OGH 9Ob20/21p

OGH9Ob20/21p24.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** R*****, vertreten durch Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei T***** Ltd., *****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 28.450,97 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wienals Berufungsgericht vom 17. Dezember 2020, GZ 11 R 179/20d‑29, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. September 2020, GZ 4 Cg 24/20h‑23, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00020.21P.0624.000

 

Spruch:

I. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.804,50 EUR (darin 300,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Die Eingabe der klagenden Partei vom 3. Juni 2021 wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] I. Die Beklagte hat ihren Sitz in Malta. Sie verfügt über keine nationale Glücksspiellizenz in Österreich, bietet aber auf der von ihr betriebenen Homepage hier Online- Glücksspiele an. Der Kläger beteiligte sich im Zeitraum 2014 bis 2019 daran und erlitt Verluste in Höhe des Klagsbetrags.

[2] Das Erstgericht gab seiner auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten Klage auf Rückersatz statt.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die von der Beklagten behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücks-spielmonopols hätten alle drei Höchstgerichte auf Basis bereits vorliegender Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in zahlreichen Entscheidungen verneint. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht dennoch nachträglich zur Frage zugelassen, weil sich der Oberste Gerichtshof zu einer jüngeren kritischen Stellungnahme im Schrifttum noch nicht geäußert habe.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Die Revisionder Beklagten, in der sie ausschließlich die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols anspricht,wirft keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

[5] Erst jüngst hat sich der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 1 Ob 229/20p vom 22. 6. 2021 und 5 Ob 30/21d vom 7. 6. 2021 (vgl auch 3 Ob 72/21s) mit sämtlichenArgumenten der Revisionswerberin, die sich ua auf das von ihren Rechtsvertretern in Auftrag gegebene und im Verfahren vorgelegte Rechtsgutachten von Univ.‑Prof. Mag. Dr. Thomas Jaeger sowie den Fachbeitrag Jaeger/Lanser, Das Bundesmonopol für das Online-Glücksspiel: Alles ausjudiziert?, ZfV 2020, 249 gründen, befasst und dazu im Wesentlichen ausgeführt:

„1. Der Bund selbst veranstaltet aufgrund des ihm nach § 3 GSpG zustehenden Monopols kein Glücksspiel, sondern übertrug das ihm zustehende Recht zur Durchführung solcher Spiele (nach §§ 14 ff GSpG für Lotterien und §§ 21 ff GSpG für Spielbanken) an private Konzessionäre. Insoweit besteht eine Kombination von Monopol- und Konzessionssystem mit einer beschränkten Anzahl an Konzessionen. Auch – hier zu beurteilende – elektronische Lotterien im Sinn des § 12a GSpG, bei denen die Spielteilnahme über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentral herbeigeführt und über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird, sind vom Glücksspielmonopol umfasst.

2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht es den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen (EuGH C‑98/14 , Berlington Hungary, Rn 56 mwN). Nationale Beschränkungen müssen aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (EuGH C‑338/04 , Massimiliano Placanica, Rn 48 f; C‑46/08 , Carmen Media Group, Rn 60; C‑316/07 , Stoß, Rn 77). Die Regelung muss geeignet sein, die Verwirklichung des zulässigen Ziels in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Berlington Hungary, Rn 64). Ob eine restriktive Regelung – auch hinsichtlich ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten – den angestrebten Zielen in kohärenter und systematischer Weise Rechnung trägt und die Beschränkung nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen steht, ist von den nationalen Gerichten anhand einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände, unter denen die Regelung erlassen und durchgeführt wurde, zu beurteilen (EuGH C‑243/01 , Gambelli, Rn 76; C‑258/08 , Ladbrokes, Rn 22; Stoß, Rn 98; Carmen Media Group, Rn 65; Dickinger/Ömer, Rn 56; C‑390/12 , Pfleger, Rn 47 ff; C‑464/15 , Admiral, Rn 30 ff).

