OGH 6Ob59/22b

OGH6Ob59/22b6.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V* H*, vertreten durch Dr. Oliver Peschel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R* Limited, *, Malta, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.954,54 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 1. Dezember 2021, GZ 21 R 226/21z‑22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 30. September 2021, GZ 4 C 323/21a‑17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00059.22B.0406.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

[2] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht. Der Kläger nahm an von der Beklagten veranstalteten Online‑Glücksspielen teil und verlor im Zeitraum Jänner 2019 bis April 2020 insgesamt 9.952 EUR.

[3] Das Erstgericht gab seiner auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten Klage im Umfang dieses Betrags statt und wies das Mehrbegehren von 2,54 EUR mangels Nachweises einer weiteren Einzahlung in dieser Höhe ab.

[4] Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte die der Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Obersten Gerichtshofs ging es davon aus, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtskonform sei.

[5] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil der Oberste Gerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung zwar von der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols ausgehe, es stelle sich aber die Frage, ob einer sukzessiven Fortschreibung dieser Judikatur zeitliche Grenzen gesetzt sein könnten. In älteren Entscheidungen habe der Oberste Gerichtshof überdies ausgesprochen, dass Feststellungen zu den tatsächlichen Auswirkungen dieses Monopols zu treffen seien.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

[7] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[8] 2. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (6 Ob 8/22b; 4 Ob 223/21d; 3 Ob 200/21i; 5 Ob 30/21d; 9 Ob 20/21p; RS0130636 [T7]).

[9] Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung. Die Revision zeigt keine Argumente auf, die noch nicht in die erörterte Judikatur Eingang gefunden hätten.

[10] 3. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d und die jüngsten Entscheidungen des EuGH C‑920/19 , Fluctus, und C‑231/20 , MT). Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (vgl 4 Ob 223/21d).

[11] 4. Da somit Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sind, ist die Revision zurückzuweisen.

[12] 5. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Bemessungsgrundlage nach RATG beträgt im Rechtsmittelverfahren lediglich 9.952 EUR.

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