklagte zB ein Gerät, von dem sie weiß, dass es schadhaft ist und deshalb zu Verbrennungen führt, nicht außer Verkehr, und wird dieses Gerät von einem Kunden, der die bereits empfohlene Maximalbesonnungszeit für diese Woche erreicht hat, in Betrieb genommen, so wäre der dem Kunden entstehende Schaden (auch) „wegen Nichtbeachtung der empfohlenen Besonnungszeiten“ eingetreten. Nach dem Wortlaut der Klausel haftete die Beklagte für diesen Schaden aber jedenfalls nicht. Die Klausel verletzt daher § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Der Revision der Beklagten ist damit insofern der Erfolg zu versagen.

Zur Klausel 6:

„Bei verschuldetem Zahlungsverzug wird pro Zahlungserinnerung bzw Mahnung eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von € 5,- verrechnet.“

[59] Die Klägerin beanstandete in erster Instanz, die Klausel widerspreche § 1333 Abs 2 ABGB, wonach ein Gläubiger (nur) die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs‑ oder Einbringungsmaßnahmen geltend machen könne, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Nach der Klausel stehe es der Beklagten frei, Mahnspesen auch dann zu verrechnen, wenn diese einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienten, weil etwa der Schuldner angezeigt habe, dass er der Zahlungsaufforderung keine Folge leisten werde. Weitere außergerichtliche Mahnungen wären in diesem Fall nicht zielführend, vielmehr wäre eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Zudem berechtige die Klausel die Beklagte zur Einhebung der Mahngebühr auch dann, wenn diese und die betriebene Forderung in keinem angemessenem Verhältnis zueinander stünden. Die Klausel sei daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[60] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.

[61] Das Erstgericht sah in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 1333 Abs 2 ABGB, weil bei kundenfeindlichster Auslegung die Mahngebühr von 5 EUR auch dann zu zahlen wäre, wenn die betriebene Forderung äußerst gering wäre.

[62] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel deshalb als unzulässig, weil sie vom Erfordernis nach § 1333 Abs 2 ABGB abgehe, wonach die mit dem gegenständlichen Pauschalbetrag abzugeltende „Zahlungserinnerung bzw Mahnung“ zweckentsprechend gewesen sein müsse, was nicht allein deshalb vorliegen müsse, weil der Zahlungsverzug vom Kunden verschuldet worden sei. Diese Abweichung von der Rechtslage ohne erkennbaren Grund sei gröblich benachteiligend.

[63] In der Revision der Beklagten wird eingewendet, dass der Pauschalbetrag von 5 EUR tatsächlich nicht kostendeckend und als Minimalbetrag immer angemessen sei. Liege kein verschuldeter Zahlungsverzug vor, so komme es durch die Klausel 6 auch zu keiner unzulässigen Verrechnung von Mahngebühren.

[64] In der Revisionsbeantwortung argumentiert die Klägerin, dass die Verrechnung der Mahngebühr bei kundenfeindlichster Auslegung zwar einen verschuldeten, nicht aber einen rechtswidrigen Verzug voraussetze. Außerdem müssten die Mahnungen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sein, sodass die Beklagte eine unbeschränkte Anzahl von Mahnungen verschicken könnte. Das mache die Klausel auch intransparent.

[65] Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

[66] Der Oberste Gerichtshof hatte zu 2 Ob 1/09z (Klausel 31) eine Klausel zu beurteilen, nach der dem Leasinggeber für die erste Mahnung ein Betrag von 6,50 EUR und für die weiteren Mahnungen ein Betrag von 13 EUR gebührte. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass die Klausel den Leasingnehmer iSd § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteilige, könnten die konkret genannten Mahngebühren doch im Einzelfall unverhältnismäßig sein.

