European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00034.22Y.0630.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Ist das Berufungsgericht in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat eine solche verneint, ist die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich (RS0042981; RS0042917, RS0042925 [T5]).
[2] 2. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Bestandgegenstand iSd § 1118 erster Fall ABGB liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen durch den Bestandnehmer eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandgegenstands erfolgte oder auch nur droht oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Bestandgebers verletzt werden (RS0102020; RS0020981; RS0021031; RS0070348 ua). Der Bestandnehmer muss sich also so verhalten haben, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist (RS0020867). Nicht jedes vertragswidrige (nicht schwerwiegende) Verhalten des Bestandnehmersberechtigt aber gleich zur Vertragsauflösung nach § 1118 erster Fall ABGB, wenn dem vertragswidrigen Verhalten des Bestandnehmers mit anderen geeigneten und dem Bestandgeber im konkreten Fall zumutbaren Mitteln begegnet werden kann (vgl 1 Ob 117/00p; 7 Ob 242/10d; 1 Ob 33/16h [Pkt 3.3.]; 1 Ob 151/20t [Pkt 2.3.]; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1118 Rz 60).
[3] 3. Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0021018). Die angefochtene Entscheidung bewegt sich im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zur vorzeitigen Auflösung des Bestandgegenstands nach § 1118 erster Fall ABGB.
[4] 4. Nach den Feststellungen ist die Beklagte Mieterin eines Bestandgegenstands der Kläger. Dieser umfasst ein Geschäftslokal samt kleinerer Nebenflächen mit einer Nutzfläche von gesamt ca 225 m² sowie mehrerer Zimmer im 1. Stock (Nutzfläche ca 65 m²) und im 4. Stock (Nutzfläche ca 45 m²) des Hauses G* Im Bestandvertrag verpflichtete sichdie Beklagte, im Falle einer Untervermietung des Bestandobjekts, wenn der Bruttountermietzins mehr als doppelt so viel als der Bruttohauptmietzins beträgt, dem Vermieter die Hälfte des darüber hinausgehenden Mehrbetrags als weiteres Mietentgelt zu entrichten. Hintergrund dieser Vereinbarung war, dass auch der Vermieter davon profitieren sollte, wenn das Bestandobjekt lukrativ untervermietet wird. Eine derartige Untervermietung wurde aber niemals schlagend. Bis Februar 2020 war die Wohnung im 4. Stock immer wieder untervermietet. Der Untermietzins als auch der Mietzins für die Räume im vierten Stock betrugen jeweils ca 400 EUR. Da der Bruttountermietzins somit nicht mehr als doppelt so viel wie der Bruttohauptmietzins betrug, war die Beklagte schon aus diesem Grund nicht zur Zahlung eines weiteren Mietentgelts an die Kläger verpflichtet.
[5] 5. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Beklagte aufgrund der genannten Vereinbarung im Mietvertrag auch zur Offenlegung dieses Untermietverhältnisses und zur Rechnungslegung hinsichtlich aller aus der Untervermietung erzielten Erlöse gegenüber den Klägern verpflichtet wäre, hätten die Kläger dem mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen (vgl Art XLII EGZPO) begegnen können. Nach den Gesamtumständen haben die Vorinstanzen einen erheblich nachteiligen Gebrauch des Bestandgegenstands durch die Kläger iSd § 1118 erster Fall ABGB zutreffend verneint.
[6] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Kläger zurückzuweisen.
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