OGH 9Ob84/22a

OGH9Ob84/22a20.10.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Annerl in der Rechtssache der klagenden Partei G* P*, vertreten durch Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei N* Ltd, *, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen 109.845,10 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. August 2022, GZ 4 R 118/22p‑19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00084.22A.1020.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in zahlreichen aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre auch im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (6 Ob 59/22b Rz 8; 1 Ob 74/22x Rz 5; 7 Ob 96/22a Rz 3; 6 Ob 12/22s Rz 1; 9 Ob 6/22f Rz 12; uva). Daran ist weiter festzuhalten. Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine Argumente auf, aufgrund derer ein Abgehen von dieser einheitlichen Rechtsprechung geboten wäre.

[2] 2. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vorliegt (6 Ob 59/22b Rz 3; 7 Ob 96/22a Rz 5; vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d und die jüngsten Entscheidungen des EuGH C‑920/19 , Fluctus, und C‑231/20 , MT). Entgegen der Darstellung der Revisionswerberin ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH C‑920/19 , Fluctus, kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen. Vielmehr sprach der EuGH darin bloß aus, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen (vgl insbesondere Rn 58 der genannten Entscheidung des EuGH). Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen (vgl 6 Ob 152/22d Pkt 3. mwN).

[3] 3. Nach ständiger Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online-Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um am Spiel teilzunehmen. Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand erfüllt, konkret § 52 Abs 5 GSpG, kommt es daher nicht an. Gegenteiliges kann auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nicht abgeleitet werden (9 Ob 54/22i Rz 12 ff; 7 Ob 102/22h Rz 5; 2 Ob 171/22v Pkt 2.1. mwN).

[4] Mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Stichworte