[67] Auch die vorliegende Klausel ermöglicht der Beklagten ohne Berücksichtigung der Höhe der Schuld und demnach auch, wenn diese bloß einen Cent beträgt, stets für eine Mahnung 5 EUR zu verlangen. Hinzu kommt, dass dieser Betrag „pro Zahlungserinnerung bzw Mahnung“ verlangt werden dürfte. Die Abweichung von § 1333 Abs 2 ABGB, wonach ein Anspruch auf Ersatz der notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen nur besteht, „soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen“, macht die vorliegende Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB (vgl auch 1 Ob 105/14v [Klausel 5]).

Zur Klausel 7:

„Gerät das Mitglied trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen mit der Zahlung in Verzug oder ist eine Mahnung an die vom Mitglied angegebene Post- oder E‑Mailadresse nicht zustellbar, ist F* berechtigt, den Vertrag aufzulösen sowie allfällige, im Zusammenhang mit einem vom Mitglied verschuldeten Verzug entstandenen und notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in angemessener Höhe in Rechnung zu stellen.“

[68] Die Klägerin brachte in erster Instanz vor, die Klausel berechtige bei kundenfeindlichster Auslegung die Beklagte auch dann zur Auflösung des Vertrags, wenn sie die Mahnung an eine veraltete (E‑Mail‑)Adresse des Verbrauchers übersendet, obwohl der Verbraucher bereits eine neue (E‑Mail‑)Adresse bekanntgegeben hat. Die Klausel stehe im Widerspruch zur Wertung des § 6 Abs 1 Z 3 KSchG, wonach eine Zustellungsfiktion gegenüber Verbrauchern nur dann zulässig sei, wenn sie die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Verbrauchers gesendeten Erklärung fingiere. Eine Einschränkung auf die zuletzt bekanntgegebene Adresse fehle. Die Klausel benachteilige Verbraucher daher gröblich iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[69] Die Beklagte bestritt den behaupteten Gesetzesverstoß.

[70] Das Erstgericht wies das diesbezügliche Unterlassungsbegehren ab. Selbst bei kundenfeindlichster Auslegung hätten – entgegen dem Klagsvorbringen, welches den Zusatz „zuletzt“ vermisse und eine unzulässige Zustellfiktion entgegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG behauptete – Zustellungen eindeutig an die zuletzt bekannt gegebene Adresse des Kunden zu erfolgen.

[71] Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich des geregelten Falls „...oder ist eine Mahnung an die vom Mitglied angegebene Post‑ oder E‑Mailadresse nicht zustellbar...“ statt und wies es hinsichtlich des Falls „Gerät das Mitglied trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen mit der Zahlung in Verzug...“ ab. Mit der Klausel werde keine Zugangsfiktion, sondern ein Auflösungsgrund bei erfolglosem Versuch, eine Mahnung zuzustellen, statuiert. Eine derartige vorzeitige Vertragsauflösung setze aber einen wichtigen Grund bzw die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses voraus. Das Scheitern eines einzigen Versuchs, eine Mahnung zuzustellen, bewirke keinen nachhaltigen Vertrauensverlust, könne dafür doch auch eine vorübergehende Ortsabwesenheit oder ein Irrtum oder Fehler des Zustellers verantwortlich sein. Dass die Klausel nicht auf eine Zurechenbarkeit des fehlgeschlagenen Zustellversuchs zum Verbraucher abstelle, benachteilige diesen gröblich. Gegen den Auflösungsgrund bei Verzug trotz erfolgloser zweimaliger Mahnung habe sich die Klägerin nicht gewendet.

[72] In der Revision der Klägerin bringt diese vor, dass die Klausel 7 – auch wenn sich die Klägerin nie gegen die Zulässigkeit des Satzteils „Gerät das Mitglied trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen mit der Zahlung in Verzug...“ ausgesprochen habe – einheitlich zu beurteilen wäre und sprachlich unselbständige Teilsätze vorlägen.

[73] In der Revisionsbeantwortung der Beklagten bringt diese vor, dass die Klausel im Sinne des Berufungsgerichts teilbar sei.