Ein Verbot des Betriebs von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis kann insbesondere durch das Ziel, Spieler zu schützen und Straftaten im Zusammenhang mit solchen Spielen zu bekämpfen, gerechtfertigt sein (Pfleger, Rn 42 mwN). Zugelassene Anbieter müssen attraktive Alternativen zu nicht geregelten (illegalen) Tätigkeiten bereitstellen dürfen, um das Ziel, die Spieltätigkeit in kontrollierbare Bahnen zu lenken, verwirklichen zu können. Dies umfasst auch den Einsatz von Werbung und neuen Vertriebstechniken (Dickinger/Ömer, Rn 64 mwN). Auch eine Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten kann damit im Einklang stehen, wenn Spieler dadurch veranlasst werden, von verbotenen Spieltätigkeiten zu einem erlaubten und geregelten Spiel überzugehen, bei dem davon auszugehen ist, dass es „frei von kriminellen Elementen“ und darauf ausgelegt ist, die Verbraucher vor übermäßigen Ausgaben und Spielsucht zu schützen (C‑212/08 , Zeturf, Rn 67; Ladbrokes, Rn 25; Dickinger/Ömer, Rn 63 f). Die vom Monopolinhaber bzw Konzessionär durchgeführte Werbung muss aber maßvoll und auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken (Dickinger/Ömer, Rn 67 f mwN).

Der EuGH setzte sich erst jüngst (C‑920/19 , 18. 5. 2021, Fluctus/Fluentum) wieder mit dem österreichischen Glücksspielmonopol auseinander und bestätigte seine bisherige Rechtsprechung zu den Grenzen der Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen.

Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, liegt doch zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl 4 Ob 268/16i; 4 Ob 50/17g; 4 Ob 46/17v; VwGH Ro 2020/17/0008).

3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem zu B 887/09 ergangenen Erkenntnis – nach Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH – davon aus, dass das Verbot des Angebots von Online-Glücksspielen durch einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen und dort rechtmäßig Glücksspiele auf elektronischem Weg betreibenden Anbieter im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats keinen ′Widerspruch′ zur Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil allein der Umstand, dass ein Glücksspielanbieter in einem anderen Mitgliedstaat über eine Konzession verfügt und den dortigen rechtlichen Anforderungen und Kontrollen unterliegt, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz des nationalen Verbrauchers vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten angesehen werden kann. Zu B 1337/11 legte er dar, dass die Ziele der Beschränkung des Angebots von Glücksspielen, nämlich die Verhinderung von Straftaten und der Veranstaltung von Glücksspielen ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken sowie der Vermeidung einer übermäßigen Anregung zur Teilnahme an solchen durch unreglementierte Konkurrenz, im öffentlichen Interesse liegen und die gesetzliche Beschränkung der Anzahl an Konzessionen geeignet ist, diese Ziele auf adäquate und sachlich gerechtfertigte Art zu erreichen. In seinem zu E 945/2016 ergangenen Erkenntnis gelangte der Verfassungsgerichtshof nach umfassender Darstellung der Judikatur des EuGH zum Ergebnis, dass die Regulierung des Glücksspiels durch den österreichischen Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen der sich daraus ergebenden Beschränkungen den unionsrechtlichen Voraussetzungen entspricht und keine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücks-spielmonopols erkennen lässt. An dieser Rechtsprechung hielt der Gerichtshof in weiterer Folge fest (vgl E 3282/2016; E 883/2017; E 2172/2017; E 2341/2017; E 3302/2017; G 286/2019) .

