OGH 2Ob167/21d

OGH2Ob167/21d26.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Mag. Klaus Hanten und Mag. Clemens Kurz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E*, vertreten durch Mag. Thomas Müller, Rechtsanwalt in Wien, 2. G*, vertreten durch die Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Auskunftserteilung (Streitwert 28.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Mai 2021, GZ 11 R 73/21t‑41, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. April 2021, GZ 4 Cg 20/20w‑34, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00167.21D.0426.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit jeweils 1.804,50 EUR (darin jeweils 300,75 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Rechtliche Beurteilung

[2] 1. Nach Art XLII Abs 1 EGZPO kann, wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, mittels Urteils dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, dass seine Angaben richtig und vollständig sind.

Die Bestimmung regelt zwei Fälle:

[3] Im ersten Fall kann derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts dazu verpflichtet ist, ein Vermögen anzugeben, durch Urteil dazu und zur Beeidigung dieser Vermögensangabe verhalten werden. Im Unterschied dazu normiert der zweite Fall einen eigenen privatrechtlichen Anspruch auf Angabe eines Vermögens. Voraussetzung dafür ist, dass der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat (2 Ob 186/10g; 2 Ob 142/19z; RS0034852; RS0034834; vgl Konecny in Fasching/Konecny 3 Art XLII EGZPO Rz 4 f und Rz 7; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 Art XLII EGZPO Rz 1).

[4] 2. Für die Begründung des dem ersten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO unterfallenden Auskunftsanspruchs nach § 786 ABGB ist erforderlich, dass der Auskunftswerber Umstände behauptet und beweist, die auf pflichtteilsrelevante Zuwendungen des Erblassers schließen lassen. Beim hier denkbaren Anspruch gegen (mögliche) Geschenknehmer sind Indizien erforderlich, dass der Erblasser die betreffende Person beschenkt hat (RS0133354). Bei möglichen Geschenknehmern innerhalb des engeren Familienkreises sind – insbesondere, wenn sie selbst pflichtteilsberechtigt sind – an diese Indizien keine hohen Anforderungen zu stellen und ist zB der Beweis ausreichend, dass der Pflichtteilsberechtigte bereits hinzuzurechnende Schenkungen erhalten hat (2 Ob 227/19z [Rz 25]).

[5] 3. Die Klägerin hat sich hier zwar auf ihre Berechtigung als Pflichtteilsberechtigte, die Hinzurechnung von Schenkungen zu verlangen und einen Auskunftsanspruch nach § 786 ABGB, gestützt, in tatsächlicher Hinsicht aber nurvorgebracht, dass die Beklagten Geldabhebungen vom Girokonto der Verstorbenen durchgeführt und davon einen namhaften Betrag an sich genommen hätten. Damit hat sie aber noch keine Umstände behauptet und bewiesen, die auf pflichtteilsrelevante Zuwendungen der Erblasserin schließen ließen.

[6] Ein Anspruch nach dem ersten Fall des Art XLII EGZPO scheidet daher aus, sodass auch die Abweisung des alleine im Rechtsmittelverfahren umstrittenen Eidesleistungsanspruchs durch die Vorinstanzen unbedenklich ist.

[7] 4. Geldabhebungen vom Girokonto der Verstorbenen und das Ansichnehmen von Geldbeträgen stellen ein aktives Verhalten dar (vgl RS0034879), das den „Paradefall der Verbringung von Nachlassgegenständen, um sie dem Erben vorzuenthalten“ nach Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO bildet (vgl Konecny in Fasching/Konecny II/1 Art XLII EGZPO Rz 80).

[8] Voraussetzung für diesen Anspruch ist, wie dargelegt, dass der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat.

[9] Hier steht bindend fest, dass das nur vom Erstbeklagten (auftragsgemäß) behobene Geld der Erblasserin übergeben wurde und dass dieser nicht wusste, wie die Erblasserin über das Geld verfügte. Letzteres konnte auch objektiv nicht festgestellt werden.

[10] 5. Damit ist der Klägerin auch der Nachweis eines Verschweigens oder Verheimlichens von Vermögen der Erblasserin durch die Beklagten nicht gelungen, der Voraussetzung für den Auskunfts- und Eidesleistungsanspruch nach dem zweiten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO ist. Auch insofern ist die Abweisung des verbliebenen Eidesleistungsbegehrens durch die Vorinstanzen daher unbedenklich. Einer weiteren Auseinandersetzung mit den Argumenten der Revision bedarf es nicht.

[11] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagten in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, dienten ihre Schriftsätze der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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