[74] In der Revision der Beklagten bringt diese vor, die Klausel 7 setze für die außerordentliche Kündigung voraus, dass i) der Kunde die fällige Forderung nicht bezahlt hat und gemahnt werden muss; ii) zumindest eine Mahnung an die durch den Kunden angegebene Adresse geht; iii) die Mahnung an diese Adresse nicht zustellbar ist, weil der Kunde eine Adressänderung nicht bekanntgegeben hat. Zivilrechtlich würde eine vorübergehende Ortsabwesenheit die Zustellung nicht verhindern. Auch bei einem Irrtum oder Fehler des Zustellers würde mangels Adressänderung die Mahnung zustellbar bleiben.

[75] In der Revisionsbeantwortung der Klägerin argumentiert diese, dass eine Zugangsfiktion vorliege, weil selbst nach dem Vorbringen der Beklagten ein Zustellversuch die Zustellung bewirken solle. Zivilrechtlich würde eine Zustellung nur bei sorgfaltswidrigem Hinauszögern durch den Erklärungsempfänger vorliegen, nicht aber bei längerer urlaubs‑ oder kranheitsbedingter Ortsabwesenheit. Diesfalls würde auch keine Adressänderung vorliegen, nach der Klausel solle aber dennoch ein Zugang bewirkt sein. Die Klausel wäre auch dann anwendbar, wenn die Mahnung an eine alte Adresse geschickt würde; es sei nicht einmal erforderlich, dass die Mahnung berechtigt ist.

[76] Beide Revisionen sind insofern nicht berechtigt.

[77] Die Klägerin behauptet zunächst, dass die Beklagte aufgrund der Klausel, die lediglich von einem Zustellversuch „an die vom Mitglied angegebene Post- oder E‑Mailadresse“ spricht, die Mahnung auch an irgendeine vom Kunden angegebene Adresse und nicht bloß an die zuletzt bekannt gegebene versenden könnte und sie dennoch ein Auflösungsrecht hätte.

[78] Dies wäre zu bejahen, sofern die Klausel auf „eine“ vom Kunden angegebene Adresse abstellen und damit auch die Möglichkeit mehrerer zulässiger Zustelladressen implizieren würde. Da die Klausel aber von „der“ angegebenen Adresse spricht, kann darunter selbst bei kundenfeindlichster Auslegung nur die zuletzt bekannt gegebene verstanden werden.

[79] Generell setzt die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses einen wichtigen Grund voraus, sodass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem einen Teil nicht mehr zugemutet werden kann (vgl insb RS0027780; RS0018842). Als wichtiger Grund kommt insbesondere auch der berechtigte Verlust des Vertrauens in die Person des Vertragspartners in Betracht (vgl RS0027780 [T7]; RS0018286 [T8]; RS0018377 [T20]). Die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts des Unternehmers in AGB ohne sachliche Rechtfertigung ist im Lichte des § 6 Abs 2 Z 1 KSchG sowie des § 879 Abs 3 ABGB grundsätzlich unzulässig (vgl RS0117366; RS0016914 [T62, T70]).

[80] Die gegenständliche Klausel führt zwei Alternativen als Voraussetzung eines außerordentlichen Kündigungsrechts an: Einerseits einen Zahlungsverzug trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen; andererseits den Fall, dass eine Mahnung an den Kunden nicht zustellbar ist.

[81] Zumindest bei kundenfeindlichster Auslegung ist die zweite Alternative unabhängig davon gegeben, ob dem Kunden auch eine Nachfrist gewährt wird, reicht doch allein das einmalige Fehlschlagen eines Zustellversuchs. Zudem ist es für die zweite Alternative nicht erforderlich, dass sich der Kunde in Zahlungsverzug befindet. Das ergibt sich – bei kundenfeindlichster Auslegung – aufgrund der alternativen Formulierung, die einen Zahlungsverzug nur für die erste Alternative fordert. Selbst eine unberechtigte Mahnung würde daher, sofern sie nicht „zustellbar“ ist, die Beklagte zur sofortigen Vertragsauflösung berechtigen.