4. Auch der Verwaltungsgerichtshof setzte sich bereits mehrfach mit der Frage der (behaupteten) Unionsrechtswidrigkeit des GSpG auseinander. Er ging in seinem Erkenntnis zu Ro 2015/17/0022 – nach eingehender Befassung mit den vom EuGH entwickelten Anforderungen an die Zulässigkeit nationaler Beschränkungen des Angebots von Glücksspielen – davon aus, dass der Spielerschutz sowie Maßnahmen zur Vorbeugung von Spielsucht und zur Reduktion von Kriminalität im österreichischen Glücksspielrecht sukzessive erweitert wurden, dass aber gerade im Onlinebereich eine starke Ausweitung illegalen Glücksspiels durch zahlreiche Anbieter erfolgt, die ihre Angebote äußerst offensiv bewerben, weshalb auch die teilweise expansionistische Geschäfts- und Werbepolitik der Konzessionsinhaber unionsrechtskonform sei. Das mit einem Konzessionssystem verbundene Glücksspielmonopol des Bundes verfolge – auch unter Berücksichtigung des für Landesausspielungen bestehenden Bewilligungssystems für Glücksspielautomaten – die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung sowie der Verhinderung von Kriminalität in kohärenter und systematischer Weise und sei daher nicht unionsrechtswidrig. Daran hielt der Verwaltungsgerichtshof auch in nachfolgenden Entscheidungen fest (Ra 2018/17/0048; Ra 2018/17/0203; Ra 2019/17/0054; Ra 2021/17/0031).

5. Der Oberste Gerichtshof schloss sich in seiner am 22. 11. 2016 ergangenen Entscheidung 4 Ob 31/16m der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an. Er geht seitdem in ständiger Judikatur davon aus, dass das im GSpG normierte Monopol‑ bzw Konzessionssystem bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt (insbesondere der Werbemaßnahmen der Konzessionäre) allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (vgl 6 Ob 124/16b; 4 Ob 268/16i; 4 Ob 229/17f; 4 Ob 125/18p; 3 Ob 57/19g).

6. Aufgrund der jüngst vom EuGH (Rs Fluctus/Fluentum) sowie bereits zuvor von allen drei Höchstgerichten in ständiger Rechtsprechung angenommenen Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücks-spielmonopols geht der erkennende Senat davon aus, dass diese Frage abschließend beantwortet ist, woran auch die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Umstände nichts ändern können.

7.1. Dass das Berufungsgericht die Frage, ob die Beschränkungen des Angebots von Glücksspielen durch das GSpG die damit angestrebten Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung in kohärenter und systematischer Weise verfolgen, von der Rechtsprechung des EuGH abweichend gelöst hätte, ist nicht zu erkennen. Die Beschränkung von Online‑Glücksspielen ist schon ihrem Wesen nach geeignet, die Gelegenheiten zum Glücksspiel einzuschränken und damit die im Allgemeininteresse gelegenen und durch das Unionsrecht anerkannten Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung zu erreichen. Das Argument, anstatt des nach dem GSpG bestehenden Glücksspielmonopols des Bundes hätten Konzessionsvergaben als ′gelinderes′ Mittel ausgereicht, übergeht, dass sich das System des GSpG – weil der Bund selbst kein Glücksspiel anbietet –in der Realität wie ein ′gewöhnliches Konzessionssystem′ mit einer beschränkten Anzahl an Konzessionen auswirkt (vgl VfGH E 945/2006; VwGH Ro 2015/17/0022).

7.2. Auf das vom österreichischen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Kriminalitätsbekämpfung geht die Revision nur am Rande ein, indem sie auf die Beschaffungskriminalität Bezug nimmt und behauptet, nach einer Stellungnahme der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008 sei nicht ersichtlich gewesen, inwieweit im österreichischenGlücksspielsektor ′Probleme der Kriminalität nachgewiesen wurden′; es bestünden auch keine Studien zur Beschaffungskriminalität. Damit übergeht sie, dass das vom österreichischen Gesetzgeber gewählte Monopol- und Konzessionssystem das angestrebte Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwirklicht (vgl Ro 2015/17/0o22; Ra 2018/17/0048). Insoweit besteht kein Widerspruch zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs E 945/2016, wonach die Spielsucht in Österreich ein grundsätzlich relevantes Problem darstellt. Auf die Verhinderung von Kriminalität gegenüber den Spielern – insbesondere durch betrügerische Aktivitäten der Anbieter illegaler Online-Glücksspiele – geht die Revisionswerberin ebenso wenig ein wie auf das nach der Rechtsprechung des EuGH (C‑212/11 , Jyske Bank Gibraltar, Rn 62) im öffentlichen Interesse gelegene Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