[82] Dass die bloße Unzustellbarkeit einer Mahnung (sei sie berechtigt oder unberechtigt) an die vom Verbraucher angegebene Adresse ein außerordentliches Kündigungsrecht rechtfertige, ist zu verneinen, weil die Unzustellbarkeit ihre Ursache auch in außerhalb der Sphäre des Kunden liegenden Umständen haben kann, so bei einem generellen Ausfall des Postdienstes oder von E‑Mail‑Servern (zB bei einem „Blackout“). Bei einem derartigen (neutralen) Hindernis liegt keine schwerwiegende Erschütterung des Vertrauens in den Verbraucher und damit kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne der eingangs zitierten Rechtsprechung vor. Da die Klausel ein solches Kündigungsrecht bei kundenfeindlichster Auslegung aber auch in diesen Fällen vorsieht, ist sie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[83] Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks; es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]). Dabei kommt auch der sprachlichen Unselbstständigkeit ein gewisses Gewicht zu (RS0121187 [T11]). Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im Verbandsprozess steht dem insoweit nicht entgegen, als damit die Aufgliederung einer (einzelnen) eigenständigen Klausel, die teils Verbotenes, teils Erlaubtes enthält, gemeint ist (RS0038205 [T7]).

[84] Im konkreten Fall werden in der Klausel zwei getrennte Fälle des außerordentlichen Kündigungsrechts geregelt: Einerseits Zahlungsverzug trotz Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen; andererseits der Fall, dass eine Mahnung an den Kunden nicht zustellbar ist. Damit liegen im Sinne der Rechtsprechung zwei selbständig zu beurteilende Regelungen vor, sodass die vom Berufungsgericht vorgenommene „Teilung“ der Klausel nicht zu beanstanden ist. Der sprachlichen Unselbständigkeit kommt nach der Rechtsprechung zwar ein gewisses Gewicht zu. Hier können die beiden Kündigungsgründe aber aufgrund der alternativen Formulierung getrennt voneinander wahrgenommen werden.

[85] Der Entscheidung des EuGH in der Rs Gupfinger (C‑625/21 ) ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu entnehmen, dass eine Klausel jedenfalls zur Gänze als unzulässig zu beurteilen wäre, wenn sie alternativ Zulässiges und Unzulässiges vorsieht. Die Beurteilung einer Klausel als teilbar nach dem jeweiligen materiellen Regelungsbereich bleibt möglich. Ansonsten dürften Klauseln generell nurmehr nach ihrer Gliederung als insgesamt zulässig oder unzulässig beurteilt werden. Im vorliegenden Fall liegt kein einheitlicher Regelungsgegenstand „Vertragsauflösung“ vor, sondern werden mehrere, voneinander unabhängige Vertragsauflösungsgründe geregelt. Das ist mit dem vom EuGH entschiedenen Fall, wo für einen einheitlichen Umstand (unberechtigter Vertragsrücktritt bzw unberechtigte Vertragsaufhebung) alternative Regelungen hinsichtlich der Höhe des Ersatzanspruchs vorgesehen wurden, nicht vergleichbar.

[86] Zusammengefasst erweist sich lediglich der zweite Alternativfall der Klausel als unzulässig, nicht hingegen ihr – eigenständiger – erster Alternativfall, gegen den die Klägerin auch inhaltlich keinen Einwand erhob.

Zur Klausel 8:

„F* übernimmt eine Haftung für das Abhandenkommen von im Spind belassenen Gegenständen nur bei grobem Verschulden.“

[87] Die Klägerin brachte in erster Instanz vor, die Beklagte schließe mit der Klausel eine Haftung für ein durch leichte Fahrlässigkeit verursachtes Abhandenkommen von im Spind belassenen Gegenständen aus und weiche damit sachlich nicht gerechtfertigt vom dispositiven Recht ab, weswegen die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoße.

[88] Die Beklagte bestritt den behaupteten Gesetzesverstoß.

[89] Das Erstgericht sah in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil sie zu Lasten des Verbrauchers vom dispositiven Recht abweiche.

[90] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel hingegen als zulässig. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG liege nicht vor, weil nach dieser Bestimmung eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zulässig und hier mit der Verwahrungspflicht für vom Kunden eingebrachte Sachen nur die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht geregelt sei. Zudem seien nur vom Kunden vertragswidrig zurückgelassene Sachen erfasst, was sich aus den der Klausel vorangehenden Sätzen ergebe. Vor diesem Hintergrund sei die Haftungsbeschränkung sachlich gerechtfertigt.

[91] In der Revision der Klägerin wird deren bisheriger Rechtsstandpunkt aufrechterhalten. Dass es sich bei den Sachen nur um nach Betriebsschluss noch bei der Beklagten zurückgelassene handle, sei nicht zwingend, weswegen das Berufungsgericht gegen den Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung verstoßen habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Verbrauchern zusätzliche Pflichten im Zusammenhang mit der Nutzung der Spinde auferlege (Verwahrung von Wertgegenständen in Depotsafes), während sie sich selbst zusätzliche Rechte einräume (Entsorgung von hinterlegten Gegenständen). Zudem sichere sie sich in Klausel 4 eine Haftungsbefreiung, während ihre Kunden ausnahmslos auch für bloß leichte Fahrlässigkeit hafteten.

[92] In der Revisionsbeantwortung der Beklagten wird unter anderem argumentiert, dass wenn es die Beklagte über ihre dispositiv‑rechtlichen Pflichten hinaus auf sich nehme, vom Kunden vertragswidrig zurückgelassene Sachen sogar entgeltfrei zu verwahren, es zulässig sein müsse, die Haftung auf grobes Verschulden zu beschränken.

[93] Die Revision ist nicht berechtigt.

[94] Zwar ist eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auch in AGB möglich (RS0050109). Eine Klausel, nach der der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit – Personenschäden ausgenommen – umfassend sein soll und auch eine Freizeichnung bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten für die von der Beklagten oder ihren Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden erfasst, ist aber gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB (RS0130673).

[95] Im Zusammenhang mit Fitnessstudios hatte der Oberste Gerichtshof etwa in 5 Ob 87/15b folgende Klausel zu beurteilen (Klausel 13): „Für sonstige Schäden (wie zB Diebstahl oder Sachschäden an persönlichen Gegenständen) haftet M***** lediglich, wenn der Schaden von M***** oder von einer Person, für die M***** einzustehen hat (§ 1313a ABGB), vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet wurde.“ Der 5. Senat führte damals unter anderem aus, die bloß demonstrative Aufzählung von Schäden in der Klausel mache deutlich, dass der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit umfassend sein solle und auch eine Freizeichnung bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten erfasse. Eine sachliche Rechtfertigung für einen solchen weitgehenden Haftungsausschluss für leicht fahrlässig herbeigeführte Schäden sei nicht zu erkennen.

[96] Im hier gegenständlichen Fall eines Fitnessstudiovertrages stellt die – in Punkt 10 der AGB, Beilage ./C, genannte – Verwahrung der Gegenstände von Kunden (in Spinden bzw danach) keine vertragliche Hauptpflicht dar. Der gegenständliche Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit ist hier – anders als im zu 5 Ob 87/15b entschiedenen Fall – auf das Abhandenkommen von im Spind belassenen Gegenständen beschränkt. Die Klausel ist aus diesen Gründen sachlich gerechtfertigt. Die Rechtsprechung fordert in aller Regel nur bei umfassenden Haftungsausschlüssen eine besondere sachliche Rechtfertigung.