7.3. Dass der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur deshalb keine Aussagekraft mehr zukomme, weil sie die aktuelle Werbepraxis der Konzessionsinhaber nicht berücksichtigt habe, überzeugt schon deshalb nicht, weil die Revisionswerberin nicht konkret aufzeigt, inwieweit sich diese Praxis in jüngster Zeit grundlegend geändert haben soll. Die Rechtsmittelwerberin weist selbst darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. 3. 2016 zu 4 Ob 31/16m davon ausging, dass die Werbung der Konzessionäre auch den Zweck verfolgt, Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bisher nicht ohne weiteres zu spielen bereit waren, dass durch zugkräftige Werbebotschaften die Anziehungskraft angebotener Spiele erhöht und neue Zielgruppen zum Spielen angeregt werden sollten und dass die Werbung laufend ausgedehnt wurde. Dennoch erachtete er das im GSpG vorgesehene Monopol- bzw Konzessionssystem – aufgrund der zwischenzeitig ergangenen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – als unionsrechtskonform. Warum davon abgegangen werden soll, vermag die Revisionswerberin weder mit ihren Hinweisen auf angeblich ′seit der letzten OGH‑Entscheidung′ (also jener zu 3 Ob 57/19g) erfolgte Werbemaßnahmen der Konzessionäre noch mit ihrer Kritik an der mehrfach bestätigten Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofs darzulegen. Da sich das Berufungsgericht an der übereinstimmenden Judikatur sämtlicher Höchstgerichte orientierte, ist ihm – entgegen den Revisionsausführungen – keine ′gravierende Fehlbeurteilung′ vorzuwerfen, zumal die von 2012 bis 2015 getätigten Spiele des Klägers auf der Internetplattform der Beklagten nur einen Zeitraum betreffen, für den die Werbepraxis der Konzessionsinhaber von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bereits umfassend beurteilt wurde.

7.4. Die Revisionswerberin leitet die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücks-spielmonopols auch aus der unterschiedlichen Behandlung von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen ab. Während erstere (landesgesetzlich) weitgehend liberalisiert worden seien, weil für ihr Angebot zahlenmäßig unbeschränkte Konzessionen erlangt werden könnten, unterlägen letztere nach § 12a GSpG dem Glücksspielmonopol des Bundes. Diese Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil von beiden Angeboten vergleichbare Gefahren ausgingen. Die im österreichischen Glücksspielrecht vorgesehenen Beschränkungen seien daher insgesamt inkohärent, was in der bisherigen Rechtsprechung (vor allem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) bisher unbeachtet geblieben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigte jedoch in seinem zu Ra 2018/17/2048 ergangenen Erkenntnis – im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des österreichischen Monopol‑ bzw Konzessionssystems – auch die unterschiedlichen Beschränkungen des Angebots von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen, schloss daraus aber nicht auf eine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts, zumal nach den landesgesetzlichen Reglungen auch Sportwetten nicht vollständig liberalisiert seien. Die Revisionswerberin geht selbst davon aus, dass die unterschiedliche Regelung von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen einer kohärenten Beschränkung des Angebots von Glücksspielen per se nicht entgegensteht. Dass nationale Beschränkungen des Angebots von Sportwetten und ′herkömmlichem′ Glücksspiel gänzlich ident sein müssten, ist auch der Rechtsprechung des EuGH nicht zu entnehmen, (vgl Carmen Media Group, Rn 63, wonach der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige einem staatlichen Monopol und andere anderen Regulierungsvorschriften unterliegen, für sich genommen nicht dazu führt, dass diese gesetzlichen Maßnahmen ihre Rechtfertigung verlieren; ebenso Stoß, Rn 96). Aus dessen Judikatur ergibt sich auch nicht, dass die Kohärenz jeder Differenzierung im nationalen Glücksspielrecht durch eine empirische Studie untermauert werden müsste (vgl Sporting Odds, Rn 41; Pfleger, Rn 51; Stoß, Rn 72).

7.5. Der behaupteten Inkohärenz der das Glücksspielangebot beschränkenden nationalen Regelungen– und daher dessen Unionsrechtswidrigkeit – aus dem Grund, dass Online-Glücksspiele im Vergleich zu ′herkömmlichen′ (Offline‑)Glücksspielen restriktiver geregelt seien (weil für erstere nur eine einzige Konzession vergeben wird, für letztere hingegen mehrere Konzessionen) ist die Rechtsprechung des EuGH entgegenzuhalten, wonach vom Online-Glücksspiel ein größeres Gefahrenpotential ausgeht (EuGH C‑42/07 , Liga Portuguesa, Rn 68). Dem Argument, diese Entscheidung habe die aktuellen technischen Möglichkeiten des Spielerschutzes im Internet nicht berücksichtigt, ist zu entgegnen, dass der EuGH auch in einer jüngeren Entscheidung (Sporting Odds, Rn 41) das von Online-Glücksspielen ausgehende höhere Gefahrenpotential hervorhob und dem durch den technischen Fortschritt allenfalls verbesserten Spielerschutz ein höheres Gefährdungspotential etwa durch die Möglichkeit persönlicher Aufforderungen der Verbraucher zum Spielen gegenübersteht.

7.6. Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich in seinem zu Ro 2015/17/0022 ergangenen Erkenntnis auch mit dem Spielerschutz bei Ausspielungen an Video-Lotterie-Terminals (′VLT′; diese zählen nach § 12a Abs 2 GSpG zu den Online-Lotterien, weil das Spielergebnis dabei zentral ermittelt wird) einerseits und Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (bei denen das Spielergebnis dezentral– also durch den Automat selbst – ermittelt wird) andererseits auseinander, beurteilte diesen Schutz (aufgrund des Verweises in § 12a Abs 3 GSpG auf § 5 Abs 36 GSpG) als im Wesentlichen gleichwertig und erachtete das Glücksspielmonopol des Bundes auch auf dieser Basis als unionsrechtskonform. Auch zu Ra 2018/17/0048 ging der Verwaltungsgerichtshof bei der unionsrechtlichen Prüfung der österreichischen Rechtslage davon aus, dass Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten einem vergleichbaren ordnungs- und aufsichtsrechtlichen Regime wie die im GSpG geregelten Glücksspiele (also auch Ausspielungen an VLT) unterliegen. Die Behauptung der Revisionswerberin, beide Arten von Spielautomaten würden– sachlich nicht gerechtfertigt – differenziert geregelt, geht daher ins Leere. Dem Argument, für vom Glücksspielmonopol erfasste Ausspielungen mit VLT könne nur eine einzige Konzession erteilt werden, während Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen seien und dafür bis zu drei Bewilligungen pro Bundesland erteilt werden können, ist die Judikatur des EuGH entgegenzuhalten, wonach unterschiedliche Regelungen verschiedener Arten von Glücksspielen einer insgesamt kohärenten Beschränkung dieses Angebots per se nicht entgegenstehen. Dass die Kohärenz einzelner Differenzierungen nicht in jedem Fall durch eine empirische Studie belegt werden muss, wurde bereits dargelegt.“

[6] Der erkennende Senat schließt sich dieser Beurteilung der hg Senate 1 und 5 auch für die gegenständliche Sachverhaltskonstellation vollinhaltlich an. Die vorliegende Revision der Beklagten zeigt keine anderen Aspekte auf.

[7] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der Beklagten daher zurückzuweisen.

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

[9] II. Der Kläger hat nach seiner Revisionsbeantwortung einen weiteren Schriftsatz („Antrag im Zivilverfahren“) eingebracht. Dieser Schriftsatz verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RS0041666) und ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

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