Zur Klausel 9:

„Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie mittels einer eindeutigen Erklärung (zB ein mit der Post versandter Brief oder per E‑Mail an widerruf@f*.at) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“

[97] Die Klägerin brachte in erster Instanz vor, die Klausel sei intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, da dem Verbraucher durch die gegebenen Beispiele (Brief, E‑Mail) suggeriert werde, eine mündliche Widerrufserklärung reiche nicht aus, obwohl die Erklärung des Rücktritts gemäß § 13 Abs 1 FAGG an keine bestimmte Form gebunden sei. Zudem werde dem Verbraucher suggeriert, er müsse ein E‑Mail an die Adresse „widerruf@f*.at“ senden; ein E‑Mail etwa an die Adresse des Studios, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde, reiche nicht aus. Da dem Verbraucher durch die Klausel auferlegt werde, seine Erklärung an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation zu richten, verstoße die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG.

[98] Die Beklagte bestritt die behaupteten Gesetzesverstöße.

[99] Das Erstgericht bejahte die Unzulässigkeit, weil in der beispielhaften Aufzählung nur schriftliche Formen erwähnt würden, sodass sie vom durchschnittlichen Leser so verstanden würde, dass mündliche Rücktrittserklärungen ausgeschlossen seien, was für den Fall eines dem FAGG unterliegenden Vertragsabschlusses dem Gesetz widerspreche.

[100] Das Berufungsgericht teilte diese Beurteilung.

[101] In der Revision der Beklagten wird vorgebracht, dass durch den Zusatz „zB“ erkennbar nur eine beispielhafte Hilfestellung erfolge. Die Formulierung sei zudem beinahe wortgleich mit der in Anhang I Teil A des FAGG enthaltenen Muster-Widerrufsbelehrung und schlage dem Verbraucher zusätzlich bereits eine konkrete E‑Mail‑Adresse für den Widerruf vor, sodass sich dieser die Suche nach einer entsprechenden Adresse erspare.

[102] In der Revisionsbeantwortung der Klägerin wird den eigenen Standpunkt ergänzend argumentiert, dass das Vorbringen der Beklagten zum Muster‑Formular des FAGG gegen das Neuerungsverbot verstoße und dieses Formular – entgegen der Klausel – davon spreche, dass das Muster‑Widerrufsformular verwendet werden könne, das aber nicht zwingend sei.

[103] Die Revision ist nicht berechtigt.

[104] Nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG darf eine vom Verbraucher dem Unternehmer abgegebene Anzeige oder Erklärung keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen unterworfen werden. Damit sind unter anderem Vereinbarungen unzulässig, wonach die Erklärung des Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet (adressiert, übermittelt) werden müsse (RS0121729).

[105] Zwar ergibt sich aus der Einleitung des Klammerausdrucks mit „zB“ in der gegenständlichen Klausel, dass Widerrufserklärungen nicht ausschließlich per E‑Mail, sondern etwa auch per postalischem Brief erfolgen können. Bei kundenfeindlichster Auslegung wird aber festgelegt, dass dann, wenn der Verbraucher eine Widerrufserklärung per E‑Mail abgeben möchte, diese unter der ausdrücklich angeführten E‑Mail‑Adresse einzubringen ist, also nur so wirksam eingebracht werden kann. Das widerspricht § 6 Abs 1 Z 4 KSchG im Sinne der zitierten Judikatur. Der Unternehmer kann im Rahmen der Erklärung über die Zulässigkeit der elektronischen Kommunikation zwar festlegen, dass rechtlich erhebliche Erklärungen nur an eine oder mehrere bestimmte E‑Mail‑Adressen wirksam übermittelt werden können (Brenn, ECG [2002] 257). Zur Abgabe einer Widerrufserklärung muss aber zumindest auch jene E‑Mail‑Adresse zur Verfügung stehen, mit der der Unternehmer im elektronischen Geschäftsverkehr allgemein auftritt. Die – sprachlich und inhaltlich einem einzigen Regelungsgegenstand gewidmete und daher unteilbare – Klausel ist daher jedenfalls unzulässig.

[106] Da das Berufungsgericht die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 bzw Abs 3 Satz 1 ZPO vorbehalten hat, ist auch vom Obersten Gerichtshof keine Kostenentscheidung zu treffen (4 Ob 208/17t aE mwN).

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